Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550031/12/Gf/Km

Linz, 15.11.2000

VwSen-550031/12/Gf/Km Linz, am 15. November 2000

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 7. Kammer unter dem Vorsitz von Mag. Gallnbrunner, den Berichter Dr. Grof und den Beisitzer Dr. Konrath über die Berufung der I GmbH, vertreten durch RA Dr. S H, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 1. September 2000, Zl. Fin-090789/2-2000-Für/May, wegen Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und auf Nichtigerklärung einer Zuschlagserteilung im Rahmen einer öffentlichen Auftragsvergabe (mitbeteiligte Partei: Land O, vertreten durch die RAe Dr. E S, Dr. P B u.a.), nach der am 2. November 2000 durchgeführten öffentlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird.

II. Hinsichtlich der Anträge auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Aussetzung des Vergabeverfahrens und auf Feststellung dahin, dass der Zuschlag wegen einer Rechtsverletzung nicht der Bestbieterin erteilt wurde, wird die Berufung hingegen als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 58 Abs. 2 und 3 OöVergG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit einem an verschiedene EDV-Unternehmen - darunter auch an jenes, das die verfahrensgegenständliche Software, deren Vermarktung in Österreich der Beschwerdeführerin zukommt, in der BRD vertreibt - gerichteten Schriftsatz vom 13. Dezember 1999, Zl. PräsI-005002/1415/RZ-1999-Bs/Wd, hat das Land Oberösterreich den Ankauf einer Firmenlizenz für "computer based training" (CBT; s.u., 3.2.), gestützt auf die Ö-Norm A 2050, im Wege eines offenen Verfahrens ausgeschrieben; zusätzlich wurde diese Ausschreibung in der "Amtlichen Linzer Zeitung" und in den "Kammer-Nachrichten" veröffentlicht.

1.2. In der Folge hat sich auch die Rechtsmittelwerberin an diesem Vergabeverfahren beteiligt und war insbesondere bei der Angebotseröffnung am 14. Jänner 2000 durch ihren Geschäftsführer vertreten.

1.3. Mit Schreiben des Landes Oberösterreich vom 10. August 2000, Zl. PräsI-005002/1458-RZ-2000-Bs/Wd, wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt und der Zuschlag einer anderen Bieterin erteilt werden wird; in einem weiteren Schreiben vom 21. August 2000 wurden die für diese Entscheidung maßgeblichen Gründe näher erläutert.

1.4. Mit ihrem noch am selben Tag bei der belangten Behörde mittels Telefax eingebrachten Schriftsatz vom 28. August 2000 stellte die Rechtsmittelwerberin gemäß § 61 des Oö. Vergabegesetzes, LGBl. Nr. 59/1994, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 45/2000 (im Folgenden: OöVergG), einen Antrag auf Nichtigerklärung der in Aussicht genommenen Zuschlagsentscheidung des Landes Oberösterreich sowie nach § 61 OöVergG einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit der die generelle Aussetzung des weiteren Vergabeverfahrens für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens aufgetragen werden möge.

1.5. Am 13. September 2000 wurde der Zuschlag einer anderen Bieterin erteilt.

1.6. Mit Bescheid der Oö. Landesregierung als Nachprüfungsbehörde (§ 58 Abs. 2 OöVergG) vom 26. September 2000, Zl. Fin-090789/2-2000-Für/May, wurden diese Anträge als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wird darin im Wesentlichen ausgeführt, dass der mit ca. 1,5 Mio. S (exkl. USt) geschätzte Auftragswert den in § 3 Abs. 1 OöVergG festgelegten Schwellenwert von 200.000 € (= 2,752.060 S; vgl. Art. 1 der Council Regulation [EC] 2866/98 v. 31.12.1998, ABl. L 359) bei weitem nicht erreiche, daher der gegenständliche Vergabevorgang gemäß § 3 Abs. 1 OöVergG nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes falle und somit eine Nachprüfung durch die Oö. Landesregierung nicht vorgesehen sei.

2. Gegen diesen ihr am 4. September 2000 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 7. September 2000 - und damit rechtzeitig - mittels Telefax bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde.

Neben einer ausführlichen Sachverhaltsdarstellung wird darin im Wesentlichen vorgebracht, dass einerseits die Schätzung des Auftragswertes nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt und andererseits bei der vom Auftraggeber durchgeführten Marktbeobachtung ein gänzlich anderes Leistungsbild als jenes, das der Ausschreibung zugrunde liegt, abgefragt worden sei; dies könne unschwer an dem Umstand nachvollzogen werden, dass letztlich sämtliche abgegebenen Angebote nahezu doppelt so hoch lagen als vom Auftraggeber erwartet. Bei umsichtiger und sachkundiger Schätzung des Auftragswertes wäre daher offenkundig zu Tage getreten, dass dieser über dem Schwellenwert von 200.000 € liegt. Von der sonach gegebenen Anwendbarkeit des OöVergG ausgehend lägen insoweit gravierende Gesetzesverstöße vor, als das Gebot der strikten Trennung von Eignungs- und Zuschlagskriterien sowie der Gewichtung letzterer untereinander nicht beachtet worden sei; außerdem seien die Ausschreibungsunterlagen missverständlich und widersprüchlich formuliert. Davon ausgehend sei der Zuschlag letztlich einer Bieterin erteilt worden, die ein nicht ausschreibungskonformes - nämlich nicht bloß die begehrte Firmenlizenz, sondern auch die technische Wartung über fünf Jahre umfassendes - Angebot gelegt hat. Schließlich sei die Zuschlagserteilung jedenfalls erst nach Ablauf der dafür vorgesehenen Frist, also zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem seitens der Bieter gar keine verbindlichen Angebote mehr vorlagen.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie beantragt, die Zuschlagserteilung als nichtig zu erklären und eine einstweilige Verfügung auf Aussetzung des Vergabeverfahrens zu erlassen bzw. festzustellen, dass der Zuschlag wegen einer Rechtsverletzung nicht der Bestbieterin erteilt wurde.

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Amtes der Oö. Landesregierung zu Zl. Fin-090789-2000 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 2. November 2000, zu der als Parteien Mag. W Ö und RA Dr. St H als Vertreter der Beschwerdeführerin einerseits und Dipl. Ing. H B und RAA Dr. M L für den Landeshauptmann von O als Vertreter des Auftraggebers (Land Oberösterreich) bzw. Dr. J F als Vertreter der belangten Behörde andererseits sowie die Zeugen E B und Dipl. Ing. L A, beide Beamte des Amtes der Oö. Landesregierung, erschienen sind.

3.2. Im Zuge dieser Beweisaufnahme konnte folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt werden:

Etwa Mitte des Jahres 1999 wurde seitens des Rechenzentrums, einer Organisationseinheit des Präsidiums des Amtes der Oö. Landesregierung, in Angriff genommen, die EDV-Schulung der Landesbediensteten in der Weise umzugestalten, dass der bisherige Frontalunterricht (durch EDV-Trainer in kostenintensiven, externen Zentralkursen) weitgehend durch Lernprogramme, die individuell vom jeweiligen PC-Arbeitsplatz aus abrufbar sind, ersetzt wird (sog. "computer based training" - CBT). Mit der faktischen Umsetzung dieser Intention war primär der erste Zeuge befasst, der sich bis zum Ende des Jahres 1999 durch Produktsondierung, Vergleiche mit ähnlichen Institutionen und Kontaktaufnahme mit mehreren EDV-Unternehmen - insbesondere auf Fachmessen und durch das Ausnutzen bereits bestehender Partnerschaften; gelegentlich kam es aber auch zu Nachfragen potenzieller Interessenten aus eigenem Antrieb - einen Marktüberblick verschaffte; dem zweiten Zeugen oblag hingegen vorwiegend die formale Kontrolle der Ausschreibung.

Letztere erfolgte in Anlehnung an die Ö-Norm A 2050 in der Weise, dass ein entsprechender Schriftsatz (vom 13. Dezember 1999, Zl. PräsI-005002/1415-RZ-1999-Bs/Wd - s.o., 1.1.) direkt an 13 verschiedene EDV-Unternehmen - darunter auch an jenes, das die verfahrensgegenständliche Software, deren Vermarktung in Österreich der Beschwerdeführerin zukommt, in der BRD vertreibt - gerichtet wurde. Darin gab das Land Oberösterreich den beabsichtigten Ankauf einer Firmenlizenz für CBT im Wege eines offenen Vergabeverfahrens bekannt. Zusätzlich wurde diese Ausschreibung in der "Amtlichen Linzer Zeitung" sowie in den "Kammer-Nachrichten", einem Publikationsorgan der Wirtschaftskammer Oberösterreich, veröffentlicht.

Diese einerseits personal, andererseits regional sehr eingegrenzte Ausschreibung war nach Ansicht des Auftraggebers deshalb gerechtfertigt, weil die zu vergebende Leistung mit 1,5 Mio S (exkl. USt) geschätzt wurde, diese damit erheblich unter dem Schwellenwert des § 3 Abs. 1 Z. 2 bzw. 3 OöVergG lag und somit nicht in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fiel.

Die Ermittlung des geschätzten Auftragswertes erfolgte durch die beiden Zeugen in der Weise, dass die kontaktierten Unternehmen wohl ersucht wurden, auch jenen Rabatt bekannt zu geben, der beim Kauf einer sog. "Firmenlizenz", also einer Gesamtbenutzerberechtigung der Lehrsoftware für sämtliche Bedienstete des Landes Oberösterreich, anstelle des Ankaufes von Einzellizenzen für 6.000 bis 10.000 Benutzer über fünf Jahre gewährt werden würde. Da die Firmen in diesem Zusammenhang jedoch in aller Regel nur Fixpreise für Einzellizenzen mitteilten, während die Rabattzusagen mehr oder weniger unverbindlich blieben, wurden diese vom Auftraggeber anhand von entsprechenden Erfahrungswerten intern hochgerechnet und untereinander verglichen. Daraus ergab sich letztlich ein Mittelwert von 1,5 Mio S (exkl. USt), wobei in diesem Zusammenhang Schwankungen von ± 50% deshalb keine Seltenheit bilden, weil von den EDV-Unternehmen die Referenz, dass ihre Produkte in einer Behörde mit einem großen Mitarbeiterstab, wie diese das Amt der Oö. Landesregierung darstellt, Verwendung finden, jeweils sehr unterschiedlich bewertet wird, während für den Vertreiber der Software die Zahl der Benutzer selbst dann keine nennenswerten zusätzlichen Kosten verursacht, wenn diese innerhalb großer Bandbreiten schwankt (also z.B. im Extremfall die Firmenlizenz zu demselben Preis wie eine Einzellizenz abgegeben oder gar zum Nulltarif überlassen wird, wenn zum Ausgleich dafür ein renommierter Kunde als Produktbenützer "vermarktet" werden kann).

Bei der Angebotseröffnung am 14. Jänner 2000 lagen insgesamt vier Angebote vor: Das nominell günstigste belief sich auf 2,835.000 S, jenes der Beschwerdeführerin betrug 2,849.000 S, das drittgünstigste lautete auf 3,446.000 S und das höchste lag bei 3,880.400 S (jeweils exkl. USt). Sämtliche dieser Angebote lagen damit aber über dem Schwellenwert von 200.000 € (2,752.060 S).

Da das dem günstigsten Angebot zugrunde liegende Produkt die technischen Anforderungen nicht erfüllte, musste dieses vorweg ausgeschieden werden. Unter Berücksichtigung der Gesamtkosten ("total costs of ownership") erwies sich das drittgereihte Angebot günstiger als jenes der Beschwerdeführerin, weshalb in der Folge diese Bieterin zu einem Probelauf ("Teststellung") eingeladen und - nachdem diese Phase etwas länger als ursprünglich vorgesehen gedauert hatte - ihr schließlich auch am 13. September 2000 der Zuschlag erteilt wurde.

3.3. Diese Sachverhaltsfeststellung gründet sich auf die glaubwürdigen, in sich widerspruchsfreien und anhand der Aktenlage auch nachvollziehbaren Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits in seiner Entscheidung vom 31. März 1999, Zl. VwSen-550017, zum Ausdruck gebracht, dass es sich s.E. - ungeachtet der verba legalia in § 58 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 3 OöVergG - bei dem über die Anfechtung einer Nachprüfungsentscheidung der Oö. Landesregierung durch einen im Rahmen eines Vergabeverfahrens nicht zum Zuge gekommenen Bieter durchzuführenden Verfahren nicht um ein "Berufungsverfahren" nach herkömmlichem Verständnis - nämlich i.S.d. §§ 63 ff AVG - handelt, weil diesem ja de facto nicht ein hoheitlicher Akt zugrunde liegt, sondern es sich materiell betrachtet um Privatwirtschaftsverwaltung handelt.

Davon ausgehend ist der in § 58 Abs. 3 OöVergG enthaltene Verweis auf die Maßgeblichkeit des AVG sonach dahin zu verstehen, dass dessen Bestimmungen im Falle ihrer Heranziehbarkeit jeweils den Zielvorgaben des § 61 OöVergG entsprechend teleologisch zu interpretieren sind (vgl. in diesem Sinne auch schon das h. Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, Zl. VwSen-550007). Dies gilt vornehmlich dann, wenn im Rahmen des "Berufungsverfahrens" gemäß Art. 129 B-VG eine Sachentscheidung der Nachprüfungsbehörde zu kontrollieren, diese sohin auf ihre inhaltliche Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen ist.

Hingegen wird dieses vornehmlich durch Art. 2 Abs. 8 der Richtlinie 89/665/EWG (sog. "Rechtsmittelrichtlinie") vom 21. Dezember 1989 getragene Prinzip dann abgeschwächt, wenn ein bloß verfahrensrechtlicher Bescheid den Anlass für ein derartiges Rechtsmittelverfahren bildet, weil sich darauf der Anwendungsbereich der erwähnten Richtlinie nicht erstreckt.

Wenn und weil aber im gegenständlichen Fall gerade ein Zurückweisungsbescheid der Nachprüfungsbehörde den Anlass für das "Berufungsverfahren" bildet, hatte sich daher der Oö. Verwaltungssenat im Lichte des § 58 Abs. 3 OöVergG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG und der hiezu ergangenen, ständigen Judikatur der beiden Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts (vgl. z.B. schon VwSlg 2066 A/1951 bzw. VfSlg 5893/1969 sowie die weiteren Nachweise bei W. Hauer - O. Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., Wien 1996, 566) von vornherein auf die Prüfung der Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung zu beschränken und gegebenenfalls dessen Aufhebung zu verfügen; eine darüber hinausgehende Entscheidung in der Sache selbst, etwa dahin, dass der Zuschlag in rechtswidriger Weise nicht dem Bestbieter erteilt wurde, kam demgegenüber von vornherein nicht in Betracht.

Im Hinblick auf die sonach eingegrenzte Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens waren daher die Anträge der Rechtsmittelwerberin auf Nichtigerklärung der Zuschlagserteilung, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Aussetzung des Vergabeverfahrens und auf Feststellung dahin, dass der Zuschlag wegen einer Rechtsverletzung nicht der Bestbieterin erteilt wurde, von vornherein als unzulässig zurückzuweisen.

4.2. Entscheidend für die Klarstellung, ob die Zurückweisung durch die Nachprüfungsbehörde im gegenständlichen Fall zu Recht erfolgte, ist sonach offenkundig die Frage, ob der "geschätzte Auftragswert"(ohne Umsatzsteuer) i.S.d. § 3 Abs. 1 OöVergG tatsächlich unter der 200.000 €-Grenze (entspricht 2,752.060 S) lag (wobei unter dem Aspekt, dass die entsprechenden Schwellenwerte jeweils gleich lauten, mit Blick auf den vorliegenden Prüfungsgegenstand offen bleiben kann, ob es sich hier um einen "Lieferauftrag" i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 2 oder einen "Dienstleistungsauftrag" i.S.d. § 3 Abs. 1 Z. 3 handelt; diese Frage wird vielmehr erst im Zuge einer allfälligen künftigen Sachentscheidung zu beurteilen sein).

4.2.1. Von der Annahme, dass das OöVergG der innerstaatlichen Umsetzung der vorerwähnten EU-Richtlinie 89/665/EWG vom 21. Dezember 1989 dient, ausgehend kann nicht zweifelhaft sein, dass es beim geschätzten Auftragswert i.S.d. § 3 Abs. 1 OöVergG nicht auf die subjektive Sichtweise des Auftraggebers, sondern nur auf einen anhand objektiv nachvollziehbarer Kriterien ermittelten Wert ankommt.

Dies ergibt sich schon aus der Überlegung, dass es ansonsten völlig in der Willkür der vergebenden Stelle läge, jeweils durch eine entsprechend niedrige Ansetzung des Auftragswertes im Bedarfsfall die Bindungen des OöVergG dadurch zu umgehen, dass diese Auftragsvergabe nicht in dessen sachlichen Geltungsbereich fällt.

Derart objektiv nachvollziehbare Kriterien wurden vom Gesetzgeber jedoch nicht positiviert; vielmehr wurden diese offenbar als eine Selbstverständlichkeit vorausgesetzt. Denn im Regelfall wird die Ermittlung des objektiven Auftragswertes schon deshalb keinen nennenswerten Schwierigkeiten begegnen, weil für das ausgeschriebene Produkt jeweils ein entsprechender Markt besteht, auf dem sich bereits ein - unschwer feststellbarer - Preis herausgebildet hat.

4.2.2. Probleme ergeben sich jedoch dann, wenn der Produktpreis - wie im vorliegenden Fall - im Verhältnis zur Werbewirksamkeit eines bestimmten Kunden (als Referenz) eine nahezu untergeordnete Rolle spielt, sodass letztlich Preisschwankungen von ± 50% (auch von der Beschwerdeführerin in der öffentlichen Verhandlung unwidersprochen !) keine Seltenheit bilden.

Unter der Annahme, dass zumindest die Ober- und Untergrenze dieser Schwankungsbreite ordnungsgemäß ermittelt wurde - was die Beschwerdeführerin der Auftraggeberin offenkundig deshalb zugesteht, weil insoweit ihrerseits in der öffentlichen Verhandlung kein Einwand erhoben wurde, wobei zusätzlich das legitime kaufmännische Interesse der Auftraggeberin berücksichtigt werden muss, in Vergabeverfahren wie dem vorliegenden den Richtpreis ("Vergabeumfang"; vgl. das Schreiben des Präsidiums-Rechenzentrum vom 6. Dezember 1999, PräsI-005002/1415-RZ-1999-Bs/Wd) nach Pkt. 1.10.1.2. der Ö-Norm A 2050 nicht von vornherein zu hoch anzusetzen -, kann die Lösung dieser Problematik in derartigen Sonderfällen daher offenkundig letztlich nur darin bestehen, dass dann, wenn die überwiegende Mehrzahl der Angebote tatsächlich über dem Schwellenwert des § 3 Abs. 1 OöVergG liegt, eine neue Ausschreibung unter dem Regime des OöVergG durchzuführen ist.

Im Ergebnis trägt sohin die Auftraggeberin stets das Risiko einer Neuausschreibung und der damit für sie verbundenen negativen Konsequenzen (Zeitverlust, Kosten, etc.) für den Fall, dass der geschätzte Auftragswert nicht anhand objektiver Kriterien ordnungsgemäß ermittelt bzw. allzu niedrig angesetzt wurde.

4.3. Da im vorliegenden Fall die Angebotseröffnung am 14. Jänner 2000 ergeben hat, dass selbst das nominell günstigste Gebot mit 2,835.000 S noch - wenn auch knapp - über dem Schwellenwert des § 3 Abs. 1 Z. 2 bzw. 3 OöVergG (2,752.060 S; s.o., 1.6.) lag, war spätestens zu diesem Zeitpunkt offensichtlich, dass die gegenständliche Auftragsvergabe zweifelsfrei in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fällt.

Damit hätte aber eine Ausschreibung nach den Vorschriften des OöVergG mit der Konsequenz erfolgen müssen, dass der Beschwerdeführerin für den Fall einer Rechtsverletzung auch die entsprechenden Rechtsbehelfe zukommen.

Die Bescheidbegründung der belangten Behörde erweist sich demnach als unzutreffend.

4.4. Da die Rechtsschutzbefugnis des § 58 Abs. 1 OöVergG - ungeachtet des Umstandes, dass gegenständlich ein Vergabeverfahren nach den Bestimmungen des OöVergG allseits unbestritten nicht durchgeführt wurde - nur darauf abstellt, ob der Vergabevertrag letztlich tatsächlich diesem Gesetz unterliegt oder nicht und die Parteistellung bzw. das Recht der Berufungserhebung bloß daran knüpft, dass der Rechtsmittelwerber - wie hier - denkmöglich ein Interesse am Vertragsabschluss behaupten kann, hat die Berufungswerberin somit im Ergebnis auch einen Anspruch auf Aufhebung des angefochtenen Bescheides (und nicht etwa bloß auf implizite Feststellung der Rechtswidrigkeit im Rahmen der Entscheidungsbegründung bei ansonsten formaler Zurückweisung ihrer Berufung wegen deshalb fehlender Parteistellung, weil das Vergabeverfahren tatsächlich nicht nach dem OöVergG, sondern nach der Ö-Norm A 2050 durchgeführt wurde).

Aus der Konzeption des § 58 Abs. 1 OöVergG folgt sohin insgesamt, dass sich der Auftraggeber dem vergabegesetzlichen Rechtsschutz nicht durch die Auswahl eines andersartigen Vergabeverfahrens entziehen kann.

4.5. Aus allen diesen Gründen war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 58 Abs. 2 i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufgehoben wird; im Übrigen war diese hingegen - wie bereits zuvor dargetan (vgl. oben, 4.1.) - als unzulässig zurückzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.

Mag. G a l l n b r u n n e r

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt;

VwGH vom 22.02.2001, Zl.: 2000/04/0213-3

 

 

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