Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521354/2/Bi/Be

Linz, 13.07.2006

 

 

 

VwSen-521354/2/Bi/Be Linz, am 13. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn A P, B, M, vertreten durch RA Dr. J P, S, M, vom 16. Juni 2006 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 29. Mai 2006, VerkR21-579-2005/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, Lenkverbot, Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG samt verkehrspsychologischer Stellungnahme und Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Berufung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als die Anordnung der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme zu entfallen hat. Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) die von der BH Grieskirchen am 6. Oktober 2004, VerkR20-1661-2004/GR, für die Klassen Av, A, B, C1, E und F erteilte Lenkberechtigung gemäß §§ 24 Abs.1, 25 Abs.1 und 3, 3 Abs.2 FSG für den Zeitraum von 20 Monaten, gerechnet ab der vorläufigen Abnahme des Führerscheins am 16. Juli 2005, dh bis 16. März 2007, entzogen und ausgesprochen, dass vor Ablauf der Entziehungsdauer keine Lenkberechtigung erteilt werde dürfe. Weiters wurde gemäß § 32 Abs.1 FSG ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (gemeint wohl: Mandatsbescheides, das war am 9. Februar 2006), ausgesprochen. Außerdem wurde gemäß §§ 8 und 24 Abs.3 FSG angeordnet, der Bw habe zusätzlich vor Ablauf der Entziehungsdauer ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu erbringen und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu bringen, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung ende. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfällig eingebrachten Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte mit 2. Juni 2006.

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung sei nach § 17 Abs.1 Z2 FSG-GV dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen worden sei oder er wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c StVO bestraft worden sei. Bei ihm sei es das dritte Alkoholdelikt innerhalb "etwas mehr als fünf Jahren" laut Bescheidbegründung, sodass die Voraussetzungen für die Anordnung einer VPU nicht gegeben seien; bei 0,53 mg/l liege außerdem eine Übertretung nach § 99 Abs.1b vor, nicht § 99 Abs.1 StVO. Die Anordnung eines amtsärztlichen Gutachtens sei nicht sachgerecht, weil ein AAG von 0,53 mg/l nicht auf eine erhebliche Alkoholaffinität hinweise.

Eine Entziehungsdauer von 20 Monaten sei zu streng; wären es 25% weniger gewesen, wäre überhaupt kein Entzug erfolgt. Die letzte bestimmte Tatsache liege nun 4,5 Jahre zurück, das Alkoholdelikt sei noch heuer getilgt. Es handle sich vielmehr um die dritte bestimmte Tatsache innerhalb von 6,5 Jahren, davon 2 Alkoholdelikte und ein Lenken trotz entzogener Lenkberechtigung. Beantragt wird die Reduzierung der Entziehungsdauer auf 12 Monate und die Aufhebung von Spruchpunkt 4.

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der Bw am 16. Juli 2005, 4.00 Uhr, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges WL- und PA- (D) auf der A10 Tauernautobahn bei km 95.550, FR Salzburg, einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht hat, indem er rechts gegen eine Steinschlagschutzmauer prallte. Der im Zuge der Unfallserhebungen durchgeführte Alkotest ergab um 4.40 Uhr einen günstigsten AAG von 0,53 mg/l. Der Bw wurde mit Straferkenntnis der BH Tamsweg vom 13. September 2005, GZ 30506/369-10195-2005, wegen Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1b iVm 5 Abs.1 StVO 1960 rechtskräftig bestraft.

Nach den Eintragungen im Führerscheinregister wurde dem Bw die Lenkberechtigung wegen Übertretung nach §§ 99 Abs.1a iVm 5 Abs.1 StVO vom 4. Dezember 1999 bis 4. März 2000, also für die Dauer von drei Monaten entzogen, dann wegen Lenken ohne Lenkberechtigung am 12. Februar 2000 für die Dauer von sechs Monaten vom 5. März 2000 bis 5. September 2000 und wegen Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1a iVm 5 Abs.1 StVO erneut für die Dauer von 15 Monaten vom 24. Oktober 2001 bis 24. März 2003, sohin insgesamt dreimal in den letzten 6,5 Jahren, davon zweimal wegen Alkohol. Am 6. Oktober 2004 wurde ihm wegen Diebstahl bzw Verlust ein Duplikat ausgestellt.

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 insbesondere zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz zu beurteilen ist.

Gemäß § 25 Abs.3 1.Satz FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Der Bw hat mit dem Lenken eines Fahrzeuges am 16. Juli 2006 mit einem AAG von 0,53mg/l eine bestimmte Tatsache gesetzt, die insofern einer Wertung zu unterziehen ist, als gemäß § 7 Abs.4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurde, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit zu berücksichtigen sind.

Die Erstinstanz hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden insofern berücksichtigt, als sie diesen als eindrucksvollen Beweis für die herabgesetzte Konzentrations-, Beobachtungs- und Reaktionsfähigkeit und damit die nicht zufriedenstellende Ausübung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit bei durch Alkohol beeinträchtigten Lenkern gewertet hat.

Der Bw hat sich nach dem Verkehrsunfall damit verantwortet, es sei ihm auf der A10 ein Fahrzeug entgegengekommen, dem er ausweichen habe müssen - eine Meldung oder ein Notruf wegen eines Geisterfahrers lag aber laut Mitteilung der Autobahnpolizeiinspektion St. Michael/Lungau nicht vor, sodass die Verantwortung des Bw, der angeblich Scheinwerfer eines entgegenkommenden Fahrzeuges gesehen und deshalb das Sattelkraftfahrzeug verrissen hatte, nicht glaubwürdig ist. Das Zustandekommen eines Verkehrsunfalls durch Kollision mit der Steinschlagschutzmauer war daher nicht als geringeres oder gar fehlendes Verschulden am Verkehrsunfall zu sehen und damit in die Wertungskriterien des § 7 Abs.4 FSG, die auch für die der Festsetzung der Entziehungsdauer zugrundeliegenden Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen werde, maßgeblich sind, miteinzubeziehen. Dabei ist zu beachten, dass Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen die Verkehrsvorschriften gehören und die besondere Verwerflichkeit der Wiederholung solcher Delikte daher im Rahmen der Wertung besonders ins Gewicht fällt (vgl VwGH 24.8.1999, 99/11/0216; 24.9.2003, 2001/11/0285; uva). Das Argument des Bw, hätte sein AAG nur 25 % weniger betragen, wäre es gar nicht zu einer Entziehung der Lenkberechtigung gekommen, geht schon deshalb ins Leere, weil es jederzeit in seiner Macht gestanden wäre, weniger oder zB auch gar keinen Alkohol zu trinken, sodass dieses - noch dazu beim Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges mit erhöhter Gefährlichkeit für andere Verkehrsteilnehmer und bei einer nach dem vom Bw geschilderten Alkoholkonsum drei Stunden vor dem Unfall doch eher als "locker" zu sehenden Einstellung zu Alkohol im Straßenverkehr - beim dritten Alkoholvorkommnis innerhalb von etwas mehr als sechs Jahren wohl nicht ernsthaft als begünstigend heranzuziehen wäre, auch wenn der letzte Vorfall zum Unfallzeitpunkt 3,5 Jahre zurücklag (davon war der Bw allerdings 15 Monate gar nicht im Besitz einer Lenkberechtigung).

Eine Verkürzung der Entziehungsdauer auf die beantragten 12 Monate war angesichts des Vorlebens des Bw, der in Ansehung von Alkoholdelikten Wiederholungstäter ist und den auch die bereits zweimalige Entziehung der Lenkberechtigung wegen Alkohol nicht davon abhalten konnte, neuerlich ein Alkoholdelikt zu begehen, ausgeschlossen. Eine wenn auch nur geringfügige Herabsetzung der ohnehin niedrig angesetzten Entziehungsdauer von 20 Monaten, die zugleich der Prognose entspricht, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangen wird, war im Lichte der VwGH-Judikatur (vgl E 20.3.2001, 2000/1170089; 13.8.2003, 2002/11/0168, ua) ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Jedoch ist davon auszugehen, dass der Bw in dieser Zeit schon im eigenen Interesse seine Einstellung zu Alkohol im Straßenverkehr, noch dazu als Lenker eines Sattelkraftfahrzeuges, grundlegend überdacht und im Hinblick auf seinen tatsächlichen Alkoholkonsum geändert haben wird.

Da die Verkehrsunzuverlässigkeit einziges Kriterium bei Verhängung eines Lenkverbotes gemäß § 32 FSG ist, war auch hier eine Herabsetzung nicht möglich.

Gemäß § 24 Abs.3 FSG kann die Behörde bei der Entziehung der Lenkberechtigung begleitende Maßnahmen oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. ... Im Rahmen eines amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. ... Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht, ... so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnung.

Dem Bw ist insofern zuzustimmen, dass die Voraussetzungen des § 17 Abs.1 Z2 FSG-GV bei ihm (gerade noch) nicht vorliegen, sodass die Anordnung der Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufzuheben war. Im Hinblick auf die bei ihm doch sehr sorglos anmutende Einstellung zu Alkohol im Rahmen von Autobahnfahrten mit einem Sattelkraftfahrzeug - hier besteht bei Berufskraftfahrern keine Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich Fahrtantritt nach Alkoholkonsum, sodass sich der Bw der von ihm ausgehenden Gefahr bewusst sein musste; trotzdem hat er größere Mengen Rotwein getrunken, obwohl bei der A10 keineswegs davon auszugehen war, dass an einem Samstag um 4.00 Uhr früh außer ihm kein anderer Verkehrsteilnehmer unterwegs sein würde - ist aber eine Alkoholabstinenz dringend empfohlen, deren Einhaltung durch ein amtsärztliches Gutachten gemäß § 8 FSG zu prüfen sein wird.

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer geboten (vgl VwGH v 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

Beschlagwortung:

3 Alkoholdelikte in 6,5 Jahren - aber bei 0,6 mg/l keine einer VPU - Aufhebung 20 Monate LB-Entziehung - Unfall mit Sachschaden

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