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VwSen-521344/14/Br/Ps

Linz, 26.07.2006

 

 

 

VwSen-521344/14/Br/Ps Linz, am 26. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Frau I. M. K., 42 H., gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1. Juni 2006, Zl. FE-563/2006, zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben; der ausgesprochene Entzug der Lenkberechtigung wird behoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG, § 24 Abs.1 Z2 iVm § 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.5, § 8 Abs.1 und 2 Führerscheingesetz - FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde I. Instanz entzog mit dem o.a. mündlich verkündeten Bescheid die der Berufungswerberin per 19.5.1998 zu F 2281/1988 beurkundete Lenkberechtigung für die Klasse B mangels gesundheitlicher Eignung. Die aufschiebende Wirkung wurde in diesem Bescheid aberkannt.

 

1.1. Gestützt wurde der Entzug auf das amtsärztliche Gutachten vom 27.5.2006, welches sich seinerseits wiederum auf die verkehrspsychologische Untersuchung vom 21.4.2006 und die darauf erstattete Stellungnahme vom 25.4.2006 stützte.

 

2. Die Berufungswerberin tritt dem in ihrer fristgerecht erhobenen Berufung entgegen indem sie Folgendes ausführt:

"Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1.6.2006 FE-563/2006

 

Gegen den oben bezeichneten Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz erhebe ich innerhalb offener Frist

 

Berufung

 

und begründe diese wie folgt:

 

1) Mit Mandatsbescheid vom 30.1.2006 (AZ: FE-105/2006) wurde mir die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 4 Monaten, gerechnet ab 17.1.2006, entzogen. Gleichzeitig wurde die Absolvierung einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker und die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet.

 

2) Anlässlich meiner Vorsprache in der BPD Linz wurde mir am 1.6.2006 der Bescheid verkündet, wonach mir mangels gesundheitlicher Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen die Lenkberechtigung auch weiterhin entzogen wird bis zur behördlichen Feststellung der gesundheitlichen Eignung.

 

Gegen diesen zweiten Bescheid richtet sich meine Berufung.

 

Der Bescheid stützt sich dabei auf das amtsärztliche Gutachten vom 27.5.2006, das sich wiederum im wesentlichen auf die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 25.4.2006 stützt, in dem mir eine deutliche Alkoholreduktion und eine begleitende psychologische Beratung (Absolvierung des Einstellungs- und Verhaltenstraining und Psychotherapie) empfohlen wird und unter der Voraussetzung unauffälliger alkoholspezifischer Laborbefunde eine neuerliche verkehrspsychologische Untersuchung möglich wäre.

 

Der verkehrspsychologische Test am 21. 4. 2006 verlief aus meiner Sicht zumindest unter merkwürdigen Begleitumständen. Nach einer äußerst kurzen Erklärung durch den Gutachter wurde ich völlig alleine gelassen und konnte auch keinerlei Verständnisfragen über den Ablauf des Tests und die Bedienung des PC mehr stellen. Der Test selbst wurde am PC absolviert und stellte somit neben dem eigentlichen Test auch erhöhte Anforderungen bei der Bedienung des PC dar. Darüber hinaus ergaben sich durch die schlechte Bildqualität zusätzliche Schwierigkeiten bei der Aufgabenlösung. Naturgemäß zieht bei einem derartigen Test auch die Nervosität eine Reduktion der Fähigkeiten nach sich, zumal es keinerlei unterstützende Erklärungen während des gesamten Tests gab. Die festgestellten Auffälligkeiten gehen daher zu einem Gutteil auf diese Begleitumstände und die mir völlig fremden Situationen, die auf dem Bildschirm teilweise wirklichkeitsfremd simuliert wurden, zurück.

 

Zu den Feststellungen im amtsärztlichen Gutachten vom 24.5.2006 bezüglich der Alkoholanamnese, wonach sich ein deutlich ungenaues Antwortverhalten gezeigt hätte, darf ich festhalten, dass ich alle Fragen wahrheitsgemäß und nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet habe. Dazu kommt, dass die Fragen einen sehr großen Zeitraum (40 Jahre) umfassten und eine exakte Erinnerung daher nicht immer gegeben sein kann. Ich schließe nicht aus, dass der Gutachter eine gewisse Voreingenommenheit mir gegenüber hatte und möglicherweise von einer nicht objektiven Beurteilung ausgegangen ist.

 

Die Aussage, wonach die anlässlich der Verkehrskontrolle am 17.1.2006 festgestellte Alkoholisierung auf eine hohe Alkoholgewöhnung hinweist und sich deutlich Hinweise auf einen fallweisen Kontrollverlust im Umgang mit Alkohol ergeben, weise ich zurück. Ich habe keinerlei Alkoholprobleme, worauf nicht zuletzt auch die beigebrachten alkoholrelevanten Laborparameter vom 12. 5. 2006 hinweisen. Richtigerweise wurden sie im amtsärztlichen Gutachten als weitgehend normwertig bezeichnet.

 

Die Erfahrungen, die ich im Zuge des Führerscheinentzugs machen musste, haben sich tief in mein Bewusstsein eingeprägt, so dass es mit Sicherheit nicht nur bei den im amtsärztlichen Gutachten erwähnten guten Vorsätzen bleiben wird, sondern auch neuerliche Fahrten im 'substanzbeeinträchtigten' Zustand in Zukunft unterbleiben werden.

 

Zu meiner privaten Situation darf ich anmerken, dass ich meine betagten Eltern - Vater 86 Jahre nach zwei Schlaganfällen, Mutter 90 Jahre - in R. alleine betreue, somit auf eine weitgehende Mobilität angewiesen bin (Arztbesuche, Behördengänge, Besorgungen, udgl.) und der weitere Entzug der Lenkberechtigung für mich daher eine besondere Härte bedeutet. Meine Schwester lebt in Deutschland und mein Bruder ist 1996 verstorben.

 

Ich stelle daher den

 

Antrag

 

den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 1.6. 2006 aufzuheben und im Zuge des Berufungsverfahrens meine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe B festzustellen."

 

3. Der Berufungsakt wurde von der Behörde I. Instanz dem Oö. Verwaltungssenat vorgelegt. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. ist durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen (§ 67a Abs.1 2. Absatz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war im Lichte des ergänzenden Beweisergebnisses und der sich daraus ergebenden Entscheidungsgrundlage iVm des diesbezüglich gewährten Parteiengehörs nicht erforderlich (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

 

4. Die Ausgangslage:

Anlass für dieses Verfahren war - wie oben schon ausgeführt - eine Alkofahrt der Berufungswerberin am 17.1.2006 mit einem Atemalkoholgehalt von 0,99 mg/l. Nach dem per Mandatsbescheid vom 30.1.2006 gemäß § 7 iVm § 25 FSG ausgesprochenen Entzug wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit in der Dauer von vier Monaten ab dem 17.1.2006 und der Anordnung von begleitenden Maßnahmen wurde obligatorisch die Vorlage eines amtsärztlichen Gutachtens und einer VPU eingefordert.

In der VPU gelangte Dr. T. vom I. 1X S. zusammenfassend zur folgenden gutachterlichen Beurteilung:

"Die Probandin I. M. K., geboren am 28.05.1947, erbrachte bei der verkehrspsychologischen Untersuchung am 21.04.2006 in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen folgende Ergebnisse:

 

Das Konzentrationsvermögen ist durchschnittlich ausgeprägt. Im Bereich der Beobachtungsfähigkeit zeigen sich deutliche Leistungseinbrüche: Die Auffassungsfähigkeit ist leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt, jedoch zeigt sich bei der Überblicksgewinnung (TAVTMB) ein weit unterdurchschnittliches Leistungsvermögen. Ebenfalls Auffälligkeiten zeigen sich im Bereich des Reaktionsverhaltens. Es zeigt sich eine extrem verlangsamte einfache Reaktionszeit (RT), während die reaktive Belastbarkeit (DT) durchschnittlich ausgeprägt ist. Auch die Sensomotorik ist von einer deutlichen Verlangsamung geprägt, wobei die Genauigkeit noch als ausreichend zu beurteilen wäre.

 

Insgesamt werden die Anforderungen im Sinne der Fragestellung nicht mehr ausreichend erfüllt.

 

Das formal-logische Denkvermögen ist durchschnittlich und das Erinnerungsvermögen im Rahmen der Exploration erscheint weitgehend gegeben.

 

Im Explorationsgespräch ist die Probandin im Mitarbeit bemüht, jedoch zeigt sich ein deutlich ungenaues Antwortverhalten bei der Alkoholanamnese. Die festgestellte Alkoholisierung anlässlich des Vorfalls weist auf eine hohe Alkoholgewöhnung hin. Es ergeben sich deutliche Hinweise auf einen fallweisen Kontrollverlust im Umgang mit Alkohol. In Zusammenhang mit den deutlichen kraftfahrspezifischen Leistungsschwächen und der festgestellten Alkoholisierung ergeben sich deutliche Hinweise auf einen längerfristigen problematischen Umgang mit Alkohol.

 

Auch die Ergebnisse der standardisierten Persönlichkeitsverfahren ergeben Auffälligkeiten. In einem alkoholafinen Verfahren (ATV) zeigt sich eine überdurchschnittliche Ausprägung von Alkoholgefährdung. Auch die Ergebnisse eines mehrdimensionalen standardisierten Persönlichkeitsverfahrens ergeben Hinweise auf eine verringerte emotionale Stabilität (depressive Verstimmungen), ebenso zeigt sich eine deutlich erhöhte Spontanität.

 

Problematisch ist insbesondere die geringe selbstkritische Wahrnehmung der hohen Trinkfestigkeit und auch die deutlich beschönigende Darstellung des Vorfalls.

 

Positiv zu werten ist die Änderungsbereitschaft und die angegebene Reduktion des Alkoholkonsums.

 

Insgesamt ist daher die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht in ausreichendem Maße gegeben."

 

4.1. Darauf gestützt wurde das K. "derzeit nicht geeignet" ausgesprochen und eine deutliche Alkoholreduktion und eine begleitende professionelle psychologische Beratung empfohlen. Unter der Voraussetzung normwertiger Laborbefunde wäre eine neue VPU nach sechs Monaten bereits möglich.

 

4.1.1. Der Amtsarzt führte in seinem ebenfalls auf "nicht geeignet" lautenden Gutachten iSd § 8 Abs.2 FSG aus:

"Die amtsärztliche Untersuchung von K. I. erfolgte aufgrund des ersten aktenkundigen § 5 StVO-Deliktes vom 17.01.2006 mit 0,99 mg/l AAK. Es zeigt sich ein altersentsprechender AEZ, die Patientin ist kardiorespiratorisch kompensiert, grobneurologisch sowie kognitiv unauffällig. Sie gibt an, keine Medikamente einnehmen zu müssen. Zu den Alkoholgewohnheiten: am liebsten Wein abends mit den Eltern zu genießen. Zum Delikt: Es gab ein Damenkränzchen. Es wurde immer nachgeschenkt. Sie habe die Situation völlig verkannt.

Aufgrund des Alkoholisierungsgrades erfolgte die Zuweisung zu einer verkehrspsychologischen Untersuchung. Der Stellungnahme von 1A-Sicherheit vom 25.04.2006 ist zu entnehmen: Das Konzentrationsvermögen durchschnittlich ausgeprägt, im Bereich der Beobachtungsfähigkeit zeigen sich deutliche Leistungseinbußen. Die Auffassungsfähigkeit ist leicht unterdurchschnittlich ausgeprägt, jedoch zeigt sich bei der Überblicksgewinnung ein weit unterdurchschnittliches Leistungsvermögen.

Ebenfalls Auffälligkeiten zeigen sich im Bereich des Reaktionsverhaltens, es zeigt sich eine extrem verlangsamte Reaktionszeit.

Weiters ist die reaktive Belastbarkeit durchschnittlich ausgeprägt. Auch die Sensomotorik ist von einer deutlichen Verlangsamung geprägt, wobei die Genauigkeit als ausreichend zu beurteilen wäre. Insgesamt werden die Anforderungen im Sinne der Fragestellung nicht mehr ausreichend erfüllt.

Im Explorationsgespräch ist die Probandin zur Mitarbeit bemüht. Doch zeigt sich ein deutlich ungenaues Antwortverhalten bei der Alkoholanamnese. Die festgestellte Alkoholisierung anlässlich des Vorfalls weist auf eine hohe Alkoholgewöhnung hin. Es ergeben sich deutlich Hinweise auf einen fallweisen Kontrollverlust im Umgang mit Alkohol.

Im Zusammenhang mit einer deutlich kraftfahrspezifischen Leistungsschwäche und einer festgestellten Alkoholisierung ergeben sich deutliche Hinweise auf einen längerfristigen problematischen Umgang mit Alkohol.

Problematisch ist insbesonders die geringe selbstkritische Wahrnehmung der hohen Trinkfestigkeit und auch die deutlich beschönigende Darstellung des Vorfalls. Positiv zu werten ist die Änderungsbereitschaft und die angegebene Reduktion des Alkoholkonsums. Insgesamt ist daher die nötige Bereitschaft zur Verkehrsanpassung derzeit nicht in ausreichendem Maße gegeben.

 

Beigebrachte alkoholrelevante Laborparameter vom 12.05.2006, CDT 0,92 %, ansonst weitgehend normwertig.

 

BEFUNDWÜRDIGUNG:

 

Bei Frau K. besteht das erste aktenkundige § 5 StVO- Delikt mit 0,99 mg/l AAK. Im Rahmen der durchgeführten verkehrspsychologischen Untersuchung zeigten sich deutliche Defizite im Bereich der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit.

Vor allem auffällig ein unterdurchschnittliches Konzentrationsvermögen, deutliche Leistungsschwächen im Bereich der Beobachtungsfähigkeit, Auffassungsfähigkeit, Überblicksgewinnung, das Reaktionsverhalten ist gekennzeichnet durch verlangsamte Reaktionszeiten sowie auch Defizite im Bereich der Sensomotorik.

Dazu spricht die Alkoholisierung zum Tatzeitpunkt für eine hohe Alkoholgewöhnung.

Die Problematik hinsichtlich einer Alkoholtoleranz besteht darin, daß die körperlichen Warnsignale vor dem Erreichen des gesetzlich festgelegten Alko-Limits fehlen und ein Trunkenheitsgefühl erst zu einem Zeitpunkt eintritt, wo die willentliche Verhaltenskontrolle bereits deutlich reduziert oder ausgeschaltet ist.

Es sind somit auch entgegen guter Vorsätze neuerliche Fahrten im substanzbeeinträchtigten Zustand wahrscheinlich, indem sich auch deutliche Hinweise auf einen längerfristigen problematischen Umgang mit Alkohol zeigte.

Aufgrund dieser gravierenden Defizite der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit ist derzeit das sichere Beherrschen eines KFZ vor allem in schwierigen Verkehrssituationen nicht gewährleistet.

Es ist amtsärztlicherseits von einer Nichteignung zum Lenken von KFZ der Gruppe 1 auszugehen. Um die Eignungsvoraussetzung wiederherzustellen, ist der Nachweis einer 6monatigen Alkoholkarenz in Form der Beibringung von normwertigen alkoholrelevanten Laborparametern (Gamma GT, GOT, GPT, MCV und CDT) nach 3 und nach 6 Monaten zu erbringen.

Weiters eine psychiatrisch-fachärztliche Stellungnahme zum Ausschluß einer therapiebedürftigen Alko-Problematik."

 

4. Der Berufungswerberin wurde mit h. Schreiben vom 22. Juni 2006 verdeutlicht, dass sie mit ihrer Berufung die auf Gutachten gestützte Entscheidung auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten habe. Die Berufungswerberin unterzog sich folglich nach nochmaliger Erörterung der Sach- u. Rechtslage anlässlich einer Niederschrift am 26. Juni 2006 einer neuen verkehrspsychologischen Untersuchung. Sie legte diesbezüglich eine Stellungnahme des Dr. S. vom 10.Juli 2006 in Verbindung mit deren Ergänzung mit Blick auf die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit vom 25. Juli 2006 mit einem positiven K. vor.

 

 

4.1. Der Verkehrspsychologe geht zusammenfassend von folgenden Feststellungen aus und zieht daraus nachfolgende fachliche Schlussfolgerungen:

 

"BEURTEILUNG DER VERKEHRSPSYCHOLOGISCHEN BEFUNDE

 

Frau I. K., geboren am 28.5.1947, erbrachte in der verkehrspsychologischen Untersuchung, durchgeführt am 6. Juli 2006 und am 20. Juli 2006 folgende psychometrisch erhobene Ergebnisse:

 

I) Kraftfahrspezifische Leistungsuntersuchung

 

1. Unterdurchschnittliche, also niedrige, derzeit außerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in Einzelleistungen der Leistungsbereiche Bewegungsgenauigkeit in Form der simultanen feinmotorischen Koordination beider Hände [I) 4) c; 2HAND] sowie motorische Aktionszeit, also unmittelbare motorische Antwort und schnelles Reagieren auf vielfältige zusammengesetzte Reizmuster [I) 5) b; RT].

 

2. Durchschnittliche, also normgerechte, derzeit innerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in Einzelleistungen der Leistungsbereiche selektive Aufmerksamkeit der optischen Wahrnehmung, also Genauigkeit und Konstanz bei der Ausrichtung optischer Wahrnehmungsleistungen und damit verbundener Gedankenabläufe [I) 2) a, d; COG], Auffassungsgeschwindigkeit, Beobachtungsfähigkeit und Überblicksgewinnung, also schnelles Sehen, Erkennen und Merken der Weite und Tiefe von Verkehrssituationen [I) 3) a, b; TAVTMB], Bewegungsgenauigkeit in Form der simultanen feinmotorischen Koordination beider Hände, also Erkennen, Bewerten, Vorstellen, Planen und koordinierte Durchführung von geforderten simultanen Handbewegungen [I) 4) b; 2HAND], psychische Reaktionszeit, also erkennendes Wahrnehmen [I) 5) a; RT], Reaktionssicherheit und reaktive Belastbarkeit, also fortlaufendes, möglichst anhaltend schnelles und unterschiedliches Reagieren auf rasch wechselnde Reize über eine längere Zeitspanne, somit Belastungsfähigkeit in körperlich und geistig fordernden Situationen unter drei unterschiedlichen Tempobedingungen [I) 6) a, b, c, d, e, f; DT] sowie intellektuelle Testleistungsfähigkeit, im konkreten Fall schlussfolgerndes logisches Denkvermögen [I) 7); SPM].

 

3. Überdurchschnittliche, also hohe, derzeit außerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in Einzelleistungen der Leistungsbereiche Erinnerungsvermögen [I) 1); ISA/WM], selektive Aufmerksamkeit der optischen Wahrnehmung [I) 2) b, c; COG] sowie Bewegungsgenauigkeit in Form der simultanen feinmotorischen Koordination beider Hände [I) 4) a; 2HAND]

 

II) Verhaltensuntersuchung bezüglich Bereitschaft zur Verkehrsanpassung

 

1. Unterdurchschnittliche, also niedrige, außerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in den Verhaltensbereichen der spontane Aggression [II) 3); FAF] und der finanziellen Risikobereitschaft [II) 5); FRF] vor.

 

  1. Durchschnittliche, also normgerechte, innerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in den Verhaltensbereichen 'emotionale Störbarkeit' und 'emotionale Widerstandsfähigkeit' [II) 1); 16PF/C], 'soziale Anpassung' und 'Selbstbehauptung' [II) 1); 16PF/E], 'Besonnenheit' und 'Begeisterungsfähigkeit' [II) 1); 16PF/F], 'Flexibilität' und 'Pflichtbewusstsein' [II) 1); 16PF/G], 'Selbstvertrauen' und 'Besorgtheit' [II) 1); 16PF/O], 'Sicherheitsinteresse' und 'Veränderungsbereitschaft' [II) 1); 16PF/Q1], 'Spontaneität' und 'Selbstkontrolle' [II) 1); 16PF/Q3]. Durchschnittliche Messwerte liegen aber auch in den Verhaltensbereichen reaktive Aggression, Erregbarkeit, Selbstaggression in Verbindung mit depressiven Verhaltenskomponenten, Aggressionshemmung und gesamtes Aggressionspotential [II) 3); FAF] vor. Auch in den Verhaltensbereichen der physischen Risikobereitschaft [II) 5); FRF], im Bereich der Einstellungen, die in Verbindung mit verkehrsauffälligem Verhalten stehen [II) 2); KFP30], im Bereich der Einstellungen, die mit einer psychischen Alkoholdisposition in Zusammenhang stehen und im Bereich der Tendenzen zur Bagatellisierung des eigenen Trinkverhaltens [II) 4); ATV] liegen derzeit durchschnittliche Messwerte vor.

 

3. Überdurchschnittliche, also hohe, außerhalb des Streuungsbereiches der statistischen Norm liegende Messwerte in den Verhaltensbereichen 'Selbstsicherheit' [II) 1); 16PF/H] und 'innere Gespanntheit' [II) 1); 16PF/Q4]. Überdurchschnittliche Messwerte liegen aber auch in den Verhaltensbereichen der sozialen Risikobereitschaft [II) 5); FRF] und im Bereich der Offenheit der Äußerungen hinsichtlich des eigenen Verhaltens [II) 3); FAF] vor.

 

VERKEHRSPSYCHOLOGISCHE STELLUNGNAHME

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass im Leistungsbereich hohe Prozentränge und im Verhaltensbereich niedrige Prozentränge (Ausnahme: bipolare 16PF-Skalen) anzustreben sind.

Zweifel an der Kraftfahreignung wegen Minderung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit können aus verkehrspsychologischer Sicht derzeit als ausgeräumt gelten, weil in 89,5% der eingesetzten Verfahren der Prozentrang 16 und in 63,2% der eingesetzten Verfahren sogar der Prozentrang 33 erreicht wurde.

Somit weichen diese Testwerte nicht stärker vom Mittelwert der Population ab, als es der Standardabweichung, beziehungsweise der halben Standardabweichung, einem statistischen Wert für die Normstreubreite einer Leistung in einer Population entspricht.

Die Grenzwertunterschreitungen (PR<16) in Einzelleistungen der Leistungsbereiche 'Selektive Aufmerksamkeit' (COG) und 'Motorische Aktionszeit' (RT) sind zwar nicht als situationsbedingt anzusehen, werden aber durch die stabilen Leistungen in allen anderen Prüfbereichen ausgeglichen (Prozentränge von mindestens 16 beziehungsweise 33), sodass eine Mängelkumulation ausgeschlossen werden kann.

 

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass in den kraftfahrspezifischen Leistungsbereichen von der Probandin derzeit großteils durchschnittliche Leistungswerte erbracht werden konnten. Schwerwiegende Leistungsmängel waren nicht erhebbar. Für nachweisbare Leistungsbeeinträchtigungen bestehen derzeit ausreichende Kompensationsmöglichkeiten.

Die bezüglich Bereitschaft zur Verkehrsanpassung durchgeführte Verhaltensuntersuchung ergab in den relevanten Skalen derzeit überwiegend normgerecht ausgeprägte Verhaltensmuster. Besonders die im § 18 Abs. 3 FSG-GV geforderte Prüfung des sozialen Verantwortungsbewusstseins (16PF/E/PR=23), der Selbstkontrolle (16PF/Q3/PR=23), der psychischen Stabilität (16PF/C/PR=23), der physischen und finanziellen Risikobereitschaft (FRF/P/PR=40 und FRF/F/PR=0) und einer allfälligen Tendenz zu aggressiven Interaktionen (FAF/PR=8 bis maximal 69) ergab Skalenwerte innerhalb der statistischen Norm.

 

Einzig für die soziale Risikobereitschaft (FRF/S/PR=95) und für Einstellungen, die mit einer psychischen Alkoholdisposition in Zusammenhang stehen, also Fehlhaltungen, die unter anderem zu gesteigertem Alkoholkonsum führen können (ATV/PR=82), liegen derzeit hohe Messwerte vor.

 

Als gyroskopischer Faktor dazu kann jedoch das Ausmaß der Offenheit bezüglich der Darstellung des eigenen Verhaltens der Probandin, ihre Vertrautheit mit dem Führen von Kraftfahrzeugen und die in den bisherigen Stellungnahmen bereits festgehaltene gute intellektuelle Leistungsfähigkeit, die eine vorausschauendes Fahren, beziehungsweise eine Früherkennung von Gefahrensituationen ermöglicht, angeführt werden.

Das soziales Verantwortungsbewusstsein, also die soziale Anpassung und das Pflichtbewusstsein, die Selbstkontrolle, also die Besonnenheit, das Selbstvertrauen und die Selbstsicherheit, die psychische Stabilität, also die emotionale Widerstandsfähigkeit und die innere Ruhe, die Risikobereitschaft, also das physische und finanzielle Probeagieren und die Tendenz zu aggressiven Interaktionen, also zu Erregbarkeit, reaktiver und spontaner Aggression, aber auch das Ausmaß an Aggressionshemmung (Gewissensstrenge) der Probandin entsprechen derzeit dem statistischen Normverhalten. Gleichermaßen sind Einstellungen in Verbindung mit verkehrsauffälligem Verhalten, also Art und Ausmaß von Konfliktneigung und Verarbeitung im affektiven Bereich und derzeit in durchschnittlichem Maße ausgeprägt.

Im Bereich der Verhaltensdiagnostik waren somit bis auf zwei Ausnahmen keine Verhaltensmuster erkennbar, welche mit verkehrsauffälligem Verhalten, konkret mit mangelnder Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in Verbindung gebracht werden können. Es konnten sonst ausschließlich, Einstellungen, Haltungen und Verhaltensmuster beobachtet und psychometrisch erhoben werden, welche die Bereitschaft zur Verkehrsanpassung bestätigen.

 

Aufgrund der Hinweise aus der Exploration, der Verhaltensbeobachtung in der Untersuchungssituation und der Befundergebnisse kann der Probandin für das Lenken eines Kraftfahrzeuges laut ihrer Lenkerberechtigung somit derzeit eine ausreichende Eignung, also eine ausreichende kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit und eine ausreichende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung zugesprochen werden.

 

 

Aus verkehrspsychologischer Sicht ist Frau I. K.

daher derzeit für das Lenken von Kraftfahrzeugen

laut ihrer bisherigen Lenkerberechtigung geeignet.

 

Waidhofen an der Ybbs, am 25. Juli 2006 Dr. Horst S.

(Verkehrspsychologe gemäß § 20 FSG-GV)"

 

4.2. Auf Grund der nun im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegten verkehrspsychologischen Stellungnahme gelangt schließlich auch der Amtsarzt der Behörde erster Instanz durch dessen ergänzende Stellungnahme zu einem Gutachtens K., welches die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B seitens der Berufungswerberin fachlich als gegeben erachtet.

Diesem nunmehrigen Gutachtensstatus vermag sich auch die Berufungsbehörde angesichts des von der Berufungswerberin hinterlassenen positiven Eindrucks anzuschließen. Während die negative VPU im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens im Ergebnis von einer nicht ausreichenden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in Verbindung mit einer darin vermuteten erhöhten Alkoholgewöhnung ausging, war im nunmehr vorliegenden Gutachten mit überzeugender Begründung davon nicht die Rede. Da letztlich die Berufungswerberin bislang noch nie als Alkolenkerin in Erscheinung trat, muss die geradezu "krampfhaft anmutende" Hervorhebung einer bei der Berufungswerberin bestehenden Alkoholgewöhnung und daraus folgernd deren Nichteignung - wohl in Form der Vermutung zwischen Fahren und Trinken nicht trennen zu können oder zu wollen - auf eine überschießende und wohl präventionsgeneigte Gutachtensphilosophie zurückgeführt werden (s. J. Wittkowski & W. Seitz, Praxis der verkehrspsychol. Eignungsbegutachtung, S 19 ff - über die personenorientierten Erklärungsansätze zum Trinkverhalten). Auf die von der Berufungswerberin erwähnten widrigen Testsituation ist nicht mehr näher einzugehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat will an dieser Stelle aber auch nicht unausgesprochen lassen, dass Eignungsbeurteilungen wohl auch vom Prinzip des Vertrauens an das grundsätzliche Wohlverhalten jedes in seiner Gesamtpersönlichkeit zu beurteilenden Menschen mit Blick auf dessen Teilnahme am Straßenverkehr getragen zu sein haben. Bei wiederholten Verstößen würden wohl wesentlich strengere Parameter durch entsprechende Abstinenznachweise Platz zu greifen haben.

Auch mit Blick darauf konnte den gutachterlichen Schlussfolgerungen der nunmehr vorliegenden Expertisen überzeugungssicher gefolgt werden.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

  1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

  2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.

Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch gegeben sind, ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen.

Gemäß § 8 Abs.1 FSG hat vor der Erteilung einer Lenkberechtigung der Antragsteller der Behörde ein ärztliches Gutachten vorzulegen, dass er zum Lenken von Kraftfahrzeugen gesundheitlich geeignet ist. ....

Nach § 5 Abs.5 FSG ist die Lenkberechtigung, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z2).

Auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens in Verbindung mit der intakten Zukunftsprognose ist die gesundheitliche Eignung uneingeschränkt gegeben.

Wie oben festgestellt, liegt hier auch kein substanzierter Anhaltspunkt für eine Alkoholaffinität vor, sodass eine Auflage oder Befristung, was die Rechtsmittelwerberin im Ergebnis zur Abstinenz zwingen würde, einer gesetzlichen Deckung entbehrte (vgl. dazu insb VwGH 18.3.2003, 2002/11/0254 mit Hinweis auf VwGH 24. April 2001, Zl. 2000/11/0337, sowie auf VwGH 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0243, jeweils mwN).

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

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