Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104345/9/Br

Linz, 10.03.1997

VwSen-104345/9/Br Linz, am 10. März 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W, p.A. L, H, vertreten durch die Rechtsanwälte H, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, vom 12.

November 1996, Zl.: 101-5/3-330049043, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 10. März 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches keine Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird mit der Maßgabe bestätigt, daß dessen Spruch zu lauten hat:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der Firma L, H, zu verantworten, daß am 1.8.1996 um 20.18 Uhr vor dem "Cafe A", H, der vor dem Lokal befindliche Schanigarten eine Tiefe von 2,55 m hatte, obwohl lt.

straßenpolizeilicher Bewilligung lediglich eine Tiefe von 1,5 m bewilligt worden ist, wodurch im Ausmaß einer Breite von 105 cm die Straße ohne entsprechende Bewilligung zu einem verkehrsfremden Zweck benützt worden ist.

Die Geldstrafe wird auf 2.000 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf zwei Tage ermäßigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr.

471/1995 - AVG iVm § 19 Abs.1 u.2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr.

52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demnach auf 200 S. Für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 65 VStG.

Entscheidungsgründe :

1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz Bezirksverwaltungsamt hat mit dem Straferkenntnis vom 12.

November 1996, Zl.101-5/3 - 330049043 wegen der Übertretungen nach § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 5.000 S und für den Nichteinbringungsfall sieben Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und spruchgemäß folgenden Tatvorwurf erhoben:

"Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. L, zu verantworten, daß am 1.8.1996 um 20.18 Uhr vor dem "Cafe A", H, lt. Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz, Wachzimmer L, vom 9.8.1996, der vor dem Lokal befindliche Schanigarten eine Tiefe von 2,55 m hatte, obwohl lt. straßenpolizeilicher Bewilligung lediglich eine Tiefe von 1,5 m bewilligt worden ist, ohne daß hiefür eine straßenpolizeiliche Bewilligung für die Benützung einer Straße zu einem verkehrsfremden Zweck im Sinne des § 82 Abs. 1 StVO i.d.g.F. vorlag.

1.1. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung auf die vor Ort getroffenen Feststellungen des Meldungslegers. Ferner vermeinte die Erstbehörde, daß die erteilte straßenverkehrsrechtliche Bewilligung - für welche der Berufungswerber ansuchte - durch den Berufungswerber nicht eigenmächtig (gemeint im Gebrauch) ausgedehnt werden hätte dürfen. Straferschwerend wertete die Erstbehörde die elf einschlägigen Vorstrafen.

2. In der dagegen fristgerecht durch seine ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung führt der Berufungswerber nachfolgendes aus:

"In umseits bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte durch seine ausgewiesenen Vertreter gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12.11.1996, GZ: 101-5/3-330049043, zugestellt am 3.12.1996 innerhalb offener Frist nachstehende BERUFUNG:

Das oben genannte Straferkenntnis wird zur Gänze angefochten und hiezu ausgeführt:

1. Vorweg wird auf das Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 8.10.1996, VwSen-103963/14/BR verwiesen. In diesem Verfahren wurden Lichtbilder vorgelegt, ein Lokalaugenschein durchgeführt, und der Meldungsleger einvernommen.

Es handelt sich dabei um denselben Meldungsleger der auch im hier gegenständlichen Verfahren die Anzeige verfaßte.

Wenn die Erstbehörde in ihrem Straferkenntnis ausdrücklich darauf hinweist, daß der Meldungsleger einer qualifizierten Wahrheitspflicht unterliegt, so ergibt sich aus dem zitierten Erkenntnis des UVS, daß auch Meldungsleger, die einer qualifizierten Wahrheitspflicht unterliegen, vor Irrtümern nicht gefeit sind. Aus den vorgelegten Lichtbildern ist klar ersichtlich, daß der gegenständliche Schanigarten die Tiefe des Abfall containers bei weitem nicht erreicht, und aus diesem Grund der Fahrzeug- und Fußgängerverkehr in der H durch den aufgestellten Schanigarten nicht behindert werden könnte. In diesem Zusammenhang ist auf den Schutzzweck des § 82 StVO näher einzugehen.

Da die H eine Fußgängerzone ist, darf sie nur für Ladetätigkeiten und von Einsatzfahrzeugen befahren werden.

Die Ladetätigkeiten sind bis 10.00 Uhr jeden Tages abzuschließen. Der Schanigarten darf daher entsprechend der Betriebsanlagengenehmigung erst ab 11.00 Uhr betrieben werden. Die räumliche Einschränkung soll Einsatzfahrzeugen das ungehinderte Befahren der H ermöglichen. Die H war und ist wegen anderer Hindernisse faktisch nicht befahrbar. Das Hindernis eines 2,25 m in die Straße reichenden Schanigartens verhindert das Befahren von Einsatzfahrzeugen nicht mehr, als ein 3,5 m breiter Schuttcontainer, oder eine noch breitere Baustellenabsperrung.

Schon aus diesem Grunde ist von einer Bestrafung des Berufungswerbers abzusehen.

2. Entgegen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 16.2.1983, 82/03/0076, ZVR 1983/270), ist der Berufungswerber der Ansicht, daß der Betrieb eines Schanigartens gemäß § 82 Abs. 3 lit.c. keiner Bewilligung bedarf.

Ein Schanigarten ist ein auf einem Straßenteil befindlicher kleiner "Gastgarten", vorwiegend im Zentrum einer Stadt gelegen, der es Konsumenten ermöglicht, während der Sommerzeit Speisen und Getränke im Freien zu sich zu nehmen. Der Betrieb des Schanigartens wird daher seinem Wesen nach auf der Straße ausgeübt.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als gewerbebehördliche erste Instanz vom 8.2.1994, GZ 501/W-300/911 wurde der L und Handelsges.m.b.H., deren Geschäftsführer der Beschuldigte ist, die gewerbebehördliche Betriebsanlagenänderungsge- nehmigung in der Art eines Schanigartens auf öffentlichem Grund vor dem Eingang des Cafés und im Umfang von 4 m x 2 m, und zwei Tischen mit je 4 Sesseln sowie einem Stehtisch erteilt.

Da nach dem klaren Gesetzestext der StVO der Schanigarten nicht bewilligungspflichtig ist, mangelt es dem Tatvorwurf auch an der Tatbestandsmäßigkeit.

Beweis: Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8.2.1994 3. Etwa 15 min. bevor der Meldungsleger die Tiefe des Schanigartens beanstandete, hat er selbst den Beschuldigten auf dessen Frage erklärt, daß alles in Ordnung sei. Der Dialog ist nachvollziehbar, und die Aussage "es sei alles in Ordnung" des überprüfenden Exekutivorganes, wirkt für den Beschuldigten schuldbefreiend.

Der mit den Ermittlungen beauftragte Polizist hat diese Äußerung deshalb gemacht, weil er vor Ort erkannte, daß keine Beeinträchtigung nach der Straßenverkehrsordnung gegeben ist. Dies war für ihn leicht erkennbar, weil nach der Gasexplosion unmittelbar angrenzend eine Baustelle war, die viel weiter in die H hineinragte, als der Schanigarten der L und HandelsgmbH. Für den Beamten lag es auf der Hand, daß daher kein Strafbedürfnis besteht.

Ausschließlich die Behörde erster Instanz ist anderer Ansicht.

Das Verhängen von Strafen in einer derartigen Situation ist Rechtsgebrauch mit Schädigungsabsicht. Jedenfalls überwiegen die unlauteren Motive der Geldbeschaffung für die Kommune den general- und spezialpräventiven Strafzwecken. "Das Schikaneverbot ist ein Bestandteil der gesamten Rechtsordnung und reduziert sich nicht auf das Zivilrecht" (vgl. OGH, 4.3.1993, JBI. 1994/191) Auch bei rechtmäßigem Verhalten des Berufungswerbers wäre die H nicht besser für Einsatzfahrzeuge befahrbar gewesen. Dieser Umstand war der Polizei auch bekannt, und der Grund für die Bestätigung, daß alles in Ordnung sei.

Beweis: vorzulegende Lichtbilder, deren photogrammetische Auswertung im Bedarfsfalle beantragt wird, Bautagebuch C, Angestellter, S, H als Zeuge, PV 4. Die L und Handelsges.m.b.H., H verfügt über eine gewerberechtliche Bewilligung hinsichtlich des Schanigartens im Ausmaß von 4 x 2 Meter vor dem Lokal.

Beweis: Akt VwSen 103963/14/Br 5. Selbst wenn die von der Erstbehörde vorgeworfene Überschreitung der Tiefe vorliegt, kann dem Beschuldigten kein Schuldvorwurf gemacht werden. Ein leichtes Verrücken der Bestuhlung des Schanigartens durch Gäste kann nicht verhindert werden. Dieses Verrücken kann aber bereits dazu führen, daß die zulässige Tiefe um einen halben Meter überschritten wird. Es ist den Gästen auch nicht vorwerfbar, wenn sie Stühle, die neben einem Container, der mehr als drei Meter in die Fahrbahn ragt, etwas weiter zur Straßemitte rücken, da ein solcher Gast keinesfalls auf die Idee kommen kann, er würde den Verkehr behindern, angesichts des neben ihm aufgestellten Containers. Im übrigen wird auf die bereits im erstinstanzlichen Verfahren erstattete Argumentation verwiesen.

6. Durch diese gleichheitswidrige Vorgangsweise der Erstbehörde ist der Berufungswerber auch in seinem verfassungsgerichtlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Willkürverbot), Freiheit des Eigentums, Erwerbsfreiheit, und in seinem gemäß Artikel 7 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht ohne Strafnorm nicht bestraft zu werden verletzt.

Nach ständiger Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSIg. 11.776/1988 mit weiteren Nennungen) beinhaltet Art. 7 MRK auch ein Klarheitsgebot, wonach der Gesetzgeber klar und unmißverständlich zum Ausdruck zu bringen hat, welches Verhalten bestraft werden soll. Wie bereits oben (Pkt. 1) ausgeführt, liegt nach der Gesetzeslage keine Tatbestandmäßigkeit vor.

Nur durch die erweiternde Interpretation des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Bewilligungspflicht für "Schanigärten", die Bestandteil einer behördlich genehmigten Betriebsanlage sind, konstruiert.

Das Resultat dieser unverständlichen Erweiterung der Bewilligungspflicht ist eine verfassungs- und menschenrechtswidrige interpretative Ausdehnung einer Strafnorm.

Das Straferkenntnis verletzt den Beschuldigten daher in den genannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten.

7. Für den Fall, daß die Behörde die Tatbestandsmäßigkeit und subjektive Vorwerfbarkeit entgegen den bisherigen Ausführungen bejaht, verweist der Beschuldigte im Rahmen der Strafbemessung auf die Bestimmungen der §§ 19 - 21 VStG:

a) Die Behörde kann von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist, und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. (§ 21 Abs. 1 VStG) Bei einem überschreiten der Breite des Schanigartens von 25 cm, das ist weniger als die Längsseite eines A 4 Blattes, ist das Verschulden als gering zu bewerten. Folgen einer allfälligen Übertretung sind nicht vorhanden. Die Erstbehörde hätte daher mit einer Abmahnung das Auslangen finden können. b) Weiters ist zu berücksichtigen, daß allfälligen bisherigen Bestrafungen wegen Verletzung des § 82 StVO mangels Tatbestandsmäßigkeit (siehe oben) bei der Strafzumessung keine Berücksichtigung finden dürften.

Beweis: vorzulegende Lohnzettel PV 8. Zur Strafe:

Im Erkenntnis des UVS vom 28.5.1996 zu VwSen-103711/8/Br wurde ein Mitgesellschafter, Herr F, wegen des selben Deliktes, wobei eine Tiefe des Schanigartens von drei Metern diesem Erkenntnis zugrunde gelegt wurde, zu einer Geldstrafe von pro Delikt öS 250,--. Der Beschuldigte selbst wurde wegen der selben Übertretung mit einer Strafverfügung von ebenfalls jeweils öS 250,-abgestraft. Die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe von öS 5.000,-- ist weder schuld- noch tatangemessen. Sie entspricht keinesfalls den für die Strafhöhe zu berücksichtigenden Kriterien. Dies wird insbesondere dadurch deutlich, daß die Erstbehörde im Verfahren zu VwSen 103963/14/Br ebenfalls eine Geldstrafe von öS 5.000,-- verhängte, und die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten mit öS 20.000,-- angenommen hat. Nun nimmt sie dieses Einkommen korrekterweise mit dem Betrag von öS 12.700,--, und verhängt jedoch die selbe Strafe.

9. Der Beschuldigte stellt den ANTRAG:

Der Unabhängige Verwaltungssenat für Oberösterreich möge a) eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen; b) das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 12.11.1996, GZ: 1015/3-330049043 ersatzlos aufheben.

L, am 17.12.1996 W".

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war wegen des gesonderten Antrages durchzuführen gewesen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, Zl. 101-5/3-330049043, welchem die Berufungsschrift des Berufungswerbers beigeschlossen ist. Ferner durch Vernehmung des Meldungslegers als Zeugen und des Berufungswerbers als Beschuldigten. Aus dem h. Akt, VwSen-103963 beigeschafft und verlesen wurden die bezughabenden Bewilligungsbescheide (gewerbebehördliche Beriebsanlagenänderungsgenehmigung und der Bewilligungsbescheid gemäß § 81 Abs.1 u. 5 u. § 83 StVO 1960). Ferner wurden vom Berufungswerber vorgelegte Fotos eingesehen und zum Akt genommen (Beilage 1). Die in der Berufung beantragten weiteren Beweise hat der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung schließlich zurückgezogen.

5. Der Berufungswerber ist einer von mehreren Gesellschafter und auch handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma L und HandelsgesellschaftmbH. Laut Bestellungsurkunde vom 31. Mai 1996 ist er für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften verantwortlicher Beauftragter. Diese Urkunde wurde am 23.

Juli 1996 der Erstbehörde im Postweg übermittelt.

Gemäß dem Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt - vom 4.3.1996, abgeändert durch den Bescheid vom 20. 6. 1996, wurde der juristischen Person für die Zeitdauer vom 1.4.1996 bis 31.10.199? (gemeint wohl 1996) die Errichtung eines Schanigartens im Ausmaß von 4,7 m x 1,5 Meter vor dem Objekt L 012 unter bestimmten - hier nicht verfahrensrelevanten - Auflagen, bewilligt. Diese Bescheide, insbesondere letztgenannter, wurde vom Berufungswerber nicht bekämpft und erwuchs in Rechtskraft.

5.1. Am 1. August 1996 kurz vor 20.18 Uhr wurde vom Meldungsleger entlang der Hausmauer der H 12 der Schanigarten in einer Tiefe von 2,55 m festgestellt. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch keine Gäste an den in einer Doppelreihe ineinander verschachtelt aufgestellten Tischen. Der Berufungswerber war während dieser vom Meldungsleger getroffenen Feststellung anwesend und wurde über die Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt. Er hatte hier die Aufstellung des Schanigartens unmittelbar zu verantworten.

Auszugehen ist davon, daß auf Grund eines Brandes in der Hofzeile zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalles unmittelbar im Anschluß an diesen Schanigarten ein Baucontainer aufgestellt war, welcher die Breite des Schanigartens noch deutlich überragte. Daher ist davon auszugehen, daß der mit dem hier verfahrensgegenständlichen Bescheid in erster Linie bezweckte Schutz, aus empirischer Sicht durch den Baucontainer zumindest neutralisiert war.

Auch sonst waren mit der Ausdehnung des Schanigartens auf eine Tiefe (Breite) von 2,55 Meter keine konkreten nachteiligen Auswirkungen verbunden.

5.2. Die Feststellungen des Meldungslegers blieben anläßlich der Berufungsverhandlung unbestritten. Der Berufungswerber vertritt die Rechtsansicht, daß nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung des § 82 Abs.3 lit.a StVO 1960 einerseits eine straßenverkehrsrechtliche Bewilligung gar nicht (mehr) erforderlich wäre, andererseits eine entsprechende gewerberechtliche Genehmigung vorliegt, welche den Schanigarten in einer größeren Tiefe bewilligte. Der Meldungsleger schloß einerseits nicht aus, daß der unmittelbar an den Schanigarten angrenzende Baucontainer über die Fluchtlinie des Schanigartens noch hinausragte, andererseits räumte er ein, daß mit der Auftellung desselben sonst keine nachteiligen Folgen verbunden waren.

6. Rechtlich ist hiezu auszuführen:

6.1. Der im Hinblick auf die in der Berufung zum Ausdruck kommenden Rechtsansicht einer hier vorliegenden Willkürübung und einer mit dieser Bestrafung berührten Bedenklichkeit nach Art. VII MRK und dem Nichtbestehen einer Bewilligungspflicht gemäß § 82 Abs.3 lit.c kann nicht gefolgt werden. Der Wortlaut des Gesetzes und die Judikatur ist gegensätzlich (vgl. VwGH 16.2.1983, 82/03/0076). Eine menschenrechtswidrige Interpretation einer Strafnorm vermag mangels Vergleichbarkeit aus dem Erk. des VfGH v. 30.6.1988, Zl. B1286/87, SlgNr.11776 - darin wurde ua. über die mangelnde Konkretisierung des Vorwurfes der Verletzung von Berufungspflichten abgesprochen - nicht abgeleitet werden.

Ins Leere geht auch der Hinweis auf § 6 VStG (Notstand).

Wirtschaftliche Interessen vermögen grundsätzlich eine Notstandssituation nicht zu begründen, wobei in diesem Zusammenhang vom Berufungswerber die Nichtbekämpfung des seiner Ansicht nach ihn in seinen Rechten verletzenden Bewilligungsbescheides, selbst zu vertreten hätte.

6.1.1. Hinsichtlich des eingewendeten mangelnden oder geringfügigen Verschuldens wird grundsätzlich auf die mit der h. Entscheidung vom 28. Mai 1996, VwSen-103711, dargelegte Rechtsansicht verwiesen, wenngleich laut dem darin Festgestellten die zulässige Breite des Schanigartens gleich um das Doppelte überschritten worden war.

6.2. Der § 82 Abs.1 StVO 1960 lautet:

Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z.B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

Für das Aufstellen von Tischen, Stühlen, Sonnenschirmen u.

dgl. (sog. Schanigarten) bedarf es jedoch einer Bewilligung gemäß § 82 Abs.1 leg.cit. (vgl. Messiner, Kommentar zur StVO idF d. 19. Novelle., 9. Aufl. S 1090 E 18 u. die dort zit.

Judikatur).

Auf Grund dieser Judikatur stellt der vom Berufungswerber auf der Straße geführte Schanigartenbetrieb keine solche gewerbliche Tätigkeit dar, welche im Sinne des § 82 Abs.3 lit.a StVO 1960 - für gewerbliche Tätigkeiten auf Gehwegen oder Gehsteigen ohne feste Standplätze - einer Bewilligungspflicht nicht unterliegt. Diese Sicht dürfte letztlich auch dem Berufungswerber selbst geläufig sein, zumal er schließlich auch um die entsprechende Bewilligung ansuchte und diese letztlich auch für die Errichtung eines Schanigartens in der Tiefe von 1,5 Meter bewilligt erhielt.

Diesen Bescheid hat der Berufungswerber nicht angefochten, sodaß dieser in Rechtskraft erwachsen ist und die Grundlage für dieses Verfahren bildet.

Es muß letztlich daher dahingestellt bleiben, daß im Rahmen des gewerbebehördlichen Verfahrens der Betrieb eines Schanigartens mit einer Tiefe von zwei Metern (zwei Tische mit je zwei Sesseln an besagter Stelle) bewilligt wurde.

Wenngleich diese verschiedene Regelung aus der Sicht des Berufungswerbers durchaus nicht recht logisch erscheinen mag, so werden durch diese Regelungen doch verschiedene Schutzgüter betroffen, wobei es bei der gegenständlichen (engeren) Bewilligung um die Gewährleistung der Durchfahrtsmöglichkeit des breitest denkbaren Feuerwehrfahrzeuges geht.

Im Ergebnis rechtlich unbeachtlich, weil infolge der Bindungswirkung an einen materiell rechtswirksamen Bescheid das Verhalten des Berufungswerbers grundsätzlich nicht der Rechtswidrigkeit entledigend werden kann, ist selbst die Tatsache, daß gegenwärtig durch den nebenan aufgestellten Container, das Regelungsziel dieses Bescheides empirisch neutralisiert ist. Der Container überragt nämlich die Fluchtlinie des 2,5 Meter breiten Schanigartens. Wohl kommt diesem Umstand im Rahmen der Beurteilung des Unwertgehaltes der Tat und der darauf abzustellenden Strafzumessung Bedeutung zu.

Wie ferner im h. Erk. vom 8. Okt. 1996, Zl. VwSen-103963 bereits dargetan, vermag sich der Berufungswerber auch nicht mit Erfolg auf einen Notstand berufen. Es wurde nichts dargelegt, was einer Einhaltung der Vorschrift entgegengestanden wäre. Vielmehr wurde, wie das Verfahren ergeben hat, der Schanigarten in der beschriebenen Dimension mit dem Wissen und Willen des Berufungswerbers aufgestellt.

Abschließend vermögen auch die Bedenken des Berufungswerbers im Hinblick auf eine dem Art VII MRK, wegen einer vermeinten nicht hinreichenden Klarstellung des Regelungsinhaltes im Gesetz (Klarheitsgebot, nullum poene sine lege) nicht geteilt werden. Wie oben bereits ausgeführt ist es gesicherte Judikatur, daß für Schanigärten auf Straßen die Ausnahme von der Bewilligungspflicht nach § 82 Abs.3 lit.a StVO 1960 nicht zur Anwendung gelangt. Die Ausnahme bezieht sich offenbar nur auf gewerbliche Tätigkeiten auf Gehsteigen oder Gehwegen ohne feste Standplätze.

7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 Strafgesetzbuch - StGB sinngemäß anzuwenden.

7.1. Konkret sei bemerkt, daß der Übertretung dieser Vorschrift durchaus ein nicht unbedeutendes Gewicht zukommt.

Die Gewährleistung eines geordneten und sicheren Ablaufes des Verkehrsgeschehens in der Innenstadt kommt eine gewichtige Bedeutung zu. Dafür hat die Behörde Sorge zu tragen. Dazu kommt insbesondere, daß etwa in einem Brandfall die Einsatzfahrzeuge möglichst rasch und ohne Gefährdung von Menschen an den Einsatzort gelangen können. Diesem Zweck trägt die hier verletzte Vorschrift in Form des hier vorliegenden Bewilligungsbescheides Rechnung.

Wie bereits oben dargelegt konnte dieses Regelungsziel zur fraglichen Zeit wegen des aufgestellten Containers durch das (rechtswidrige) Verhalten des Berufungswerbers kausal nicht (zusätzlich) nachteilig beeinträchtigt werden. Daher sind hier die mit der Tat verbundenen nachteiligen Folgen im bloß geringerem Umfang gegeben. Andererseits ist aber von der qualifizierten Schuldform der vorsätzlichen Tatbegehungsweise auszugehen, wobei der Berufungswerber sich diesbezüglich wiederum auf eine vordergründig zumindest als plausibel vertretbare Rechtsansicht, nämlich auf den gewerberechtlichen und im Ergebnis für ihn günstigeren Bescheid, stützt.

Die den Berufungswerber als straferschwerend zur Last fallenden zehn einschlägigen Vormerkungen stammen mit einer einzigen Ausnahme alle aus dem Jahre 1992. Daher ist diesen kein so hoher straferschwerender Aspekt mehr zuzuordnen.

Eine weitere von der Erstbehörde herangezogene Vormerkung aus 1991 ist zwischenzeitig bereits getilgt.

Aus diesen Gründen und in Verbindung damit, daß der mit der Verwaltungsübertretung in der Bescheidintention gelegenen wesentlichen Schutzüberlegung (Durchfahrtsmöglichkeit für ein breites Löschfahrzeug) nicht entgegengewirkt wurde, konnte unter Bedachtnahme auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (14.000 S Nettoeinkommen, Sorgepflicht für Gattin) mit der Strafe von bloß 2.000 S das Auslangen gefunden werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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