Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530125/3/Bm/Sta VwSen530126/3/Bm/Sta

Linz, 29.03.2004

VwSen-530125/3/Bm/Sta
VwSen-530126/3/Bm/Sta
Linz, am 29. März 2004

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über den von Frau E W und Frau P P-W, W, vertreten durch Rechtsantwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, zugleich mit der Berufung gegen den Genehmigungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 26.2.2004, GZ. BG-BA-70-2003 Gr, mit welchem über Antrag der M I, S, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage im Standort W, G, Grundstücke Nr. , KG. L, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden ist, gestellten Antrag gemäß § 78 Abs.1 GewO 1994 auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der gleichzeitig eingebrachten Berufung zu Recht erkannt:

Der Berufung der Frau E W und Frau P P-W, W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H H, Mag. W B, Dr. G L, M, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 26.2.2004, BG-BA-70-2003 Gr, betreffend gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, G, Grundstücke Nr. , KG. L, wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67h Abs.1 AVG iVm § 78 Abs.1 GewO 1994.

Entscheidungsgründe:

Mit oben bezeichnetem Bescheid vom 26.2.2004 hat der Bürgermeister der Stadt Wels über Antrag der M I, S, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage im Standort W, G, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

Gegen diesen Bescheid haben unter anderem die Nachbarn E W und P P-W, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H, Mag. B, Dr. L, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Gleichzeitig mit der Erhebung dieser Berufung wurde die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für diese Berufung beantragt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, der von den Berufungswerberinnen beantragte gerichtlich beeidete Sachverständige Herr Univ. Doz. Mag. Dr. G H habe auf Basis der bisher vorliegenden Verfahrensergebnisse ein schalltechnisches Gutachten vom 23.2.2004 erstellt, welches zum Schluss komme, dass insbesondere in den Phasen, in denen gleichzeitig der Betrieb eines M geführt und umfangreiche Baumaßnahmen abgewickelt werden sollen, unzumutbare und unzulässige Lärmimmissionsbelastungen auf den Liegenschaften der Antragstellerinnen zu erwarten seien, die das geplante Vorhaben unzulässig machen würden. Der Sachverständige gelange zu der Schlussfolgerung, dass die Überschreitung des ortsüblichen Dauerschallpegels durch Baulärm und gleichzeitigen Geschäftsbetrieb mindestens 5 dB und die Überschreitung des ortsüblichen Basispegels durch Baulärm und gleichzeitigen Geschäftsbetrieb 17 bis 18 dB betragen werde, sodass die Zumutbarkeitskriterien gemäß ÖAL-Richtlinie 19 durch das gegenständliche Projekt in zwei Punkten verletzt werde, weil die Anhebung des ortsüblichen Dauerschallpegels durch Baulärm und gleichzeitigem Geschäftsbetrieb mehr als
3 dB und die Überschreitung des ortsüblichen Basispegels durch Baulärm und gleichzeitigen Geschäftsbetrieb mehr als 10 dB betragen werde. Nach dem Projekt des Konsenswerbers werde es bis zum Abschluss der zweiten Phase nach etwa zwei Jahren stets gleichzeitig einen laufenden Betrieb und daneben auch Bauarbeiten geben. Die bei den Liegenschaften der Antragstellerinnen zu erwartenden Immissionen seien denknotwendiger Weise ein einheitlicher Wert, der im Hinblick auf die Parallelität der Ereignisse nicht in Betriebslärm und Baulärm zitiert werden könne. Die Liegenschaften der Antragstellerinnen würden sich zur Gänze in Wohngebiet befinden; gemäß § 2 der Oö. Grenzwerteverordnung gelten im Wohngebiet hinsichtlich der Lärmbelastungen für den Tag ein Grenzwert von 50 dB und für die Nacht ein Grenzwert in Höhe von 40 dB. Die medizinische Amtssachverständige stelle in der Verhandlungsschrift vom 4.9.2003 betreffend das Betriebsanlagenverfahren "S C W" (GZ. BG-BA-54-2003 des Magistrates der Stadt Wels, Berufung derzeit anhängig) fest, dass die Nachbarn des Projektes - also auch die Antragstellerinnen - stark lärmbelastet seien und dass eine Erhöhung des Lärmpegels medizinisch nicht zumutbar sei und zu einer Gesundheitsgefährdung der Bewohner der benachbarten Objekte führen könne. Die Forderung der Amtsärztin in ihrem Gutachten vom 4.9.2003, dass es zu keiner Erhöhung des Lärmimmissionspegel bei den Liegenschaften der Antragstellerinnen kommen dürfe, sei nach dem Gutachten H vom 23.2.2004 nicht erfüllbar und damit die Errichtung und der Betrieb der geplanten Anlage unzulässig.

Weiters werde darauf verwiesen, dass die Verwaltungsbehörde I. Instanz völlig ignoriert habe, dass nach dem Gutachten der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik vom 15.12.2003 zwingend Immissionsschutzmaßnahmen vorzuschreiben wären. Sowohl infolge des Fehlens der von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik geforderten Immissionsschutzmaßnahmen als auch infolge des Gutachtens H vom 23.2.2004 sei in Verbindung mit den Ausführungen der medizinischen Amtssachverständigen eine Gesundheitsgefährdung der Antragstellerinnen zu erwarten, sodass durch die Ausführung und den Betrieb der geplanten Anlage oder von Teilen davon vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides für die Antragstellerinnen ein nicht wieder gutzumachender Schaden drohe. Somit würden sämtliche Voraussetzungen für einen Ausschluss des Rechtes der Errichtung und zum Betrieb der Anlage oder von Teilen der Anlage vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides vorliegen.

Die belangte Behörde hat die Berufung gemeinsam mit dem Antrag auf aufschiebende Wirkung und den bezughabenden Verfahrensakt ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt. Von der belangten Behörde wurde auch eine Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen nicht erstattet.

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 78 Abs.1 GewO 1994 dürfen Anlagen oder Teile von Anlagen vor Eintritt der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides errichtet und betrieben werden, wenn dessen Auflagen bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden. Dieses Recht endet mit der Erlassung des Bescheides über die Berufung gegen den Genehmigungsbescheid, spätestens jedoch 3 Jahre nach der Zustellung des Genehmigungsbescheides an den Genehmigungswerber. Die zur Entscheidung berufene Behörde hat die Inanspruchnahme dieses Rechtes auszuschließen, wenn der Begründung der Berufung zu entnehmen ist, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist.

Im gegenständlichen Fall liegt ein Genehmigungsbescheid im Sinne des § 78 Abs.1 GewO 1994 vor, mit welchem vom Bürgermeister der Stadt Wels die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung für das von der M beantragte Vorhaben erteilt worden ist. Im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung darf diese Anlage somit trotz erhobener Berufung errichtet und betrieben werden, wenn die Auflagen des Bescheides bei der Errichtung und beim Betrieb der Anlage eingehalten werden, sofern nicht die zur Entscheidung berufene Behörde die Inanspruchnahme dieses Rechtes ausschließt.

Vorweg ist festzustellen, dass im oben zitierten § 78 Abs.1 leg.cit. ein eigener auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gerichteter Antrag eines Berufungswerbers nicht vorgesehen ist. Die Behörde hat im Falle des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 78 Abs.1 letzter Satz von Amts wegen vorzugehen. Mangels eines im § 78 Abs.1 leg.cit. vorgesehenen Antrages der Berufungswerber auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung haben die Berufungswerber daher auch keinen Anspruch auf Erlassung eines derartigen Bescheides und kann schon aus diesem Grund dem Antrag der Berufungswerber alleine für sich zulässigerweise nicht stattgegeben werden (vgl. UVS-Oö. 11.3.2004, VwSen-530122/7, UVS-Oö. 20.11.2003, VwSen-530042/4).

Dessen ungeachtet gelangt jedoch der Unabhängige Verwaltungssenat auch auf Grund folgender Überlegungen zur Erkenntnis, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit nicht zu erwarten ist:

Die Berufungswerber bringen in ihrem Antrag unter Zugrundelegung des schalltechnischen Gutachtens H vor, dass im gegenständlichen Falle eine Überschreitung des ortsüblichen Dauerschallpegels um mindestens 5 dB und des ortsüblichen Basispegels um 17 bis 18 dB durch Baulärm und gleichzeitigem Geschäftsbetrieb zu erwarten sei und dass damit der Forderung der medizinischen Amtssachverständigen im Betriebsanlagenverfahren S C W, welches auch dem gegenständlichen Genehmigungsverfahren zu Grunde gelegt wurde, nicht erfüllbar und damit die Errichtung und der Betrieb der geplanten Anlage unzulässig sei.

Die Berufungswerber stützen sich somit auf Lärmereignisse, die in Zusammenhang mit der Baustelle des zu errichtenden Einkaufszentrums, wenn auch im Zusammenhang mit dem gleichzeitigen Geschäftsbetrieb des M, stehen und berufen sich dabei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichthofes vom 1.10.1985, 84/04/0155. Dieses Erkenntnis geht aber von einer Gesamtbetrachtung einzelner Anlagenteile einer Betriebsanlage und deren Auswirkungen aus und nicht von einer Prüfpflicht im Hinblick auf durch Baumaßnahmen verursachten Lärm.

Errichtungsmaßnahmen für eine gewerbliche Betriebsanlage und der dadurch verursachte Baulärm unterliegen nämlich nicht der Genehmigungspflicht nach § 74 GewO 1994.

Nach dem Wortlaut des § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen wohl gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet und betrieben werden, doch soll damit zum Ausdruck gebracht werden, dass bereits mit der Ergreifung von ersten Errichtungsmaßnahmen zur Herstellung der Anlage die Genehmigungspflicht entsteht, nicht aber dass die Errichtungsmaßnahmen als solche genehmigungspflichtig sein sollten. Der Genehmigungswerber soll bereits vor Errichtung der Anlage erfahren, ob er die Genehmigung, bejahendenfalls mit welchen Auflagen, erhält und damit vor allfälligen Fehlinvestitionen bewahrt werden.

Diese Interpretation folgt auch aus der Bestimmung des § 77 Abs.1 leg.cit. wonach die Beurteilung, ob überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzellfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 auf ein zumutbare Maß beschränkt werden, von der konkreten zu genehmigenden Betriebsanlage auszugehen hat.

Der erforderliche Nachbarschutz in Bezug auf durch Baumaßnahmen verursachten Lärm ist von der Baubehörde nach der Bautechnikverordnung bzw. allenfalls von der Gewerbebehörde nach § 84 GewO 1994 wahrzunehmen.

Sämtliches Vorbringen der Berufungswerber, auch im Hinblick auf die Beeinträchtigung durch luftfremde Stoffe bezieht sich auf die Bauphase und damit einhergehende Gefährdungen bzw. Belästigungen, die allenfalls wie oben erwähnt, ein Vorgehen nach der Bautechnikverordnung bzw. § 84 GewO 1994 rechtfertigen.

Nach dem vorliegenden Akteninhalt wurde im Baubewilligungsverfahren eine Prüfung iSd. § 18 Bautechnikverordnung vorgenommen und wurde vom Amtssachverständigen für Schalltechnik betreffend Baulärm festgestellt, dass die Forderungen des § 18 Bautechnikverordnung eingehalten werden.

Der Inhalt des gestellten Antrages kann somit die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht rechtfertigen und lassen auch die Ermittlungsergebnisse des erstinstanzlichen Genehmigungsverfahrens, insbesondere das lärmtechnische und meteorologische Gutachten (abgestellt auf den Betrieb der Anlage) nicht den Schluss zu, dass auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles trotz Einhaltung der Auflagen des angefochtenen Bescheides eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit zu erwarten ist.

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. B i s m a i e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

VfGH vom 08.06.2004, Zl.: B 607/04-4 und B 678/04-4

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 20.10.2004, Zl.: 2004/04/0151-0152-5

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