Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530122/7/Bm/Sta

Linz, 11.03.2004

VwSen-530122/7/Bm/Sta Linz, am 11. März 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über den von Frau E W und Frau P P-W, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, zugleich mit der Berufung gegen den Genehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 2.1.2004, GZ. BG-BA-54-2003 Gr, mit welchem über Antrag der S C W E, S, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, S, Grundstücke Nr. , KG. , unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden ist, gestellten Antrag gemäß § 78 Abs.1 GewO 1994 auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gleichzeitig eingebrachten Berufung, zu Recht erkannt:

Der Berufung der Frau E W und Frau P P-W, Wels, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 2.1.2004, BG-BA-54-2003 Gr, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, S, Grundstücke Nr. , KG. , wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.



Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67h Abs.1 AVG iVm § 78 Abs.1 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

Mit oben bezeichnetem Bescheid vom 2.1.2004 hat der Bürgermeister der Stadt Wels über Antrag der S C W E die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, S, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Gegen diesen Bescheid haben unter anderem die Nachbarn E W und P P-W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Mag. B, Dr. L, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Gleichzeitig mit der Erhebung dieser Berufung wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für diese Berufung beantragt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aus der Verhandlungsschrift vom 4.9.2003 ergebe sich, dass durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten baulichen Anlage es zu Lärmimmissionen im Ausmaß von bis zu 70 dB kommen solle. Dem gegenüber sei hervorzuheben, dass sich die Liegenschaft der Antragstellerinnen zur Gänze im Wohngebiet befände. Gemäß § 2 der Oö. Grenzwerteverordnung gelte im Wohngebiet hinsichtlich der Lärmbelastungen für den Tag ein Grenzwert von 50 dB und für die Nacht ein Grenzwert in der Höhe von 40 dB. Die medizinische Amtssachverständige habe in der Verhandlungsschrift vom 4.9.2003 festgestellt, dass die Nachbarn des Projektes stark lärmbelastet seien und dass eine Erhöhung des Lärmpegels durch das geplante Projekt medizinisch nicht zumutbar sei und zu einer Gesundheitsgefährdung der Bewohner der benachbarten Objekte führen könne. Auf Grund der unvollständigen und nicht repräsentativen Einreichunterlagen des Konsenswerbers sei in mehreren Punkten keine abschließende Beurteilung der Emissionsauswirkungen der geplanten Anlage möglich. Es bestünden erhebliche Bedenken, ob die Anlage technisch in einer Form ausgeführt werden könne, die geeignet sei, unzulässige, unzumutbare und gesundheitsgefährdende Belastungen und Beeinträchtigungen auf den Liegenschaften der Antragstellerinnen bzw. der Antragstellerinnen selbst zu vermeiden.

Der von den Antragstellerinnen beauftragte gerichtlich beeidete Sachverständige Univ.-Doz. Mag. Dr. G H habe Ist-Lärmmessungen im rückwärtigen (süd-östlichen) Bereich der Liegenschaft der Antragstellerinnen vorgenommen und diese Daten seinem Gutachten vom 13.2.2003 zu Grunde gelegt.

Dieses Gutachten wurde dem Antrag beigelegt. Aus den von Univ.-Doz. Mag. Dr. G H erhobenen Messdaten ergebe sich, dass selbst bei Zugrundelegung der spärlichen Angaben über den ersten Teil des geplanten Projektes - insbesondere betreffend die angegebenen Ladevorgänge und die angegebenen Lkw- und Pkw-Verkehrsfrequenzen - feststehe, dass es durch die Errichtung und den Betrieb der geplanten Anlage zu gesundheitsgefährdenden, unzulässigen und unzumutbaren Beeinträchtigungen und Belastungen auf den Liegenschaften der Antragstellerinnen bzw. der Antragstellerinnen selbst durch Lärmimmissionen kommen werde, weil eine Erhöhung der Lärmimmissionen um bis zu 10 dB und eine Überschreitung der Basislärmpegel um bis zu 18 dB zu erwarten sei. Nach dem Gutachten H vom 13.2.2003 sei zu erwarten, dass zu späteren Zeiten ( nach 20.00 Uhr) der örtliche Basislärmpegel noch weiter abnehme und die Grenzwerte für die Zumutbarkeit von Betriebslärm somit noch weiter überschritten werden würden. Ebenso sei nach dem Gutachten zu erwarten, dass die Grenzwerte für die Zumutbarkeit von Betriebslärm bei Emissionspunkten südlich des Gebäudes grundsätzlich nicht einhaltbar seien, da sie bereits durch einen einzigen Ladevorgang überschritten würden. Weiters sei nach diesem Gutachten zu erwarten, dass die Zulässigkeitsgrenzen betreffend die Lärmimmissionen im Fall höherer Verkehrsfrequenzen und/oder vermehrter Ladevorgänge noch deutlicher überschritten würden. Genau dieser Fall werde aber eintreten, zumal es auf Grund des jetzt verfahrensgegenständlichen Projektes annähernd zu einer Verdoppelung der ursprünglichen Projektsgröße, zu einer Verdoppelung der Zu- und Abfahrten von Lkw samt Ladevorgängen und zu einer Verdoppelung der Pkw-Verkehrsfrequenz kommen werde. Die Forderung der Amtsärztin, dass durch das geplante Projekt keine Erhöhung des Lärmimmissionspegels bei den Liegenschaften der Antragstellerinnen verursacht werden dürfe, sei somit nicht erfüllbar.

In weiterer Folge wurde von den Berufungswerbern ein ergänzendes schalltechnisches Gutachten, datiert mit 24.1.2004, vorgelegt und dazu ausgeführt, Herr Univ.-Doz. Mag. Dr. H habe am 21.1.2004 zwischen 6 und 22 Uhr Ist-Lärmmessungen im süd-östlichen Bereich der Liegenschaft der Antragstellerin durchgeführt und diese Daten seinem Gutachten zu Grunde gelegt. Der von Univ.-Doz. Mag. Dr. H verwendete Messpunkt I(10) liege in unmittelbarer Nähe eines Schlafraumes. Aus diesem Gutachten ergebe sich, dass es durch die geplante Betriebsanlage zu einer Überschreitung des ortsüblichen Dauerschallpegels um bis zu 10,5 dB und zu einer Überschreitung des ortsüblichen Basispegels um bis zu 17 dB kommen werde.

Die belangte Behörde hat diese Berufung gemeinsam mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung und den bezughabenden Verfahrensakt ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt I. Instanz sowie durch Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens.

Der lärmtechnische Amtssachverständige hat in diesem Gutachten vom 4.3.2004 folgendes ausgeführt:

"Mit dem Berufungsvorbringen der Nachbarn W gegen die geplante Erweiterung des S C W auf Grundstücken der KG. L wurde ein schalltechnisches Gutachten von Univ.-Doz. Mag. Dr. G H, bezeichnet mit S 239, datiert mit 24. Jänner 2004, vorgelegt. Dieses Gutachten basiert auf Lärmmessungen am 21. Jänner 2004. Der Messpunkt wird als Immissionspunkt I10 bezeichnet und befindet sich südöstlich des Gebäudes W. Der Abstand zur Fassade beträgt 1m und die Höhe über dem Boden 5 m. Die Messungen wurden nach der ÖNORM S 5004 durchgeführt.

Zur Wahl des Messpunktes ist festzustellen, dass nach der ÖNORM S 5004 bei Messungen im Freien die Mikrofonhöhe im Allgemeinen 1,5 m bei 2,0 m über dem Boden zu sein hat, bei Messaufgaben zur Beurteilung der Immissionen für zukünftige Bebauungen 5 m über dem Boden. Bei Messungen in der Nähe von Gebäuden muss der Abstand von diesem mindestens 3,0 m betragen. Im Allgemeinen ist das Mikrofon dort aufzustellen, wo sich in der Regel Personen aufhalten.

Im Vergleich mit den vorstehend angeführten Normvorgaben für die Positionierung eines Mikrofons zur Lärmmessung ist zur tatsächlich gewählten Messposition festzustellen, dass die Messvorschriften nicht eingehalten wurden. Im Übrigen wurde bei einem Ortsaugenschein im Jahr 2003 im Zuge des Berufungsverfahrens für die Errichtung des S C W festgestellt, dass der Bereich des Grundstückes W, welcher für den Standort des Mikrofons gewählt wurde, als Gemüse- und Blumengarten verwendet wird. Dieser Bereich ist somit als nicht üblicher, beurteilungsrelevanter Aufenthaltsbereich im Sinne der Rechtssprechung anzusehen.

Die im Gutachten von Univ.-Doz. Mag. Dr. G H dargestellte Situation bildet daher aus fachlicher Sicht keine Grundlage, die Plausibilität des schalltechnischen Projektes TAS S in Zweifel zu ziehen."

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 78 Abs.1 GewO 1994 dürfen Anlagen oder Teile von Anlagen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dieses Recht endet mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch 3 Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Die zur Entscheidung berufene Behörde hat die Inanspruchnahme dieses Rechtes auszuschließen, wenn der Begründung der Berufung zu entnehmen ist, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist.

Voranzustellen ist, dass im oben zitierten § 78 Abs.1 ein eigener auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag eines Berufungswerbers nicht vorgesehen ist.

Die Behörde hat im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 78 Abs.1 letzter Satz von Amts wegen vorzugehen. Mangels eines im § 78 Abs.1 leg.cit. vorgesehenen Antrages der Berufungswerber auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Berufungswerber daher auch keinen Anspruch auf Erlassung eines derartigen Bescheides und kann schon aus diesem Grund dem Antrag der Berufungswerber alleine für sich zulässigerweise nicht stattgegeben werden.

Dessen ungeachtet gelangt jedoch der Unabhängige Verwaltungssenat auch auf Grund des vorliegenden Akteninhaltes und des eingeholten lärmtechnischen Gutachtens zur Erkenntnis, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit - und nur diese rechtfertigt die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - nicht zu erwarten ist.

Das Vorbringen der Berufungswerber zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung stützt sich auf das schalltechnische Gutachten H; aus dem eingeholten Gutachten des beigezogenen lärmtechnischen Amtssachverständigen geht eindeutig hervor, dass dieses dem Antrag zu Grunde liegende Gutachten der Berufungswerber unschlüssig und nicht geeignet ist, die Plausibilität des schalltechnischen Projektes TAS S, welches Grundlage für die im erstinstanzlichen Verfahren vorgenommene lärmtechnische Beurteilung war, in Zweifel zu ziehen. Das vorgelegte Gutachten H geht hinsichtlich der gewählten Messpunkte von falschen Voraussetzungen aus und gelangt dadurch in logischer Konsequenz zu ebenso falschen Ergebnissen, weshalb die vorgebrachte zu erwartende Gesundheitsgefährdung für die Nachbarn nicht nachvollziehbar ist.

Im vorliegenden Fall wurde von der Erstbehörde ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durch Einholung eines lärmtechnischen, wasserfachlichen und - basierend auf diesen Gutachten - eines medizinischen Gutachtens durchgeführt und als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Die eingeholten Gutachten, insbesondere das medizinische Gutachten lassen nicht den Schluss zu, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. B i s m a i e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 08.06.2004, Zl.: B 607/04-4 und B 678/04-4

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 20.10.2004, Zl.: 2004/04/0151-0152-5

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