Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530373/2/Re/Bn

Linz, 13.10.2005

VwSen-530373/2/Re/Bn Linz, am 13. Oktober 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des F A, B W-N, vertreten durch die Dr. H O Rechtsanwalt KEG in W, K, gegen die Verfahrensanordnung der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, ergangen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2005 zu Ge20-67-2005 und Ge21-57-2003, betreffend ein Verfahren gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird - mangels Anfechtungsobjekt - als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG) iVm § 9 Abs.3 Zustellgesetz idF BGBl. I Nr. 10/2004 (ZuStG).

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat im Rahmen einer mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2005 gegenüber Herrn F A, B W-N, als Inhaber der Betriebsanlage auf den Gst. Nr. und der KG. N, eine Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994 betreffend die gewerbebehördliche Schließung bzw. die Außerbetriebnahme und durchzuführenden Maßnahmen erlassen. Die Verfahrensanordnung wurde in der Verhandlungsniederschrift protokolliert und in der Folge dem Anlageninhaber mit Erledigung vom 21. Juli 2005, zugestellt am 28. Juli 2005, nachweisbar übermittelt. Darin wird unter der ausdrücklichen Überschrift "VERFAHRENSANORDNUNG gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994" Herr F A aufgefordert, zur Schließung (bzw. Außerbetriebnahme) die in 4 Punkten verfügten Maßnahmen binnen 2 Monaten ab Tagesdatum durchzuführen. Dies wegen einer möglichen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit des Gewerbetreibenden, der Nachbarn oder der Kunden bzw. einer möglichen Gefährdung des Eigentums und sonstiger dinglicher Rechte, wegen einer möglichen Belästigung der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise, wegen einer möglichen wesentlichen Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr, wegen einer möglichen nachteiligen Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer zB infolge Ausfließens von Kraftstoffen etc. und wegen einer möglichen Brandgefahr und damit möglichen Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen.

Gegen diese Verfahrensanordnung langte bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als nunmehr belangte Behörde die mit "Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 20. Juli 2005" bezeichnete Eingabe des F A, vertreten durch die Dr. H O Rechtsanwalt KEG, K, W, vom 20. September 2005 ein, worin dieser die erhaltene Verfahrensanordnung als Bescheid bezeichnet, in seinem ganzen Inhalt anficht und zur Rechtzeitigkeit der Berufung darauf hinweist, dass trotz der Tatsache, dass der Rechtsvertreter des Berufungswerbers in sämtlichen Verfahrensakten der erkennenden Behörde im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Betriebsanlage ausgewiesen sei, dennoch eine Zustellung der Niederschrift vom 20. Juli 2005 an den Rechtsvertreter nicht erfolgt sei. Mangels rechtswirksamer Zustellung habe damit die Rechtsmittelfrist bisher noch nicht begonnen und sei trotz einer Zustellung an den Beschwerdeführer selbst, die im Hinblick auf das vorliegende Vollmachtsverhältnis unzulässig sei, die Rechtsmittelfrist noch offen.

Zur Anfechtbarkeit des Bescheides weist er darauf hin, dass zwar die Behörde davon ausgehe, dass es sich um eine nicht anfechtbare Verfahrensanordnung handle, im Hinblick darauf, dass allerdings die Schließung beauftragt werde, eine Endentscheidung vorliege, die jedenfalls als anfechtbar angesehen werden müsse, um das rechtliche Gehör des Berufungswerbers zu wahren. Dies sei nach der österreichischen Rechtsordnung als unzulässig anzusehen.

Diese Berufung wurde von der belangten Behörde gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zur Entscheidung in der Angelegenheit berufenen Behörde vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h AVG erhoben.

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter Ge20-67-2005 und Ge21-57-2003. Weiters Einsicht genommen wurde in die bisherigen zur gegenständlichen Anlage ergangenen Berufungsentscheidungen des Landeshauptmannes von Oberösterreich unter
Ge-442758-2002, Ge-442833-2002, Ge-442865-2003 und Ge-442865-2004.

Mangels Erfordernis entfällt im Grunde des § 67d AVG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates:

Gemäß § 9 Abs.3 des Zustellgesetzes in der oben zitierten, seit 1. März 2004 geltenden Neufassung hat die Behörde, wenn ein Zustellbevollmächtigter bestellt ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

Im gegenständlichen erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren ist zunächst die Frage zu prüfen, ob der Berufungswerber durch die, die Berufung einbringende Rechtsanwälte KEG vertreten war oder nicht, die Behörde somit verpflichtet gewesen wäre, die Verfahrensanordnung dem Berufungswerber zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsvertreters zuzustellen. Diesbezüglich bringt der Berufungswerber vor, der Rechtsvertreter sei in sämtlichen Verfahrensakten der erkennenden Behörde im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen Betriebsanlage ausgewiesen. Mit diesem Vorbringen ist der Berufungswerber im Recht. Die Einsichtnahme in die vorausgegangenen Verfahrensakte beim Amt der Oö. Landesregierung hat ergeben, dass sämtliche, oben zitierte Verfahren, die Frage des Vorliegens oder Nichtvorliegens einer gewerbebehördlichen Genehmigung für die gegenständliche auf den Gst. Nr. und der KG. N liegenden Betriebsanlage bzw. die mit dieser Anlage in Verbindung stehenden Verfahren nach § 360 Abs.1 GewO 1994 zur Schließung derselben betroffen haben. Sämtliche Berufungen wurden von der Dr. H O Rechtsanwalt KEG eingebracht und wurden sämtliche Berufungsbescheide zu Handen dieser rechtlichen Vertreter zugestellt. Die Behörde hätte daher auch im gegenständlichen Verfahren, in welchem es neuerlich um die Verfügung einer Schließung der selben Anlage nach § 360 GewO 1994 geht, den rechtlichen Vertreter des Anlageninhabers berücksichtigen müssen. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vollmacht auch für andere Verfahren, wie zB erst später anhängig werdende Rechtsangelegenheiten als erteilt anzusehen ist, ist es nämlich entscheidend, ob ein so enger Verfahrenszusammenhang besteht, dass von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden kann. Dies scheint im vorliegenden Fall - wie auch vom Berufungswerber in seiner Berufung vorgebracht, als gegeben, weshalb die bekämpfte Erledigung der belangten Behörde vom 20. Juli 2005, zugestellt mit Erledigung vom 21. Juli 2005 an Herrn F A persönlich, richtigerweise zu Handen seiner in vielen Verfahren ausgewiesenen rechtlichen Vertreter hätte erfolgen müssen.

Diese gegen den Berufungswerber gerichtete Verfahrensanordnung hätte daher im Grunde des § 9 Abs.3 des Zustellgesetzes in der Fassung BGBl. I Nr. 10/2004 an den Rechtsvertreter des Berufungswerbers zugestellt werden müssen, um die Rechtswirkung einer Zustellung zu entfalten. Die Erledigung vom 21. Juli 2005, Ge20-67-2005 bzw. Ge21-57-2003, wurde jedoch weder laut Zustellverfügung an den rechtlichen Vertreter des Berufungswerbers adressiert, noch an diesen tatsächlich zugestellt.

Im Sinne der zitierten Gesetzesstelle liegt somit eine rechtswirksame Zustellung an den Berufungswerber nicht vor. Die frühere Regelung des zweiten Satzes des § 9 Abs.1 ZustG, wonach in derartigen Fällen die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt gilt, in dem das Schriftstück dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist, welcher somit eine mögliche Heilung der Zustellung vorsah, wurde durch BGBl. I 10/2004 nicht übernommen.

Wird somit der Vertretene anstelle des Zustellbevollmächtigten als Empfänger bezeichnet, ist eine Zustellung an diesen nicht wirksam. Auch wenn das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten zukommt, führt dies nicht zur Heilung des Zustellmangels, weil die fehlerhafte Bezeichnung des Empfängers in der Zustellverfügung nicht heilen kann. Eine solche Heilung eines derartigen Zustellmangels kann auch nicht nach § 7 Abs.1 des Zustellgesetzes erfolgen, da der dort zitierte "Empfänger" nicht diejenige Person ist, für die das Dokument tatsächlich inhaltlich bestimmt ist, sondern die Person, an die es die Behörde gerichtet hat, die somit in der Zustellverfügung von ihr als Empfänger angegeben worden ist (formeller Empfänger). Daher kann die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung nicht heilen (Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 16. Auflage, MANZ Sonderausgabe, Anm. zu § 7 Abs.1 und zu § 9 Abs.3 ZustG).

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu erkennen und die Berufung als unzulässig zurückzuweisen, da die bekämpfte Erledigung der belangten Behörde noch nicht rechtswirksam zugestellt worden und somit nachzuholen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen.

Dr. Reichenberger

Beschlagwortung:

§ 9 ZustellG; Heilung; Zustellmangel

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