Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530421/2/Bm/Sta VwSen530422/2/Bm/Sta

Linz, 14.03.2006

 

 

 

VwSen-530421/2/Bm/Sta

VwSen-530422/2/Bm/Sta Linz, am 14. März 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn Mag. M und der Frau P P, U S, S, und des Herrn P und der Frau A H, U S, S, sämtliche vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R M, Dr. J K, K, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.1.2006, Zl. Ge20-120-2004, betreffend des Antrages auf Stilllegung bzw. Vorschreibung zusätzlicher Auflagen betreffend die Musikanlage des Gastgewerbebetriebes Cafe "R" in S, U S, zu Recht erkannt:

 

Den Berufungen gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.1.2006, Ge20-120-2004, wird keine Folge gegeben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67h Abs.1 und 58 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 20.12.2005 beantragten die Berufungswerber hinsichtlich der Musikanlage des Gastgewerbebetriebes Cafe "R" in S, U S, für den Fall des Nichtvorliegens einer behördlichen Genehmigung die sofortige Stilllegung der Musikanlage gemäß § 360 GewO 1994 zu veranlassen bzw. für den Fall des Vorliegens einer behördlichen Genehmigung eine zusätzliche Auflage gemäß § 79 GewO 1994 vorzuschreiben, wonach die Musikanlage mit einem elektronischen Lärmbegrenzer auszustatten sei, der so einzustellen sei, dass im gesamten Lokal ein maximaler Schallpegel von 75 dB(A) erreicht werde.

Sowohl der Antrag auf sofortige Stilllegung der Musikanlage als auch der Antrag auf Vorschreibung zusätzlicher Auflagen betreffend diese Musikanlage des gegenständlichen Gastronomiebetriebes wurde von der Erstbehörde als unzulässig zurückgewiesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die oben angeführten Berufungswerber innerhalb offener Frist Berufung eingebracht. Diese wird im Wesentlichen damit begründet, entgegen der Meinung der Behörde sei zur Beurteilung der Parteistellung des Nachbarn nicht nur auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Genehmigung der Betriebsanlage, sondern auch auf eine allfällige Betriebsanlagenänderung abzustellen. Dies ergebe sich eindeutig aus der Bestimmung des § 79a Abs.3 GewO 1994, die jedoch im angefochtenen Bescheid unvollständig zitiert werde. Bei der Prüfung der Parteistellung sei daher nicht auf den Bescheid vom 30.7.1987 abzustellen, mit dem die gewerbebehördliche Genehmigung für den Gastgewerbebetrieb erteilt worden sei, abzustellen sei vielmehr auf die durch den Einbau der Musikanlage erfolgte Betriebsanlagenänderung. Dieser nachträgliche Einbau einer Musikanlage, der vom ursprünglichen Genehmigungsbescheid vom 30.7.1987 nicht umfasst sei, stelle eine bewilligungspflichtige Betriebsanlagenänderung dar. Mit Bescheid vom 30.7.1987 sei nämlich nur die Aufstellung eines Klaviers genehmigt worden. Da jede Änderung einer Betriebsanlage genehmigungspflichtig ist, hätte der Inhaber des Gastgewerbebetriebes noch vor Inbetriebnahme der Musikanlage den Antrag auf gewerbebehördliche Genehmigung dieser Änderung einbringen müssen. Erst nach Vorliegen eines positiven Bescheides hätte die Musikanlage in Betrieb genommen werden dürfen. Tatsächlich habe der Gewerbeinhaber bis heute um keine Genehmigung der Musikanlage angesucht. Obwohl der konsenslose, verbotene Betrieb der Musikanlage der Behörde zumindest seit 30.11.1992 bekannt gewesen sei, habe sie keinerlei Maßnahmen gegen den Gewerbeinhaber ergriffen. Die Behörde wäre schon damals verpflichtet gewesen, im Sinne des § 360 GewO 1994 gegen den Gewerbeinhaber vorzugehen. Tatsächlich habe sie erst ca. 2 Jahre später, nach weiteren begründeten Beschwerden mit Bescheid vom 12.12.1994 den Einbau einer Lautstärkenbegrenzung vorgeschrieben. Obwohl der Gewerbeinhaber noch immer keinen Antrag auf Genehmigung der Musikanlage eingebracht habe, habe die Behörde kein Verfahren gemäß § 360 GewO 1994 eingeleitet.

Selbst dann, wenn man den Ausführungen der Erstbehörde folgen würde, wonach die Musikanlage auf Grund der mit Bescheiden vom 12.12.1994 bzw. vom 29.11.1995 vorgeschriebenen Lautstärkenbegrenzungen als genehmigter Bestand anzusehen sei, sei die Musikanlage zumindest vom 30.11.1992 bis zu diesem Bescheid konsenslos betrieben worden. Entgegen der Ansicht der Erstbehörde liege jedoch bis heute kein genehmigter Bestand hinsichtlich der Musikanlage vor. Auch wenn in den Jahren 1994 und 1995 zwei Verfahren mit der Vorschreibung eines Lärmbegrenzers abgewickelt worden seien, zähle die Musikanlage bis heute nicht zum genehmigten Bestand der mit Bescheid vom 30.7.1987 erteilten gewerbebehördlichen Genehmigung für den Gastgewerbebetrieb. Es sei die Ansicht der Behörde, wonach auf Grund des Umstandes, dass die Vorschreibung eines Lärmbegrenzers erfolgt sei, die Musikanlage als genehmigter Bestand anzusehen sei, verfehlt. Dies würde sowohl die Bestimmung des § 78 als auch die des § 81 GewO 1994 ad absurdum führen. Der Betrieb der Musikanlage stelle daher bis dato einen konsenswidrigen und verbotenen Zustand dar, womit die Voraussetzungen des
§ 360 GewO 1994 erfüllt seien. Würde man den Ausführungen der Behörde hinsichtlich der Parteistellung folgen, könnte jeder Gewerbeinhaber nach dem Vorliegen einer gewerbebehördlichen Genehmigung jederzeit nachträgliche Änderungen der Betriebsanlage durchführen ohne diesbezüglich einen Antrag gemäß § 81 GewO stellen zu müssen. Durch derartige konsenslose Änderungen einer Betriebsanlage hätten sämtliche Nachbarn keine Möglichkeit, gegen den Gewerbeinhaber vorzugehen, wenn sie bei der erstmaligen Genehmigung der Betriebsanlage nicht Nachbar gewesen seien. Aus diesem Grund räume die Bestimmung des § 79a Abs.3 GewO auch jenen Personen ein Antragsrecht ein, die im Zeitpunkt einer Betriebsanlagenänderung Nachbar im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 seien.

Dass wir von den Auswirkungen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt seien, dokumentiere sich darin, dass wir laufend unzumutbaren Schallimmissionen ausgesetzt seien, die bereits zu Einschlaf- und Durchschlafstörungen führen. Im Zusammenhang mit den medizinischen Ausführungen in der Sachverhaltsdarstellung vom 20.12.2005 sei hinreichend glaubhaft gemacht, dass wir von den Auswirkungen der Musikanlage nicht ausreichend geschützt seien. Die ständigen Lärmbeeinträchtigungen seien nur so erklärbar, dass die mit Bescheid vom 29.11.1995 vorgeschriebene Begrenzung der Musikanlage auf 80 dB in irgendeiner Form umgangen werde. In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die ergänzende Stellungnahme des Amtsarztes Dr. J F vom 13.1.2006 zu verweisen, wo er vorschlage, in sämtlichen Räumen der Beschwerdeführer eine Hörprobe durchzuführen und dann im Einzelfall zu entscheiden, wo zusätzliche Lärmmessungen zu erfolgen hätten. Trotz dieser eindeutigen ergänzenden Stellungnahme des Amtsarztes sehe die Behörde I. Instanz keinen weiteren Handlungsbedarf. Es gehe ausschließlich darum, dass wir als Nachbarn einer Betriebsanlage nicht in unserer Gesundheit gefährdet und auch nicht unzumutbar belästigt werden. All dies sei nur in der Form möglich, dass die Musikanlage mangels Vorliegen einer behördlichen Genehmigung stillgelegt werde bzw. für den Fall, dass entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer eine behördliche Genehmigung der Musikanlage vorliegen sollte, dem Gewerbeinhaber die Auflage erteilt werde, die Musikanlage mit einem elektronischen Lärmbegrenzer auszustatten, der so einzustellen sei, dass im gesamten Lokal ein maximaler Schallpegel von 75 dB(A) erreicht werde.

Abschließend wird beantragt, der Berufung Folge zu geben, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und der Behörde I. Instanz die Einleitung von Verfahren nach § 360 bzw. § 79 GewO 1994 bzw. andere geeignete Maßnahmen aufzutragen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat diese Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als zuständige Berufungsbehörde vorgelegt. Eine Stellungnahme der belangten Behörde zum Berufungsvorbringen wurde nicht abgegeben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-120-2004 sowie in den Genehmigungsbescheid vom 30.7.1987, Ge-1067-1987 samt den bezughabenden Projektsunterlagen, den Betriebsbewilligungsbescheid vom 28.1.1998, Ge-1067-1987 sowie in die Bescheide vom 12.10.1994, Ge20-69-1994 und vom 29.11.1995, Ge20-69-1994 betreffend die Vorschreibung nachträglicher Auflagen.

Da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Grunde des § 67d AVG von einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 30.7.1987, Ge-1067-1987, wurde Herrn G U die gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Gastgewerbebetriebes im Standort S, U S, erteilt. Weder aus dem Genehmigungsbescheid noch aus den bezughabenden Projektsunterlagen noch aus der diesem Genehmigungsbescheid zu Grunde liegenden Verhandlungsschrift ist die beabsichtigte Errichtung einer Musikanlage zu entnehmen. Lediglich die Aufstellung eines Klaviers ist vom Genehmigungsumfang erfasst.

Mit Bescheid vom 28.1.1988, Ge-1067-1987, wurde von der Bezirkshauptmannschaft Schärding gemäß § 78 Abs.2 GewO 1973 die gewerbebehördliche Betriebsbewilligung für den gegenständlichen Gastgewerbebetrieb erteilt. Auch aus diesem Verfahren ergibt sich kein Hinweis auf einen etwaigen beabsichtigten Betrieb einer Musikanlage im gegenständlichen Gastgewerbebetrieb.

Auf Grund mehrfach eingebrachter Nachbarbeschwerden über vom Gastgewerbebetrieb ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen wurde am 28.2.1994 eine gewerbebehördliche Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage durchgeführt und im Befund festgehalten, dass im Lokal eine Musikanlage zum Abspielen von Musikkassetten und CD's installiert ist. Nach im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Schärding durchgeführter Lärmmessungen wurde mit Bescheid vom 12.10.1994, Ge20-69-1994 gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 zum rechtskräftigen Genehmigungs- und Bewilligungsbescheid eine zusätzliche Auflage in der Form vorgeschrieben, dass die Musikanlage mit einer Lautstärkenbegrenzung (Laeq = 80 dB) auszustatten ist. Mit weiterem Bescheid vom 29.11.1995 wurden - wiederum auf Grund bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding eingelangter Nachbarbeschwerden weitere zusätzliche Auflagen die Musikanlage betreffend vorgeschrieben. In den darauffolgenden Jahren wurden immer wieder Beschwerden der Nachbarn über den verfahrensgegenständlichen Gastgewerbebetrieb bei der belangten Behörde eingebracht und wurden von der Behörde weitere Überprüfungen und Lärmmessungen vorgenommen. Mit Eingabe vom 20.12.2005 wurde von den berufungsführenden Nachbarn ein Antrag auf Stilllegung der Musikanlage gemäß § 360 GewO 1994 bzw. im Fall des Vorliegens einer gewerbebehördlichen Genehmigung der Musikanlage die Vorschreibung nachträglicher Auflagen gemäß § 79 GewO 1994 beantragt. Unter Zugrundelegung der durchgeführten Lärmmessungen und des darauf aufgebauten schalltechnischen Prüfberichtes der Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik beim Land Oberösterreich wurde von der belangten Behörde ein medizinisches Gutachten eingeholt. Im Ergebnis ging das medizinische Gutachten vom 21.12.2005 davon aus, dass im Kinderzimmer der berufungsführenden Nachbarn H, P, mit keiner Störung des Nachtschlafes und somit auch mit keiner Gesundheitsgefährdung zu rechnen ist. Auf Grund des Antrages der Nachbarn wurde dieses medizinische Gutachten insoferne ergänzt, als aus amtsärztlicher Sicht vorgeschlagen wurde, bei sämtlichen Beschwerdeführern mittels eines Lokalaugenscheines und mittels einer Hörprobe festzustellen, ob tatsächlich Musiklärm zu mehreren Nachbarn gelange und im Anschluss zu entscheiden, wo zusätzliche Lärmmessungen zu erfolgen haben.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 26.1.2006, Ge20-120-2004, wurde der Antrag der Nachbarn auf Einleitung eines Verfahrens nach
§ 360 sowie der Antrag gemäß § 79a Abs.3 als unzulässig zurückgewiesen.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Zum Antrag auf sofortige Stilllegung der Musikanlage des Gastronomiebetriebes Cafe "R" gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Maßnahmen nach § 360 leg.cit. sind von Amts wegen zu treffen. Nachbarn einer Betriebsanlage steht kein Antragsrecht und auch kein Rechtsanspruch auf Einleitung eines Verfahrens bzw. auf Setzung von Maßnahmen nach § 360 zu (vgl. Kommentar zur Gewerbeordnung Grabler-Stolzlechner-Wendl, Rz 5 zu
§ 360). Insoweit wird der Rechtsansicht der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zugestimmt und auf die diesbezügliche Begründung verwiesen.

Es wurde sohin der Antrag der Berufungswerber zu Recht als unzulässig zurückgewiesen, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass es sich bei den Maßnahmen nach § 360 sich um solche handelt, die zu treffen vom Gesetzgeber der Behörde bei Vorliegen der angeführten Voraussetzungen aus öffentlichen Interessen aufgetragen wurde und deren Nichtergreifung eine Verletzung der Amtspflichten (wie auch von der Erstbehörde festgehalten) darstellen würde (VwGH 24.10.2001, 2001/04/0173).

Was den Berufungsantrag, der Unabhängige Verwaltungssenat möge der Behörde I. Instanz die Einleitung eines Verfahrens nach § 360 GewO 1994 auftragen, betrifft, ist festzustellen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat gegenüber der Bezirksverwaltungsbehörde zwar instanzenmäßig übergeordnet, jedoch keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde (und damit auch nicht weisungsbefugt) ist.

 

 

5.2. Zum Antrag auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen:

 

Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben... . Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 79a Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde ein Verfahren gemäß § 79 Abs.1 von Amts wegen oder nach Maßgabe des Abs.2 auf Antrag des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie oder nach Maßgabe des Abs.3 auf Antrag eines Nachbarn einzuleiten.

 

Nach Abs.3 dieser Bestimmung muss der Nachbar in seinem Antrag gemäß Abs.1 glaubhaft machen, dass er als Nachbar vor den Auswirkungen der Betriebsanlage nicht hinreichend geschützt ist, und nachweisen, dass er bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage oder der betreffenden Betriebsanlagenänderung Nachbar im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 war.

 

Vorweg ist festzustellen, dass im Ergebnis die Antragslegitimation der Berufungswerber auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen wohl zu verneinen ist, jedoch der Begründung der Erstbehörde aus folgenden Überlegungen nicht gefolgt werden kann:

 

Der oben zitierte § 79a leg. cit. regelt die Frage der Einleitung eines Verfahrens gemäß § 79 Abs.1 und ist der Art nach ein mehrstufiges (Prüfungs)verfahren:

Die Behörde hat vorerst die Zulässigkeit des Antrages entsprechend der Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen. Werden diese Voraussetzungen von der Behörde bejaht, dann stellt sich die weitere Frage des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen für eine Auflagenvorschreibung nach § 79 Abs.1 GewO 1994.

 

Sowohl § 79 als auch § 79a setzen ihrem Wortlaut nach das Vorliegen einer rechtskräftigen gewerbebehördlichen Genehmigung der Betriebsanlage bzw. im Fall einer Änderung (Erweiterung) der Betriebsanlage einer rechtskräftigen Genehmigung der Änderung dieser genehmigten Betriebsanlage voraus; §79 im Hinblick auf die Zulässigkeit der Vorschreibung nachträglicher Auflagen, §79a im Hinblick auf die Antragslegitimation der Nachbarn.

Die tatsächliche Errichtung oder Änderung einer Betriebsanlage, ohne die hiefür erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung, kann in keinem Fall - wie noch näher erläutert wird - zu einer rechtmäßigen Vorschreibung von nachträglichen Auflagen führen und aus dem systematischen Zusammenhalt auch nicht die Antragslegitimation und Parteistellung der Nachbarn begründen.

 

Im vorliegenden Fall liegt eine solche für die Einleitung eines Verfahrens nach
§ 79 GewO 1994 erforderliche rechtskräftige gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Gastgewerbebetriebsanlage durch die Aufstellung einer Musikanlage (auf die sich der Antrag der Berufungswerber bezieht und welche zweifelsfrei eine genehmigungspflichtige Änderung i.S.d. § 81 darstellt) nicht vor; insofern ist den Berufungswerbern zuzustimmen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat kann nämlich diesbezüglich den Ausführungen der belangten Behörde, die Musikanlage sei auf Grund des Umstandes der Abwicklung zweier Verfahren auf der Rechtsgrundlage des § 79 GewO 1994 (jeweils Vorschreibung eines Lärmbegrenzers) als genehmigter Bestand anzusehen, nicht folgen:

 

Beurteilungsgrundlage für die Frage, ob für einen bestimmten Anlagenteil eine gewerbebehördliche Genehmigung vorliegt, ist ausschließlich der jeweilige Genehmigungsbescheid samt den dem Bescheid zu Grunde gelegten Projektsunterlagen und Verhandlungsschriften. Nach dieser Beurteilungsgrundlage ist jedoch - wie oben in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegeben - die gegenständliche Musikanlage nicht Umfang der vorliegenden Genehmigung für die gastgewerbliche Betriebsanlage.

 

Gerade das führt aber dazu, dass für die belangte Behörde ein Vorgehen nach
§ 79 GewO 1994 rechtmäßiger Weise nicht möglich ist und damit auch die Prozessvoraussetzung für die Berufungswerber fehlt.

Der Umstand allein, dass die genehmigte Betriebsanlage nicht konsensgemäß betrieben wird, rechtfertigt nämlich nicht die Vorschreibung einer anderen oder zusätzlichen Auflage mit dem alleinigen Ziel, den konsensgemäßen Betrieb zu gewährleisten (VwGH 28.10.1997, 97/04/0084).

In die gleiche Richtung geht das VwGH-Erkenntnis vom 17.4.1998, 96/04/0269, wonach § 79 Abs.1 leg.cit. keine Grundlage bietet, eine vom Genehmigungsbescheid abweichende (in diesem nicht erfasste) Betriebsweise durch Vorschreibung zusätzlicher Auflagen zu regeln; vielmehr ist eine entsprechende Änderung der Betriebsweise nach Maßgabe des § 81 genehmigungspflichtig.

 

Aus den vorgenannten Sach- und Rechtsgründen konnte sohin den Berufungsanträgen nicht stattgegeben werden. Es wird aber Aufgabe der Behörde sein, dafür Sorge zu tragen, dass im Sinne dieser Ausführungen der konsensgemäße Zustand hergestellt wird. In diesem Zusammenhang wird auch auf die Bestimmungen der §§ 81 und 360 GewO 1994 hingewiesen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

Beschlagwortung: Nachträgliche Auflagen

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