Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530015/7/Kon/Ni

Linz, 04.08.2003

 

 

 VwSen-530015/7/Kon/Ni Linz, am 4. August 2003

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Robert Konrath über die Berufung der E A GmbH, Wien gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde erster Instanz vom 27. Februar 2003, Ge20-37-11-01-2003, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck behoben.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG und § 359a GewO 1994 idF BGBl I Nr. 65/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde erster Instanz hat mit dem eingangs zitierten Bescheid der E A GmbH, Wien für den weiteren Betrieb der genehmigten öffentlichen Tankstelle in S a A auf Grundstück, KG S, gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:

 

  1. Die bestehenden erdverlegten einwandigen Saugleitungen vom 75.000 l-Lagertank (Benzin, Super-bleifrei) und vom 20.000 l-Lagertank (Superbenzin) zu den Zapfsäulen sind durch doppelwandige Saugleitungen, jeweils mit einer Lecküberwachung, zu ersetzen. Die Anzeigegeräte sind neben den bestehenden Anzeigegeräten für die Behälter zu situieren.
  2.  

  3. Die Auflage 1 ist im Zuge der geplanten Erweiterung der Tankstelle, spätestens jedoch bis zum 31.12.2003 zu erfüllen. Die Erfüllung ist der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck unter Vorlage eines Ausführungsberichtes anzuzeigen.

 

Die zusätzliche Vorschreibung des Auflagenpunktes 1 (doppelwandige Saugleitungen) wird von der belangten Behörde im Wesentlichen damit begründet, dass es dem heutigen Stand der Technik entspreche, mineralölführende erdverlegte Leitungen in doppelwandiger Ausführung mit Leckwarengerät auszuführen, weil gerade der Gewässerschutz das höchste Maß an Sicherheit erfordere.

So habe der Gesetzgeber im § 124 Abs.5 Z1 VbF auch angeordnet, dass einwandige unterirdische Lagertanks nur mehr bis spätestens 1.6.2001 verwendet werden dürfen, wobei es Rechtsansicht der vorschreibenden Behörde sei, dass einwandige mineralölführende Leitungen das gleiche Gefahrenpotential aufweisen, wie ein einwandiger Lagertank für Mineralöl. Es müssten daher für erdverlegte Leitungen die gleiche Sicherheitsmaßnahme gelten wie für Lagertanks.

Die Behörde habe auch gemäß § 74 Abs.2 Z5 GewO 1994 iVm § 356b leg.cit. und § 31a WRG ein besonderes Augenmerk auf den Gewässerschutz zu richten.

 

Weiters verweist die belangte Behörde auf Auflagepunkt 14 des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich, betreffend die gegenständliche Tankstelle, vom 25.2.1991, Ge5153/72-1991, der vorschreibt, dass Rohrleitungen so zu verlegen sind, dass Undichtheiten leicht und zuverlässig feststellbar und Gewässerverunreinigungen sicher vermieden sind.

 

Hiezu hält die belangte Behörde fest, dass solche Maßnahmen bislang nicht gesetzt bzw. von der Betriebsinhaberin auch nicht nachgewiesen worden seien. Vielmehr lägen die einwandigen Saugleitungen ohne besonderen Schutz im Erdreich. Letztlich sei Auflagepunkt Nr. 14 des zitierten Genehmigungsbescheides zu wenig konkret und zu wenig bestimmt formuliert. Es sei daher Aufgabe der Behörde gewesen, diese Auflage zu konkretisieren und die dem Stand der Technik entsprechende Auflage wäre daher gemäß § 79 GewO 1994 vorzuschreiben gewesen.

 

Das Vorbringen der Betriebsinhaberin, dass die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben sei, gehe ins Leere. So sei die Betankungsfläche neu gestaltet und eine doppelwandige Saugleitung mit Lecküberdachung vom Lagertank für Diesel bis zur Zapfsäule verlegt worden. Parallel zu dieser Künette führten die bestehenden einwandigen Rohrleitungen. Der Betrieb einer Tankstelle erfordere im Interesse der Sicherheit und im Interesse des Gewässerschutzes erhöhte Sicherheitsanforderungen, die im Zuge von Erweiterungen bzw. Sanierungsmaßnahmen gleichzeitig durchgeführt werden könnten.

 

Gegen diesen Bescheid hat die E A GmbH, Wien rechtzeitig Berufung erhoben und darin dessen ersatzlose Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung beantragt.

 

Hiezu führt sie begründend im Wesentlichen aus, dass die VbF am 1.6.1993 in Kraft getreten sei und, wie im angefochtenen Bescheid selbst ausgeführt wird, die Bestimmungen des § 33 Abs.2 VbF gemäß § 124 Abs.1 der gleichen Norm nicht für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VbF bereits behördlich genehmigten Anlagen gelte.

 

In § 33 Abs.2 VbF würden beispielhaft Maßnahmen angeführt, welche in einem erhöhten Ausmaß das unterirdische Leitungen umgebende Erdreich vor dem Austreten von brennbarer Flüssigkeit schützten. Dazu gehöre die Verwendung korrosionsfesten Materials, Schutzummantelung, Rohrwandverstärkung, kathodisch geschützte Rohrtrassen, Doppelmantelrohre oder Flüssigkeitsdichte-Rohrkanäle. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VbF wären somit Doppelmantelrohre bereits nach dem Stand der Technik bekannt gewesen.

 

Mit § 124 Abs.1 VbF sei betreffend die Ausführung von unterirdischen einwandigen Leitungen für brennbare Flüssigkeiten eine Sonderregelung dahingehend geschaffen worden, als unter Wissens des Standes der Technik, nämlich der Doppelmantelrohre, eine Umrüstung einwandiger Rohrleitungen bei bereits genehmigten Anlagen ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Somit sei auch der Schluss der belangten Behörde, dass aus der Übergangsregelung des § 124 Abs.5 Z1 VbF betreffend einwandige unterirdische Lagerbehälter in Analogie gleiche Sicherheitsmaßnahmen für erdverlegte Leitungen abzuleiten seien und damit der Austausch genehmigter einwandiger Saugleitungen gegen doppelwandige unter Berufung auf den Stand der Technik vorgeschrieben werden könne, rechtswidrig.

Ergänzend sei dazu festzuhalten, dass die Rohrleitungen an der gegenständlichen Tankstelle als "hängende Leitungen" unter Verwendung schwerer Gewinderohre (ÖNORM M5612), das heißt mit "Rohrwandverstärkungen" ausgeführt worden seien. Diese technische Ausführung sei gemäß § 33 Abs.2 VbF Doppelmantelrohren gleichgestellt, sodass die Tankstelle, obwohl vor Inkrafttreten der VbF genehmigt und errichtet, bereits die Auflagen für einen erhöhten Schutz des umgebenden Erdreiches erfülle. Dies könne durch einen Ortsaugenschein unter Beweis gestellt werden.

 

In der Niederschrift des Amtes der OÖ. Landesregierung vom 29.10.1999 sei die Bescheid gemäße Herstellung der Rohrleitungen und Lagerbehälter bestätigt worden. Weiters sei mit Schreiben der E A GmbH vom 12.2.2003 die Gewerbebehörde erster Instanz über die technischen Ausführungen informiert worden.

Die Begründung der belangten Behörde, dass Auflagepunkt Nr. 14 des Genehmigungsbescheides mangels ausreichender Konkretisierung nach dem Stand der Technik gemäß § 79 GewO 1994 zu konkretisieren und vorzuschreiben sei, sei wie schon vorher ausgeführt rechtswidrig. § 124 Abs.1 VbF sehe für vor Inkrafttreten dieser neuen genehmigten Anlagen, eine dauernde Ausnahmebestimmung vor, obwohl die im angefochtenen Bescheid vorgeschriebenen Maßnahmen, nämlich Doppelmantelrohre, bereits als Stand der Technik bekannt wären. Eine anders lautende Interpretation der VbF durch die Behörde verstoße gegen diese eindeutige Sonderregelung.

Auch der Hinweis auf § 31a WRG biete keine Handhabe für die vorgeschriebene Maßnahme.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens wurde im Hinblick auf die von der belangten Behörde herangezogene Begründung zur Vorschreibung der zusätzlichen Auflage ein Gutachten der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik des Amtes der Oö. Landesregierung eingeholt, durch welches geklärt werden sollte, ob

 

mineralölführende einwandige Leitungen ein gleich hohes Gefahrenpotential wie einwandige Lagerbehälter aufweisen oder nicht und, wenn einwandige mineralölführende Leitungen ein geringeres Potential tatsächlich aufweisen sollten, um wieviel geringer dieses Gefahrenpotential einzustufen sei.

 

 

Laut Gutachten vom 3.7. d.J. der oa. Fachabteilung ist das Gefahrenpotential bei einwandigen Lagerbehältern größer als bei einwandigen unterirdischen Leitungen einzustufen. Dies mit der Begründung, dass bei Leckagen in einwandigen unterirdischen Behältern ein größeres Schadensausmaß als bei einwandigen unterirdischen Leitungen zu erwarten ist.

 

Zur Frage um wieviel das Gefahrenpotential bei einwandigen Leitungen geringer einzustufen ist, wird im Gutachten erklärt dass hierüber keine seriöse Aussage getroffen werden könne.

 

Der Berufungswerberin, der E A GmbH wurde das Gutachten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und von ihr mit Schriftsatz vom 18.7.2003 eine Stellungnahme hiezu erstattet.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, ergibt sich nach der Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs.1) vorzuschreiben.

 

Nach der zitierten Gesetzesstelle ist sohin Voraussetzung für die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen, dass Umstände zu Tage treten, denen zu Folge trotz konsensgemäßen Anlagenbetriebes der Schutz der von § 74 Abs.2 leg.cit. geschützten Interessen nicht mehr gewährleistet ist.

Der in Bezug auf die technische Ausführung der Betriebsanlage eingetretene Fortschritt des Standes der Technik oder der sonstigen Wissenschaften, berechtigt die Gewerbebehörde für sich alleine noch nicht, zusätzliche Auflagen gemäß § 79 leg.cit. vorzuschreiben.

 

Dem gegenständlichen Verwaltungsakt, insbesondere der Begründung des bekämpften Bescheides, ist jedoch nicht zu entnehmen, auf Grund welcher konkret in Erscheinung getretenen Gründe die gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen nicht hinreichend geschützt sind.

In diesem Zusammenhang ist aufzuzeigen, dass die verfahrensgegenständliche erdverlegte Leitung voll den Bestimmungen der VbF entspricht, wenngleich dies die Anwendung der Bestimmungen des § 79 GewO 1994 nicht ausschlösse.

 

Die von der belangten Behörde herangezogene Begründung zur Vorschreibung der bekämpften Auflage, wonach einwandige erdverlegte mineralölführende Leitungen das gleiche Gefahrenpotential aufwiesen, wie einwandige unterirdische Mineralöllagertanks - diese dürfen seit 1.6.2001 nicht mehr verwendet werden - trifft laut vorangeführten Sachverständigengutachten auch nicht zu, weil nach Sachverständigenmeinung einwandige unterirdische Leitungen wegen deren geringeren Schadensfolgen bei Leckagen gegenüber einwandigen unterirdischen Lagerbehältern ein geringeres Gefahrenpotential aufweisen.

 

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 

Dr. Konrath

 
 

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