Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521356/2/Br/Ps

Linz, 04.07.2006

 

 

VwSen-521356/2/Br/Ps Linz, am 4. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn F I, geb., K, L, vertreten durch RA Mag. H L, L, L, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 9.6.2006, Zl. FE 282/2006, zu Recht:

 

Der Berufung wird mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Entzugsdauer und die gleichzeitig ausgesprochenen Verbote auf acht Monate - ab Zustellung des erstinstanzlichen Mandatsbescheides per 24.5.2006 - ermäßigt werden.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1 iVm 7 Abs.3 Z10 u. Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 32/2006 FSG;

§ 66 Abs.4, § 67d Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Behörde erster Instanz hat mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid in vollinhaltlicher Bestätigung des Mandatsbescheides v. 18.5.2006 wider den Berufungswerber ausgesprochen:

 

2. Die Begründung der Behörde erster Instanz:

"Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ( § 3 Abs. 1 Z 2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

Gem. § 32 Abs. 1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 1, 26 und 29 Abs. 1 bis 3 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten oder nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden oder nur für eine bestimmte Zeit oder zur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat;

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Am 15.3.2006 wurde die BPD Linz von der Polizeiinspektion Pasching in Kenntnis gesetzt, dass sie wegen des Verdachtes des gewerbsmäßigen Diebstahles und anderer Delikte nach dem StGB bei der Staatsanwaltschaft Linz zur Anzeige gebracht wurden. Der Anzeige der Polizeiinspektion Pasching ist zu entnehmen, dass Sie im Verdacht standen, als Lenker eines Kraftfahrzeuges an 11 Tagen, zwischen Jänner und März 2006, einen Mittäter zu verschiedenen Geschäften im Großraum Linz gebracht zu haben, dies im Wissen, dass der Mittäter in diesem Geschäften Diebstähle begehen werde. Anschließend brachten Sie den Täter mit dem von Ihnen gelenkten KFZ mit dem Kennzeichen und dem Diebsgut wieder nach Hause. Als Lohn für diese Beitragstäterschaft erhielt Sie (gemeint wohl erhielten Sie) vom Täter Benzingeld in unbekannter Höhe.

Der angeführten Strafanzeige ist weiters zu entnehmen, dass Sie zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen Jänner und März 2006 den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen dabei unterstützt haben, Diebsgut zum versand nach Kirgisien zur Post zu bringen.

Mit schriftlichem Urteil des Landesgerichtes Linz vom 5.5.2006, Zahl. 21 Hv 57/06 z wurden Sie für schuldig erkannt, in Linz und anderen Orten

1) in der Zeit von 13.1.2006 bis zuletzt am 9.3.2006 gewerbsmäßig in insgesamt 11 Angriffen zu Diebsstahlshandlungen eines Mittäters dadurch beigetragen zu haben, indem Sie diesen Mittäter jeweils mit dem von Ihnen gelenkten KFZ zu den Tatorten hin bzw. mit der Diebsbeute vom Tatort retour in die Wohnung brachten;

2) zu nicht näher bekannten Zeitpunkten im Zeitraum von Jänner bis März 2006 den Täter einer mit Strafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen nach der Tat dabei unterstützt, eine Sache, die der Täter durch die Tat erlangt hat, zu verheimlichen oder zu verwerten, indem Sie ihn zumindest 2 Angriffen einen Täter halfen, jeweils ein 20 kg schweres Paket mit Diebsbeute zum Versand nach Kirgisien zur Post zu bringen.

Sie wurden wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles als Beitragstäter und des Vergehens der Hehlerei zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten verurteilt, wobei ein Teil der Freiheitsstrafe in der Dauer von 5 Monaten unter Festsetzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Von den Diebstahlstatbeständen des StGB ist zwar nur der räuberische Diebstahl in der Ziffer 10 der beispielsweisen Aufzählung von bestimmten Tatsachen im § 7 Abs.3 FSG genannt.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können aber auch andere Diebstähle bei Zusammentreffen mit anderen strafbaren Taten oder besonders gelagerte schwere Diebstähle die Annahme der Gleichwertigkeit mit dem im § 7 Abs. 3 FSG beispielsweise aufgezählten Straftaten rechtfertigen. Auch ein Hehlereidelikt kann nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 FSG darstellen, wenn es nach seiner Schwere den als bestimmten Tatsachen aufgezählten strafbaren Handlungen entspreche, die Begehung von Hehlereidelikten wird beispielsweise durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen erleichtert.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass Sie rechtskräftig wegen des Verbrechens nach § 130 StGB und des Vergehens nach § 164 StGB verurteilt wurden und Sie dabei als Lenker eines Kraftfahrzeuges die Begehung der Diebstähle über einen langen Zeitraum und in vielen Fällen ermöglicht bzw. erleichtert haben, war Ihnen die Verkehrszuverlässigkeit abzusprechen. Sie haben als Lenker eines Kraftfahrzeuges längere Zeit hindurch eine Vielzahl von Diebstählen erleichtert und dazu beigetragen, dass die Diebsbeute vom Tatort durch den Haupttäter verschafft werden kann. Diese in hohem Maße verwerfliche, geradezu gewohnheitsmäßige Beitragstäterschaft zu Diebstählen und Hehlereidelikten unter Verwendung eines Kraftfahrzeuges führte zu dem Ergebnis, dass Ihnen die Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 20 Monaten zu versagen war.

Gegen den Mandatsbescheid vom 18.5.2006 brachten Sie fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung ein und führten im Wesentlichen aus, dass die Entzugsdauer von 20 Monaten bei dem gegebenen Sachverhalt wesentlich überhöht sei. Weiters wurde festgehalten, dass Sie hinsichtlich der Diebstahlsdelikte nur untergeordnet beteiligt gewesen sind, dass durch die Diebstähle nur die unmittelbare Täterin profitiert hätte und dass Sie für jede Fahrt lediglich € 5,-- Benzingeld erhalten haben. Sie stellten den Antrag die Entzugsdauer auf 5 Monate herabzusetzen.

Die Behörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Ihrem Antrag auf Herabsetzung der Entzugsdauer auf 5 Monate kann nicht nachgekommen werden, da nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch andre Diebstahlstatbestände als jener des räuberischen Diebstahles als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 3 FSG herangezogen werden können, insbesondere wenn es sich um schwere Diebstähle oder Diebstahlsdelikte im Zusammentreffen mit anderen gerichtlich strafbaren Handlungen handelt.

Ausdrücklich muss festgehalten werden, dass Sie über einen langen Zeitraum hindurch als Lenker eines Kraftfahrzeuges eine Mittäterin zu Tatörtlichkeiten von Diebstahlsdelikten gebracht haben, während die Mittäterin die Diebstähle verübte, warteten Sie im KFZ und verbrachten die Mittäterin mit der Diebsbeute wieder von der Tatörtlichkeit weg. Aus dargelegten Gründen war davon auszugehen, dass Ihnen die Verkehrszuverlässigkeit für 20 Monate abzusprechen war, da Sie im hohen Maße verwerflich, geradezu gewohnheitsmäßige Beitragstäterschaft zu Diebstahls- und Hehlereidelikten geleistet haben. Von einer untergeordneten Rolle bei der Begehung von diesen Delikten kann nicht gesprochen werden, da ohne Ihr Zutun als Lenker eines Kraftfahrzeuges die Haupttäterin nicht so leicht zu den Tatörtlichkeiten gekommen wäre und die Diebsbeute nicht unter erleichterten Umständen von den Tatorten hätte verschafft werden können.

Demnach sind Sie nicht verkehrszuverlässig und erfüllen nicht alle Voraussetzungen zum Erwerb bzw. Erhalt der Lenkberechtigung. Nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen stellen eine Gefahr für die Verkehrssicherheit dar und es ist ihnen die Teilnahme am Straßenverkehr als KFZ - Lenker zu verbieten. Aufgrund der von Ihnen durch Ihr Handeln zum Ausdruck gebrachten mangelhaften charakterlichen Einstellung anderen Verkehrsteilnehmern gegenüber ist unter Berücksichtigung der Verwerflichkeit der Tat und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, davon auszugehen, dass Sie die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor Ablauf der festgesetzten Zeit wieder erlangen werden.

Aus Gründen der öffentlichen Verkehrssicherheit war bei Gefahr im Verzug einer Berufung die aufschiebende Wirkung zu versagen."

 

2.1. Der Berufungswerber tritt diesem Bescheid mit seiner durch die ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht erhobenen Berufung entgegen und führt aus:

"In umseitiger Verwaltungsrechtssache erhebe ich gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 09.06.2006, FE 282/2006, zugestellt am 13.06.2006, innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG:

Ich fechte den oben genannten Bescheid der Behörde I. Instanz insofern an, als diese die Entzugsdauer für die Lenkberechtigung mit 20 Monaten unangemessen lange ausgesprochen hat.

Wie die Behörde I. Instanz feststellte, sind für die Wertung der in Abs 1 und Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen gemäß § 7 Abs 4 FSG deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Zur Beurteilung der Verwerflichkeit meiner Handlungen ist der Umstand zugrunde zu legen, welchen finanziellen Nutzen ich aus den Diebstählen gezogen habe. Wie aus meinen Einvernahmen vor den ermittelnden Behörden bzw anlässlich der Hauptverhandlung vor dem Landesgericht Linz unzweifelhaft hervorgeht, habe ich je Fahrt lediglich Benzingeld in Höhe von € 5,-- sowie gelegentlich Lebensmittel zum eigenen Verzehr von der Haupttäterin erhalten. Die Bereicherung meiner Person durch die Diebstähle bewegt sich daher etwa im Bereich zwischen € 50,-- und € 100,--. Ich selber habe bei den Diebstählen nicht unmittelbar gehandelt, sondern war lediglich in untergeordneter Weise als Beitragstäter beteiligt. Dieser Umstand manifestiert sich auch in der Tatsache, dass die über mich verhängte Strafe von sieben Monaten Haft im Ausmaß von fünf Monaten bedingt, nachgesehen wurde. Die Behörde I. Instanz hat es in ihrer Beurteilung verabsäumt, die entsprechenden Erwägungen des Strafgerichtes, weswegen die Freistrafe im überwiegenden Ausmaß bedingt nachgesehen wurde, zur Beurteilung des Sachverhaltes heranzuziehen. Selbst der Vertreter der Anklagebehörde unterstrich in seinen Ausführungen anlässlich der Hauptverhandlung ausdrücklich den qualitativen Unterschied der unmittelbaren Täterin und meiner Handlungen und betonte dabei ebenfalls, dass ich lediglich einen relativ geringfügigen Beitrag zu den Haupttaten gesetzt habe.

Weiters sind die von mir gesetzten Handlungen unter keinen besonders gefährlichen Verhältnissen geschehen.

Wenn die Behörde I. Instanz in ihrer Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Bezug nimmt, wonach auch andere als jene in § 7 Abs 3 erwähnten Diebstahlstatbestände herangezogen werden können, wenn es sich dabei um schwere Diebstähle im Zusammentreffen mit anderen gerichtlich strafbaren Handlungen handelt, ist dem entgegenzuhalten, dass ich meinerseits lediglich wegen §§ 127, 130 StGB verurteilt wurde. Die Qualifikation des § 128 StGB liegt nicht vor. Mir liegt daher nur, was die Grundqualifikation angeht, einfacher Diebstahl im Sinne des § 127 StGB zur Last und ist dies kein Diebstahlsdelikt, welches, wenn auch im Zusammentreffen mit § 164 StGB, ein derartiges Gewicht hätte, um eine lange Entzugsdauer der Lenkberechtigung zu rechtfertigen.

Im Übrigen habe ich das Unrecht meiner Handlungen eingesehen und wird dieser Umstand durch die Tatsache bestätigt, dass ich von der ersten Einvernahme durch die Ermittlungsbeamten ein umfassendes reumütiges Geständnis abgelegt und somit nicht zuletzt die Ermittlungstätigkeit vereinfacht habe.

Bei der Wertung der Gesamtumstände des zugrunde liegenden Sachverhaltes kommt man jedenfalls zum Ergebnis, dass die ausgesprochene Entzugsdauer der Lenkberechtigung mit 20 Monaten wesentlich überhöht ist.

Ich stelle daher den

ANTRAG

der Berufung Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid dahin abzuändern, als eine Entzugsdauer der Lenkberechtigung von höchstens fünf Monaten ausgesprochen werden möge.

L, 26.06.2006/mag.l.-kö F I"

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte mit Blick auf die unstrittige Faktenlage unterbleiben (§ 67d Abs.4 AVG).

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Daraus ergibt sich der entscheidungswesentliche Sachverhalt.

 

4. Der Berufungswerber wurde mit Urteil des LG Linz, 21 Hv 57/06 z, am 5.5.2006 wegen des Verbrechens nach §§ 12 3. Fall, 127, 128 Abs1 Z4, 130 1. Fall und 164 Abs.1 u. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, weil er in der Zeit von 13.1.2006 bis zuletzt am 9.3.2006 gewerbsmäßig in insgesamt 11 Angriffen zu bestimmten (Hinweis auf Punkt A) 1.) des Strafantrages der StA Linz vom 7.4.2006 geschilderten Diebstahlshandlungen des G. A. beigetragen habe, indem er diese Person jeweils zu den Tatorten hin bzw. mit der Diebesbeute vom Tatort retour in die Wohnung chauffiert habe.

Fünf Monate der ausgesprochenen Strafe wurden unter Bestimmung einer Probezeit in der Dauer von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Der unbedingt ausgesprochene Teil wurde offenbar weitgehend bereits durch eine erlittene Vorhaft verbüßt.

Gleichzeitig wurde auf den Widerruf einer unter 14 U 427/05 w vom BG Linz wg. § 127 StGB ebenfalls im Jahr 2005 ausgesprochenen Strafe abgesehen. Die Probezeit wurde jedoch auf fünf Jahre verlängert.

Mildernd wertete das Gericht großteils das Geständnis, sowie, dass der Berufungswerber bei einem Angriff noch nicht das 21. Lebensjahr überschritten hatte, sowie die bloß untergeordnete Beteiligung. Erschwerend wurde eine einschlägige Vorstrafe und das Zusammentreffen von einem Verbrechen und Vergehen gewertet.

 

5. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung darf eine solche im Sinne des § 3 Abs.1 FSG nur Personen erteilt (und daher auch nur belassen) werden, die verkehrszuverlässig sind (§ 7).

 

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

Z 10 eine strafbare Handlung gemäß den §§ 102 (erpresserische Entführung), 131 (räuberischer Diebstahl), 142 und 143 (Raub und schwerer Raub) StGB begangen hat;

 

...

(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung

Allgemeines

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

...

 

5.2. Zunächst ist im Hinblick auf das von der Behörde erster Instanz zusätzlich ausgesprochene Lenkverbot festzustellen, dass § 32 Abs.1 FSG bezüglich Verkehrszuverlässigkeit die Anwendung auch für nicht führerscheinpflichtige Kraftfahrzeuge des § 7 FSG gebietet. Die mangelnde Verkehrszuverlässigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen, für die eine Lenkberechtigung erforderlich ist, umfasst sohin ex lege auch Kraftfahrzeuge, für die eine Lenkberechtigung nicht erforderlich wäre. Hier ist im Rahmen der rechtlichen Beurteilung insbesondere auf den Umstand des erst wenige Monate zurückliegenden strafbaren und als bestimmte Tatsache zu qualifizierenden Verhaltens Bedacht zu nehmen.

Der Entziehung der Lenkberechtigung darf andererseits nicht der Charakter einer (Zusatz-) Strafe zufallen. Es handelt sich um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062 u. VwGH 22.11.2002, 2001/11/0108, uva.).

 

5.2.1. Die Behörde erster Instanz weist zutreffend darauf hin, dass die in § 7 Abs.3 FSG enthaltene Aufzählung nur demonstrativen Charakter hat und demnach auch in der Aufzählung nicht enthaltene strafbare Handlungen, die den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleich kommen, ebenfalls zur Annahme (Wertung nach Abs.4) der Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden führen können (siehe dazu unter anderem VwGH v. 29. April 2003, Zl. 2002/11/0161, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt unter Beachtung dieses Grundsatzes und unter Bedachtnahme darauf, dass von den Diebstählen nur der räuberische Diebstahl gemäß § 131 StGB in § 7 Abs. 4 Z. 4 FSG genannt ist, die Auffassung, dass auch andere besonders gelagerte Diebstähle - wie etwa wiederholte Einbruchsdiebstähle, sowie der räuberische Diebstahl und demnach wohl auch gewerbsmäßiger Diebstahl an Unrechtsgehalt und Bedeutung gleich zu halten sind und daher eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG darstellen können. In den Fällen, in denen der Verwaltungsgerichtshof im zeitlichen Geltungsbereich des FSG zu beurteilen hatte, ob Diebstähle, die nicht nach § 131 StGB qualifiziert sind, eine bestimmte Tatsache gemäß § 7 Abs.3 FSG darstellen und diese Frage bejaht hat, handelte es sich durchwegs um Diebstähle, die als Verbrechen zu qualifiziert waren, in den meisten Fällen handelte es sich um wiederholte Einbruchsdiebstähle (Hinweis insbesondere auf VwGH 14. März 2000, Zl. 99/11/0355, vom 11. April 2000, Zl. 99/11/0328, vom 23. Mai 2000, Zl. 98/11/0300, vom 24. April 2001, Zl. 99/11/0132, vom 23. Oktober 2001, Zl. 2000/11/0038, und vom 23. April 2002, Zl. 2002/11/0019).

Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof aber auf die Schwere der als "bestimmte Tatsachen" zu wertenden Verbrechen abgestellt und etwa ausgesprochen, dass es für die Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 Z2 FSG nicht des Ausschlusses der Begehung weiterer schwerer strafbarer Handlungen bedarf; es muss vielmehr die Annahme begründet sein, dass der Betreffende "sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird" (VwGH 26.7.2005, 2005/11/0061 mit Hinweis auf VwGH v. 25. November 2003, Zl. 2003/11/0240).

Selbst eine Verurteilung zu einer viereinhalbjährigen Freiheitsstrafe wegen Raubes bildete keine Grundlage dafür, die Verkehrszuverlässigkeit erst nach 49 Monaten nach Begehung der strafbaren Handlung (des Bankraubes), als wieder erlangt anzunehmen. Ein zu diesem Ergebnis führender Entzug wurde vom Verwaltungsgerichtshof als bei weitem überhöht erachtet. Die belangte Behörde hätte - so der Verwaltungsgerichtshof - auf der Basis ihrer Feststellungen vielmehr mit einer deutlich kürzeren Entziehungszeit das Auslangen finden müssen.

So wurde auch ein Entzug von zwölf Monaten nach Haftentlassung iVm einer Verurteilung zu 3 1/2 Jahren wegen des Vergehens des schweren Diebstahles in der Begehungsform der Beitragstäterschaft nach den §§ 12 dritte Alternative, 127 und 128 Abs. 1 Z4 StGB als rechtswidrig erkannt (VwGH 13.8.2003, 2002/11/0058 mwN).

Der Berufung kam daher auch hier Berechtigung zu, wobei im Sinne der Berufungsausführungen die Entzugsdauer und der Ausspruch der Verbote entsprechend zu reduzieren war.

Angesichts der hier hinter der immerhin als Verbrechen zu qualifizierenden Tat aber ob des geringfügigen Beteiligungsgrades doch verhältnismäßig geringfügig anzunehmenden kriminellen Neigung, trifft dies insbesondere auch für die vorzunehmende Wertung und Prognoseeinschätzung zu.

Es kann daher bei sachgerechter Abwägung der hierzu umfangreichen Judikatur und in Vermeidung den Entzug als Nebenstrafe zur Wirkung gelangen zu lassen, davon ausgegangen werden, dass angesichts der erst kurze Zeit zurückliegenden zwei Verurteilungen, nach bereits acht Monaten nach dem Ende des hier zu wertenden strafbaren Verhaltens (Anfang März 2006) - aber auch nicht früher - die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit prognostiziert werden kann.

Letztlich sind die primär auf die Verkehrssicherheit und (nur) sekundär auch auf sozialverträgliches Verhalten der Menschen ausgerichteten Bestimmungen des Führerscheingesetzes auf im Voraus nicht verifizierbare Prognosebeurteilungen angewiesen. Diese sollten jedoch mit Blick auf das höherwertige Resozialisierungsziel von Straftätern durch zu stringente Handhabung nicht kontraproduktiv zur Wirkung gelangen.

Dass die Verkehrszuverlässigkeit im Sinne des Berufungsantrages bereits nach fünf Monaten bereits wiedergegeben wäre, scheint mit Blick auf das erst kurzzeitige Zurückliegen der Tat und die in kurzer Zeitabfolge erfolgten zwei Verurteilungen objektiv nicht vertretbar.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. B l e i e r

 

Beschlagwortung:

gewerbsmäßiger Diebstahl, bestimmte Tatsache, Prognose

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