Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530464/5/Re/Sta VwSen530465/2/Re/Sta VwSen530466/3/Re/Sta

Linz, 22.05.2006

 

 

 

VwSen-530464/5/Re/Sta

VwSen-530465/2/Re/Sta

VwSen-530466/3/Re/Sta Linz, am 22. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufungen von H. und G. N., Leitenweg 36, 41 K., J. und Christine N. sowie Sonja N., alle L., 41 K., vom 25. März 2006 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7. März 2006, Zl. Ge20-528-2005, betreffend die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 77 GewO 1994 für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle samt Nebeneinrichtungen in K., zu Recht erkannt:

 

Den Berufungen wird keine Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 7. März 2006, Ge20-528-2005, wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1, 67d und 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 77 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem bekämpften Bescheid vom
7. März 2006, Ge20-528-2005, über Antrag des F. L., Puchenau, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle mit Shop und Nebenanlage im Standort K., R., Parz. Nr. 11 und 11 der KG. K. unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erteilt. Dies nach einer in der Bescheidbegründung dargelegten Wiedergabe einer allgemeinen Betriebsbeschreibung im Wesentlichen mit der Begründung, das durchgeführte Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass bei Einhaltung der im Spruch vorgeschriebenen Auflagen für die Anlage Gefährdungen vermieden sowie Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen auf ein zumutbares Maß beschränkt und Abfälle entsprechend vermieden, verwertet bzw. entsorgt würden, weshalb die beantragte Bewilligung zu erteilen gewesen sei. Zu den von den Anrainern im Ermittlungsverfahren eingebrachten Einwendungen wurde im Rahmen der Begründung festgestellt, dass in Bezug auf Staub- und Geruchsbelästigungen auf Grund der eingeholten Sachverständigengutachten davon auszugehen sei, dass mit keiner massiven Exposition der nächstgelegenen Nachbarn durch Verkehrsabgase zu rechnen sei. Es sei von keiner Grenzwertüberschreitung auszugehen und könne davon ausgegangen werden, dass keine unzumutbaren Belästigungen durch Staub und Geruch auftreten würden. Auch eine Gefährdung der Gesundheit könne im festgestellten Konzentrationsbereich ausgeschlossen werden. Als Maßstab für die Zumutbarkeit der Belästigung von Nachbarn sei auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen abzustellen. Eine spezielle Einzelerkrankung sei nicht als Beurteilungsmaßstab heranzuziehen. Darüber hinaus sei auch vom Amtssachverständigen festgestellt worden, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb einer Tankstelle und dem Krankheitsverlauf von Neurodermitis nicht abgeleitet werden könne. Weiters ergäbe sich auf Grund der Lärmschutzwand rechnerisch keine Erhöhung der Lärm-Ist-Situation, sodass auch diesbezüglich keine erheblichen Belästigungen der nächstgelegenen Anrainer zu erwarten seien. Betreffend Beschattung wurde ausgeführt, das Grundstück des N. J. liege erhöht über dem Niveau des projektierten Standortes bzw. der Fahrstraßen, zum Grundstück L. bestehe somit eine Böschung. Auf Grund der erhöhten Lage und der Entfernung des Wohnhauses zur Grundstücksgrenze erscheine es ausgeschlossen, dass durch die Lärmschutzwand eine über das zumutbare Maß hinausgehende Beschattung des Wohnhauses N. erfolge. Das Vorbringen des eventuellen Absterbens der Böschungsbepflanzung stelle eine zivilrechtliche Einwendung dar. Laut hydrogeologischem Gutachten liege die geplante Tankstelle nicht im Hochwasserbereich HQ30 des F.es.

 

Gegen diesen Bescheid haben die Nachbarn H. und G. N., Leitenweg 36, 41 K., J. und Christine N. sowie Sonja N., alle L., 41 K., mit Eingabe vom 25. März 2006, somit innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, das projektsgegenständliche Tankstellenareal werde entgegen der Auffassung der belangten Behörde beinahe regelmäßig überschwemmt. Die Behörde messe einem Gutachten, welches lediglich auf Grund rechnerischer Daten erstellt worden sei, mehr Bedeutung bei als einem zur Verfügung gestellten Lichtbild, welches die tatsächliche Situation wiedergebe und das Gutachten widerlege. Durch Überschwemmungen könnten Verunreinigungen des F.es verursacht werden. Nicht nachvollziehbar sei, dass einer bestehenden Erkrankung von Nachbarn nicht Rechnung getragen werde. Es könne nicht nachempfunden werden, dass die Gesundheit derer, die bereits seit Jahren ansässig seien, durch ein derartiges Projekt leiden sollen, nur weil deren Gesundheitszustand nicht dem eines durchschnittlichen Erwachsenen bzw. Kindes entspreche. Ergänzend führen die Berufungswerber J., C. und S. N. aus, dass die Errichtung der geplanten Lärmschutzwand entlang der Grundgrenze unzumutbar sei, dies, obwohl zwar richtigerweise das Grundstück über dem Niveau des geplanten Projektes liege, dennoch aber die Lärmschutzwand die Böschung überragen und so das Grundstück beschatten würde. In Bezug auf Belichtung wird vorgetragen, dass zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes hinreichend Licht auch für die im Untergeschoss gelegenen Räume vorhanden gewesen sei. Die Errichtung einer Mauer entlang der Grundgrenze sei zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar gewesen, die bestehende Lebenssituation könnte wegen eines neuen Projektes nicht auf den Kopf gestellt werden müssen. Durch Zerstörung von Bäumen und Sträuchern auf der Böschung zum Grundstück des Antragstellers werde in das Eigentum der Berufungswerber eingegriffen. Dass der Eingriff zunächst abgewartet werden müsse und auf den Zivilrechtsweg lediglich mit finanziellem Ersatz das Auslangen zu finden sei, stelle einen Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum dar. Beantragt werde die Aufhebung des Bescheides bzw. die Nichterteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung.

 

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-528-2005.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

 

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist eine Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

 

 

Gemäß § 353 Abs.1 GewO 1994 sind dem Ansuchen um Genehmigung einer Betriebsanlage folgende Unterlagen anzuschließen:

  1. in vierfacher Ausfertigung

  1. eine Betriebsbeschreibung einschließlich eines Verzeichnisses der Maschinen und sonstigen Betriebseinrichtungen,
  2. die erforderlichen Pläne und Skizzen,
  3. ein Abfallwirtschaftskonzept; dieses hat zu enthalten:

    1. Angaben über die Branchen und den Zweck der Anlage,
    2. eine verfahrensbezogene Darstellung des Betriebes,
    3. eine abfallrelevante Darstellung des Betriebes,
    4. organisatorische Vorkehrungen zur Einhaltung abfallwirtschaftlicher Rechtsvorschriften und
    5. eine Abschätzung der zukünftigen Entwicklung.

 

Gemäß § 356 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung
(§ 42 AVG) durch Anschlag in der Gemeinde (§ 41 AVG) und durch Anschlag in den der Betriebsanlage unmittelbar benachbarten Häusern bekannt zu geben. Die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden. Statt durch Hausanschlag kann die Bekanntgabe aus Gründen der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit durch persönliche Verständigung der Nachbarn erfolgen. Der Eigentümer des Betriebsgrundstückes und die Eigentümer der an dieses Grundstück unmittelbar angrenzenden Grundstücke sind persönlich zu laden.

 

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG i.d.g.F. hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt ; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar .

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

 

Eingeleitet wurde das gegenständliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren mit Antrag des F. L. vom 14. Oktober 2005 und Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Tankstelle im Standort K.. Nach Durchführung von einleitenden Ermittlungsschritten der belangten Behörde durch Überprüfung der eingereichten Projektsunterlagen hat diese mit Kundmachung vom 17. November 2005 eine mündliche Verhandlung für den 19. Dezember 2005 anberaumt und an diesem Tage durchgeführt.

 

An dieser mündlichen Verhandlung haben sämtliche Berufungswerber teilgenommen und im Rahmen dieser nachstehende Stellungnahme abgegeben:

 

"Wir weisen darauf hin, dass nach unserer Auffassung die Lärmbelästigung durch den beantragten Betrieb von 0.00 Uhr bis 24.00 Uhr für betriebseigene Fahrzeuge sowie von 05.00 Uhr bis 22.00 Uhr als öffentliche Tankstelle mit Buffetbetrieb, sieben Tage in der Woche, unzumutbar ist. Weiters wenden wir unzumutbare Staub- und Geruchsbelästigung durch die gegenständliche Tankstelle ein. Wir befürchten daher Gesundheitsgefährdungen durch die Abgase und Dämpfe der Anlage und der an- und abfahrenden Fahrzeuge, insbesondere beim Starten.

Darüber hinaus weisen wird darauf hin, dass nach unserer Erfahrung der angrenzende Bach nahezu jährlich über die Ufer tritt und das gegenständliche Areal überschwemmt. Ausdrücklich wird festgehalten, dass nach Angabe des Projektswerbers die Wasserzuführung ausschließlich über die Ortswasserleitung erfolgt."

 

Ergänzend zu diesem Vorbringen haben die Berufungswerber H. und G. N., vertreten durch Mag. Daniela N., ergänzend vorgebracht:

"Weiters befürchten wir Gesundheitsbeeinträchtigungen durch Fahrzeugabgase, insbesondere beim Starten. Diese Gefährdung befürchten wir speziell für unser Kind, das an Neurodermitis erkrankt ist und daher erhöht durch Reizungen der Haut gefährdet ist, was wiederum zu schulischen/beruflichen Leistungsabfall des derzeitigen HAK-Schülers führt."

 

Bereits im Rahmen des umfangreich durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens, insbesondere auch im Rahmen der durchgeführten Augenscheinsverhandlung mit sämtlichen Berufungswerbern wurden dem Verfahren einschlägige Amtssachverständige beigezogen und haben zunächst in Bezug auf die von den Anrainern vorgebrachten Bedenken wegen Lärmbelästigungen bzw. Gefährdung durch Luftschadstoffe Gutachten abgegeben. Aufbauend auf die technischen Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen hat der medizinische Amtssachverständige in seinem Gutachten vom 23. Dezember 2005 festgestellt, dass in Bezug auf Lärm unter Berücksichtigung der geplanten Lärmschutzwand sich rechnerisch keine Erhöhung der Ist-Situation durch den Betrieb der Tankstelle ergibt. Unter der Voraussetzung, dass die vorgesehenen Schallschutzmaßnahmen vorgeschrieben werden, sei daher bei projektsgemäßem Betrieb und einer Betriebszeit von 6.00 Uhr bis 22.00 Uhr mit einer erheblichen Belästigung der nächstgelegenen Anrainer durch Störlärm nicht zu rechnen. In Bezug auf Luftschadstoffe und Geruch stellt er fest, dass für das Projekt die Immissionsprognose für die Ausbreitung von Verkehrsabgasen oder verdampfenden Kraftstoffen vorliege, jedoch bekannt sei, dass die wirkungsbezogenen Immissionsgrenzwerte des Immissionsschutzgesetzes Luft bei Anrainern im Nahbereich von Tankstellen üblicherweise weit unterschritten werden. In Bezug auf die von den Nachbarn H. und G. N. vorgebrachten Bedenken betreffend Gesundheitsbeeinträchtigung eines an Neurodermitis erkrankten Kindes stellt der medizinische Amtssachverständige fest, dass in Bezug auf die Ursachen der Krankheit Neurodermitis neben genetischen, familiären- und ernährungsbedingten Faktoren unspezifische Reize, wie Austrocknung der Haut durch Detergenzien, Kosmetika, Einflüsse durch die Bekleidung, Pollenflug sowie Hausstaubmilben etc. diskutiert werden. Eine unmittelbare kausale Auswirkung von Verkehrsabgasen auf den Krankheitsverlauf der Neurodermitis lasse sich jedoch nicht ableiten. Er verweist auf die Vergleichswerte von Tankstellenprojekten, wobei üblicherweise die Grenzwerte des IG-Luft in Bezug auf Immissionskonzentrationen an Verkehrsabgasen weit unterschritten würden, daher durch den Betrieb der Tankstelle im Bereich der im Gegenstand nächstgelegenen Nachbarn nicht mit einer massiven Explosion gegenüber Verkehrsabgasen zu rechnen sei.

 

Wenn von den Berufungswerbern in ihrer Berufung diese Beurteilung des an Neurodermitis erkrankten Kindes angesprochen wird, so ist diesbezüglich die von der belangten Behörde durchgeführte Beurteilung insofern zu konkretisieren, als eine solche - nämlich in Bezug auf das gesunde, normal empfindende Kind und den gesunden, normal empfindenden Erwachsenen - bei der Beurteilung des Vorliegens von Gefährdungen nicht auf diese Art vorzunehmen ist.

Gemäß § 77 Abs.2 GewO 1994 ist die Zumutbarkeit von Belästigungen der Nachbarn im Sinne des § 74 Abs.2 Z2 danach zu beurteilen, wie sich die durch die Betriebsanlage verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsen auswirken. Anders jedoch bei einer zu prüfenden, jedenfalls zu vermeidenden Gefährdung der Gesundheit, wobei hier nicht auf den Maßstab eines gesunden, normal empfindenden Kindes oder Erwachsenen - wie bei der Beurteilung der Belästigung von Nachbarn - abzustellen ist, sondern - mangels entsprechender ausdrücklicher Gesetzgebung - nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vielmehr von einer dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden, objektiven Gegebenheiten Rechnung tragenden Durchschnittsbetrachtung auszugehen ist (VwGH 31.3.1992, 91/04/0306). Obwohl auch nach dieser Judikatur von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung die Rede ist, wurde zu diesem Beweisthema vom beigezogenen medizinischen Amtssachverständigen auch zum - subjektiv vorgebrachten Krankheitsfall Neurodermitis - Stellung genommen und hat dieser in seiner, oben wiedergegebenen gutächtlichen Äußerung eindeutig festgestellt, dass sich eine unmittelbare kausale Auswirkung von Verkehrsabgasen auf den Krankheitsverlauf der vorgebrachten Neurodermitis nicht ableiten lasse.

 

In der Berufung wird weiters die auch im Zuge des erstinstanzlichen Verfahrens wiederholt vorgebrachte Hochwasserthematik in Bezug auf den F. angesprochen. Diesbezüglich ist zunächst auf die Bestimmung des § 356b GewO 1994 zu verweisen.

Gemäß § 356b Abs.1 leg.cit. entfallen bei nach diesem Bundesgesetz genehmigungspflichtigen Betriebsanlagen, zu deren Errichtung, Betrieb oder Änderung auch nach anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes eine Genehmigung (Bewilligung) zum Schutz vor Auswirkungen der Anlage oder zum Schutz des Erscheinungsbildes der Anlage erforderlich ist, soweit in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt wird, gesonderte Genehmigungen (Bewilligungen) nach diesen anderen Verwaltungsvorschriften, es sind aber deren materiellrechtliche Genehmigungs-(Bewilligungs-)Regelungen bei Erteilung der Genehmigung anzuwenden. Dem Verfahren sind Sachverständige für die von den anderen Verwaltungsvorschriften erfassten Gebiete beizuziehen. Die Betriebsanlagengenehmigung bzw. Betriebsanlagenänderungsgenehmigung gilt auch als entsprechende Genehmigung (Bewilligung) nach den anderen Verwaltungsvorschriften des Bundes.

 

Demnach ist es Aufgabe der Gewerbebehörde, bestimmte, nämlich die unter den Ziffern 1. bis 5. dieser Gesetzesbestimmung aufgezählten wasserrechtlichen Tatbestände materiell mitzubeurteilen und gilt die erteilte gewerbebehördliche Genehmigung diesbezüglich auch als eine allenfalls erforderliche wasserrechtliche Bewilligung. Die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung von Bauwerken im Hochwasserabflussbereich ist jedoch in dieser Konzentrationsbestimmung nicht erfasst. Die Gewerbebehörde hat daher keine Möglichkeit, ein Bauvorhaben allein aus dem Grund, als es in einem Hochwasserabflussbereich errichtet wird, abzulehnen. Vielmehr ist für diesen Fall die Wasserrechtsbehörde zuständig und hat diese zu prüfen, ob sich das Bauvorhaben tatsächlich in einem hochwassergefährdeten Gebiet befindet und ob hiefür eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist. Sollte dies der Fall sein, ist es Aufgabe des Projektsbetreibers, um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung anzusuchen. Das gewerbliche Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach §§ 74 und 77 GewO 1994 wird hievon jedoch nicht berührt. Darüber hinaus ist festzustellen, dass die belangte Behörde auf Grund der Einwendungen der Nachbarn ohnedies eine gutachtliche Äußerung eines Hydrogeologen eingeholt hat, wonach die geplante Tankstelle nicht im HQ30-Bereich des F. liege. Dies, weil der F. im unmittelbaren Bereich ein sehr leistungsfähiges "ausgebautes" Abflussprofil aufweise, welches in der Lage sei, ein HQ30 von 8,5 m3/s, bordvoll, allenfalls mit geringen Ausuferungen, abzuleiten. Der beigezogene Amtssachverständige hat auch zu den von den Anrainern vorgelegten Fotos schlüssig begründet bemerkt, dass die dort sichtbaren Überflutungen nicht durch ein Überlaufen des F. verursacht worden seien, sondern Überflutungen auf Grund eines kurzen Starkregenereignisses darstellen würden. Insgesamt wird diesbezüglich jedoch auf die oben dargelegten Rechtsausführungen verwiesen.

 

 

Soweit von den Berufungswerbern darüber hinaus vorgebracht wird, durch die Lärmschutzwand werde die Böschung überragt, das Grundstück beschattet, dadurch Bäume und Sträucher zerstört und ausreichende Belichtung für das Gebäude verhindert, ist zunächst auf die von den Berufungswerbern, welche unter Hinweis auf die Präklusionsbestimmungen des § 42 AVG zur mündlichen Verhandlung geladen worden sind, abgegebene Stellungnahme im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung am 19. Dezember 2005 zu verweisen. Darin werden ausschließlich die subjektiv-öffentlichen Rechte betreffend Belästigung bzw. gesundheitliche Gefährdung durch Lärm, Staub und Geruch bzw. Abgase und Dämpfe von Fahrzeugen angesprochen und auf die Überschwemmungsgefahr des angrenzenden Baches verwiesen. Ausdrücklich angesprochen wurde dabei auch die Gesundheitsbeeinträchtigung durch Fahrzeugabgase, insbesondere in Bezug auf ein an Neurodermitis erkranktes Kind. Einwendungen in Bezug auf Beschattung bzw. Verminderung des Lichteinfalles wurden daher weder vor der mündlichen Verhandlung schriftlich bei der Behörde noch während der mündlichen Verhandlung bis zum Ende dieser vorgebracht, weshalb dieses Berufungsvorbringen, soweit es subjektiv-öffentliche Rechte betrifft, schon auf Grund eingetretener Präklusion nicht mehr zulässig war.

 

Unabhängig davon ist darüber hinaus darauf hinzuweisen, dass die Erstbehörde aber auch fachlich in der Bescheidbegründung hiezu Stellung bezogen hat. Aus Sicht des erkennenden Mitgliedes des Verwaltungssenates ist dem ergänzend hinzuzufügen, dass die Lärmschutzwand an der Grundstücksgrenze zwischen den Betriebsgrundstücken 11 und 11 einerseits sowie dem Grundstück der Berufungswerber J., C. und S. N., Parz. Nr. 10 andererseits verläuft. Laut vorliegendem Einreichplan befindet sich das Wohnhaus der genannten Berufungswerber von der Grundgrenze in einer Entfernung von etwa 10 m und ist darüber hinaus aktenkundig, dass sich zwischen den Grundstücken der Berufungswerber und des Konsenswerbers eine Böschung mit Neigung in Richtung Betriebsgrundstück befindet und die Lärmschutzwand am Fuße dieser Böschung zu errichten geplant ist. Schließlich ist auffallend, dass sich diese Grundstücksgrenze annähernd direkt in Nord - Süd - Richtung erstreckt und zwar mit lediglich leichter Abweichung in Richtung Nordwest bzw. Südost. Schon aus diesen Gründen ist es absolut auszuschließen und wird offenbar aus diesem Grunde in den Vorbringen der Berufungswerber auch lediglich behauptet und in keiner Weise schlüssig begründet oder dargelegt - dass durch die Beschattungswirkung der Lärmschutzwand eine Bepflanzung zerstört bzw. die Belichtung des Hauses in drastischer Weise geschmälert werde. Durch die Lage des Wohnhauses und die Ausrichtung der Lärmschutzwand ist zumindest den gesamten Vormittag über Mittag bis in die frühen Nachmittagsstunden von direkter Sonneneinstrahlung auf das gesamte Grundstück der Berufungswerber auszugehen, was von vornherein ein Absterben von der angeführten Böschungsbepflanzung wie Bäume und Sträucher durch Beschattung unmöglich macht. Gleiches gilt auch für den Lichteinfall zum Wohnhaus und ist nicht nachvollziehbar, wie eine Lärmschutzwand in der Höhe von lediglich 2,5 m in der dargestellten Form geeignet sein soll, ein in 10 m Entfernung befindliches Objekt in unzumutbarer Weise zu beschatten bzw. zu verdunkeln. Ergänzend für Bepflanzung und Wohnhausbeschattung ist dem hinzuzufügen, dass die 2,5 m nicht vollständig zur Wirkung gelangen, da die Lärmschutzwand, wie auch von den Berufungswerbern selbst angeführt, am Böschungsfuß zur Errichtung gelangen soll. Auf Grund der Offenkundigkeit dieser Feststellungen sowie der oben dargelegten Präklusionswirkungen war ein Sachverständigenbeweis hiezu nicht mehr erforderlich.

 

Soweit von den Berufungswerbern abschließend ein Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum gesehen wird, weil die belangte Behörde die vorgebrachte drohende Zerstörung von Bäumen und Sträuchern auf der Böschung durch übermäßige Beschattung auf den Zivilrechtsweg verwiesen hat, so ist grundsätzlich auf § 357 GewO 1994 zu verweisen, wonach eben privatrechtliche Einwendungen gegen die Anlage, soweit sie nicht im Rahmen des Verfahrens zu einer Einigung gebracht werden, auf den Zivilrechtsweg zu verweisen sind. Eine derartige Verweisung auf den Zivilrechtsweg ist nicht mit einer Zurückweisung einer Einwendung identisch (VwGH 20.10.1976, 137/71). Privatrechtliche Einwendungen, wie zB die Forderung von Schadenersatz, die Behauptung einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums sind jedoch tatsächlich gemäß § 357 GewO 1994 auf den Zivilrechtsweg zu verweisen. Soweit die gegenständliche Einwendung der Beschattung der bepflanzten Böschung durch die Lärmschutzwand jedoch über ihre privatrechtlichen hinausgehend auch subjektiv öffentlich rechtliche Inhalte zukommt, ist diesbezüglich auf die oben bereits dargelegten Ausführungen in Bezug auf Beschattung zu verweisen.

 

Insgesamt konnte somit die Berufung dem bekämpften Bescheid nicht mit Erfolg entgegentreten und war daher auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

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