Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550145/8/Kl/Pe

Linz, 02.07.2004

 

 

 VwSen-550145/8/Kl/Pe Linz, am 2. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Nachprüfungsantrag der Z H- und T GmbH, vertreten durch H, IdM & P Rechtsanwälte OEG, betreffend Ortskanalisation T, Bauabschnitt 10, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 29.6.2004 zu Recht erkannt:

 

Der Antrag vom 2.6.2004 auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Marktgemeinde T vom 18.5.2004, per Telefax zugestellt am 19.5.2004, wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2 Abs.1 und 2 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 iVm §§ 67 Abs.3 und 69 Abs.1 und 2 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 2.6.2004 hat die Antragstellerin im Vergabeverfahren Ortskanalisation T, Bauabschnitt 10, Ortschaft D, den Antrag auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Marktgemeinde T vom 18.5.2004 und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt.

 

Der Auftrag wurde im offenen Verfahren ausgeschrieben, die Angebotsfrist endete am 13.4.2004. Die Antragstellerin reichte ein Haupt- und ein Alternativangebot fristgerecht ein. Mit Schreiben vom 18.5.2004, der Antragstellerin am 19.5.2004 per Telefax zugestellt, wurde ihr bekannt gegeben, dass beabsichtigt ist, nach Ablauf der First gemäß § 100 Abs.2 BVergG den Zuschlag an die H & F B zu erteilen. Die Antragsgegnerin ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 7 Abs.1 Z1 BVergG. Der Auftragswert des gegenständlichen Bauauftrages überschreitet nicht den Schwellenwert gemäß § 9 Abs.1 Z3 BVergG. Die Auftraggeberin wurde von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt, die Pauschalgebühren wurden entrichtet. Die Antragstellerin ist befähigt und hat die Möglichkeit, den gegenständlichen Auftrag auszuführen. Sie hat ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, den verfahrensgegenständlichen Auftrag zu erhalten. Ihr Alternativangebot weist den niedrigsten Angebotspreis auf. Der gegenständliche Bauauftrag stellt für die Antragstellerin ein Referenzprojekt dar, das bei einem Zuschlag zu entsprechenden Folgeaufträgen für die Antragstellerin führen würde. Auch würde mit dem Nichterlangen dieses Auftrages für die Antragstellerin ein erheblicher Imageverlust verbunden sein. Durch das Ausscheiden des Alternativangebotes der Antragstellerin und der daraus folgenden Nichtberücksichtigung des Alternativangebotes bei der Zuschlagsentscheidung droht ein Schaden von mindestens 12.778,66 Euro. Dieser Schadensbetrag setzt sich zusammen aus Kalkulationsaufwand sowie aus den Stillliegezeiten der Gerätschaften einer Kanalbaupartie und der Annahme, dass von der Kalkulation bis zum tatsächlichen Baubeginn für ein anderes Bauvorhaben ein Zeitraum von etwa 20 Wochen (90 Arbeitstage) besteht.

 

Es wird die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung geltend gemacht. Begründend wurde ausgeführt, dass das Alternativangebot der Antragstellerin gleichwertig im Sinn des § 81 Abs.4 BVergG ist und die Antragstellerin den Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht hat. Dieses Alternativangebot wurde zu Unrecht ausgeschieden. Die Nichtberücksichtigung des Alternativangebotes wurde von der vergebenden Stelle dahingehend begründet, dass die Durchführung einer Pressung im Durchmesser 800 ausgeschrieben sei und in diesem Pressrohr zusätzliche Versorgungsrohre untergebracht werden sollen. Die Arbeiten zur Herstellung der Rohrpressung seien nach der Leistungsgruppe 25 des Musterleistungsbuches für den Siedlungswasserbau, Version 04, ausgeschrieben worden. Es wird auf die "allgemeinen Vorbemerkungen" zu der Leistungsgruppe 25 verwiesen, in denen auf den Durchmesser des Schutzrohres (DN 800) verwiesen und erklärt wird, warum ein Schutzrohr mit diesem Durchmesser erforderlich sei. Dagegen bringt die Antragstellerin vor, dass gemäß Punkt B3 der Ausschreibung trotz des in Punkt D13 der Ausschreibung vorgesehenen Billigstbieterprinzips Alternativangebote zugelassen wurden. Es wird zwar mit Punkt B3 der Ausschreibung gegen die Bestimmung des § 69 Abs.1 BVergG verstoßen, aber es hat keiner der Bieter die Ausschreibung innerhalb der nach dem Oö. Vergabenachprüfungsgesetz vorgesehenen Frist, somit spätestens 14 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist, bekämpft, sodass die Antragstellerin im Vertrauen auf das Bestehen der Bestimmung in Punkt B3 der Ausschreibung ein Alternativangebot eingereicht hat. Laut Anboteröffnungsprotokoll vom 13.4.2004 haben elf Bieter Angebote eingereicht und ergab die Reihung nach der Angebotssumme den ersten Platz für das Alternativangebot der Antragstellerin. Mit dem Alternativangebot wurde eine Pressung mittels Stahlpressrohren DN 600 anstelle eines Stahlbetonpressrohres DN 800 vorgesehen und sei diese Alternative technisch gleichwertig. Fels und Findlinge werden mittels Imlochhammer abgebaut, sodass aus dieser Behinderung entgegen den Ausführungen unter Punkt C des Anbotsprüfberichtes vom 27.4.2004 keine schliefbare Nennweite erforderlich ist. Die Montage weiterer Versorgungsleitungen erfolgt nicht am Bohrrohr, sondern an den Gleitkufen, die zum Einschieben bzw. Einziehen des Kanalrohres verwendet werden. Öffentliche Auftraggeber wählen zum weitaus überwiegenden Teil die Imlochhammerbohrung aus. Die Verwendung einer 800-Bohrung ist erst dann zweckmäßig, wenn entsprechende Größen und eine entsprechende Anzahl an Mediumrohren sowie die Notwendigkeit einer steuerbaren Bohrung die Bohrung mit einem DN 800 erzwingen. Dies ist bei dem gegenständlichen Bauvorhaben nicht der Fall. Die Bestimmungen der Leistungsbeschreibung des Musterleistungsbuches für den Siedlungswasserbau, Version 04, Leistungsgruppe 25, werden auch mit einem Bohrrohr DN 600 eingehalten. Die technische Lösung des Alternativangebotes der Antragstellerin weicht nur in den arbeitstechnischen Aspekten von der Ausschreibung der Antragsgegnerin ab und hält die zwingenden Rahmenbedingungen der Ausschreibung ein. Die angebotene Alternative der Pressung mittels Stahlpressrohren DN 600 erfüllt den von der Auftraggeberin festgelegten Leistungszweck ebenso wie die von der Auftraggeberin in der Ausschreibung vorgeschlagene Pressung mittels Stahlbetonpressrohren DN 800. Auch wurde der Nachweis der Gleichwertigkeit im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung mit Schreiben vom 23.4.2004 bzw. mit E-Mail vom 5.5.2004 mitgeteilt.

 

2. Die Marktgemeinde T als Auftraggeberin hat die vom Oö. Verwaltungssenat angeforderten Unterlagen (Nachweis über die öffentliche Bekanntmachung, Angaben über den geschätzten Auftragswert, Protokoll über die Angebotseröffnung, Schreiben über die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Ausschreibungsunterlagen, Angebotsunterlagen der Antragstellerin, Prüfprotokoll, Nachweis über die Verständigung von der Einbringung des Nachprüfungsantrages) vorgelegt und eine Äußerung zum Nachprüfungsantrag abgegeben und darin die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die Abweisung des Antrages auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung begehrt. Begründend wurde ausgeführt, dass elf Bieter, darunter die Antragstellerin, fristgerecht Angebote eingereicht haben. Einziges Zuschlagskriterium ist gemäß der Festlegung in Punkt D13 der Ausschreibungsunterlage der niedrigste Preis. Nach Angebotsprüfung wurde das Angebot der H & F GesmbH an erste Stelle gereiht, das geringfügig billigere Alternativangebot der Antragstellerin wurde als nicht gleichwertig der weiteren Angebotsbewertung nicht zu Grunde gelegt. Der entsprechende Vergabevorschlag wurde vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft-Abwasserwirtschaft, vorgelegt und einschließlich des Ausscheidens des Alternativangebotes der Antragstellerin ausdrücklich bestätigt. Das Alternativangebot der Antragstellerin ist unzulässig, weil gemäß § 69 Abs.1 BVergG bei Aufträgen, die allein nach dem Kriterium des niedrigsten Preises vergeben werden sollen, Alternativangebote unzulässig sind. Es wird zwar eingeräumt, dass die Ausschreibungsunterlage in Punkt B3 Alternativangebote ausdrücklich zulässt, dieser Punkt wurde irrtümlich nicht gestrichen. Dieser Irrtum wurde auch von der Antragstellerin nicht gerügt. Darüber hinaus ist dieses Alternativangebot auch technisch nicht gleichwertig. Die Ausschreibung geht zurück auf die Anforderungen der Leistungsbeschreibung für den Siedlungswasserbau, Version Mai 1997, und es ist diese die Grundlage der einschlägigen Förderungsbestimmungen. Nach dieser Muster-Leistungsbeschreibung ist in Leistungsgruppe 25 für nicht steuerbare Vortriebe, insbesondere Pressvortriebe, für das Schutzrohr ein Mindestdurchmesser von 800 mm vorgesehen. Um Versorgungsrohre in einem genauen Gefälle verlegen zu können, ist eine größere Toleranz notwendig; Versorgungsrohre können nur in einem gewissen Abstand zueinander eingebaut werden und es sind arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften einzuhalten.

 

In einer Gegenäußerung replizierte die Antragstellerin, dass auch die vergebende Stelle von der Zulässigkeit von Alternativangeboten ausging, zumal sie die Übermittlung weiterer Unterlagen zum Alternativangebot einforderte. Der von der Auftraggeberin dargelegte Widerspruch - sollte Präklusion eingetreten sein - stellt so einen gravierenden Mangel der Ausschreibung dar, dass die Ausschreibung zu widerrufen wäre.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von den Parteien beigebrachten Unterlagen. Weiters wurde vom Oö. Verwaltungssenat die Leistungsbeschreibung für den Siedlungswasserbau, LB-SW, Version 04, Mai 1997, beigeschafft und einbezogen.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 29.6.2004 anberaumt und an diesem Tag durchgeführt. Bei der Verhandlung haben die Antragstellerin und die Antragsgegnerin mit ihren jeweiligen Rechtsvertretern sowie ein Vertreter des beauftragten Ziviltechnikerbüros DI R & P ZT-GmbH, teilgenommen.

 

4.1. In der mündlichen Verhandlung legten die Parteien unter Berufung auf ihre bisherigen schriftlichen Ausführungen nochmals ihre Standpunkte sowohl in technischer Hinsicht als auch in rechtlicher Hinsicht dar. Seitens der Antragstellerin wurde festgehalten, dass ein Stahlbetonpressrohr im Durchmesser von 800 mm nicht erforderlich ist und allfälligen Hindernissen oder Findlingen entgegengekommen werden kann, indem ein Imlochhammer eingesetzt wird. Das Einziehen von Mediumrohren und zusätzlichen Leitungen ist auch bei geringerem Durchmesser, wie im Alternativangebot angeboten, möglich. Zu den Angebotsunterlagen wurde dargelegt, dass Alternativangebote zugelassen wurden, dies nicht beeinsprucht und geändert wurde und daher das von ihr angebotene Alternativangebot einer Überprüfung hinsichtlich der Gleichwertigkeit zu unterziehen wäre. Weil es das Angebot mit dem niedrigsten Preis darstellt, muss ihm der Zuschlag erteilt werden.

 

Von den Parteien wurde unbestritten bestätigt, dass die Ausschreibung und die Vertragsbestimmungen nicht gerügt, nicht angefochten und auch nicht widerrufen wurden. Der Ausschreibungsunterlage wurde eine Musterausschreibung, wie sie für das Förderwesen im Siedlungswasserbau aufbereitet wurde, zu Grunde gelegt. Diesem Ausschreibungsformular liegt die Leistungsbeschreibung für den Siedlungswasserbau LB-SW Version 04, Mai 1997, zu Grunde.

 

Die Antragsgegnerin bekräftigt, dass bei einer Vergabe nach dem Kriterium des niedrigsten Preises Alternativangebote unzulässig sind. Die Bestimmung, mit der Alternativen zulässig erklärt werden, widerspricht dem BVergG und ist daher nicht anzuwenden. Die Auftraggeberseite ist nicht von der Zulässigkeit der Alternativangebote ausgegangen, sodass in der konkreten Leistungsbeschreibung, also bei den einzelnen Leistungspositionen nicht auf Alternativen eingegangen wurde, also keine Mindestanforderungen in den Ausschreibungsunterlagen festgelegt wurden. In den Ausschreibungsunterlagen sind allgemeine Vorbemerkungen zu den einzelnen Leistungsgruppen nicht enthalten, weil man davon ausgeht, dass sämtliche Bieter das Musterleistungsbuch Siedlungswasserbau kennen und besitzen. Das LB-SW wurde aber nicht zur Vertragsbestimmung erklärt.

 

In technischer Hinsicht wurde in der Leistungsgruppe 25 ein Stahlbetonpressrohr mit dem Durchmesser 800 für die Bahnquerung vorgesehen, weil einerseits mit Hindernissen im Boden gerechnet wurde und andererseits der Einzug von weiteren Mediumrohren sowie einer nicht ausgeschriebenen zusätzlichen Wasserleitung vorgesehen war. Erst ab einem Durchmesser von 800 mm wird den Arbeitnehmerschutzbestimmungen entsprochen, nämlich dass ein Arbeitnehmer in das Rohr einsteigen darf.

 

4.2. Nach den Ausschreibungsunterlagen sind gemäß den Angebotsbestimmungen in Punkt B3 Alternativangebote neben einem ausschreibungsgemäßen Angebot zulässig. Der alternative Ausführungsvorschlag des Bieters kann sämtliche ausgeschriebene Leistungen oder Teile davon ersetzen oder sich auch auf die rechtlichen Bedingungen der Leistungserbringung beziehen. Das Angebotsleistungsverzeichnis bei Alternativen technischer Ausführungsvorschläge muss den gesamten Leistungsumfang des Ausschreibungs-LV abdecken und muss nach Einzelleistungen (Positionen) gegliedert sein, wobei neben Positionen der LB-SW auch frei formulierte Positionen verwendet werden können. Weiters ist für jede Alternative der Gesamtpreis anzugeben.

 

Gemäß Punkt B1 der Angebotsbestimmungen gilt für die Ausschreibung der Leistungen, für das Angebot und für das Zuschlagsverfahren das BVergG und das jeweilige Vergabe-Rechtsschutzgesetz des Landes und der Leitfaden für die Prüfung von Angeboten im Bereich des geförderten Siedlungswasserbaus jeweils in der geltenden Fassung. Die Leistungsbeschreibung für den Siedlungswasserbau, LB-SW, ist nicht genannt.

 

Gemäß den Vertragsbestimmungen (Punkt C) gilt in Punkt C1 als Vertragsbestandteil die Ö-Norm B 2110 inklusive normative Verweisungen und abweichend von den "ständigen Vertragsbestimmungen der LB-SW" generell die Ausgabe vom 1.3.2002. Die LB-SW, Version 04, ist ausdrücklich nicht angeführt. In Punkt D13 der besonderen Bestimmungen (projektbezogene Festlegungen) wird festgelegt, dass der Zuschlag an das Angebot mit dem niedrigsten Preis erfolgt.

 

Der Leistungsgruppe 25 sowie deren Unterleistungsgruppen sind keine Vorbemerkungen vorangestellt. Es gibt keine Vorgaben für eine Gleichwertigkeitsprüfung. Ausgeschrieben wurde ein hydraulischer Pressrohrvortrieb mit dem Durchmesser DN 800 mit Stahlbetonpressrohren und unter Berücksichtigung einer Erschwernis durch Findlinge.

 

Die Ausschreibung wurde nach dem Musterleistungsbuch "LB-SW, Version 04" durchgeführt. In den Erläuterungen des Arbeitskreises "LB-SW" wird dargelegt, dass die LB-SW die maßgeblichen, im Siedlungswasserbau erforderlichen Leistungen des Bauhaupt- und Baunebengewerbes umfasst. Ständige oder zusätzliche Vertragsbestimmungen sind entweder der LB, einer LG oder einer ULG zugeordnet. Wird eine Position ausgeschrieben, so müssen im Leistungsverzeichnis auch die dazugehörenden ständigen Vertragsbestimmungen enthalten sein. Weiters enthält das LB-SW zur LG 25 "unterirdische Neuverlegung" detaillierte Angaben zu den verschiedenen Vortriebsarten. Diese Vorbemerkungen wurden in die Ausschreibung nicht aufgenommen.

 

4.3. Es haben elf Bieter rechtzeitig ein Angebot vorgelegt. Laut Anboteröffnungsprotokoll vom 13.4.2004 legte die Antragstellerin ein Hauptangebot mit einer Anbotsumme exkl. MWSt. von 387.722,35 Euro (Variante: 382.178,18 Euro) und ein Alternativangebot mit 374.691,49 Euro (Variante: 369.147,32 Euro). Die präsumtive Zuschlagsempfängerin H & F B GesmbH legte ein Angebot mit 369.994,64 Euro (Variante: 370.483,70 Euro). Die Antragstellerin liegt daher nach dem niedrigsten Preis mit ihrem Varianten-Alternativangebot an erster Stelle vor dem Hauptangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin, mit ihrem Alternativangebot (ohne Variante) aber hinter dem Hauptangebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin.

 

4.4. Anlässlich der Angebotsprüfung wurde die Antragstellerin mit Schreiben vom 22.4.2004 aufgefordert, die Detailkalkulationen aller wesentlichen Positionen sowie eine Bestätigung, dass sie das Risiko bei der Pressung im Durchmesser 600 trägt, zu übermitteln. Dem wurde mit Antwortschreiben vom 23.4. und 5.5.2004 nachgekommen.

 

Laut Anbotsprüfung vom 27.4.2004 Punkt C "auszuscheidende Anbote" ist das Alternativangebot der Firma Z mit einer Pressung mittels Stahlpressrohren DN 600 anstelle eines Stahlbetonpressrohres DN 800 auszuscheiden, da die Gleichwertigkeit nicht gegeben ist. Da von der ausschreibenden Stelle vermutet wird, dass beim Bohren Findlinge bzw. Bodenklasse 6 angetroffen werden wird, ist der Durchmesser 800 mm unbedingt für den Abbau erforderlich. Außerdem sind zusätzlich zum Kanalmediumrohr noch weitere Versorgungsleitungen einzubringen. Da diese Leitungen erst nach der Pressung eingebracht und fixiert werden können, ist für die Montage der Durchmesser 800 unerlässlich. Es wurde daher unter Punkt F "Vergabevorschlag" eine Vergabe an die H & F GesmbH, Linz, zu einem Nettopreis von 369.794,64 Euro (Hauptanbot Steinzeugrohre) als Billigstbieter vorgeschlagen.

 

Diese Entscheidung wurde den Bietern mit Schreiben vom 18.5.2004, bei der Antragstellerin per Fax eingelangt am 19.5.2004, mitgeteilt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Die Marktgemeinde T ist öffentliche Auftraggeberin gemäß § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw. § 1 Abs.2 Z1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz und es ist daher der Oö. Verwaltungssenat zur Nachprüfung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung vom 18.5.2004 gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz zuständig.

 

Der Auftragswert übersteigt den Schwellenwert von 5 Mio. Euro für Bauaufträge nicht und liegt daher im Unterschwellenbereich. Es sind daher gemäß § 17 Abs.1 BVergG die Bestimmungen des BVergG anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Abs.2 und § 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der Oö. Verwaltungssenat hat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

  1. im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG oder den hierzu erlassenen Verordnungen steht und
  2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Die Zuschlagsentscheidung ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz), welche gemäß § 9 und Teil II Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes in der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG angefochten werden kann.

 

Der Nachprüfungsantrag vom 2.6.2004 richtet sich gegen die Zuschlagsentscheidung vom 18.5.2004, wurde rechtzeitig eingebracht und erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

 

Mit Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 8.6.2004, VwSen-550144/3/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 2.7.2004 untersagt.

 

5.2. Gemäß § 2 Abs.2 Z2 und § 13 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat der unabhängige Verwaltungssenat im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte die Nichtigerklärung der angefochtenen Zuschlagsentscheidung auszusprechen.

 

Als Beschwerdepunkte führte die Antragstellerin die Unzulässigkeit der Ausscheidung ihres Alternativangebotes, die Gleichwertigkeit ihres Alternativangebotes sowie eine Zuschlagserteilung gemäß den Festlegungen in der Ausschreibung nach dem niedrigsten Preis an ihr Alternativangebot, welches den niedrigsten Preis aufweist, an.

 

5.3. Die Ausschreibung ist gemäß § 20 Z6 BVergG die an eine bestimmte oder unbestimmte Zahl von Unternehmen gerichtete Erklärung des Auftraggebers, in der er festlegt, welche Leistung er zu welchen Bestimmungen erhalten möchte (also Bekanntmachung samt Ausschreibungsunterlagen), und ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung, welche gemäß § 9 und Teil II Z1 der Anlage zu § 9 des Oö. Vergabenachprüfungsgesetzes spätestens zehn Tage vor Ablauf der Angebotsfrist angefochten werden kann.

 

Eine analoge Regelung der Anfechtungsfristen befindet sich in § 169 Abs.2 Z1 lit.a BVergG. Im besonderen Teil der Erläuterungen RV 2002 zu § 20 Z13 wird ausgeführt: "Durch die Unterscheidung zwischen gesondert und nicht gesondert anfechtbaren Entscheidungen (des Auftraggebers) sollte eine Strukturierung des Vergabeverfahrens und eine effiziente Abwicklung von Rechtsschutzverfahren erreicht werden. Letzterem Ziel dienen auch die flankierenden Bestimmungen betreffend die Fristen und Präklusionsregelung (zur Zulässigkeit derartiger Regelungen vgl. u.a. die Ausführungen von Generalanwalt Alber in der RS C-470/99, insbesondere RZ 69, 71 und 74). Durch die gesondert anfechtbaren Entscheidungen wird ein Vergabeverfahren in verschiedene Abschnitte unterteilt. Jeder Abschnitt endet mit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, die vom Auftraggeber bekannt gegeben wird. Alle der gesondert anfechtbaren Entscheidung vorangegangenen (nicht gesondert anfechtbaren) Entscheidungen sind zusammen mit dieser anzufechten. So stellt etwa das Ausscheiden keine gesondert anfechtbare Entscheidung dar. Diese Entscheidung des Auftraggebers ist zusammen mit der zeitlich nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers, der Zuschlagsentscheidung, bekämpfbar."

 

Sowohl in der Rechtssache C-470/99 "Universale Bau" als auch in Rechtssache C-327/00 "Santex" sprach der EuGH grundsätzlich aus, dass die Richtlinie 89/665/EWG (Rechtsmittel-Richtlinie) einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die Nachprüfung einer Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers binnen einer bestimmten Frist beantragt werden muss, wobei sämtliche Mängel des Vergabeverfahrens, auf die der Antrag gestützt wird, innerhalb dieser Ausschlussfrist gerügt werden müssen, sodass bei Versäumnis der Frist im weiteren Verlauf des Verfahrens weder die betreffende Entscheidung angefochten noch ein solcher Mangel geltend gemacht werden kann, sofern die fragliche Frist angemessen ist.

 

Die Antragstellerin stützt sich daher zu Recht auf die Ausschreibungsunterlagen, wonach ausdrücklich Alternativangebote für zulässig erklärt wurden und weiters der Zuschlag nach dem niedrigsten Preis zu erfolgen hat. Dies widerspricht zwar ausdrücklich dem Art.19 Abs.1 Baukoordinierungsrichtlinie, wonach bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden sollen, die Auftraggeber von Bietern vorgelegte Änderungsvorschläge berücksichtigen, wenn diese den vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen entsprechen. Es regelt daher auch § 69 Abs.1 BVergG 2002, dass nur bei Aufträgen, die nach dem Kriterium des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes vergeben werden sollen, Alternativangebote zulässig sind. Gemäß § 67 Abs.3 BVergG ist daher in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt werden soll, wobei das Zuschlagsprinzip des niedrigsten Preises nur dann zulässig ist, sofern der Qualitätsstandard der Leistung in der Bekanntmachung oder in den Ausschreibungsunterlagen klar und eindeutig definiert ist, sodass die Festlegungen in der Ausschreibung qualitativ gleichwertige Angebote sicherstellen. Es widersprechen daher die Festlegungen in der gegenständlichen Ausschreibung klar den §§ 69 Abs.1 und 67 Abs.3 BVergG. Da aber die Ausschreibung im offenen Verfahren eine gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG gesondert anfechtbare Entscheidung ist, welche innerhalb der vorgegebenen Präklusionsfrist anzufechten gewesen wäre, bestehen im Hinblick auf die zitierte Judikatur des EuGH daher keine Bedenken, dass mangels einer Rüge und Anfechtung dieser Bestimmungen durch die Antragstellerin bzw. durch eine andere Bieterin innerhalb der vorgegebenen Präklusionsfrist diese Ausschreibungsbestimmungen unanfechtbar geworden sind und daher dem weiteren Vergabeverfahren zu Grunde zu legen sind. Derartige Mängel können auch nicht mehr im Rahmen der Anfechtung der Zuschlagsentscheidung geltend gemacht werden. Entsprechende Entscheidungen hat auch bereits das Bundesvergabeamt unter Hinweis auf die zitierte EuGH-Judikatur getroffen, z.B. BVA vom 11.6.2003, 13N-29/03-19 und BVA 29.8.2003, 13N-72/07-11. Darin führt das BVA aus, dass sich aus diesem System der Präklusionsfristen ergibt, dass etwaige Fehler des Auftraggebers nach Ablauf der Präklusionsfrist unangreifbar werden. Wurde die Ausschreibung nicht bekämpft so bedeutet dies somit, dass die Ausschreibung unangreifbar geworden ist.

 

Der Oö. Verwaltungssenat schließt sich dieser Judikatur an. Die Antragstellerin hat in Kenntnis der Ausschreibungsunterlagen keine Mitteilung iSd § 81 Abs.5 BVergG gemacht und die Ausschreibung nicht bekämpft, sondern im Grunde dieser Ausschreibungsunterlagen ein Hauptangebot und ein Alternativangebot gelegt. Es ist daher Präklusion eingetreten.

 

Wenn sich daher die Auftraggeberin auf eine grobe Verletzung des BVergG beruft und darlegt, dass das Zuschlagsprinzip des niedrigsten Preises Alternativangebote ausschließt bzw. diese unzulässig macht, so ist ihr entgegenzuhalten, dass zwar in der Regierungsvorlage zum BVergG, 1087 Blg. Nr. 21.GP 20, letzter Absatz zu § 20 Z12 festgestellt wurde, dass fundamentale Rechtswidrigkeiten, die das gesamte Verfahren (dh alle gesondert anfechtbaren Entscheidungen) mit Gemeinschaftswidrigkeit belasten, durch die Präklusion nicht saniert werden sollen. Diese Passage findet sich jedoch im Bericht des Verfassungsausschusses, 11081 Blg. Nr. 21.GP 24, zu § 20 Z13 nicht mehr, was ein Indiz dafür ist, dass der Inhalt dieses Absatzes eben so nicht gewollt war.

 

Unter Zugrundelegung der Judikatur des Bundesvergabeamtes (z.B. BVA vom 11.6.2003, 13N-29/03-19) hat sich der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall vielmehr auf die Überprüfung der Entscheidungen des Auftraggebers im Verfahrensabschnitt zwischen dem Ablauf der Angebotsfrist bis zur Zuschlagsentscheidung (dieser Abschnitt ist von der Präklusion nicht erfasst) zu beschränken. In diesen Verfahrensabschnitt fällt jedenfalls die Ausscheidung der Antragstellerin, die gemäß § 20 Z13 lit.b BVergG eine nicht gesondert anfechtbare Entscheidung darstellt, welche nur gemeinsam mit der ihr nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidung - in diesem Fall der Zuschlagsentscheidung - angefochten werden kann, was auch geschehen ist. Es ist somit zu überprüfen, ob auf Grund der (unangreifbaren) Ausschreibung das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden war. Im Schreiben der Auftraggeberin vom 25.5.2004 wurde ausgeführt, dass die Arbeiten zur Herstellung der Rohrpressung nach der Leistungsgruppe 25 des Musterleistungsbuches für den Siedlungswasserbau, Version 04, ausgeschrieben wurden. Es wurde auf die "allgemeinen Vorbemerkungen" der Leistungsgruppe 25 auf Seite 512 Absatz 7 hingewiesen. Eben dieser Mindestquerschnitt DN 800 wurde ausgeschrieben, um einerseits der Arbeitnehmerschutzverordnung zu genügen und andererseits die erforderlichen Toleranzen für den Einbau des Mediumrohres einhalten zu können. Da das Alternativangebot der Antragstellerin nicht gleichwertig ist, musste das Alternativangebot abgelehnt werden.

 

5.4. Die Antragstellerin macht ihr Recht auf Durchführung eines rechtsrichtigen Vergabeverfahrens, daher auf Beurteilung ihres Alternativangebotes als gleichwertig und Berücksichtigung ihres Alternativangebotes nach dem Kriterium des niedrigsten Preises geltend.

 

Gemäß § 81 Abs.4 BVergG haben Alternativangebote die Erbringung einer gleichwertigen Leistung sicherzustellen. Den Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen.

 

Gemäß § 69 Abs.2 BVergG hat der Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen die Mindestanforderungen, die Alternativangebote im Hinblick auf ihre Vergleichbarkeit mit der ausgeschriebenen Leistung erfüllen müssen, zu erläutern und zu bezeichnen, in welcher Art und Weise diese Angebote eingereicht werden können.

Diese Bestimmung entspricht Art.19 Abs.2 Baukoordinierungsrichtlinie ("Die öffentlichen Auftraggeber erläutern in den Verdingungsunterlagen die Mindestanforderungen, die Änderungsvorschläge erfüllen müssen").

 

Im besonderen Teil der Erläuterungen RV 2002 zu § 69 BVergG ist angeführt: "Der Rechnungshof stellte fest, dass sich vielfach Alternativangebote einer seriösen Überprüfung auf ihre Vergleichbarkeit mit den übrigen Angeboten entziehen und dadurch die Bestbieterermittlung erschwert wird. Er empfahl deshalb, die Kriterien exakt festzulegen, nach denen Alternativangebote bei einer Angebotsprüfung zu bewerten sind. Mit der vorliegenden Bestimmung sollte dieser Empfehlung des Rechnungshofes nachgekommen werden."

 

Bereits in der Rechtssache C-87/94 (Kommission-Belgien) hat der Generalanwalt Lenz in seinem Schlussantrag hinsichtlich eines öffentlichen Lieferauftrages in RZ 91 ausgeführt, dass bei Vergabeverfahren nach dem wirtschaftlich günstigsten Angebot dem öffentlichen Auftraggeber ein gewisses Ermessen zusteht, welcher technischen Lösung er im Ergebnis den Vorzug gibt. Dieses Ermessen ist freilich nicht grenzenlos und muss auf Ermessensfehler kontrollierbar sein. Die Maßstäbe für die Ermessensübung lassen sich der Richtlinie Art.27 Abs.3 entnehmen, worin es heißt: "Die Auftraggeber erläutern in den Auftragsunterlagen die Mindestanforderungen für die Varianten".

Generalanwalt Alber hat in seinem Schlussantrag in der Rechtssache C-421/01 "Traunfellner" in RZ 40 ausgeführt, dass nach Art.19 Abs.1 der Richtlinie 93/37 Änderungsvorschläge unzulässig sind, wenn sie nicht den vom Auftraggeber festgesetzten Mindestanforderungen entsprechen. Wann ein Änderungsvorschlag vorliegt, hängt also von den im Einzelfall vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen ab, die in der Ausschreibung anzugeben sind. Die Beurteilung, ob noch ein Änderungsvorschlag vorliegt oder aber ein als unzulässig auszuscheidendes Angebot, kann letztlich nur vom Auftraggeber gefällt werden. Eine gerichtliche Nachprüfung wird sich auf die Kontrolle beschränken müssen, ob die in der Richtlinie 93/37 aufgestellten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen und die vom Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen eingehalten worden sind sowie ob der Auftraggeber die Grenzen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums bei der Prüfung der Angebote nicht offensichtlich überschritten hat, also z.B. unsachgemäße Erwägungen im Rahmen der Prüfung der Gleichmäßigkeit angestellt hat (RZ 43).

 

Weiters kommt er unter Heranziehung des 10. und 11. Erwägungsgrundes der Richtlinie 93/37 zur Auffassung, dass sowohl der Grundsatz der Transparenz als auch der Gleichbehandlung auch im Rahmen der Auslegung des Art.19 der Richtlinie zu beachten sind und daher für die Angabe von Mindestbedingungen ein allgemeiner Verweis auf eine nationale Rechtsvorschrift weder zur Festlegung von Mindestanforderungen iSd Art.19 noch zur Festlegung von Zuschlagskriterien iSd Art.30 der Richtlinie 93/37 genügt. Weiters führt er in den RZ 62ff aus, dass der Begriff der Mindestanforderungen iSd Art.19 in der Richtlinie nicht definiert wird. Der Auftraggeber verfügt bei der Festlegung der Mindestanforderungen über einen Ermessensspielraum. Sie betreffen Eigenschaften oder Ergebnisse, die die ausgeschriebene Leistung kennzeichnen und denen die angebotene Leistung zu genügen hat. "Wie sich aus Art.19 Abs.2 Satz 1 der Richtlinie ergibt, muss der Auftraggeber aber für den Fall, dass Änderungsvorschläge zugelassen werden, in der Bekanntmachung die Mindestvoraussetzungen erläutern, denen sie genügen müssen. Diese Pflicht folgt aus der Verwendung des Indikativs (‚erläutern' die Mindestanforderungen). Stünde es dem Auftraggeber frei, in diesem Fall Mindestanforderungen festzulegen oder nicht, so hätte es nahegelegen, die Formulierung ‚können' Mindestanforderungen erläutern zu verwenden. Diese am Wortlaut orientierte Auslegung entspricht auch dem Sinn der Regelung. Wenn Änderungsvorschläge zugelassen sind, müssen die Bieter wissen, nach welchen Kriterien ihre Vorschläge vom Auftraggeber bewertet werden. Die Bewertung erfolgt anhand der Mindestanforderungen, mit denen die Erwartungen des Auftraggebers an die von ihm ausgeschriebene Leistung konkretisiert werden. .... Eine Ausschreibung, die mangels ausdrücklichen Ausschlusses Änderungsvorschläge zulässt, aber keine Mindestanforderungen aufstellt, entspricht daher nicht den Anforderungen der Richtlinie 93/37. Der Einwand, es sei in der Praxis unmöglich, im Vorhinein alle Kriterien anzugeben, da man nicht wisse, in welchen Punkten Alternativen angeboten würden, ist deshalb zurückzuweisen. Der Auftraggeber wird in der Lage sein, seine Erwartungen an die ausgeschriebene Leistung und die in den einzelnen Unterpunkten enthaltenen Leistungsbeschreibungen zu formulieren, also z.B. die Tragfähigkeit einer Brücke oder die Belastbarkeit und Lebensdauer eines Straßenbelags. In der Ausschreibung einer Bauleistung dürfte vor allem das vom Auftraggeber erwartete Ergebnis zu formulieren sein. Ob ein Angebot dieses Ergebnis gewährleistet, ist bei ausschreibungskonformen Vorschlägen ebenso wie bei Änderungsvorschlägen anhand objektiver Kriterien zu ermitteln, die den Bietern in der Ausschreibung bekannt zu geben sind."

 

Weiters führt der Generalanwalt in RZ 67 aus, dass die Reglung des § 42 Abs.4 BVergG (entspricht nunmehr § 81 Abs.4 BVergG) verlangt, "dass die mit dem Änderungsvorschlag angebotene Leistung gleichwertig mit der ausgeschriebenen Leistung sein muss. Dieses Kriterium bezieht sich nicht auf die Eigenschaften oder das Ergebnis, die die ausgeschriebene Leistung kennzeichnen. Vielmehr geht es um die Bewertung der angebotenen Leistung im Verhältnis zur ausgeschriebenen Leistung." Auch führt er weiters aus, dass das Kriterium der Gleichwertigkeit keine Mindestanforderung iSd Art.19 der Richtlinie 93/37 sein kann. Sie ist vielmehr das Ergebnis, das ein Änderungsvorschlag erreichen muss. Ob dieses Ergebnis erreicht wird, ist anhand der Mindestanforderungen zu ermitteln, mit denen der Auftraggeber seine Erwartungen an die ausgeschriebene Leistung gekennzeichnet hat. Die Gleichwertigkeit stellt für sich allein keinen Prüfungsmaßstab dar, sondern beschreibt nur das vom Änderungsvorschlag zu erreichende Niveau. Das für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Änderungsvorschlages aufgestellte Kriterium der Gleichwertigkeit ist keine vom Auftraggeber festgesetzte Mindestanforderung iSd Art.19 der Richtlinie 93/37.

 

Er kommt daher in RZ 81 zu dem Schluss, dass ein Vergabeverfahren, das in der Ausschreibung nicht näher bestimmt, anhand welcher konkreten Vergleichsparameter die Gleichwertigkeit überprüft wird, nicht durch die Vergabe des Auftrages zu Ende geführt werden darf.

 

Der EuGH ist in seinem Urteil vom 16.10.2003, Rs C-421/01, im Wesentlichen den Ausführungen des Generalanwaltes gefolgt und hat zur Frage, ob Art.19 der Richtlinie 93/37 entsprochen ist, wenn die Verdingungsunterlagen lediglich auf eine nationale Rechtsvorschrift verweisen, die das Kriterium aufstellt, dass mit dem Alternativvorschlag die Erbringung einer qualitativ gleichwertigen Leistung wie derjenigen sichergestellt ist, die Gegenstand der Ausschreibung ist, ohne näher zu definieren, anhand welcher konkreten Vergleichsparameter diese Gleichwertigkeit zu überprüfen ist, ausgesprochen, dass damit Art.19 der Richtlinie 93/37 nicht entsprochen ist. Weiters stellte der EuGH fest, dass Art.30 der Richtlinie 93/37 nur auf solche Änderungsvorschläge Anwendung findet, die vom Auftraggeber im Einklang mit Art.19 dieser Richtlinie berücksichtigt worden sind.

Es müssen daher "Ausschreibungen, welche gemäß § 69 Abs.1 BVergG Alternativen zulassen, ausdrücklich Mindestanforderungen konkret definieren und erläutern, welche die eingereichten Alternativangebote zu erfüllen haben. Ein bloßer allgemeiner Hinweis auf § 81 Abs.4 BVergG oder auf das Erfordernis der Gleichwertigkeit ohne Nennung von speziellen Kriterien reicht nach dem vorliegenden Urteil des EuGH nicht aus. Eine solche mangelhafte Festlegung hat zur Folge, dass Alternativangebote nicht berücksichtigt werden können, auch wenn sie der Auftraggeber nicht für unzulässig erklärt hat. Zuschlagskriterien vermögen die ausdrückliche Festlegung von Mindestanforderungen nicht zu ersetzen" (vgl. Brigitte Gutknecht in ZVB 2004/10, Seite 32).

 

Es führt daher jüngst Hans Gölles in RPA 6/2003 "Alternativangebote - Prinzipien beim Ausschreiben und Prüfen" an: "Woran die Gleichwertigkeit des Alternativangebotes mit der ausschreibungsgemäßen Leistung zu messen ist, wird in den §§ 90 bis 98 nicht näher erläutert, es werden aber die Mindestanforderungen gemäß § 69 Abs.2 die Messlatte sein (wohl die ausschließliche Messlatte aufgrund des Transparenzgebotes des EG-Vergaberechtes). Dementsprechend wird es nicht genügen, in Ignorierung des Gebotes in § 69 Abs.2 statt der Angabe von konkreten Mindestanforderungen (die auf Anforderungen gemäß der ausschreibungsgemäßen Leistung bezogen sind) in den Ausschreibungsunterlagen nur (pauschal und unbestimmt) zu fordern, dass die Alternative ‚der ausschreibungsgemäßen Leistung gleichwertig zu sein habe'. Die Anforderungen gemäß der ausschreibungsgemäßen Leistung sind schon in § 74 Abs.1 angesprochen und spiegeln sich in der Beschreibung der Leistungen bzw. der Aufgabenstellungen, die technische Spezifikationen zu enthalten haben und allenfalls durch Pläne, Zeichnungen, Modelle, Proben, Muster und dergleichen zu ergänzen sind."

Im Grunde dieser Judikatur und Literatur hat der Oö. Verwaltungssenat die vorliegenden Angebotsunterlagen einer Überprüfung unterzogen, insbesondere dahingehend, welche Leistung der Auftraggeber hinsichtlich der Bahnquerung ausgeschrieben hat und welche Anforderungen er im Hinblick auf eine Gleichwertigkeitsprüfung von zugelassenen Alternativangeboten festgelegt hat. Der Oö. Verwaltungssenat übersieht dabei nicht, dass das gegenständliche Vergabeverfahren sich im Unterschwellenbereich bewegt und daher die Richtlinien und die EuGH-Judikatur grundsätzlich keine Anwendung finden. Allerdings gelten auch im Unterschwellenbereich die Vergabegrundsätze gemäß § 21 Abs.1 BVergG, nämlich freier und lauterer Wettbewerb und Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter.

Es ist daher § 69 Abs.2 BVergG, der gemäß § 17 Abs.1 BVergG auch im Unterschwellenbereich Anwendung findet, nach den angeführten Vergabegrundsätzen auszulegen - so auch der Generalanwalt Alber in seinem Schlussantrag in der RS C-421/01 -, sodass für die Angabe von Mindestanforderungen ein allgemeiner Verweis auf Rechtsvorschriften nicht genügt.

 

Wie aber in den obigen Feststellungen (Punkt 4.2.) dargelegt wurde, wurde in den Ausschreibungsunterlagen eine konkrete Bohrpressung mit Stahlbetonpressrohren mit dem Durchmesser von 800 mm ausgeschrieben. Vorbemerkungen sowie auch Ausführungen hinsichtlich eines Alternativangebotes und einer diesbezüglichen Gleichwertigkeitsprüfung fehlen den Ausschreibungsunterlagen zur Gänze. Dies wird von der Auftraggeberin bestätigt und damit begründet, dass irrtümlich zwar in den allgemeinen Bestimmungen Alternativangebote zugelassen wurden, also die entsprechende Passage irrtümlich aus dem Musterleistungsbuch nicht gestrichen wurde, dass aber die Zulassung von Alternativangeboten nicht beabsichtigt war und daher auch hinsichtlich der Prüfung von Alternativangeboten keine Anforderungen festgelegt wurden. Auch die Antragstellerin konnte entsprechende Festlegungen, die zu einer Gleichwertigkeitsprüfung herangezogen werden könnten, nicht geltend machen und nachweisen. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin, die ausgeschriebene Leistung heranzuziehen und die alternativ angebotene Leistung daran zu messen, dass damit dasselbe Ziel erreicht wird, reicht dies nicht aus. Nach der obzit. Judikatur reicht es nämlich nicht aus, dass anstelle der Angabe von konkreten Mindestanforderungen nur verlangt wird, - dies nicht einmal ausdrücklich in den Ausschreibungsunterlagen, sondern nur ableitbar aus der gesetzlichen Bestimmung des § 81 Abs.4 BVergG bzw. der §§ 66 Abs.3 und 74 Abs.2 BVergG - dass die Alternative der Ausschreibung der ausschreibungsgemäßen Leistung gleichwertig zu sein habe. Es wurden daher keine Vergleichsparameter aufgestellt, anhand derer die Gleichwertigkeit überprüft werden soll. Es sind daher den Ausschreibungsunterlagen nicht - wie es der Generalanwalt Alber in der Sache C-421/01 fordert - die Erwartungen des Auftraggebers an die ausgeschriebene Leistung und die in den einzelnen Unterpunkten enthaltenen Leistungsbeschreibungen zu entnehmen (z.B. Überwindung eines bestimmten Gefälles, bestimmter Bodenschichten, ein bestimmtes Gesamtfassungsvermögen, Tauglichkeit nach Arbeitnehmerschutz usw.).

 

Es konnte daher weder die Auftraggeberin noch die nunmehr angerufene Nachprüfungsbehörde mangels festgelegter Mindestanforderungen unter Zugrundelegung des Gebotes der Transparenz und des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Bieter die Gleichwertigkeit der von der Antragstellerin angebotenen Alternative (Stahlpressrohr Durchmesser 600 mm und Bohrung mit Imlochhammer) feststellen. Es hat daher eine solche mangelhafte Festlegung zur Folge, dass Alternativangebote nicht berücksichtigt werden können (Brigitte Gutknecht, ZVB 2004/10).

 

5.5. Unter Wahrung des Transparenzgebotes und des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Bieter hatte daher der Oö. Verwaltungssenat im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte, nämlich der Ausscheidung des Alternativangebotes der Antragstellerin, die fehlenden Festlegungen gemäß § 69 Abs.2 BVergG als rechtswidrig festzustellen. Das Fehlen von Vergleichsparametern führt dazu, dass Alternativangebote nicht berücksichtigt werden können. Es war daher die Nichtberücksichtigung des Alternativangebotes der Antragstellerin im Grunde dieser Ausführungen nicht rechtswidrig. Es ist daher eine Reihung der Hauptangebote nach dem Kriterium des niedrigsten Preises vorzunehmen.

 

Weil aber nur dann eine Entscheidung gemäß § 13 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz für nichtig zu erklären ist, wenn sie im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG steht und für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist, war daher im Grunde des § 13 Abs.1 Z2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz nicht mit Nichtigkeit vorzugehen. Es war daher der Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung abzuweisen.

 

6. Es wird darauf hingewiesen, dass der Nachprüfungsantrag eingabegebührenpflichtig ist. Es sind Stempelgebühren in der Höhe von 67 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

Beschlagwortung:

Mindestanforderungen, Alternativangebot, Ausschreibung, Präklusion

 

 
 

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