Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-521363/2/Kof/Sp

Linz, 03.08.2006

 

 

 

VwSen-521363/2/Kof/Sp Linz, am 3. August 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des Herrn YN, derzeit Justizanstalt R, vertreten durch D - M gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 20.6.2006, VerkR21-367-2005, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 7 Abs.4 FSG, BGBl. I/120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I/32/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 7, 24 Abs.1, 24 Abs.3, 25 Abs.1, 25 Abs.3 und 29 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 6 Monaten - gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides - entzogen.

Haftzeiten sind in diese Entziehungsdauer nicht einzurechnen.

Einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gegen diesen Bescheid hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 6.7.2006 eingebracht.

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

Der Bw wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 27.1.2006, 30 Hv 44/05 k, ua. wegen

zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt.

Weiters wurden dem Bw gewährte - näher bezeichnete - bedingte Strafnachsichten von insgesamt 10 Monaten Freiheitsstrafe widerrufen.

Grund für diese Verurteilung war, dass der Bw

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie aufgrund ihrer Sinnesart beim Lenken von KFZ die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr gefährden wird.

 

 

In § 7 Abs.3 Z8, 9 und 10 FSG sind als bestimmte Tatsachen näher genannte strafbare Handlungen gegen Leib und Leben - nach ausdrücklich angeführten Bestimmungen des StGB - enthalten.

§ 7 Abs.3 FSG enthält eine demonstrative Aufzählung dieser strafbaren Handlungen, sodass nicht aufgezählte strafbare Handlungen - welche den aufgezählten an Unrechtsgehalt und Bedeutung iZm dem Lenken von Kraftfahrzeugen gleichkommen - ebenfalls zur Annahme der Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden führen können; VwGH vom 16.12.2004, 2004/11/0178; vom 29.4.2003, 2002/11/0161 ua.

Insbesondere das vom Bw begangene Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z1 StGB ist - hinsichtlich deren Verwerflichkeit - den in § 7 Abs.3 Z9 FSG angeführten strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben gleichzuhalten; VwGH vom 28.6.2001, 2001/11/0114.

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.


Nach der früheren - jahrzehntelangen - Rechsprechung des VwGH waren Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen.

In den letzten Jahren hat jedoch der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen, dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer mit einzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161; vom 21.2.2006, 2003/11/0025; vom 21.2.2006, 2004/11/0129 und vom 21.3.2006, 2005/11/0196.

Der Bw hat das Verbrechen der schweren Nötigung nach den §§ 105 Abs.1, 106 Abs.1 Z1 StGB und das Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB zwischen März und 18. Juli 2005 begangen.

Zwischen Beendigung des strafbaren Verhaltens (18.7.2005) einerseits und der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 23.6.2006) andererseits, ist ein Zeitraum von 11 Monaten vergangen.

Die Entziehung der Lenkberechtigung ist bzw. wäre nur dann rechtmäßig, wenn der Bw im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides noch für mindestens drei Monate - somit für einen Zeitraum von insgesamt 14 Monaten, gerechnet ab Abschluss des strafbaren Verhaltens - verkehrsunzuverlässig ist; VwGH vom 23.4.2002, 2001/11/0149 mit Vorjudikatur

 

Der VwGH hat in derart gelagerten Fällen die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit von 15 Monaten für - teilweise wesentlich - zu lang befunden; Erkenntnis vom 28.6.2001, 2001/11/0114 unter Verweis auf die Erkenntnisse vom 30.6.1992, 91/11/0124 und vom 27.5.1999, 98/11/0198.

Im Hinblick auf die zitierte Judikatur ist die Annahme, der Bw ist (zumindest) bis zum Ablauf von drei Monaten - gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides - verkehrsunzuverlässig, nicht gerechtfertigt.

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.
  2. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten..

     

  3. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. Kofler

Beschlagwortung:

§§ 83, 105 Abs.1und 106 Abs.1 Z1 StGB - Verkehrsunzuverlässigkeit

 

 

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