Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530274/2/Re/Sta

Linz, 04.03.2005

 

 

 VwSen-530274/2/Re/Sta Linz, am 4. März 2005

DVR.0690392
 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der Frau I M, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. P W, Mag. J M, Linz, vom 8. Februar 2005, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Jänner 2005, GZ. 501/O026006K, betreffend die Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 31. Jänner 2005, GZ. 501/O026006K, wird behoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d Abs.2 Z1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG).

§§ 359a und 360 Abs.1 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat mit dem bekämpften Bescheid vom 31. Jänner 2005, GZ. 501/O026006K, gegenüber Frau I M als Betriebsinhaberin eines Partyraumes mit Musikanlage und mechanischer Lüftungsanlage in L, K, gemäß § 360 Abs.1 2.Satz GewO 1994 die Unterbrechung der Stromzufuhr zur Musikanlage verfügt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bei einer Überprüfung am 6. April 2004 sei festgestellt worden, dass im Standort K, L, Gst. Nr. der KG. L, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung errichtet und betrieben werde. Der Partyraum des Kellergeschosses im Objekt K in L sei durch den Betrieb geeignet, Nachbarn durch Lärm und Erschütterungen zu belästigen. Durch die Einrichtung des Partykellers in Verbindung mit einer Musikanlage, wie sie auch in Diskotheken verwendet werde, sowie einer mechanischen Lüftungsanlage sei der Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage gegeben. Sie sei mit Verfahrensanordnung vom 15. April 2004 aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von 2 Wochen den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Dabei sei ihr mitgeteilt worden, dass die Behörde bei Nichterfüllen der Verfahrensanordnung innerhalb offener Frist bescheidmäßig die Unterbrechung der Stromzufuhr zur Musikanlage verfügen würde.

 

Gegen diesen Bescheid hat die Anlageninhaberin, vertreten durch Rechtsanwälte W & M, L, G, mit Schriftsatz vom 8. Februar 2005, der Post am selben Tag zur Beförderung übergeben und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Der Bescheid wird darin im Wesentlichen mit dem Vorbringen bekämpft, in § 360 Abs.1, 2 und 3 GewO sei normiert, dass die Zwangsmaßnahme der Verfahrensanordnung der Unterbrechung einer Stromzufuhr niemals eine Sachverständigenfrage darstellen könne, sondern eine reine Rechtsfrage sei. Die belangte Behörde beziehe sich jedoch auf das Sachverständigengutachten vom 6. April 2004, weshalb eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorliege. Auch bei richtiger rechtlicher Beurteilung sei jedoch die Übertretung, welche der Berufungswerberin vorgeworfen werde, genau zu benennen. Dies sei jedoch weder in der Verfahrensanordnung noch im bekämpften Bescheid erfolgt. Darüber hinaus sei die Berufungswerberin passiv nicht legitimiert, sie betreibe kein Gewerbe, sie veranstalte keine Partys. Es handle sich um einen Mehrzweckraum im Kellergeschoss. Ein gewerbebehördlicher Betrieb liege bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht vor. Der Mehrzweckkellerraum werde nicht von der Berufungswerberin, sondern von dritten Personen genutzt. Der anzeigende Nachbar wohne seit einem dreiviertel Jahr nicht mehr im Nachbargebäude. Es gebe keine privaten Nachbarn mehr, weshalb niemand in seiner Ruhe gestört werden könne. Dem Verfahren sei daher der Rechtsgrund entzogen. Es werde die Aufhebung des bekämpften Bescheides, die Einstellung des gewerberechtlichen Überprüfungsverfahrens sowie die Anberaumung einer Berufungsverhandlung mit Durchführung eines Ortsaugenscheines beantragt.

 

Von der belangten Behörde wurde diese Berufung gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahrensakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Zu den Berufungsausführungen wurde keine Stellungnahme abgegeben. Ein Widerspruch im Grunde des § 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.2 Z1 AVG entfallen, da der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

 

Bereits seit einigen Jahren wiederholen sich bei der belangten Behörde Anzeigen eines Anrainers wegen unzumutbarer Lärmbelästigungen im Wesentlichen durch eine Musikanlage aus Kellerräumlichkeiten des Objektes K. Wiederholt wurden behördliche Überprüfungen durchgeführt. In Bezug auf das Vorliegen einer gewerblichen Betriebsanlage wurde im Zuge einer Überprüfung am 17. Juli 2002 festgestellt: "Im Zuge des Augenscheines konnte keine eindeutige gewerbliche Nutzung des Mehrzweckraumes festgestellt werden, da die Räumlichkeiten laut Aussage nur im privaten Rahmen Verwendung finden."
Weiters wurde bei einer Überprüfung am 22. August 2002 festgehalten:

"Der Mehrzweckraum wurde zum Zeitpunkt als solcher genutzt. Eine gewerbliche Nutzung konnte nicht festgestellt werden."

Weitere Beschwerden mündeten in einer baubehördlichen Überprüfung am 10. März 2003, worin festgehalten wird: "Die Hauseigentümerin gab an, dass die Räume zum größten Teil für private Veranstaltungen (Geburtstagsfeste von Familienangehörigen) verwendet werden. Es werden jedoch die Räume auch an Bekannte gegen einen Unkostenbeitrag vermietet."

Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 13. April 2004 stellt der gewerbetechnische Amtssachverständige fest: "Die Einrichtung des Partykellers mit einer Musikanlage, wie sie auch in Diskotheken verwendet wird in Verbindung mit der mechanischen Lüftungsanlage ist durchaus für eine gewerbliche Nutzung geeignet. Daraus ist abzuleiten, dass zumindest der Charakter einer gewerblichen Betriebsanlage gegeben ist, in der Veranstaltungen mit Musik durchgeführt werden. Die Genehmigungspflicht dieses Partykellers im Sinne der GewO erscheint aus der Sicht des Amtes für Technik daher logisch."

 

In der Folge erging mit Schriftsatz vom 15. April 2004 eine Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, worin festgestellt wird, dass im Standort K, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung errichtet wurde und betrieben wird. Der Berufungswerberin wurde mit Verfahrensanordnung die Aufforderung erteilt, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand binnen 2 Wochen ab Erhalt des Schreibens herzustellen. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Behörde nach fruchtlosem Ablauf der Frist mit Bescheid die Unterbrechung der Stromzufuhr zur Musikanlage verfügen wird.

 

Lange Zeit nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist - am 18. Jänner 2005 wurde von einem Amtssachverständigen im Rahmen einer Nachschau festgestellt, dass am genannten Standort ein unveränderter Zustand vorgefunden worden sei - hat die belangte Behörde den nunmehr bekämpften Bescheid vom 31. Jänner 2005, GZ. 501/O026006K, erlassen und darin die Unterbrechung der Stromzufuhr zur Musikanlage verfügt. Begründend wurde festgestellt, dass am Standort K, L, eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne erforderliche Genehmigung errichtet und betrieben wird.

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z. 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.
 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an. Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139).

Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der contrarius actus zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich der der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes...) gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung (der Aufforderung im Sinne des Gesetzes ) bewirkt, dass die Maßnahme, als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist.

 

Nach dem Wortlaut des § 360 Abs.1 GewO 1994 ist zwischen dem vom Anlageninhaber zu setzenden Verhalten und den von der Behörde zu verfügenden Maßnahmen zu unterscheiden. Sache des Anlageninhabers ist es, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und zwar auf die von ihm zu wählende Art und Weise, dh., mit den von ihm zu wählenden Maßnahmen. Tut er dies nicht innerhalb der festgesetzten Frist, so hat die Behörde die zu Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen zu verfügen. In der Verfahrensanordnung ist somit der Sollzustand so hinreichend konkret zu beschreiben, dass kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat (VwGH 16.7.1996, 96/04/0062).

 

Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. In der Verfahrensanordnung (und auch im bekämpften Bescheid) wird auf die Errichtung und den Betrieb einer angeblichen gewerblichen Betriebsanlage abgestellt und damit auf zwei alternative Tatbestände. Es bleibt somit offen, welche Sollordnung die Anlageninhaberin herzustellen hatte, nämlich entweder die Sollordnung in Bezug auf die Errichtung einer gewerblichen Betriebsanlage ohne Genehmigung oder in Bezug auf das Betreiben derselben. Darüber hinaus weist weder die Verfahrensanordnung noch der bekämpfte Bescheid die Anlageninhaberin in der erforderlichen Art und Weise an, welches Ergebnis sie innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat.

 

Der Hinweis, dass nach Ablauf der normierten Frist von der Behörde die Unterbrechung der Stromzufuhr zur Musikanlage durchgeführt werde, erweckt vielmehr den Eindruck, dass mit Außerbetriebnahme der Musikanlage der der Rechtsordnung entsprechende Sollzustand hergestellt sei. Auch dies ist nicht der Fall. Geht man nämlich davon aus, dass es sich bei den gegenständlichen Kellerräumlichkeiten tatsächlich um eine genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage handle, so bewirkt die Außerbetriebnahme einer Musikanlage noch nicht, dass die übrige Anlage von vornherein nicht mehr gewerbebehördlich genehmigungspflichtig ist. Auch der Betrieb der Lüftungsanlage oder das Verhalten von Gästen sind übliche Anknüpfungspunkte für die Beurteilung der Genehmigungspflicht einer Anlage.

 

Es konnte daher bereits aus diesem Grunde der Bescheid im Grunde des § 360 Abs.1 GewO 1994 nicht aufrecht erhalten werden, da diesem eine ausreichende Verfahrensanordnung im Grunde der zitierten Gesetzesbestimmung nicht zu Grunde lag.

 

Aus verfahrensökonomischen Gründen wird für allfällige weitere Verfahren im Detail zu prüfen sein, ob, gegebenenfalls welche gewerbliche Tätigkeit durch die Anlageninhaberin ausgeübt wird. Je nach dem, in welchem Umfang die Inhaberin ihre Räumlichkeiten bzw. allenfalls sonstige Dienstleistung zur Verfügung stellt, besteht neben der Möglichkeit der Ausübung des Gastgewerbes auch eine mögliche gewerbliche Tätigkeit im Rahmen des freien Gewerbes der Vermietung oder allenfalls Verpachtung der einschlägigen Räumlichkeiten.

 

Bei der Prüfung des Erfordernisses einer Betriebsanlagengenehmigung wäre in Hinkunft überdies zu berücksichtigen, dass der seit Jahren offensichtlich einzige Beschwerdeführer laut Akteninhalt ausgezogen ist und sich somit nicht mehr dauernd im Nahebereich der Betriebsanlage aufhält.

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war daher wie im Spruch zu entscheiden und der bekämpfte Bescheid zu beheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2.  

  3. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 
Beschlagwortung:
§ 360 Abs.1 GewO; "contrarius actus";

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