Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530405/6/Re/Sta VwSen530406/6/Re/Sta

Linz, 08.03.2006

 

VwSen-530405/6/Re/Sta

VwSen-530406/6/Re/Sta Linz, am 8. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen der U H, T, und der S L B, L, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P P, W, E, vom 23. Dezember 2005, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Dezember 2005, Zl. Ge20-24992-2-2005/Sir, betreffend die Erteilung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung im Grunde des § 77 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

Den Berufungen wird keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Dezember 2005, Ge20-24992-2-2005, wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d sowie 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 356 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Bescheid vom 7. Dezember 2005, Ge20-24992-2-2005, über Antrag der B B- und V GesmbH, S, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Einkaufszentrums im Standort S, Gst. Nr. , und der KG. S, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere nach Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Augenscheinsverhandlung am 4. August 2005, welche unter Beiziehung von Amtssachverständigen stattgefunden hat und im Wesentlichen mit der zusammenfassenden Begründung, dass das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten sei, dass durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage bei Einhaltung der im Spruchteil I vorgeschriebenen Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalls voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 GewO vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 GewO auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. In Bezug auf die von den Berufungswerbern schriftlich bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Einwendungen stellt die belangte Behörde fest, dass diese als unzulässig zurückzuweisen bzw. gar nicht zu behandeln gewesen seien, da sich die Punkte 1. und 2. an sich auf das baurechtliche Verfahren beziehen bzw. die allfällige Widmungsprüfung im Gewerbeverfahren unter Bezugnahme auf § 77 Abs.5 GewO 1994 keine subjektiv öffentlichen Nachbarrechte einräumen. Gleiches gelte für die unter Punkt 3. der Einwendungen dargelegten Ausführungen in Bezug auf die Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr. Auch diese Voraussetzungen seien von Amts wegen zu prüfen.

 

Darüber hinaus hat sich der bekämpfte Bescheid in einer überaus detaillierten und umfangreichen Begründung mit sämtlichen Nachbarvorbringen auseinandergesetzt und zwar sowohl in Bezug auf die von Anrainern vorgebrachten Bedenken wegen unzumutbarer Belästigungen bzw. Gesundheitsgefährdungen durch Emissionen aus der geplanten Betriebsanlage als auch in Bezug auf die von den Berufungswerbern mit schriftlicher Note bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Einwendungen in Bezug auf Widmung und Verkehrssicherheit. Aufbauend auf im Verfahren eingeholte Gutachten der einschlägigen Amtssachverständigen wurde auf die Nachbarvorbringen in Bezug auf die Lage der Betriebsanlage (Stadtkern- oder Ortskerngebiet) in Bezug auf Lärmbelästigung von Anrainern durch Betriebsabläufe innerhalb der Objekte, Emissionen auf Grund von Fahrbewegungen (Parkplatzlärm) Emissionen auf Grund des Betriebes lüftungs- und kältetechnischer Anlagen, weiters auch auf das Vorbringen bezüglich einer Beeinträchtigung der Sicherheit, Flüssigkeit und Leichtigkeit des Verkehrs ausführlich eingegangen.

 

 

Gegen diesen Genehmigungsbescheid vom 7. Dezember 2005 haben die Berufungswerber, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. P P, Dr. I P, W, jeweils mit Schriftsätzen vom 23. Dezember 2005, bei der belangten Behörde eingelangt jeweils am 27. Dezember 2005, innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Darin wird mit jeweils gleichlautendem Inhalt von beiden Berufungswerbern die Behebung des Genehmigungsbescheides und Abweisung des zu Grunde liegenden Betriebsanlagengenehmigungsantrages, in eventu die Zurückverweisung zur neuerlicher Verhandlung an die belangte Behörde beantragt. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die mit schriftlicher Stellungnahme anlässlich der mündlichen Verhandlung am 4. August 2005 zu Punkt 1. und 2. erhobenen Einwendungen seien im Gewerbeverfahren zu berücksichtigen. Es sei eingewendet worden, dass die Grundstücke als Standort für die Errichtung der projektierten Gesamtanlage nicht geeignet seien. Die im Verwaltungsverfahren maßgebliche Offizialmaxime und der Grundsatz der materiellen Wahrheit bedinge nicht nur die Durchsetzung subjektiver Rechte, sondern auch die Sicherstellung der objektiven Rechtmäßigkeit. Die Einschreiterin sei daher berechtigt gewesen, auf die mangelnde Widmungskonformität aufmerksam zu machen, ihre Einwendungen seien daher in diesem Umfange zu berücksichtigen. Daher seien auch die abgegebenen Einwendungen in Bezug auf die Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr beachtlich. Diese Einwendungen seien daher nicht unzulässig gewesen und hätte sich die belangte Behörde damit inhaltlich auseinandersetzen müssen. Mangels dieser inhaltlichen Auseinandersetzung sei das Verwaltungsverfahren mit einem gravierenden Verfahrensmangel behaftet. Der angefochtene Bescheid sei darüber hinaus gemäß § 66 Abs.4 AVG von Amts wegen aufzuheben, da es sich bei der projektierten Anlage um eine Gesamtanlage im Sinne des § 77 Abs.5 der Gewerbeordnung handle, sodass hier von Amts wegen die Widmungskonformität der Grundstücke zu prüfen sei. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 7. Dezember 2005 seien die Grundstücke mit der Widmung "Bauland - eingeschränkt gemischtes Baugebiet" ausgewiesen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt sei auch die österreichische Raumordnungsgesetznovelle 2005, LGBl. Nr. 115, in Kraft gewesen. Gemäß § 24 Abs.1 dieser Novelle gelten nunmehr als Geschäftsbauten Handelsbetriebe, deren Gesamtverkaufsfläche mehr als 300 m2 betrage, was im gegenständlichen Fall jedenfalls zutreffe. Solche Geschäftsbauten dürfen nunmehr ausschließlich in Gebieten für Geschäftsbauten (§ 23 Abs.3
Oö. ROG), nicht aber in Wohngebieten, gemischten Baugebieten oder sonstigen Baulandkategorien errichtet werden. Die Raumordnungsnovelle 2005 sei auf alle nach dem 1. November 2005 noch anhängigen Bauverfahren betreffend Handelsbetriebe über 300 m2 anzuwenden. Zu Unrecht gehe die belangte Behörde in diesem Zusammenhang davon aus, dass das gegenständliche Einkaufszentrum in einem Ortskerngebiet gemäß § 77 Abs.9 der Gewerbeordnung liege und somit die Absätze 5 und 8 des § 77 leg.cit. nicht zu beachten seien. Das Projekt liege weder in einem überwiegend zusammenhängend verbauten Gebiet, sondern am äußersten Rande des Ortes S und sei überwiegend von nicht oder nur gestreut bebauten Flächen umgeben. Die Erreichbarkeit der Einwohner innerhalb kürzester Zeit spreche keinesfalls für die Errichtung in einem Ortskern- oder Stadtkerngebiet, sondern lasse lediglich darauf schließen, dass S sehr klein sein. Bei richtiger rechtlicher Würdigung sämtlicher vorliegender Beweise hätte die Behörde davon ausgehen müssen, dass die Voraussetzungen des § 77 Abs.9 GewO nicht vorliegen, sodass für das Projekt im Grunde des § 77 Abs.5 Z1 GewO die Widmungskonformität des Standortes zu prüfen gewesen wäre. Nach der Judikatur des VwGH habe die zur Entscheidung über die Berufung kompetente Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungsentscheidung geltende Recht, sohin das
Oö. ROG in der Fassung der Novelle 2005, anzuwenden. Von Amts wegen sei von der Berufungsbehörde festzustellen, dass die erforderliche Widmungskonformität im Sinne des § 77 Abs.5 der Gewerbeordnung nicht vorliege und daher der angefochtene Bescheid im Grunde des § 66 Abs.4 von Amts wegen aufzuheben und das Ansuchen der B B und V GesmbH um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Einkaufszentrums abzuweisen gewesen sei.

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-24992-2-2005.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 77 Abs.9 GewO 1994 idgF gelten die Absätze 5 und 8 nicht für Projekte in einem Stadtkern- oder Ortskerngebiet. Stadtkern- oder Ortskerngebiete sind jene Ortsbereiche oder Flächen mit Ausrichtung auf das örtliche bzw. überörtliche Verkehrsnetz, die eine überwiegend zusammenhängende Verbauung mit öffentlichen Bauten, Gebäuden, die der Hoheitsverwaltung und der Gerichtsbarkeit dienen, Gebäuden für Handels- und Dienstleistungsbetriebe, Bauten des Tourismus, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Wohngebäuden sowie Gebäuden, die der Religionsausübung gewidmet sind, aufweisen.

 

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung
(§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Ausschließlich aus diesen zitierten Gesetzesbestimmungen ist die Lösung der im gegenständlichen Verfahren zunächst zu lösenden Rechtsfrage zu finden, ob die Berufungswerber durch nicht rechtzeitiges Erheben von zulässigen Einwendungen ihre Parteistellung im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, damit die mit der Parteistellung verbundenen Rechte, wie zB. auch das Berufungsrecht verloren haben.

 

Zunächst steht fest, dass die Berufungswerber zur mündlichen Verhandlung nachweisbar geladen wurden. Zur mündlichen Verhandlung ist der Prokurist einer der Berufungswerberinnen, nämlich der U H erschienen und hat im Rahmen des zu Beginn der Verhandlung durchgeführten Lokalaugenscheines dem Verhandlungsleiter eine schriftlich vorbereitete Stellungnahme der "U H. bzw. S L B AG", datiert mit 29. Juli 2005, übergeben, welche vom Verhandlungsleiter der Konsenswerberin zur Kenntnis gebracht und der Verhandlungsschrift als Beilage angeschlossen wurde. Der Vertreter der U H entfernte sich nach Abgabe dieses Schriftsatzes ohne weiteres Bemerken von der Verhandlung. In diesem Schriftsatz wird unter Punkt 1. festgestellt, dass die geplanten Betriebsgrundstücke als "Grünland für Land- und Forstwirtschaft" gewidmet seien, ein Umwidmungsverfahren in "Bauland - eingeschränktes gemischtes Baugebiet" sei im Laufen. Es sei abzuklären, inwieweit vor rechtsgültiger Flächenwidmungsplanänderung ein bau- und gewerbebehördliches Genehmigungsverfahren verhandelt und abgeführt werden kann, obwohl die beantragte Umwidmung nicht feststehe. Im zweiten Punkt dieser Stellungnahme wird ausgeführt, dass das Einkaufszentrum mit einer Gesamtverkaufsfläche von 1.751,92 m2 bzw. Gesamtnutzfläche von 2.155 m2 in die Widmungskategorie "Geschäftsbauten für den überörtlichen Bedarf" gemäß § 23 Abs.3 bzw. § 24 Abs.3 einzustufen und in der beantragten Widmung gemischtes Bauland gemäß § 22 Abs.5 nicht zulässig und nicht genehmigungsfähig sei. Schließlich wird unter Punkt 3. Einspruch gegen die geplante Ein- und Ausfahrt erhoben und vorgebracht, durch die Errichtung der Lärmschutzwand wie geplant würden insbesondere Lkw-Züge mit Hänger beim Rechtsabbiegen in die T ortseinwärts auf die linke Gegenverkehrsfahrbahn geraten, weiters fehle eine Links- und Rechtsabbiegespur von der T. Die Verkehrssicherheit der Ausfahrt sei nicht gewährleistet und Verkehrsunfälle vorprogrammiert. Ihre gegenüberliegende Ein- und Ausfahrt auf die T werde blockiert, das Ein- und Ausfahrtsunfallrisiko würde enorm gesteigert.

 

Zu diesem Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - wie bereits oben dargelegt - Nachbarn ihre grundsätzlich ex lege bestehende Parteistellung im gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erheben. Solche Einwendungen müssen nicht nur rechtzeitig, sondern auch zulässig sein, um den Verlust der Parteistellung zu verhindern. Der Kreis der subjektiven Rechte, deren Verletzung zulässigerweise behauptet werden kann, ergibt sich aus § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5. Eine Einwendung im Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage muss, um rechtserheblich und somit zulässig zu sein, auf einen oder mehreren der im § 74 Abs.2 Z1, 2, 3 oder 5 vorgeschriebenen Tatbestände, im Fall des § 74 Abs.2 Z2 auf einen oder mehrere der dort vorgeschriebenen Alternativtatbestände abgestellt sein.

 

Derartige zulässige Einwendungen wurden von den Berufungswerbern im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens nicht vorgebracht, zählen doch weder Nachbareinwände in Bezug auf die Widmung der Betriebsgrundstücke (VwGH 99/04/0006) noch ein Vorbringen in Bezug auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs im Grunde des § 74 Abs.2 Z4 der Gewerbeordnung zu diesen, oben zitierten, subjektiv öffentlichen Schutzinteressen.

 

Soweit sich die Vorbringen in diesen bei der mündlichen Verhandlung abgegebenen Einwendungen auf Widmungsfragen beziehen, ist darüber hinaus festzuhalten, dass sich diese Einwendungen nicht einmal ansatzweise auf die von der Gewerbebehörde von Amts wegen zu klärende Frage beziehen, ob sich das geplante Einkaufszentrum in einem "Stadtkern- oder Ortskerngebiet" befindet. Vielmehr wurden in diesen Einwendungen lediglich einschlägige Bestimmungen aus dem Oö. Raumordnungsgesetz zitiert, welche sich nicht auf die Begriffe des Stadtkern- oder Ortskerngebietes im Sinne des § 77 Abs.9 GewO 1994 beziehen.

 

Im Übrigen ist die Behörde ihrer in der Berufung angesprochenen amtswegigen Verpflichtung zur Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen vor Erteilung der beantragten Genehmigung, somit auch ihrer öffentlich rechtlichen Ermittlungspflicht umfangreich nachgekommen und hat zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 77 Abs.9 GewO 1994 eine Beweisaufnahme durch den Amtssachverständigen für Gewerbetechnik, welcher auch baurechtlicher Amtssachverständiger ist und somit auch die erforderlichen raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen für die Stellungnahme zur Frage des Vorliegens eines Ortskern- bzw. Stadtkerngebietes besitzt. Auf der Grundlage dieser Aussagen auch in Bezug auf die Verkehrsnetze und die Verbindungen zum projektierten Einkaufszentrum, die zusammenhängende Verbauung mit Bauten im Sinne des § 77 Abs.9 GewO sowie die Entfernungen zu einzelnen Gebäuden hat sich die belangte Behörde im Bescheid intensiv mit der Beantwortung dieser Frage auseinandergesetzt. Die auf Seiten 27, 28 und 29 der Begründung des bekämpften Bescheides dargelegte Prüfung dieser Rechtsfrage kommt zum Ergebnis, dass das geplante Einkaufszentrum in einem Ortskerngebiet gemäß § 77 Abs.9 GewO 1994 liegt und somit die Absätze 5 und 8 des § 77 GewO 1994 nicht gelten. Die detaillierten Ausführungen der belangten Behörde hiezu sind schlüssig und in sich widerspruchsfrei, basieren auf den Grundlagen des Amtssachverständigen und stimmen mit den vorliegenden Planunterlagen überein. Das erkennende Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates hegt keine Zweifel, diese Ausführungen anzuerkennen. Insbesondere die Berufungsvorbringen können dem nichts entgegensetzen und kann alleine die gegenteilige Behauptung, dass das Projekt weder in einem gemäß § 77 Abs.9 GewO überwiegend zusammenhängend verbauten Gebiet, sondern am äußersten Rande des Ortes S liege noch überwiegend von nicht oder nur gestreut bebauten Flächen umgeben sei, kein anderes Ergebnis herbeiführen. In Bezug auf die von der Behörde ausführlich begründete Feststellung zur Entfernung zwischen dem Ortskern und dem Einkaufszentrum begnügen sich die Berufungswerber mit der Berufungsaussage, dass dies lediglich beweise, dass der Ort S eben sehr klein sei. Dies ohne jede weitere Begründung und ohne jedes weitere Beweisangebot, insbesondere ohne weiterer Ausführungen über die tatsächliche Größe der Marktgemeinde
S etc. Auch diese Aussage kann daher die vorliegenden, auf Äußerungen des Amtssachverständigen basierenden Begründungselemente des bekämpften Bescheides nicht mit Erfolg bekämpfen.

 

Auch zum Berufungsvorbringen in Bezug auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs ist - wie oben bereits angeführt - zunächst auf die Rechtslage zu verweisen, wonach es sich dabei nicht um ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht handelt, welches die Aufrechterhaltung der Parteistellung bei rechtzeitiger Einwendung begründet. Bereits in der Begründung des angefochtenen Bescheides wird daher richtig ausgeführt, dass diesbezüglich kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht vorliegt. Dies entspricht der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Schutz der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs von der Gewerbebehörde von Amts wegen wahrzunehmen ist. Nachbarn einer Betriebsanlage sind nicht berechtigt, den Schutz dieser Interessen geltend zu machen. § 74 Abs.2 Z4 GewO 1994 räumt den Nachbarn somit keine Stellung ein, deren Beeinträchtigung von ihnen als Verletzung ihrer subjektiven- öffentlichen Rechte geltend gemacht werden könnte (VwGH 24.10.2001, 98/04/0181; 12.12.2001, 2001/04/0189). Unabhängig von diesen somit nicht zulässigen Einwendungen von Nachbarn hat sich die belangte Behörde auch mit der Frage der Wahrung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ausführlich auseinandergesetzt. Dem Genehmigungsbescheid liegt ein verkehrstechnisches Gutachten vom 28. November 2005 zu Grunde, worin der Amtssachverständige der Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung zum Ergebnis kommt, dass auch durch die von den Berufungswerbern angesprochene Situierung der Lärmschutzwände es zu keiner Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit im Bereich der Zu- und Ausfahrt des Einkaufszentrums komme sowie dass insbesondere auch auf Grund vorgenommener Projektsänderungen auch die Spurenaufteilung betreffend Zu- und Ausfahrt des geplanten Einkaufszentrums eine wesentliche Beeinträchtigung der Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Straßen nicht besorgen lasse.

Die belangte Behörde ist daher auch in Bezug auf dieses Berufungsvorbringen ihrer amtswegigen Verpflichtung zur Prüfung ausreichend nachgekommen, sie hat sich sehr umfangreich inhaltlich mit dem Schutzinteresse der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr gewidmet und liegt daher auch diesbezüglich ein Verfahrensmangel - wie von den Berufungswerbern behauptet - nicht vor.

 

Insgesamt haben daher die Berufungswerber keine Gründe vorgebracht, welche den gewerberechtlichen Genehmigungsbescheid der belangten Behörde vom
7. Dezember 2005, Ge20-24992-2-2005, mit Erfolg bekämpfen, weshalb auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 

Beschlagwortung:

§ 77, Parteistellung, Präklusion, § 42 AVG

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