Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550158/6/Bm/Sta

Linz, 10.08.2004

 

 

 VwSen-550158/6/Bm/Sta Linz, am 10. August 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die
IX. Kammer (Vorsitzender: Dr. Konrath, Berichterin: Mag. Bismaier, Beisitzerin:
Dr. Klempt) über den Antrag der M G, H, G, vertreten durch GF Ing. W S, A K,
E, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Um- und Zubau Altenheim F., Sanitäranlagen" durch die Marktgemeinde F, zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Marktgemeinde F. die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 4. Oktober 2004, untersagt.
 
Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl.Nr. 153/2002.
 
 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 4. August 2004 wurde von der M G, G, vertreten durch GF Ing. W S, E, der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 22.7.2004 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung für die Dauer von 2 Monaten nach Antragstellung zu untersagen, gestellt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Marktgemeinde F habe die Errichtung der Sanitäranlagen (Sanitärinstallation) für das Bauvorhaben "Um- und Zubau Altenheim F" als Auftragsvergabe gemäß dem Bundesvergabegesetz im offenen Verfahren (Oberschwellenbereich) öffentlich ausgeschrieben.

In den bezughabenden Ausschreibungsbedingungen, Punkt 00.11.09.C Z sei folgendes festgehalten:

"00.11.09.C Z Alternativangebot nicht zulässig.

Ein Alternativangebot ist nicht zulässig. Begründung `&`

Es handelt sich um standardisierte Leistungen."

 

Die Antragstellerin habe sich am Verfahren beteiligt und fristgerecht ein Angebot über € 499.897,75 gelegt.

 

Am 26.5.2004 sei die Anbotseröffnung erfolgt; dabei sei das vorgenannte Anbot der Antragstellerin das günstigste gewesen. Lediglich ein - nach den Ausschreibungsbedingungen nicht zulässiges - Alternativangebot der Firma
DI G I sei mit € 494.397,86 geringfügig unter dem von der Antragstellerin angebotenen Preis gelegen.

 

Am 22.7.2004 habe die Antragstellerin von der Marktgemeinde F. mittels Fax die Verständigung erhalten, dass der Zuschlag für das o.a. Bauvorhaben der Firma DI G I, B, L, zum Angebotspreis von € 494.397,86 erteilt werden solle. Es handle sich hierbei um das vorgenannte Alternativanbot der genannten Firma.

Da Alternativanbote gemäß Ausschreibungsbedingungen nicht zulässig seien, wäre das Alternativangebot auszuscheiden gewesen. Auf Basis der bedingungsgemäß erstellten Anbote sei aber die Antragstellerin Bestbieterin.

Die Vorgangsweise der Antragsgegnerin verstoße gegen das Bundesvergabegesetz.

Durch diese beabsichtigte Zuschlagserteilung und der damit zu Unrecht der Antragstellerin vorenthaltenen Auftragserteilung drohe der Antragstellerin ein nicht unerheblicher Schaden. Zum einen seien erhebliche Vorleistungen in die Anbotslegung zu investieren, zum anderen stelle auch der entgangene Auftrag als solcher einen erheblichen Schaden dar. Die Antragstellerin habe in Vertrauen auf ihre Bestbieterstellung nach Anbotseröffnung am 26.5.2004 und den zu erwartenden Zuschlag aus Kapazitätsgründen andere Aufträge abgelehnt, die zumindest die selbe Höhe wie die hier gegenständliche Auftragsvergabe aufweisen würden. Diese Aufträge seien nunmehr endgültig für die Antragstellerin verloren und es sei somit die Auslastung für den in Frage kommenden Zeitraum mangels Ersatzaufträgen nicht sichergestellt. Aus all dem folge das Interesse der Antragstellerin am Vertragsabschluss und drohe der Antragstellerin aus dessen ungerechtfertigter Ablehnung ein erheblicher, wie oben dargestellter Schaden, dessen genaue Bezifferung vorbehalten bleibe.

 

Gemäß § 3 Abs.2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz habe die Antragstellerin die Marktgemeinde F mit Telefaxschreiben vom 26.7.2004 auf die angeführte Rechtswidrigkeit hingewiesen und von der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verständigt. Hierauf sei jedoch keinerlei Reaktion seitens der Antragsgegnerin erfolgt.

Die Antragstellerin habe die Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung am 22.7.2004 erhalten; die Anfechtung sei daher gemäß § 100 Abs.2 BVergG iVm § 9 sowie Anlage I Oö. Vergabenachprüfungsgesetz fristgerecht.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung brachte die Antragstellerin insbesondere vor, dass durch diese gegen das Bundesvergabegesetz verstoßende rechtswidrige Vorgangsweise den Interessen der Antragstellerin unmittelbar der oben dargestellte Schaden drohe. Eine Hintanhaltung der Schädigung könne nur durch Unterlassung der beabsichtigten Zuschlagserteilung und Neufassung der Zuschlagsentscheidung erfolgen. Die geringfügige Verzögerung der Vergabe wiege jedenfalls geringer als die Schädigung der dargestellten Interessen der Antragstellerin; auch entsprechende öffentliche Interessen würden der beantragten einstweiligen Verfügung nicht entgegen stehen.

 

2. Der Auftrag wurde im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben. Als Auftraggeberin wurde die Marktgemeinde F genannt. Die Antragstellerin fühlt sich in ihrem Recht verletzt, als Bestbieterin den Zuschlag im Vergabeverfahren betreffend das Bauvorhaben "Um- und Zubau Altenheim F, Sanitärausstattung" zu erhalten. Die Pauschalgebühren wurden entrichtet, die öffentliche Auftraggeberin von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Marktgemeinde F als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 9. August 2004 wurde von der Marktgemeinde F eine Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag abgegeben, auf den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde nicht ausdrücklich Bezug genommen, insbesondere wurden keine Angaben über möglicherweise geschädigte Interessen durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung getätigt.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1.

Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

Der Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig und erfüllt auch die Voraussetzungen nach
§ 6 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz.

Da der gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verbunden wurde, liegt ein das Nachprüfungsverfahren einleitender Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vor, sodass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz zulässig ist, zumal es sich bei der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberinnen auch um eine gesondert anfechtbare Entscheidung im Sinne des § 3
Oö. Vergabenachprüfungsgesetz iVm § 20 Z13 lit. a sublit. aa BVergG handelt.

Gemäß § 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der Unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw. Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen.

In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

Vorweg ist festzuhalten, dass im Provisorialverfahren es lediglich um die Notwendigkeit geht, zu verhindern, dass die Hauptentscheidung durch faktische Geschehnisse ins Leere geht und die Antragstellerin somit vor vollendete Tatsachen gestellt wird einerseits und andererseits um die Frage, welche nachteiligen Folgen mit der einstweiligen Verfügung verbunden sind und ob die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung der einstweiligen Verfügung überwiegen (Hahnl, BVergG-Bundesvergabegesetz 2002, § 171 E3).

Über die inhaltliche Begründetheit des Nachprüfungsantrages ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen; es kommt nicht darauf an, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, dass sich aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten zumindest möglich sind (BVA 12.1.1998, N-1/98-7=CONNEX 1999/1, 40).

Die Antragstellerin hat die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung behauptet und in ihrer Eingabe auf den Eintritt eines Schadens bei Fortführung des Vergabeverfahrens verwiesen. Die Untersagung des Zuschlages sei geeignet, diese drohende Schädigung zu verhindern.

Die Behauptungen über die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung durch die Antragstellerin scheinen jedenfalls denkmöglich, wobei die inhaltliche Begründetheit erst im Hauptverfahren zu beurteilen sein wird.

Aus der Stellungnahme der Auftraggeberin gehen keine möglicherweise geschädigten Interessen durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung hervor. Ebenso wenig wird ein darüber hinausgehendes besonderes Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens dargelegt.

Es besteht jedenfalls die Absicht der Auftraggeberin, den Auftrag zu vergeben; nach dem derzeitigen Wissenstand im Zuge der vorläufigen Prüfung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin für die Erteilung des Zuschlages in Betracht kommt. Bei Zuschlagserteilung an die beabsichtigte Zuschlagsempfängerin entstünde der Antragstellerin - sofern die behaupteten Rechtswidrigkeiten im Vergabeverfahren zutreffen - ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

In Anbetracht der von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente und des Umstandes, dass die Auftraggeberin keinerlei mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile dargelegt hat, ist von einem Überwiegen der nachteiligen Folgen des Unterbleibens einer einstweiligen Verfügung für die Antragstellerin auszugehen.

Es möge zwar in einer möglichst raschen Vergabe ein öffentliches Interesse bestehen, der VfGH hat aber in seinem Beschluss vom 1. August 2002,
B 1194/02, zum Ausdruck gebracht, dass dem bereits durch eine zeitgerechte - und etwaige Verzögerungen berücksichtigende - Ausschreibung Rechnung zu tragen sei.

Aus den angeführten Gründen war somit dem Antrag spruchgemäß stattzugeben.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 5
Oö. Vergabenachprüfungsgesetz.

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs. 6 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz sofort vollstreckbar.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von
16,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 

 

Dr. K o n r a t h
 
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum