Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550075/7/Kl/Pe VwSen550076/7/Kl/Pe VwSen550077/7/Kl/Pe VwSen550078/7/Kl/Pe

Linz, 18.07.2003

 

 

 VwSen-550075/7/Kl/Pe VwSen-550076/7/Kl/Pe VwSen-550077/7/Kl/Pe
VwSen-550078/7/Kl/Pe
Linz, am 18. Juli 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Dr. Klempt, Beisitzer: Dr. Linkesch) über die Berufung 1. Bietergemeinschaft E, 2. E, 3. L, 4. W, alle vertreten durch SCW & P, Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid der Oö. Landesregierung vom 2. April 2003, Gem-535052/59-2003-Sto/Shz, wegen Zurückweisung von Anträgen auf Nichtigerklärung im Vergabeverfahren Baukonzession Abfallbehandlung der Auftraggeberin Oö. BAV AgmbH zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 58,59 und 61 Oö. Vergabegesetz, LGBl.Nr. 59/1994 idF LGBl.Nr. 79/2000.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe der eingangs angeführten Antragssteller wurde ein Antrag auf Nichtigerklärung gemäß § 61 Oö. Vergabegesetz gestellt, nämlich

- die Entscheidung, die Gemeinschaft B/B bzw. das Angebot der Bietergemeinschaft B/B nicht auszuscheiden und

- die Entscheidung, dass über das Ausscheiden bzw. Nichtausscheiden von Bietern bzw. Angeboten und über den Zuschlag durch die Generalversammlung der Oö. BAVA zu entscheiden ist, wobei ein Beschluss mit Stimmenmehrheit ausreichend sei, für nichtig zu erklären. Als Anfechtungsgründe wurden angeführt:

 

Ausdrücklich mitgeteilt wurde, dass Gegenstand dieses Nachprüfungsantrages nicht die mit Schreiben vom 20.11.2002 mitgeteilte Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin ist. Die Zuschlagsentscheidung ist bereits Gegenstand eines anhängigen Nachprüfungsverfahrens.

 

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Oö. Landesregierung wurden die Anträge als unzulässig zurückgewiesen. In der Begründung wurde nach Darstellung des Ablaufes des Vergabeverfahrens und des wesentlichen Sachverhaltes die Zurückweisung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2.3.2002, B691/01, B856/01 gestützt. Danach ist die Unterlassung der Ausscheidung keine nach außen hin in Erscheinung tretende Willenserklärung, sondern erst die darauffolgende an die Antragstellerinnen erfolgte Mitteilung vom 20.11.2002, dem Angebot der Bietergemeinschaft B/B als dem wirtschaftlich günstigsten Angebot den Zuschlag zu erteilen. Auch das Nichtausscheiden und dass der Zuschlag durch Beschluss der Generalversammlung mit Stimmenmehrheit entschieden wird, stellt keinen nach außen hin in Erscheinung tretenden Teilakt im Vergabeverfahren dar, sondern sind dies bloß Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers und können daher nicht für nichtig erklärt werden.

 

3. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides sowie nach Aufnahme der beantragten Beweise die Entscheidung iSd Anträge beantragt, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Entscheidung an die Erstinstanz zurückzuverweisen. Im Wesentlichen wurde dargelegt, dass es aufgrund der unterschiedlichen Vorverfahren iVm den unterschiedlichen Anfechtungsfristen nach dem Oö. Vergabegesetz in der Regel nicht möglich ist, die Zuschlagsentscheidung gemeinsam mit den der Zuschlagserteilung vorangegangenen Entscheidungen anzufechten. Die Entscheidung das genannte Angebot nicht auszuscheiden sei sämtlichen Bezirksabfallverbänden und den Städten S und W durch die Geschäftsführung mitgeteilt worden. Auch die Entscheidung, über das Ausscheiden und über den Zuschlag der Generalversammlung mit Stimmenmehrheit entscheiden zu lassen, wurde insbesondere gegenüber den Gesellschaftern der Oö. BAVA, die zur Generalversammlung einberufen wurden, kundgetan. Der Berufungswerberin sei mit Schreiben der Oö. BAVA vom 20.11.2002 mitgeteilt worden, dass die Generalversammlung die Zuschlagentscheidung getroffen hat.

 

4. Die Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabenden Aktenstücken vorgelegt.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung wurde nicht beantragt und kann eine mündliche Verhandlung nichts zur Sachverhaltsklärung beitragen (§ 67d AVG).

Die Auftraggeberseite sowie die betroffene Bietergemeinschaft wurden am Verfahren beteiligt und haben jeweils in einer Stellungnahme die Zurückweisung bzw. Abweisung der Berufung beantragt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 58 Abs.1 Oö. Vergabegesetz kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines diesem Landesgesetz unterliegenden Vertrages mit einem Auftraggeber behauptet, die Nachprüfung einer Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, wenn ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Gemäß § 59 Abs.1 Oö. Vergabegesetz ist - sofern nicht die Zuschlagsentscheidung bekämpft wird - ein Nachprüfungsantrag vor erfolgter Zuschlagserteilung nur zulässig, wenn der betreffende Unternehmer den Auftraggeber von der behaupteten Rechtswidrigkeit und der beabsichtigten Antragstellung nachweislich unterrichtet hat und der Auftraggeber nicht innerhalb von zwei Wochen die behauptete Rechtswidrigkeit beseitigt hat. Der Nachprüfungsantrag ist binnen weiterer zwei Wochen nach Ende dieser Frist einzubringen.

 

5.2. Die Ausführungen der Behörde erster Instanz zur Einhaltung des nach der zitierten Gesetzesbestimmung vorgesehenen Vorverfahrens wurden von der Behörde erster Instanz ausreichend dargelegt und wurden dieser Entscheidung zugrunde gelegt.

 

Darüber hinaus ist die Behörde aber mit ihren Ausführungen zur Zulässigkeit der Anträge wegen Nichtvorliegens einer anfechtbaren Entscheidung im Recht.

Der Verfassungsgerichtshof führt in der von der belangten Behörde zit. Entscheidung vom 2.3.2002, B691/01 u.a., ausdrücklich an, dass er bereits in seinem Erkenntnis Vfslg. 15.578/1999 festgehalten hat, dass das BVA "bei Wahrnehmung (seiner) Kompetenz nach § 91 Abs.2 BVergG (nunmehr: § 113 Abs.2 BVergG 1997).... die in den einzelnen Schritten des Verfahrens nach außen zum Ausdruck kommenden Entscheidungen selbst zu beurteilen und, was gemeinschaftsrechtlich zwingend vorgesehen ist, gegebenenfalls aufzuheben (hat).... Kommt es bei seiner Beurteilung zum Ergebnis, dass sich das vergebende Organ in dem Sinn rechtswidrig verhalten hat, dass es die seine Entscheidungen determinierenden Vorschriften des Vergabegesetzes verletzt hat, so hat es die Entscheidung des vergebenden Organs, genauer gesagt: jenen Teilakt im Vergabeverfahren, in dem diese Entscheidung zum Ausdruck kommt, aufzuheben".

 

"Das Nachprüfungsverfahren dient demnach der Durchsetzung subjektiver Rechte der Bewerber (Bieter), die durch die Handlungen des Auftraggebers in Gestalt von Entscheidungen (§ 115 Abs.1 BVerG) verletzt wurden... Daher kann die den Gegenstand eines Rechtschutzantrages bildende Nichtigerklärung keinesfalls bloß Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers betreffen. Vielmehr geht es um die nach außen als ‚Entscheidung' in Erscheinung tretenden Teilakte des vergebenden Organs im Vergabeverfahren und somit stets um die Nichtigerklärung privatrechtlicher Willenserklärungen des Auftraggebers ...... Dem BVA ist zwar zuzustimmen, dass jede sich auf das Vergabeverfahren beziehende und dem Auftraggeber zuzurechnende Willenserklärung eine anfechtbare Entscheidung iSd § 113 Abs.2 BVergG ist und dass gemäß § 863 Abs.1 ABGB ein solcher Wille nicht nur ausdrücklich sondern auch stillschweigend durch Handlungen erklärt werden kann, die mit Überlegungen aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen, sodass auch Unterlassungen des Auftraggebers zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden können, sofern sie einen entsprechenden Erklärungswert nach außen besitzen... Vom Standpunkt der Rechtsmittelrichtlinie im Verein mit dem diese in innerstaatliches Recht umsetzenden zweiten Hauptstück des vierten Teils des BVergG kommen Unterlassungen des Auftraggebers als anfechtbare ‚Entscheidungen' nur insofern in Betracht, als jene Unterlassungen einen solchen Erklärungswert besitzen, dass sie als selbständige Teilakte des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung treten und ein dementsprechendes Rechtsschutzbedürfnis auslösen. Rechtswidriges Unterlassen des Auftraggebers wird daher vielfach mangels eigenständigen Erklärungswertes nach außen erst im Zuge entsprechender, darauf beruhender nachfolgender Teilakte als ‚Entscheidungen' in Erscheinung treten und im Zuge der Anfechtung dieser Teilakte einen zureichenden Rechtsgrund für deren Nichtigkeit bilden."

 

Auch der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 4.9.2002, Zl. 2002/04/0074-3, im Hinblick auf ein Nachprüfungsverfahren nach dem Kärntner Auftragsvergabegesetz ausgeführt, dass sich auch der Verwaltungsgerichtshof dieser Rechtsmeinung des Verfassungsgerichtshofes anschließt und keinen Grund zu finden vermag, dass dies nicht für die Rechtslage nach dem Kärntner Vergabegesetz 1997 zu gelten habe. Im konkreten Fall führte er an, dass im Hinblick auf die im Nachprüfungsantrag in Beschwerde gezogene Anzeige in der "Kronenzeitung" für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar ist, worin die Unterlassung - auch unter Berücksichtigung des § 863 Abs.1 ABGB, wonach der Wille nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend durch Handlungen erklärt werden kann, die mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen, sodass auch Unterlassungen des Auftraggebers zum Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens gemacht werden können, sofern sie einen entsprechenden Erklärungswert nach außen besitzen - als nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärung (als selbständiger Teilakt des Vergabeverfahrens) gelegen sein soll.

 

Im Grunde der zit. Judikatur sieht auch der Oö. Verwaltungssenat keinen Anlass dafür, dass im Hinblick auf das durch die Rechtsmittelrichtlinie zuerkannte Rechtschutzbedürfnis, welches auch durch die Umsetzung im Oö. Vergabegesetz ihren Niederschlag findet, die Grundsätze für die Qualifikation als im Nachprüfungsverfahren anfechtbare "Entscheidung" nicht auch für das Nachprüfungsverfahren nach dem Oö. Vergabegesetz gelten sollen.

 

Die Berufungswerberin legt aber nicht näher dar, warum die von ihr angefochtene Unterlassung der Ausscheidung der Bietergemeinschaft B/B (bzw. deren Angebot) einen solchen Erklärungswert besitzt, dass sie als selbständiger Teilakt des Vergabeverfahrens nach außen in Erscheinung tritt und daher ein dementsprechendes Rechtsschutzbedürfnis auslöst. Wenn sie nämlich darauf hinweist, dass dieser Wille sämtlichen Bezirksabfallverbänden und den Städten S und W durch die Geschäftsführung mitgeteilt wurde, so ist dies nicht als eine nach außen tretende Willenserklärung iSd Judikatur zu werten, zumal diese Willenserklärung, sofern sie überhaupt erfolgt ist - was nach dem vorgelegten Akten nicht ersichtlich ist - nur innerhalb der Auftraggeberseite, nämlich der Oö. BAVA erfolgt ist. Es handelt sich dabei nur um einen Akt der inneren Willensbildung, der die Sphäre des willensbildenden Organs dabei noch nicht verlassen hat. Dass dieser Wille aber anderen Bietern oder der Berufungswerberin bekannt gegeben wurde, wurde in keinster Weise nachgewiesen und widerspricht auch der Systematik des Vergabeverfahrens bzw. der Lebenserfahrung. Vielmehr wird - wie im Oö. Vergabegesetz auch vorgesehen - nur die "positive" Ausscheidungsentscheidung mitgeteilt. Wird hingegen ein Bieter nicht ausgeschieden, so braucht dies nicht mitgeteilt zu werden, sondern ist der Bieter dann weiterhin im Rennen.

 

Vielmehr tritt - wie auch die vorzit. Judikatur zum Ausdruck bringt - das Unterlassen des Auftraggebers mangels eigenständigen Erklärungswertes erst im Zuge eines entsprechenden, darauf beruhenden nachfolgenden Teilaktes als "Entscheidung" in Erscheinung. Diesfalls tritt diese Unterlassung erst mit der nachfolgenden Zuschlagsentscheidung in Erscheinung, woraus nämlich ersichtlich ist, dass der genannte Bieter bzw. die genannte Bietergemeinschaft nicht ausgeschieden wurde. Es ist daher entsprechend der zit. höchstgerichtlichen Judikatur erst dieser Teilakt, nämlich die Zuschlagsentscheidung, ein zureichender Rechtsgrund für deren Nichtigerklärung. Es ist daher sehr ähnlich der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes, worin er nicht die Unterlassung des Widerrufes, sondern erst die Erklärung, einem bestimmten Unternehmer als Bestbieter den Zuschlag erteilen zu wollen, als anfechtbare Entscheidung anerkannte, weil erst daraus klar erkennbar ist, dass der Auftraggeber nicht die Absicht hatte, die Ausschreibung zu widerrufen, auch im gegenständlichen Fall erst aus der Zuschlagsentscheidung ersichtlich, dass der Auftraggeber nicht die Absicht hatte, die genannte Bietergemeinschaft auszuscheiden.

 

Eben solche Überlegungen gelten auch für den Willen, dass die Generalversammlung der Oö. BAVA mit Stimmenmehrheit über das Ausscheiden und den Zuschlag entscheiden soll. Auch diesbezüglich gilt, dass der Wille der Auftraggeberseite, welche durch das entscheidungsbefugte Organ zu handeln hat, über die Sphäre des Auftraggebers nicht hinausgelangt ist. Es führt daher die Berufungswerberin selbst im Punkt 6. ihrer Berufung aus, dass mit Schreiben der Oö. BAVA vom 20.11.2002 ihr mitgeteilt wurde, dass die Generalversammlung die Zuschlagsentscheidung getroffen hat. Es wurde daher die Willensbildung mit diesem Schreiben, also mit Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, nach außen wirksam. Bloße Beschlüsse im Rahmen der internen Willensbildung des Auftraggebers hat hingegen der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich als Gegenstand eines Rechtsschutzantrages ausgeschlossen.

 

Es war daher spruchgemäß der angefochtene Bescheid zu bestätigen.

 

6. Im gegenständlichen Verfahrens sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Konrath

 

 

Beschlagwortung:

Unterlassung des Auftraggebers, keine anfechtbare Entscheidung, unterlassene Ausscheidung

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum