Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550205/3/Bm/Rd/Sta

Linz, 22.03.2005

 

 

 VwSen-550205/3/Bm/Rd/Sta Linz, am 22. März 2005

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bismaier über den Antrag der L GesmbH, S, S, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "ABA P BA 01, Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten für Abwasserbeseitigungsanlage" durch die Auftraggeberin Gemeinde P, zu Recht erkannt:

 

Dem Antrag wird stattgegeben und der Auftraggeberin Gemeinde P die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 17. April 2005, untersagt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz, LGBl.Nr. 153/2002.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe vom 17.3.2005 wurde von der L GesmbH, der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 7.3.2005 sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung zu untersagen, gestellt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge des oa Vergabeverfahrens von der Antragstellerin fristgerecht ein ausschreibungsgemäßes Angebot gelegt worden sei. Nach Ansicht der Antragstellerin sei sie Bestbieterin, jedoch wurde im Namen der Auftraggeberin vom Büro Dipl.-Ing. E & P mit 7.3.2005 in der Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben, dass die A P-T A den Zuschlag erhalten solle. Aufgrund der auf der Basis dieses Schreibens am 7.3.2005 gestellten Bitte um Bekanntgabe der Gründe für die Nichtberücksichtigung des Angebotes der Antragstellerin und um Bekanntgabe der Vorteile des erfolgreichen Angebotes wurde mit Fax vom 9.3.2005 ein Auszug aus dem Prüfbericht der Dipl.-Ing. E & P Ziviltechniker OEG und des Gutachtens M. & P Unternehmensberatung Bauwirtschaft M B GmbH & Co KG, W, übermittelt. Gemäß beiliegender detaillierter Sachverhaltsdarstellung zu diesen der Antragstellerin übergebenen Unterlagen seien sämtliche Ausscheidungsgründe haltlos.

Speziell die Haltlosigkeit des vom Prüforgan als ersten, und Hauptausscheidungsgrund angegebenen Fehlens der Bekanntgabe der Subunternehmer (nicht behebbarer Anbotsmangel), genannten Punktes zeige die Unrechtmäßigkeit des Ausscheidens des Angebotes der Antragstellerin bereits eindeutig und klar auf. Da gemäß Fax vom 14.3.2005 (also wesentlich nach dem durchgeführten Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin) der Prüfer entgegen seinem Prüfbericht nunmehr sogar selbst zugegeben habe, dass die Seite 9 des Angebotes (von der Antragstellerin bekannt gegebene Subunternehmer) doch ausgefüllt worden sei, falle der erste Ausscheidungsgrund von vornherein weg.

 

Aufgrund der derzeitigen Auftragslage habe die Antragstellerin ein großes Interesse am betreffenden Auftrag. Für die Angebotslegung und durch die sich seit nunmehr fast einem Jahr hinziehende Anbotsprüfung sei bereits ein erheblicher personeller und materieller Einsatz aufgewendet worden. Der Vertragsabschluss hätte die Auswirkung, dass die Vollbeschäftigung der Dienstnehmer aufrechterhalten werden könnte.

 

Zum Schaden wurde ausgeführt, dass bei Nichterhalten des Auftrages voraussichtlich ein Schaden in Form des entgangenen Gewinns in Höhe von ca. 50.000 Euro entstehen würde. Darüber hinaus würden Kosten für die Anbotslegung sowie anschließende Bearbeitungskosten im Ausmaß von ca. 15.000 Euro verloren gehen.

 

Obwohl die Antragstellerin als Bestbieterin hervorgegangen wäre, beabsichtige die Auftraggeberin dem der Antragstellerin nachgereihten Angebot der A P-T A den Zuschlag zu erteilen. Dieser Umstand sei wohl nur dadurch zu erklären, dass alle vorgereihten Angebote ausgeschieden worden sein müssten.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung brachte die Antragstellerin insbesondere vor, dass durch diese im Nachprüfungsantrag behauptete Rechtswidrigkeit der Antragstellerin unmittelbar der oben dargestellte Schaden drohe.

 

2. Der Auftrag wurde im offenen Verfahren im Unterschwellenbereich ausgeschrieben. Als Auftraggeberin wurde die Gemeinde P genannt.

Die Antragstellerin fühlt sich in ihrem Recht verletzt, als Bestbieterin den Zuschlag im Vergabeverfahren betreffend "ABA P-BA 01, Erd-, Baumeister- und Installationsarbeiten" zu erhalten.

Die Pauschalgebühren wurden entrichtet, die öffentliche Auftraggeberin von der Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Gemeinde P als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Eine Stellungnahme ist bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingelangt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Die Gemeinde P ist öffentliche Auftraggeberin iSd § 7 Abs.1 Z1 BVergG bzw des § 1 Abs.2 Z1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (kurz: Oö. VNPG). Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nicht den Schwellenwert von mindestens 5 Mio Euro bei Bauaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z3 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind somit die gesetzlichen Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig und erfüllt auch die Voraussetzungen nach § 6 Oö. VNPG.

 

Da der gestellte Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung verbunden wurde, liegt ein das Nachprüfungsverfahren einleitender Antrag auf Nichtigerklärung einer Auftraggeberentscheidung vor, sodass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 11 Oö. VNPG zulässig ist, zumal es sich bei der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin auch um eine gesondert anfechtbare Entscheidung iSd § 3 Oö. VNPG iVm § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG handelt.

 

4.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragsteller zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Vor der Erlassung der einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen.

Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen.

 

In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Vorweg ist festzuhalten, dass im Provisorialverfahren es lediglich um die Notwendigkeit geht, zu verhindern, dass die Hauptentscheidung durch faktische Geschehnisse ins Leere geht und die Antragstellerin somit vor vollendete Tatsachen gestellt wird einerseits und andererseits um die Frage, welche nachteiligen Folgen mit der einstweiligen Verfügung verbunden sind und ob die Interessen der Antragstellerin an der Erlassung der einstweiligen Verfügung überwiegen (Hahnl, BVergG-Bundesvergabegesetz 2002, § 171 E3).

 

Über die inhaltliche Begründetheit des Nachprüfungsantrages ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen; es kommt nicht darauf an, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen. Vielmehr ist es ausreichend, dass sich aus dem Vorbringen der Parteien ergibt, dass die behaupteten Rechtswidrigkeiten zumindest möglich sind (BVA 12.1.1988, N-1/98-7=CONNEX 1999/1, 40).

 

Die Antragstellerin hat die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung behauptet und in ihrer Eingabe auf den Eintritt eines Schadens bei Fortführung des Vergabeverfahrens verwiesen. Die Untersagung des Zuschlags sei geeignet, diese drohende Schädigung zu verhindern.

 

Die Behauptungen über die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung durch die Antragstellerin scheinen jedenfalls denkmöglich, wobei die inhaltliche Begründetheit erst im Hauptverfahren zu beurteilen sein wird.

 

Es besteht jedenfalls die Absicht der Auftraggeberin, den Auftrag zu vergeben; nach dem derzeitigen Wissensstand im Zuge der vorläufigen Prüfung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin für die Erteilung des Zuschlags in Betracht kommt. Bei Zuschlagserteilung an die beabsichtigte Zuschlagsempfängerin entstünde der Antragstellerin - sofern die behaupteten Rechtswidrigkeiten im Vergabeverfahren zutreffen - ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

 

In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt, kann daraus geschlossen werden, dass eine Gefährdung von Leib und Leben nicht aktuell ist. Auch trifft die Auftraggeberin im Hinblick auf die Rechtsnatur des Provisorialverfahrens und auf die allgemeine Mitwirkungspflicht der Parteien im Verwaltungsverfahren die Behauptungslast betreffend die gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen. Die Auftraggeberin hat aber konkret mit der Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung drohende Nachteile nicht dargelegt, sodass von einem Überwiegen der nachteiligen Folgen des Unterbleibens einer einstweiligen Verfügung für die Antragstellerin auszugehen ist.

Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Als Begründung für ein Abstandnehmen von einer Zuschlagsaussetzung würde dies eine einstweilige Verfügung in einem Vergabeverfahren fast immer verhindern und dieses Rechtsschutzinstrumentarium gänzlich ausschalten.

Es möge zwar in einer möglichst raschen Vergabe ein öffentliches Interesse bestehen, der VfGH hat aber in seinem Beschluss vom 1.8.2002, B 1194/02, zum Ausdruck gebracht, dass dem bereits durch eine zeitgerechte - und etwaige Verzögerungen berücksichtigende - Ausschreibung Rechnung zu tragen sei.

 

Aus den angeführten Gründen war somit dem Antrag spruchgemäß stattzugeben.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 leg.cit. sofort vollstreckbar.

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bismaier

 
 

 

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