Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550165/4/Ste

Linz, 28.10.2004

 

 VwSen-550165/4/Ste Linz, am 28. Oktober 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über den Antrag der Dipl.Ing. H L KG für Bauwesen, vertreten durch Dr. G L, Rechtsanwalt, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "Abwasserbeseitigungsanlage St. Marienkirchen am Hausruck, Bauabschnitt 06 - Baulos 01", zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck die Erteilung des Zuschlags im Vergabeverfahren Abwasserbeseitigungsanlage St. Marienkirchen am Hausruck, Bauabschnitt 06 - Baulos 01 / Kanal- und Straßenbauarbeiten betreffend die Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 22. November 2004, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1 bis 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 22. Oktober 2004 wurde von der Dipl.Ing. H L KG für Bauwesen (in der Folge: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck als Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 22. November 2004, zu untersagen gestellt.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge des Vergabeverfahrens fristgerecht zwei ausschreibungsgemäße Angebote gelegt worden seien. Die Angebote seien - in beiden von der Auftraggeberin ausgeschriebenen Varianten für die Kanalrohr-Qualitäten GFUP und Steinzeug - jeweils an preislich erster Stelle gereiht worden. Ungeachtet dessen hat sich die Auftraggeberin dazu entschlossen, das Angebot der Antragstellerin wegen angeblicher Mängel hinsichtlich der Nachvollziehbarkeit des Gesamtpreises - ohne nähere Begründung - auszuscheiden und eine auf eine Mitbewerberin ausgestellte Zuschlagsentscheidung zu fällen.

Zum Schaden wurde insbesondere der entgangene Auftrag, 32.365,95 Euro für den entgangenen Gewinn sowie Kosten der Anbotslegung von 4.200,-- Euro geltend gemacht.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2004 wurde von der Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck eine Stellungnahme abgegeben, in der jedoch keine Angaben über möglicherweise geschädigte Interessen durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemacht wurden. Inhaltlich wurde lediglich darauf hingewiesen, "dass nach Abschluss des Nachprüfungsverfahrens die einstweilige Verfügung möglichst rasch aufgehoben wird und eine Vergabe der Arbeiten durchgeführt werden kann. Aus der Sicht der Gemeinde sollte die Entscheidung möglichst rasch erfolgen und für die Gemeinde St. Marienkirchen a.H. zu einem kostengünstigen Ergebnis führen."

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 2 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl. Nr. 153/2002 - Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs. 1 Oö. VNPG. Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

3.2. Die Gemeinde St. Marienkirchen am Hausruck ist öffentliche Auftraggeberin iSd. § 7 Abs. 1 Z. 1 BVergG und des § 1 Abs. 2 Z. 1 Oö. VNPG. Der Auftragswert der zu prüfenden Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens
5 Millionen Euro bei Bauaufträgen iSd. § 9 Abs. 1 Z. 3 BVergG. Die Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Die beabsichtigte Zuschlagserteilung wurde der Antragstellerin per Telefax am
11. Oktober 2004 bekannt gegeben.

 

3.3. Der vorliegende Nachprüfungsantrag wurde am 22. Oktober 2004 - und damit rechtzeitig - eingebracht und erfüllt auch die Voraussetzungen nach § 6 Oö. VNPG.

 

3.4. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der Unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig sind und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der Unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenats über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Festzuhalten ist, dass es im Provisorialverfahren einerseits lediglich um die Notwendigkeit geht, zu verhindern, dass die Hauptentscheidung durch faktische Geschehnisse ins Leere geht und die Antragstellerin somit vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Andererseits ist die Frage zu beantworten, welche nachteiligen Folgen mit der einstweiligen Verfügung verbunden sind und ob die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung der einstweiligen Verfügung überwiegen (vgl. Hahnl, BVergG - Bundesvergabegesetz 2002, E 3 zu § 171). Über die inhaltliche Begründetheit des Nachprüfungsantrags ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen; es kommt nicht darauf an, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, dass sich aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten zumindest möglich sind (BVA vom 12. Jänner 1998, N-1/98 = Connex 1999/1, 40).

 

Die Antragstellerin hat die Rechtswidrigkeit der Zuschlagserteilung behauptet und in ihrer Eingabe auf den Eintritt eines Schadens bei Fortführung des Vergabeverfahrens verwiesen. Die Untersagung des Zuschlags sei geeignet, diese drohende Schädigung zu verhindern. Die Behauptungen der Antragstellerin über die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung scheinen jedenfalls denkmöglich, wobei die inhaltliche Begründetheit erst im Hauptverfahren zu beurteilen sein wird. Aus der Stellungnahme der Auftraggeberin gehen keine möglicherweise geschädigten Interessen durch die Erlassung der einstweiligen Verfügung hervor. Ebenso wenig wird ein darüber hinausgehendes besonderes Interesse an der unmittelbaren Fortführung des Vergabeverfahrens dargelegt.

 

Es besteht jedenfalls die Absicht der Auftraggeberin, den Auftrag zu vergeben. Nach dem derzeitigen Wissensstand im Zuge der vorläufigen Prüfung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin für die Erteilung des Zuschlags in Betracht kommt. Bei Zuschlagserteilung an die beabsichtigte Zuschlagsempfängerin entstünde der Antragstellerin - sofern die behauptete Rechtswidrigkeit im Vergabeverfahren zutrifft - ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

 

In Anbetracht der von der Antragstellerin vorgebrachten Argumente und des Umstands, dass die Auftraggeberin keinerlei mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile dargelegt hat, ist von einem Überwiegen der nachteiligen Folgen des Unterbleibens einer einstweiligen Verfügung für die Antragstellerin auszugehen. Zwar kann durchaus in einer möglichst raschen Vergabe ein öffentliches Interesse bestehen, dazu hat aber der Verfassungsgerichtshof (in seinem Beschluss vom 1. August 2002, B 1194/02) zum Ausdruck gebracht, dass dem bereits durch eine zeitgerechte - und etwaige Verzögerungen berücksichtigende - Ausschreibung Rechnung zu tragen sei.

 

Aus den genannten Gründen war daher dem Antrag spruchgemäß stattzugeben.

 

3.5. Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs. 5 Oö. VNPG. Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs. 6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar

 

 

4. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 28,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

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