Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530486/2/Re/RSt

Linz, 29.06.2006

 

VwSen-530486/2/Re/RSt Linz, am 29. Juni 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des Ing. Mag. G H, G, H, vom 8. Juni 2006, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. Mai 2006, Zl. Ge20-234-2005, betreffend die Erteilung gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung einer bestehenden Betriebsanlage gemäß § 81 GewO 1994, Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird als unzulässig zurückgewiesen und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 24. Mai 2006, Zl. Ge20-234-2005, wird bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4, 67a Abs.1 u. 42 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 74, 81 u. 356 der Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit dem Bescheid vom 24. Mai 2006, Zl. Ge20-234-2005, über Ansuchen der M H GesmbH, S, die Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der bestehenden und gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage durch Errichtung und Betrieb einer Holztrocknungsanlage auf Grst. Nr. der KG K in der Gemeinde L unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Dies nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens, der Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung von Amtssachverständigen im Wesentlichen mit der Begründung, unter Berücksichtigung der Gutachten des gewerbetechnischen und des verkehrstechnischen Amtssachverständigen würden bei Einhaltung der im Spruch enthaltenen Auflagen durch die Änderung der gegenständlichen Betriebsanlage eine Gefährdung iSd § 74 Abs.2 Zi.1 GewO 1994 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen iSd § 74 Abs.2 Zi.2 bis 5 leg.cit. auf ein zumutbares Maß beschränkt werden bzw. sei eine wesentliche Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs auf der U durch das zusätzliche Verkehrsaufkommen nicht zu erwarten, weshalb die gewerberechtliche Genehmigung für die neue Holztrocknungsanlage erteilt werden konnte. Bei Einhaltung der Auflagen würde der Grundgeräuschpegel bei den Nachbarwohnhäusern nicht erhöht, sodass keine Lärmbelästigung zu erwarten sei. Die Einwendung des nunmehrigen Berufungswerbers betreffend die Beeinträchtigung des Verkehrs auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wurde als unzulässige, öffentlich rechtliche Einwendung zurückgewiesen.

 

Gegen diesen Bescheid hat Ing. Mag. G H, G, mit Schriftsatz vom 8.6.2006, eingebracht per Telefax am 9. Juni 2006 innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es sei richtig, dass die Straße schon bestanden habe, bevor es Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau gab, es sei jedoch nicht berücksichtigt worden, dass es damals den gegenständlichen Gewerbebetrieb noch nicht gab. Es sei nicht erhoben, ob die befahrenen Flächen auch dem öffentlichen Verkehr gewidmet seien. Das Gutachten sei mangelhaft, da nicht sämtliche Begegnungsmodelle geprüft worden seien. Eine Beurteilung des Begegnungsverkehrs im Winter sei nicht durchgeführt worden. Angebliche Ausweichen würden im Normalfall von Mitarbeitern als Parkplatz genützt und seien nicht dem öffentlichen Verkehr gewidmet. LKW's würden einfach auf der Fahrbahn abgestellt und es komme der Fließverkehr dadurch zum Stillstand. Die Angabe der Antragstellerin über das Verkehrsaufkommen werde angezweifelt, auch wenn diese Angabe ohne Prüfung übernommen worden sei. Der Begegnungsverkehr mit Schwerfahrzeugen funktioniere nur deswegen, als Lenker von Personenkraftwagen auf Privatgrundstücke oder das unbefestigte Bankett ausweichen oder reversieren. Die Verkehrserschließung der Firma M durch die U erfülle nicht die Erfordernisse gemäß § 74 Abs.2 Punkt 4 sondern sei als Gefährdung einzustufen und die Bewilligung von Amts wegen solange zu versagen, bis der Betrieb über eine ausreichende Zufahrt verfüge. Die Zufahrt zu der Liegenschaft seiner Mutter könne nicht sichergestellt werden. Somit fehle eine der Voraussetzungen für die Bewilligung und sei der Bescheid aufzuheben. Fehlerhaft sei in der Verhandlungsschrift die Ordnungsmäßigkeit der Ausschreibung festgestellt worden. Seit 1996 seien Herr J H und Herr Ing. Mag. G H Pächter der Liegenschaft U. Diesen Personen stehe Parteistellung zu. Über das Verfahren betreffend die Änderung durch Errichtung einer Hochtemperaturtrocknungsanlage, wozu er mit Schreiben vom 22. Juni 2005 eine Stellungnahme abgegeben habe, fehle eine Information über die Einstellung des Verfahrens bzw. Erlassung eines Bewilligungsbescheides.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge20-234-2005.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Das gegenständliche Verfahren wurde eingeleitet durch Antrag der M H GesmbH vom 21. November 2005 um Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch die Aufstellung einer neuen Holztrockenkammer (Frischluft- und Ablufttrockner) auf Grst. Nr. . Die belangte Behörde hat nach Durchführung eines Vorprüfungsverfahrens der eingereichten Projektsunterlagen eine mündliche Verhandlung anberaumt und auch die im Verfahren auftretende Anrainerin H H nachweisbar geladen. Im Verfahren wurde die Anrainerin H H durch ihren Sohn, Herrn Ing. Mag. G H, auch Verfasser des nunmehr vorliegenden Berufungsschreibens, vertreten und hat dieser mit Eingabe vom 31. März 2006 auf sein Vollmachtsverhältnis für seine Mutter, H H hingewiesen und vorgebracht, dass aufgrund der Änderung der Anlage eine Erhöhung der Zu- und Abfahrbewegungen von Lastkraftfahrzeugen mit und ohne Anhänger erfolge. Die Verkehrserschließung sei daher zu berücksichtigen. Gemäß § 74 Abs.2 Zi.4 GewO dürfe eine gewerbliche Betriebsanlage oder eine wesentliche Änderung dieser nur dann bewilligt werden, wenn die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht wesentlich beeinträchtigt würde. Da die U in direkter Verbindung zum übergeordneten Straßennetz gar nicht dem Stand der Technik entspräche, somit weder die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehrs sichergestellt sei, würde daher die Zustimmung zum Projekt verweigert. Dieser Punkt sei bereits bei den vorangegangenen Verhandlungen aufgezeigt, von der Behörde jedoch negiert worden. Die belangte Behörde hat am 3. April 2006 die anberaumte mündliche Verhandlung durchgeführt, dieser Verhandlung waren ein gewerbetechnischer Amtssachverständiger, ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Vöcklabruck sowie ein Vertreter der Gemeinde Lengau neben Nachbarn und Antragsteller anwesend. Vom Vertreter der Gemeinde wurde eine Stellungnahme nicht abgegeben, die anwesenden Nachbarn haben sich nach Durchführung des Lokalaugenscheines mit dem Bemerken entfernt, dass bei Vorschreibung der vorgeschlagenen Auflagen gegen die Erteilung der Genehmigung kein Einwand erhoben würde. Festgestellt wurde im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu den Einwendungen der Berufungswerber, dass durch den Betrieb der neuen Holztrocknungsanlage das Verkehrsaufkommen lediglich geringfügig erhöht werde und so lediglich 14tägig mit einem zusätzlichem LKW-Zug zu rechnen sei.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin ein verkehrstechnisches Gutachten von der Abteilung Verkehrstechnik des Amtes der Oö. Landesregierung eingeholt. In diesem Gutachten vom 10. Mai 2006, VT-090145/8605-2006 kommt der Amtssachverständige nach Befundaufnahme, Lokalaugenschein und gutachtlichen Feststellungen zum Schluss, dass bereits die derzeitige Situation, somit das bestehende ursprüngliche relativ geringe Verkehrsaufkommen, insbesondere mit LKW, sowohl zum Betrieb einer dort ebenfalls ansässigen Schlosserei als auch zum gegenständlichen Betrieb, eine Beeinträchtigung des Verkehrs darstelle. Aus der zusätzlich angeführten, einen Fahrt 14tägig mit einem zusätzlichem LKW-Zug lasse sich jedoch eine wesentliche Beeinträchtigung der Leichtigkeit, Sicherheit und Flüssigkeit des bestehenden Verkehrs nicht ableiten.

 

Die Berufungswerberin spricht sich sowohl in ihrer bereits vor der mündlichen Verhandlung eingebrachten schriftlichen Einwendung als auch in ihrer Berufungsschrift gegen die beantragte gewerbebehördliche Änderungsgenehmigung ausschließlich mit der Begründung aus, dass durch Zu- und Abfahrtsverkehr die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nicht gewährleistet sei.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

 

  1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
  2.  

     

  3. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
  4.  

  5. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
  6.  

  7. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
  8.  

  9. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 42 Abs.1 AVG idgF hat eine gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemachte mündliche Verhandlung zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, wenn sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt; § 13 Abs.5 zweiter Satz ist nicht anwendbar.

Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs.1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde. Eine Kundmachungsform ist geeignet, wenn sie sicherstellt, dass ein Beteiligter von der Anberaumung der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

 

Nach der geltenden Rechtslage kommt somit Nachbarn ex lege Parteistellung in den regulären Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage zu und zwar aufgrund des § 8 AVG iVm den, den Nachbarn zustehenden subjektiv öffentlichen Rechten gemäß § 74 Abs.2 Zi.1, 2, 3 oder 5 der Gewerbeordnung. Die ordnungsgemäß kundgemachte mündliche Verhandlung betreffend die Genehmigung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage hat im Sinne der zitierten Rechtsvorschriften gegenüber Nachbarn die Folge, dass sie ihre Parteistellung verlieren, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung zulässige Einwendungen erheben. Durch die Erhebung zulässiger und rechtzeitiger Einwendungen von Nachbarn in Verfahren zur Genehmigung bzw. Genehmigung der Änderung der Betriebsanlage bleibt deren Parteistellung aufrecht. Dies aber nur in dem Rahmen und Umfang, als zulässige und rechtzeitige Einwendungen erwogen wurden. Umgekehrt verlieren die Nachbarn ihre Stellung als Partei, soweit sie nicht zulässige und rechtzeitige Einwendungen erwogen haben.

 

Eine zulässige Einwendung im Sinne des § 42 Abs.1 AVG liegt vor, wenn der Nachbar Verletzungen im subjektiven Recht geltend macht. Dem betreffenden Vorbringen muss jedenfalls entnommen werden können, dass überhaupt die Verletzung eines subjektiven Rechts behauptet wird und ferner, welcher Art dieses Recht ist (VwGH 10.12.1991, 91/04/0229). Die Wahrnehmung anderer als eigener subjektiv öffentlicher Rechte steht den Nachbarn nicht zu.

 

Im gegenständlichen Fall hat die Berufungswerberin zwar rechtzeitige, aber keine zulässigen Einwendungen, bezogen auf die im gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren ihr zustehenden subjektiv- öffentlichen Interessen im Grunde des § 74 Abs.2 Zi.1, 2, 3 oder 5 GewO 1994 vorgebracht. Die Einwendungen im Bezug auf die Beeinträchtigung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des öffentlichen Verkehrs wurden daher von der belangten Behörde zu Recht zurückgewiesen.

 

Mangels zulässiger Einwendungen vor oder während der durchgeführten mündlichen Verhandlung hat die Berufungswerberin daher durch Präkusion ihre Parteistellung im Grunde der zitierten Gesetzesbestimmungen verloren.

 

Mangels aufrechter Parteistellung war die Berufungswerberin somit nicht mehr zulässiger Weise berechtigt, ein Rechtsmittel gegen den ergangenen Genehmigungsbescheid einzubringen, weshalb aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage wie im Spruch zu entscheiden war und der Berufung keine Folge gegeben werden konnte.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 74 Abs. 2 Z.4; Präklusion; § 42 AVG; unzulässige Einwendung öffentlicher Verkehr;

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