Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530435/23/Bm/Pe/Ga

Linz, 04.07.2006

 

 

 

VwSen-530435/23/Bm/Pe/Ga Linz, am 4. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn R O, S, S, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.2.006, Ge20-31-134-01-2006, mit dem über Ansuchen des Herrn R O die gewerbebehördliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Diskothek im E R am Standort R, B, Grundstücke Nr. und , KG  U, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden ist, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 16.2.2006, Ge20-31-134-01-2006, insofern geändert, als der unter Spruchpunkt I., Anlagenbeschreibung, enthaltene Unterpunkt " Betriebszeiten" zu lauten hat:

" Betriebszeiten: täglich von 18.00 Uhr bis 06.00 Uhr

Anlieferung über den westseitigen Lieferanteneingang:

Montag bis Samstag von 06.00 Uhr bis 20.00 Uhr"

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm § 67a Abs.1 und § 58 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 18.11.2005 hat Herr R O um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Tanzlokals (Diskothek) im E R am Standort R, B, angesucht.

 

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde diesem Ansuchen grundsätzlich Folge gegeben; in der unter Spruchpunkt I. enthaltenen Anlagenbeschreibung wurden die Betriebszeiten mit täglich von 18.00 Uhr bis 4.00 Uhr festgelegt.

 

2. Lediglich gegen diese Betriebszeitfestlegung richtet sich die fristgerecht bei der belangten Behörde eingelangte Berufung des Konsenswerbers und wird diese im Wesentlichen damit begründet, dass zur Realisierung des Standortes es aus wirtschaftlichen Gründen unbedingt nötig sei, die Betriebszeiten auf 6.00 Uhr auszudehnen, da sich das Ausgehverhalten in den letzten Jahren extrem verändert habe. Aufgrund der Einzellage des geplanten Diskothekengebäudes würde bei einer Sperrstundenverlängerung bis 6.00 Uhr weder die Sicherheit noch die Flüssigkeit des Verkehrs beeinträchtigt werden.

 

3. Die belangte Behörde hat die Berufung gemeinsam mit dem bezughabenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde ohne Widerspruch gemäß § 67h Abs.1 AVG zur Entscheidung vorgelegt. Eine Stellungnahme der belangten Behörde zu dem Berufungsvorbringen wurde nicht abgegeben.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie durch Einholung eines ergänzenden lärmtechnischen sowie eines ergänzenden medizinischen Gutachtens.

 

In dem ergänzenden lärmtechnischen Gutachten vom 24.5.2006 kommt der Amtssachverständige zum Ergebnis, dass ausgehend von einem Beurteilungspegel LA,r = 38 dB es im Bereich der ungünstigst gelegenen Anrainerfenster zu keiner aus schalltechnischer Sicht relevanten Veränderung der örtlichen Ist-Situationsverhältnisse kommt. Die Anhebung der angeführten Schall-Ist-Situation zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr liegt im Zehntel-dB-Bereich im Ausmaß von < 1 dB. Hinsichtlich der Auswirkungen durch Spitzenpegel verursacht durch Autotürenschließen, Abfahrten, sowie durch laute Personengespräche ist zwischen einer Betriebszeit bis 4.00 Uhr und bis 6.00 Uhr keine wesentliche Veränderung gegeben, weil im Zuge der Schall-Ist-Situationserhebung in den Zeiträumen 2.00 Uhr bis 4.00 Uhr und 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr annähernd vergleichbare Spitzenpegel messtechnisch ermittelt wurden.

Aufbauend auf diesem lärmtechnischen Gutachten wurde von der medizinischen Amtssachverständigen festgestellt, dass davon auszugehen ist, dass bei einer Genehmigung der Betriebszeit bis 6.00 Uhr es zu keiner unzumutbaren Belästigung für die Nachbarn kommt.

 

Diese im Berufungsverfahren ergänzend eingeholten Gutachten wurden dem Berufungswerber sowie den bereits im erstinstanzlichen Verfahren beteiligten Nachbarn im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht. Eine Stellungnahme hiezu ist lediglich von der A & H K- und B Ges.m.b.H. mit dem Inhalt erfolgt, dass gegen die Betriebszeitverlängerung kein Einwand erhoben werde.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 77 Abs.1 leg.cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen, die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

Aus der Bestimmung des § 77 Abs.1 GewO 1994 folgt, dass der Konsenswerber einen Rechtsanspruch auf Genehmigung der Betriebsanlage hat, wenn bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen zu erwarten ist, dass die in dieser Gesetzesstelle bezeichneten Immissionen nicht eintreten.

 

Aus dem von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahren sowie aus den ergänzend eingeholten lärmtechnischen und medizinischen Gutachten geht eindeutig hervor, dass durch eine Betriebszeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr eine unzumutbare Belästigung bzw. Gefährdung der Nachbarn jedenfalls nicht anzunehmen ist.

 

Die Erstbehörde stützt die Einschränkung der Betriebszeit auf 4.00 Uhr auf § 74 Abs.2 Z4 GewO 1994, sohin auf eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichen Verkehr und begründet dies auf die allgemein bekannte Tatsache, dass in der Zeit zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr infolge Ermüdungs- und Übernächtigungserscheinungen ein vermehrtes Unfallaufkommen zu registrieren sei.

Solche allgemein bekannten Tatsachen können jedoch nicht zum Anlass einer Einschränkung einer vom Konsenswerber beantragten Betriebszeit genommen werden.

 

Das Betriebsanlagengenehmigungsverfahren stellt ein Projektsverfahren dar und hat die Behörde im Verfahren festzustellen, ob für das konkrete Projekt die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 77 leg.cit. vorliegen. Zur Beurteilung des hiefür relevanten Sachverhaltes hat sich die Behörde entsprechender Sachverständiger zu bedienen, auf deren Grundlage die Behörde festzustellen hat, ob Gefährdungen, Belästigungen oder Beeinträchtigungen ausgehend von dem beantragten Vorhaben zu erwarten sind.

 

Bei dem von der belangten Behörde herangezogenen Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, der sich an normativen Inhalten - hier dem Regelungsbereich der GewO - zu orientieren hat. Daraus folgt, da im Regelungsbereich der GewO nicht etwa Verkehrsvorgänge als solche zu regeln sind, dass die Frage der Erfüllung dieses Tatbestandsmerkmales unter Bedachtnahme auf die konkreten Gegebenheiten der Betriebsanlage sowie auf die damit im örtlichen Zusammenhang vorgefundenen, den Verkehrsablauf bestimmenden Umstände zu beantworten ist. Dass der Verkehrsablauf im Zusammenhang mit dem beantragten Vorhaben in der Zeit zwischen 4.00 Uhr und 6.00 Uhr wesentlich beeinträchtigt wird, wurde im Ermittlungsverfahren nicht festgestellt; auf allgemein bekannte Tatsachen bzw. Erfahrungen ist wie oben bereits ausgeführt nicht abzustellen.

 

Da sohin die Voraussetzungen für eine genehmigte Betriebszeit von 18.00 Uhr bis 6.00 Uhr vorliegen, war spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass die Bestimmungen der Oö. Sperrzeiten-Verordnung hievon unberührt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

Mag. B i s m a i e r

 

 

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