Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530298/2/Re/Hu

Linz, 17.03.2005

 

 

 VwSen-530298/2/Re/Hu Linz, am 17. März 2005

DVR.0690392
 

 
 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung von L und S J, vom 27. Februar 2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. Februar 2005, Zl. Ge20-99/13-2004, betreffend die Verfügung von Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen gemäß § 360 Abs.4 erster Satz GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der zitierte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 15. Februar 2005 wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 und 67d Abs.1 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrens gesetzes 1991 idgF (AVG)
§§ 360 Abs.4 und 359a der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994)

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem bekämpften Bescheid vom
15. Februar 2005, beurkundet in der am selben Tag aufgenommenen Niederschrift, Ge20-99/13-2004, gegenüber den Berufungswerbern als Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber der gastgewerblichen Betriebsanlage im Standort Waldhausen im Strudengau, M , die Nichtbenützung des zweiten Obergeschosses als Sicherheitsmaßnahme gemäß § 360 Abs.4 erster Satz GewO 1994 verfügt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, aufgrund der gutachtlichen Äußerungen der brandschutztechnischen und sicherheitstechnischen Amtssachverständigen sei bei einer Benützung der Räumlichkeiten im zweiten Obergeschoss eine Gefahr für Personen nicht auszuschließen. Diese Gefahr wird begründet mit den gutachtlichen Feststellungen auf Seite 3 der Niederschrift vom 15. Februar 2005, worin insgesamt 13 sicherheitstechnische und brandschutztechnische Mängel der Betriebsanlage wie z.B. fehlende Sicherheitsbeleuchtung bzw. Orientierungsbeleuchtung und Fluchtwegskennzeichnungen, Aufschlagrichtung von Türen auf Fluchtwegen, brandschutztechnische Mängel zum Nachbarobjekt im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss, mangelhafte (in Bezug auf das erste Obergeschoss) bzw. fehlende (in Bezug auf das zweite Obergeschoss) Fluchtwege, fehlende Rauchabschlüsse im ersten und zweiten Obergeschoss usw.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Anlageninhaber S und L J mit Schreiben vom 27. Februar 2005 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Der Bescheid wird darin im Wesentlichen mit dem Vorbringen bekämpft, auf Anraten ihres Rechtsbeistandes in Deutschland werde gegen den Bescheid Einspruch dem Grunde nach unter Fristwahrung geleistet. Trotzdem werde ein Sanierungskonzept erarbeitet, sobald von der Gemeinde Waldhausen Unterlagen aus dem Bauakt zugesandt würden. Bisher sei dies nicht erfolgt, weshalb der Akt weiterhin angefordert werde bzw. persönlich Akteneinsicht genommen würde.

 

Von der belangten Behörde wurde diese Berufung gemeinsam mit dem zugrunde liegenden Verwaltungsverfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Zu den Berufungsausführungen wurde keine Stellungnahme abgegeben. Ein Widerspruch im Grunde des § 67h Abs.1 AVG wurde nicht erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte im Grunde des § 67d Abs.1 AVG mangels Erfordernis entfallen.

 

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nichtgenehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen oder sonstige die Anlage betreffenden Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen.

Gemäß Abs.5 leg.cit. sind solche Bescheide sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Gemäß § 360 Abs. 6 GewO 1994 hat die Behörde, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 1 2. Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vorliegen und zu erwarten ist, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs. 1 2. Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs. 1 2. Satz, 2., 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.

Die belangte Behörde wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Waldhausen als Standortgemeinde für die gegenständliche gastgewerbliche Betriebsanlage von Mängeln im Objekt Waldhausen im Strudengau, M, verständigt, wonach aus feuerpolizeilichen Gründen aufgrund gegebener Personengefährdung bis zur Erfüllung eines Sanierungskonzeptes das oberste Geschoss nicht genützt werden darf, da in diesen Zimmern im Brandfall die größte Gefährdung durch Verqualmung vorliege und kein gesicherter Fluchtweg und auch keine Bergemöglichkeit sichergestellt sei.

Laut dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem Zentralen Gewerberegister ist im Standort M, Waldhausen, für die Berufungswerberin das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs.1 und 2 GewO 1994 in der Betriebsart "Hotel" angemeldet, entstanden am 9. September 2003.

Die belangte Behörde hat in der Folge als Gewerbebehörde gemeinsam mit der Baubehörde und auch gemeinsam mit der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich sowie Vertretern der örtlichen Feuerwehr eine mündliche Verhandlung durchgeführt, wonach aus gewerbebehördlicher Sicht u.a. die Notwendigkeit der Verfügung von Anordnungen gemäß § 360 Abs.4 GewO 1994 geprüft wurde.

Aufgrund der im Rahmen des Lokalaugenscheines festgestellten - wie oben bereits angeführt - von den Berufungswerbern nicht bestritten, insbesondere brandschutztechnischen Mängel wurde im Rahmen dieser Verhandlung von den beigezogenen Sachverständigen ausgesprochen, dass es aus gewerbetechnischer Sicht erforderlich erachtet wird, bis zur Erfüllung der notwendigen sicherheitstechnischen und brandschutztechnischen Voraussetzungen von einer Benützung der Räumlichkeiten im zweiten Obergeschoss Abstand zu nehmen, zumal bei einer Benützung dieser Räumlichkeiten eine unmittelbare Gefahr für Personen nicht auszuschließen ist. Diese Maßnahme wurde in der Folge noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung bescheidmäßig verfügt, in der Niederschrift beurkundet und eine Mehrausfertigung der Niederschrift den Anlagenbetreibern und nunmehrigen Berufungswerbern ausgehändigt.

Zweck der nach § 360 Abs.4 GewO 1994 zu verfügenden Maßnahmen ist die Beseitigung einer Gefahr oder Belästigung. Es handelt sich um Notmaßnahmen, die im öffentlichen Interesse eine sofortige Abhilfe ermöglichen sollen. Maßnahmen nach Abs.4 sind von Amts wegen zu verfügen. Die Gefahr muss durch eine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit verursacht werden. Es ist unerheblich, ob der Tätigkeit eine bestehende Gewerbeberechtigung zugrunde liegt oder nicht. Bei Vorliegen einer Gefahr sind - anders als bei Belästigungen - Maßnahmen nach Abs.4 auch gegenüber einer genehmigten Betriebsanlage zulässig (VwGH 6.3.1984, 83/04/0294). Vom gefährdeten Personenkreis her ist hier keine Beschränkung auf Nachbarn vorgesehen; insbesondere sind auch Fälle der Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Arbeitnehmern und Kunden erfasst. Bei der Beurteilung des Vorliegens einer Gefahr hat sich die Gewerbebehörde an § 74 der Gewerbeordnung zu orientieren, wonach der Gefährdungsbegriff in § 74 Abs.2 Z1 erfordert, dass eine Gefahr sachverhaltsbezogen nicht ausgeschlossen werden kann. Wenn auch Gesichtspunkte der Feuergefahr und des Brandschutzes nicht ausdrücklich in § 74 Abs.2 GewO 1994 angeführt sind, so ist es dennoch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe der Gewerbebehörde, Gefährdungen im Zusammenhang mit Feuergefahr bzw. Brandschutz hintan zu halten bzw. geeignet zu begegnen.

Aus diesem Grunde hat die belangte Behörde aufgrund der vorliegenden Aussagen der beigezogenen Sachverständigen zu Recht die vorgeschlagene Maßnahme verfügt.

In der Berufung bringen die Berufungswerber lediglich vor, dass sie auf Anraten ihres Rechtsbeistandes in Deutschland gegen den Bescheid Einspruch dem Grunde nach unter Fristwahrung leisten würden. Eine Erforschung des Parteiwillens in Bezug auf dieses Berufungsvorbringen erübrigte sich, da eine Fristwahrung im Verfahren nach § 360 GewO 1994 insofern nicht möglich ist, als - wie in der oben zitierten Gesetzesbestimmung dargelegt - derartige Bescheide, unabhängig davon, ob dagegen ein Rechtsmittel eingelegt wird, sofort vollstreckbar sind.

Ob und auf welche Art und Weise sich die Anlagenbetreiber und Berufungswerber Unterlagen aus dem Bauakt der Standortgemeinde Waldhausen beschaffen, kann die Wirksamkeit eines bescheidmäßigen Auftrages nach § 360 GewO 1994 in keiner Weise beeinflussen.

Auch dieses Berufungsvorbringen war daher nicht geeignet, den Bescheid der belangten Behörde vom 15. Februar 2005 mit Erfolg zu bekämpfen. Ein weiteres Berufungsvorbringen lag nicht mehr vor, weshalb insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Siehe auch die Rechtsmittelbelehrung im bekämpften Bescheid.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

§ 360 Abs.4 GewO

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