Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550024/6/Gf/Km

Linz, 24.11.1999

VwSen-550024/6/Gf/Km Linz, am 24. November 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung der S GmbH, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 29. Oktober 1999, Zl. Gem-535021/2-1999-Sl/Dr, wegen Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Zuge einer Auftragsvergabe durch den Bezirksabfallverband Perg, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 AVG idF 1992; § 6 Abs. 1 AVG idF 1992.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom 29. Oktober 1999, Zl. Gem-535021/2-1999-Sl/Dr, wurde ein Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Rahmen eines Auftragsvergabeverfahrens des Bezirksabfallverbandes Perg als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wurde darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsmittelwerberin den ihr drohenden Schaden entgegen der zwingenden Vorschrift des § 60 Abs. 3 des Oö. Vergabegesetzes, LGBl.Nr. 59/1994, zuletzt geändert durch LGBl.Nr. 34/1997 (im folgenden: OöVergG), in keiner Weise konkretisiert habe, sodass es der Nachprüfungsbehörde nicht möglich gewesen sei, zu überprüfen, ob bzw. welche Maßnahmen zu ergreifen gewesen wären, um die durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen zu beseitigen oder zu verhindern.

1.2. Gegen diesen ihr am 4. November 1999 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, zulässigerweise (vgl. § 63 Abs. 5 AVG in der gemäß § 58 Abs. 3 OöVergG maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. 866/1992, im Folgenden: AVG idF 1992) unmittelbar beim Oö. Verwaltungssenat am 11. November 1999 - und damit rechtzeitig - eingebrachte Berufung.

Darin bringt die Rechtsmittelwerberin im Wesentlichen vor, dass die Schadenshöhe, soweit diese nicht ohnehin bereits aus ihrem Antrag hervorgehe, unschwer durch amtswegige Ermittlungen sowie im Zuge eines Verbesserungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG idF 1992 hätte konkretisiert werden können.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Oö. Landesregierung zu Zl. Gem-535021; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, sich die gegenständliche Berufung lediglich gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und mit dieser ausschließlich die Klärung von Rechtsfragen angestrebt wird, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung i.S.d. § 67d AVG idF 1992 abgesehen werden.

3. Über die gegenständliche Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 58 OöVergG kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem OöVergG unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Über einen solchen Antrag entscheidet die Oö. Landesregierung als Nachprüfungsbehörde; gegen deren Entscheidungen ist die Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zulässig.

Gemäß § 60 Abs. 1 OöVergG kann bei der Nachprüfungsbehörde während der Frist für die Einbringung des Nachprüfungsantrages, spätestens jedoch gleichzeitig mit dem Nachprüfungsantrag ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt werden. Vor erfolgter Zuschlagserteilung ist ein Nachprüfungsantrag nur zulässig, wenn der betreffende Unternehmer den Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung nachweislich unterrichtet und der Auftraggeber nicht innerhalb von zwei Wochen die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt hat (§ 59 Abs. 1 OöVergG); nach Zuschlagserteilung ist der Antrag spätestens sechs Wochen ab dem Zeitpunkt der Kenntnis von der Zuschlagserteilung zu stellen (§ 59 Abs. 2 OöVergG).

3.2. Im gegenständlichen Fall ist zunächst die Frage zu klären, ob die (ohnehin weit gefasste) Formulierung des § 58 Abs. 1 und 2 OöVergG etwa im Hinblick auf den in § 60 Abs. 1 OöVergG enthaltenen, explizit auf "§ 59 Abs. 1" OöVergG eingeschränkten Verweis einerseits oder im Hinblick auf § 60 Abs. 7 OöVergG andererseits, demzufolge einstweilige Verfügungen sofort vollstreckbar sind und nicht abgesondert von der Entscheidung in der Sache selbst bekämpft werden können, auch insoweit ein Beschwerderecht an den Oö. Verwaltungssenat eröffnet.

3.2.1. Nach § 60 Abs. 1 OöVergG hat die Nachprüfungsbehörde im Wege einstweiliger Verfügungen jene vorläufigen Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um die durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Mit einer einstweiligen Verfügung können gemäß § 60 Abs. 2 OöVergG entweder das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Maßnahmen des Auftraggebers bis zur Entscheidung über eine allfällige Aufhebung vorübergehend ausgesetzt werden.

Angesichts dieser unzweideutigen Formulierung wäre die Annahme, aus dem in § 60 Abs. 1 OöVergG enthaltenen Verweis bloß auf den Abs. 1 des § 59 OöVergG ergebe sich eine Einschränkung dahin, dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung als Maßnahme des vorläufigen Rechtsschutzes etwa nur bis zur Zuschlagserteilung begehrt werden könnte - auch im Hinblick auf die aus Art. 2 Abs. 1 lit. a der allgemeinen Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG vom 21. Dezember 1989 resultierende Zielsetzung, dass so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern - offenkundig abwegig, wenn und weil diese Formulierung zwanglos auch dahin ausgelegt werden kann, dass damit nur ein Sonderfall - nämlich jener der Stellung eines Nachprüfungsantrages (und/oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) vor erfolgter Zuschlagserteilung - angesprochen wird, während demgegenüber die allgemeine Regelung mit dem zweiten Halbsatz - nämlich: dass eine einstweilige Verfügung grundsätzlich spätestens gleichzeitig mit dem Nachprüfungsantrag begehrt werden muss - des § 60 Abs. 1 OöVergG erfolgt.

Wird demnach die Zulässigkeit eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung durch den Umstand, ob die Zuschlagserteilung bereits erfolgt ist oder nicht, von vornherein gar nicht tangiert, so kann dieses Kriterium aber auch kein Prozesshindernis für die Frage, ob gegen die Zurückweisung eines derartigen Antrages eine Berufung an den Oö. Verwaltungssenat zulässig ist, bilden.

3.2.2. Gleiches gilt im Ergebnis auch hinsichtlich § 60 Abs. 7 OöVergG: Diese Bestimmung hat nämlich erkennbar nicht den hier maßgeblichen Fall, dass ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen wurde, sondern gerade im Gegenteil jene Konstellation im Auge, dass dieser Antrag im Sinne eines Mitbewerbers positiv entschieden wurde. Das Instrumentarium des vorläufigen Rechtsschutzes verlöre nämlich umgehend wieder seinen Sinn, wenn nicht gesetzlich angeordnet wäre, dass in diesem speziellen Fall die einstweilige Verfügung sofort vollstreckbar ist und der Auftraggeber bzw. jenes Unternehmen, dem der Zuschlag erteilt wurde, ihrerseits Rechtsmittel nicht unmittelbar gegen diese einstweilige Verfügung, sondern erst gegen den das Verfahren in der Sache abschließenden Bescheid erheben können.

3.3. Da auch andere Bestimmungen des OöVergG keine restriktive Handhabung des § 58 Abs. 2 OöVergG dahin, dass eine Berufung gegen einen Bescheid der Nachprüfungsbehörde, mit dem ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als unzulässig zurückgewiesen wird, nicht in die Entscheidungskompetenz des Oö. Verwaltungssenates fallen soll, nahelegen oder gar gebieten, erweist sich die vorliegende Beschwerde sohin aus diesem Blickwinkel heraus jedenfalls als zulässig.

4.1. Gemäß § 60 Abs. 3 OöVergG hat der Antragsteller den Inhalt der von ihm begehrten Verfügung, die Zeit, für welche diese beantragt wird, die behauptete Rechtswidrigkeit und die unmittelbar drohende Schädigung seiner Interessen genau zu bezeichnen und die den Antrag begründenden im Einzelnen wahrheitsgemäß darzulegen.

4.2. Zwar kann dem Schriftsatz der Rechtsmittelwerberin vom 19. Oktober 1999 bei verständiger Würdigung der Antragsbegründung objektiv besehen durchaus entnommen werden, was diese anstrebt, nämlich die Aussetzung des gesamten Vergabeverfahrens bis zur Erlassung einer ihres Erachtens rechtmäßigen Ausschreibung; wenngleich § 60 Abs. 3 OöVergG keine dementsprechend ziffernmäßige Festlegung fordert, fehlte es diesem aber dennoch - wie die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung insoweit zutreffend hervorhebt - zumindest an einer Konkretisierung dahin, inwiefern die subjektive Rechtssphäre der Beschwerdeführerin durch die verfahrensgegenständliche Ausschreibung im Einzelnen tangiert wurde und wodurch ihr ein spezifischer Schaden im Vermögen entstehen könnte.

Hiebei handelt es sich jedoch nicht um einen absoluten inhaltlichen Mangel, der keiner Verbesserung i.S.d. § 13 Abs. 3 AVG 1992 zugänglich wäre. Im Zusammenhang mit der in § 60 Abs. 8 OöVergG statuierten kurzen (Maximal-)Entscheidungsfrist von einer Woche stellt sich diese Bestimmung vielmehr als ein in seinem eigenen Interesse gelegener Auftrag an den Rechtsmittelwerber, der Nachprüfungsbehörde von vornherein möglichst umfassende inhaltliche Entscheidungsgrundlagen zu liefern, dar, um so für sich schnellstmöglich eine positive Entscheidung zu erlangen.

Wird diesem nicht entsprochen, so hat die Behörde - auf Risiko des Antragstellers - diesem einen entsprechenden Verbesserungsauftrag zu erteilen, wobei jedenfalls die Wochenfrist des § 60 Abs. 8 OöVergG zu beachten ist.

Dies hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall jedoch von vornherein unterlassen (und stattdessen bloß eine Stellungnahme des Auftraggebers eingeholt).

Dadurch hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.

4.3. Gleichwohl konnte der Oö. Verwaltungssenat dem Antrag der Berufungswerberin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus folgenden Gründen nicht stattgeben:

Gemäß Art. 129 B-VG sind die unabhängigen Verwaltungssenate - neben dem Verwaltungsgerichtshof - zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der gesamten öffentlichen Verwaltung berufen. Sie sind damit - bloß - als ein Organ der Rechtmäßigkeitskontrolle eingerichtet, dem es folglich schon von Verfassungs wegen verwehrt ist, die Verwaltung - wie eine Verwaltungsbehörde oder an deren Stelle - in erster Instanz zu führen (vgl. grundlegend VfGH v. 26. Juni 1997, G 270/96, 22 = JBl 1998, 102; VwGH vom 26.4.1999, 97/17/0334).

Dass die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 60 OöVergG eine derartige Entscheidung darstellen würde, kommt schon im ersten Satz des ersten Absatzes dieser Bestimmung dadurch zum Ausdruck, dass eben nur "bei der Nachprüfungsbehörde" - d.i. nach § 58 Abs. 2 erster Satz OöVergG die Oö. Landesregierung - der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt werden kann; dies vor dem Hintergrund, dass - bedenkt man, dass über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen nach § 60 Abs. 8 OöVergG "unverzüglich, längstens jedoch binnen einer Woche nach Einlangen" zu entscheiden ist - überhaupt nur die politischen Behörden selbst dazu in der Lage sein können, in dieser kurzen Frist [die aus dem Grunde des Art. 129 B-VG für das Beschwerdeverfahren über eine einen Antrag auf einstweilige Verfügung betreffende Nachprüfungsentscheidung (entgegen der Rechtsauffassung der Berufungswerberin) nicht gilt] die Abwägungsvoraussetzungen des § 60 Abs. 4 OöVergG richtig zu beurteilen (vgl. schon VwSen-550013 v. 22. September 1998).

4.4. Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

Die belangte Behörde ist daher im fortgesetzten Verfahren dazu verhalten, über den gegenständlichen Antrag auf einstweilige Verfügung eine Entscheidung in der Sache zu treffen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr in Höhe von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

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