Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521346/2/Kof/Sp

Linz, 03.07.2006

 

 

 

VwSen-521346/2/Kof/Sp Linz, am 3. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn EM vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. Dr. AM gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26.5.2006, VerkR21-368-2005 betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenfahrzeugen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass das Wort: "Invalidenfahrzeugen" durch das Wort: "Invalidenkraftfahrzeugen" ersetzt wird.

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3 iVm §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und

7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/32/2006.

§ 32 Abs.1 Z1 FSG.

§ 64 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z1, 25 und 32 FSG

  • die Lenkberechtigung für die Klassen AV, A und B für den Zeitraum von zwei Jahren, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides (= 30.1.2006) entzogen und
  • das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenfahrzeugen für denselben Zeitraum verboten.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 12.6.2006 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

Gemäß § 67d Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der - durch einen Rechtsanwalt vertretene - Bw diese nicht beantragt hat; VwGH vom 28.4.2004, 2003/03/0017.

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 21.10.2005, 28 Hv 135/05w insbesondere wegen

  • des Verbrechens nach § 28 Abs.2 vierter Fall, Abs.3 erster Fall und Abs.4 Z3 SMG

  • des Verbrechens nach § 28 Abs.2 zweiter und dritter Fall SMG als Beitragstäter nach § 12 dritter Fall StGB und
  • der teils versuchten, teils vollendeten Verbrechen nach § 28 Abs.2 erster Fall SMG, § 15 Abs.1 StGB

zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt.

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw

  • ein Suchtgift in einer Menge, welche die 25-fache der Grenzmenge ausmacht, gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt hat, indem er

- im Zeitraum von 1998 bis Februar 2005

- an insgesamt 29 namentlich bekannte Personen

- in einer Vielzahl von Tathandlungen (mehr als 200 Einzelhandlungen !!)

näher bezeichnete Suchtgifte - Cannabis, Speed (Amphetamin), Ecstasy,

Kokain - mit Gewinnaufschlag verkauft hat.

  • zum Erwerb und Besitz einer jedenfalls großen Suchtgiftmenge mit dem Vorsatz, dieses später in Verkehr zu setzen, sowie zur Aus- und Einfuhr einer großen Suchtgiftmenge, nämlich im Februar 2005 zum Ankauf von zumindest eines Teiles von 6.073 g Cannabisharz von Herrn G.M. in Amsterdam und zum Schmuggel dieser Suchtgiftmenge von G.M. und Frau W.G. mit dem Pkw von Amsterdam nach P. (= in Österreich gelegen) dadurch beigetragen hat, dass er am 14.2.2005 Frau P.P. 1.000 Euro in bar übergab und zur Überweisung dieses Betrages unter dem Falschnamen "H.N." auf ein Konto der W.G. beauftragte, wobei das Geld von W.G. in Amsterdam am 18.5.2005 behoben wurde und
  • Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs.6 SMG) erzeugt bzw. zu erzeugen versucht hat, indem er im Zeitraum von insgesamt etwa 1998 bis Februar 2005 in näher bezeichneten Orten Hanfpflanzen anbaute bzw. aufzog und dadurch Cannabiskraut herstellte.

Die Einzelheiten sind dem oa - im erstinstanzlichen Verfahrensakt enthaltenen - Urteil des Landesgerichtes Linz zu entnehmen.

Bei der Strafzumessung war erschwerend (Gerichtsurteil, Seite 19)

  • der rasche Rückfall
  • die einschlägigen Vorstrafen
  • das Zusammentreffen mehrerer Verbrechen mit zahlreichen Vergehen bei mehrfacher Qualifikation sowie
  • die Tatbegehung über einen längeren Zeitraum.

Der Bw hat in keinem Stadium des Verfahrens bestritten, die im oa Urteil des Landesgerichtes Linz angeführten Straftaten begangen zu haben.

Ausdrücklich ist festzuhalten, dass die Entziehung der Lenkberechtigung nicht

  • wegen des Konsum von Suchtmitteln sowie
  • wegen angeblich begangener Verstöße gegen Verkehrsvorschriften

erfolgt.

Die Entziehung der Lenkberechtigung erfolgt ausschließlich wegen der vom Bw begangen Verbrechen nach § 28 Abs.2, Abs.3 und Abs.4 SMG.

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß §§ 28 Abs.2 bis 5 SMG begangen hat.

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH vom 14.3.2003, G203/02; vom 11.10.2003, B1031/02; vom 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur

vom 6.4.2006, 2005/11/0214

Der Bw beantragt - zum Beweis für seine Verkehrszuverlässigkeit - die Einholung eines verkehrspsychologischen Gutachtens.

 

Die Charaktereigenschaft der Verkehrs(un)zuverlässigkeit einer Person ist

  • keiner ärztlichen und/oder (verkehrs-)psychologischen Beurteilung zugänglich sondern

  • von der Behörde anhand der Aktenlage im Wege der Lösung einer Rechtsfrage ohne Heranziehung von Sachverständigen zu beurteilen.

VwGH vom 11.7.2000, 2000/11/0011; vom 22.9.1995, 95/11/0202;

vom 15.3.1994, 94/11/0064; vom 23.11.1993, 93/11/0218 alle mit Vorjudikatur;

vor allem aber VwGH vom 23.5.2000, 98/11/0300 mit Vorjudikatur -

dieses Erkenntnis betrifft die Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Lenkberechtigung wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.4 Z3 SMG!

 

Auch ein völlig gesunder Mensch kann verkehrsunzuverlässig sein.

VwGH vom 23.11.1993, 93/11/0214.

 

Die Entziehung der Lenkberechtigung erfolgt - wie bereits dargelegt - ausschließlich wegen der vom Bw begangenen Verbrechen nach § 28 Abs.2, 3 und 4 SMG.

 

 

Die Begehung derartiger Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischerweise erleichtert.

Bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache kommt es nicht darauf an, ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 7.10.1997, 96/11/0357 mit zahlreichen Judiakturhinweisen.

 

Bei Festsetzung der Entziehungsdauer ist besonders zu berücksichtigen

  • der extrem lange Tatbegehungszeitraum (1998 bis Februar 2005)
  • die Vielzahl an einzelnen (mehr als 200 !!) Tathandlungen
  • die enorme Menge an Suchtmittel (§ 28 Abs.4 Z3 SMG - zumindest das 25-fache der Grenzmenge nach § 28 Abs.6 leg.cit)
  • die große Anzahl an Personen, an welche der Bw Suchtmittel weitergegeben hat (insgesamt 29 verschiedene Personen)
  • mehrere einschlägige Vorstrafen
  • die Erwerbsabsicht - das durch den Drogenhandel verdiente Geld erlaubte dem Bw ein Leben in "Saus und Braus" (Gerichtsurteil, Seite 20) und
  • dass das Gericht eine unbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren verhängt und nicht einmal ein Teil dieser Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen hat!

 

Bei Begehung von derart schwerwiegenden Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz hat der Verwaltungsgerichtshof nachfolgende Entziehungsdauern als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen:

 

  • Erkenntnis vom 20.3.2001, 99/11/0074:

Der do Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens nach § 12 Abs.3 Z3

SGG (= nunmehr: § 28 Abs.4 Z3 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von

2 1/2 Jahren verurteilt.

Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von 2 Jahren als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

  • Erkenntnis vom 23.4.2002, 2002/11/0012:

Der do Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2

und Abs.3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 2 3/4 Jahren verurteilt.

Der VwGH hat eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit für den Zeitraum

von ca. 3 3/4 Jahren als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

  • Erkenntnis vom 28.5.2002, 2001/11/0247:

Der do Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens nach § 28 Abs.2

und Abs.4 Z3 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten verurteilt.

Der VwGH hat eine Entziehungsdauer von 36 Monaten als rechtmäßig bestätigt

bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Der Bw wurde - wie bereits ausführlich dargelegt - wegen des Verbrechens nach
§ 28 Abs.4 Z3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

 

Im Hinblick auf diese zit. Rechtsprechung des VwGH ist daher die von der belangten Behörde festgesetzte Entziehungsdauer - 2 Jahre, gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides - als rechtmäßig zu bestätigen.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Z1 FSG ist Personen, welche nicht verkehrszuverlässig sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Dem Bw war daher das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung zu verbieten.

 

Da im erstinstanzlichen Bescheid das Wort: "Invalidenfahrzeugen" angeführt ist, war dies auf das Wort: "Invalidenkraftfahrzeugen" zu ändern.

Die Behörde kann iSd § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung immer dann ausschließen, wenn die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen wird;

siehe die in Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, E24 zu § 64 AVG (Seite 1222f) zitierten zahlreichen VwGH-Entscheidungen

Beschluss des VfGH vom 21.10.2005, B 1282/05

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
  2. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

     

  3. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

§ 28 Abs.4 z3 SMG; Entziehungsdauer