Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530234/5/Bm/Sta

Linz, 06.12.2004

 

 

 VwSen-530234/5/Bm/Sta Linz, am 6. Dezember 2004

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn O S, G, B, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 15.9.2004, Ge20-40-2004, mit dem der V A die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch den Zubau einer Werkstätte mit Büro und Sozialräumen auf Gst. Nr., KG. B, Gemeinde B, erteilt wurde, zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid aufgehoben; die Angelegenheit wird zur neuerlichen Augenscheinsverhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Gewerbebehörde I. Instanz zurückverwiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 iVm § 64h Abs.1 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Mit oben bezeichnetem Bescheid wurde der V A, B, die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch den Zubau einer Werkstätte mit Büro und Sozialräumen auf Gst. Nr. , KG. B, Gemeinde B, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung des Herrn O S in welcher im Wesentlichen vorgebracht wird, dass erst bei Aufnahme der Betriebsanlage festgestellt werden könne, in welchem Fall die Lärmbelästigung noch zumutbar sei, wenn schon jetzt Lärmbelästigungen in der Zeit von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr vom Hof ausgehend, vorliegen würden. Eine Zustimmung der Betriebszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr sei von Seiten der Nachbarn abgelehnt worden und habe auch kein Nachbar solche Arbeitszeitenbeantragungen zur Unterschrift vorgelegt bekommen. Außerdem sei bei diesen Arbeitszeiten von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr eine Genehmigung zum Schichtbetrieb erforderlich, zumal sich die gegenständliche Firma unmittelbar in einem Wohngebiet befinde. Weiters sei zu überprüfen, um welche Öffnung es sich im oberen Bereich des Neubaues handle. Eine noch größere Lärm- und Geruchsbelästigung würde von den Nachbarn auf keinen Fall hingenommen werden.

 

Diese Berufung wurde von der belangten Behörde gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat ohne Abgabe einer Gegenäußerung zum Berufungsvorbringen vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt I. Instanz zu Ge20-40-2004 sowie in den Genehmigungsbescheid vom 5.3.1984 für die gegenständliche Betriebsanlage einschließlich der zugehörigen Verhandlungsschriften. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs.1 AVG von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 77 Abs.1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des
§ 74 Abs.2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Gemäß § 77 Abs.2 leg.cit. ist die Zumutbarkeit der Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen, örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden normal empfindenden Erwachsenen auswirken.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

 

Gemäß § 66 Abs.2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde I. Instanz zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung für die Änderung einer Anlage gegeben sind, ob sich somit grundsätzlich vorhandene Emissionen für die bestehende Situation zum Nachteil der Nachbarn belästigend oder gesundheitsgefährdend auswirken, ist Gegenstand des Beweises durch Sachverständige auf dem Gebiet der gewerblichen Technik und auf dem Gebiet des Gesundheitswesens. Den Sachverständigen obliegt es, auf Grund ihres Fachwissens ein Urteil (Gutachten) über diese Fragen abzugeben. Der gewerbetechnische Sachverständige hat sich darüber zu äußern, welcher Art die von einer Betriebsanlage nach dem Projekt der Genehmigungswerberin zu erwartenden Einflüsse auf die Nachbarschaft sind, welche Einrichtungen der Betriebsanlagen als Quellen solcher Immissionen in Betracht kommen, ob und durch welche Vorkehrungen zu erwartende Immissionen verhütet oder verringert werden und welcher Art und Intensität die verringerten Immissionen noch sein werden. Dem ärztlichen Sachverständigen fällt - fußend auf dem Gutachten des gewerbetechnischen Sachverständigen - die Aufgabe zu, darzulegen, welche Einwirkungen die zu erwartenden unvermeidlichen Immissionen nach Art und Dauer auf den menschlichen Organismus entsprechend der in diesem Zusammenhang in
§ 77 Abs.2 enthaltenen Tatbestandsmerkmalen auszuüben vermögen (VwGH 25.9.1990, 90/04/0035; 24.11.1992, 92/04/0119).

 

Die belangte Behörde hat es im Rahmen des Ermittlungsverfahrens unterlassen entsprechende Sachverständigengutachten zur Feststellung des relevanten Sachverhaltes einzuholen.

 

Im Genehmigungsverfahren wurde zwar ein Ermittlungsverfahren hinsichtlich der Gewerbetechnik durchgeführt, jedoch fehlen jegliche Ermittlungen über die von der den Verfahrensgegenstand bildenden geänderten Betriebsanlage ausgehenden auf den Nachbarn einwirkenden Immissionen nach Art und Ausmaß bedingt durch Lärm.

In Bezug auf die von dem Berufungswerber vorgebrachte Lärmbelästigung ist auf die Niederschrift der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. über die durchgeführte mündliche Verhandlung vom 13.9.2004 zu verweisen. Darin stellt der der Verhandlung beigezogene gewerbetechnische Amtssachverständige lediglich fest, dass der Hallenbetrieb in den üblichen Betriebszeiten von Montag bis Freitag von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr und Samstag von 6.00 Uhr bis 12.00 Uhr beantragt werde und in der neuen Halle in Verbindung mit der bestehenden genehmigten Halle nur die gleichen Arbeiten wie bisher vorgenommen werden würden bzw. Arbeiten, welche derzeit im Hofbereich getätigt worden seien. Bei gleicher Arbeitsintensivität und Umfang sei davon auszugehen, dass durch den Betrieb der Anlage keine zusätzlichen Immissionen auftreten werden.

Welche konkreten Arbeiten bereits in der bestehenden Halle und insbesondere welche Arbeiten bereits bisher im Hofbereich getätigt wurden, wurde im Befund des gewerbetechnischen Amtssachverständigen nicht näher erläutert.

 

Der bekämpfte Genehmigungsbescheid verweist in Zusammenhang mit den vorgebrachten Einwendungen wegen Lärmbelästigung durch die beantragte Änderung der Betriebsanlagen auf die Aussagen des Sachverständigen und wird weiters in der Begründung angeführt, dass damit keine abstrakte bzw. konkrete Gefährdung der Nachbarn vorliege.

 

Nach Durchsicht des von der belangten Behörde vorgelegten ursprünglichen Genehmigungsbescheides für die bestehende Werkstätte und Lagerhalle vom 5.3.1984 sowie der dem Bescheid zu Grunde liegenden Verhandlungsschriften vom 15.3.1983 und 20.2.1984 konnte festgestellt werden, dass weder Arbeiten im Hofbereich noch Be- und Entladetätigkeiten vom Genehmigungskonsens erfasst sind und daher bisher auch keiner immissionstechnischen Beurteilung unterzogen wurden.

Eine Zurechnung dieser mit im Hofbereich getätigten Arbeiten verbundenen Emissionsquelle zur bestehenden Lärmsituation ist deshalb nicht möglich.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. ist bei der Beurteilung des Sachverhaltes, ob Gefährdungen vermieden und Belästigungen im Hinblick auf Lärm auf ein zumutbares Maß beschränkt werden, in Umfang und Art von Arbeiten ausgegangen, die von keinem Genehmigungskonsens umfasst waren und ist somit von falschen Voraussetzungen über die Immissionssituation vor Inbetriebnahme des zu genehmigenden Projektes, welcher die auf Grund des zu genehmigenden Betriebes zu erwartenden Immissionen gegenüberzustellen sind, ausgegangen.

Wenn die belangte Behörde im ergänzend vorgelegten Schreiben ausführt, dass es selbstverständlich erscheine, dass Geräte, welche zum Zweck von Reparaturarbeiten in die Werkstätte gebracht werden, vorher mittels Stapler abgeladen werden müssen, so ist dem entgegenzuhalten, dass der gewerbetechnische Amtssachverständige sich nicht auf Be- und Entladetätigkeiten stützt, sondern auf Arbeiten, die nunmehr in der "neuen" Halle durchgeführt werden sollen.

Auch die im Berufungsverfahren von der V A vorgelegte Stellungnahme, dass mit Arbeiten im Hofbereich Be- und Entladetätigkeiten von Anlagenteilen etc. gemeint seien, kann die entsprechende Beurteilung dieser Arbeiten und eventueller weiterführender Arbeiten nicht ersetzen, da auch solche Tätigkeiten nicht vom bestehenden Genehmigungsumfang erfasst sind.

 

Abgesehen davon ist darauf zu verweisen, dass sich eine Änderung der Immissionssituation durch den Zubau der gegenständlichen Werkstätte auch insofern ergeben kann, als nach den Feststellungen des Sachverständigen zum einen beabsichtigt ist, im beantragten Zubau neue Maschinen aufzustellen und zum anderen sich die bisher zum Teil in der bestehenden genehmigten Halle getätigten Arbeiten sowie die (Haupt)zufahrt in die Halle örtlich verlagert haben.

Außer Acht gelassen wurde bei der Prüfung des Änderungsprojektes auch inwieweit mit dem Zubau der Werkstätte eine Ausweitung der Kapazität der gesamten Anlage und damit eine Erhöhung der von der bereits bestehenden Anlage ausgehenden Emissionen verbunden ist.

 

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates erscheint zur Vervollständigung der notwendigen Ermittlungsergebnisse als Entscheidungsgrundlage für die Erlassung des Bescheides im Hinblick auf die gemäß § 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 wahrzunehmenden Interessen die Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung bzw. die Ergänzung der bereits durchgeführten Verhandlung mit Sachverständigenbeweis betreffend die Stichhaltigkeit der geltend gemachten Belästigungen durch Lärmemissionen unter Zuziehung der Nachbarn für unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs.2 AVG und auch - schon im Hinblick auf die örtliche Nähe der belangten Behörde als Genehmigungsbehörde zu dem in Aussicht genommenen Betriebsstandort - als im Interesse der Zeit- und Kostenersparnis gelegen.

 

Aus all diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 
 

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