Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550208/7/Ste

Linz, 07.04.2005

 

 

 VwSen-550208/7/Ste Linz, am 7. April 2005

DVR.0690392
 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine IX. Kammer (Vorsitzender: Dr. Werner Reichenberger, Berichter: Vizepräsident
Mag.Dr. Wolfgang Steiner, Beisitzerin: Mag. Michaela Bismaier) über den Antrag der Architekten N + M und Partner ZT GmbH, Wien, vertreten durch S, Rechtsanwälte, im Vergabeverfahren der Stadt Wels, vergebende Stelle: LAWOG Gemeinnützige Landeswohnungsgenossenschaft für Oberösterreich, über die Ausschreibung "Neubau einer HBLA in Wels", zu Recht erkannt:

 

 

Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben und die Entscheidung der Stadt Wels vom 10. März 2005 als Auftraggeberin im Vergabeverfahren "Neubau H W, öffentliche Erkundung des Bewerberkreises", die Antragstellerin nicht für die zweite Stufe des Architektenwettbewerbs auszuwählen, wird für nichtig erklärt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 67a Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 1 bis 3, 6 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, §§ 114 und 115 Bundesvergabegesetz - BVergG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Eingabe (Telefax) vom 24. März 2005, beim Oö. Verwaltungssenat eingebracht nach Ende der Amtsstunden um 18.24 Uhr, wurde von der Architekten N + M und Partner ZT GmbH der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und auf Untersagung der Fortsetzung des Vergabeverfahrens sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Fortführung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt.

 

Begründend wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die LAWOG (vergebende Stelle) im Auftrag der Stadt Wels (Auftraggeberin) mit Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union 2004/S 241-207739 (veröffentlicht am 10. Dezember 2004) einen nicht offenen Architekturwettbewerb im Oberschwellenbereich mit öffentlicher Erkundung des Bewerberkreises eingeleitet habe. Gegenstand dieses Wettbewerbs sei der Neubau einer HBLA mit 21 Stammklassen, EDV-Räumen, entsprechenden naturwissenschaftlichen Sälen, musik- und bildnerische Erziehung sowie Werkräumlichkeiten, Lehrküchen, Verwaltung, Turnsaal und Sportfreiflächen in Wels. Als Schlusstermin für den Eingang der Teilnahmeanträge sei der 7. Februar 2005, 12.00 Uhr, gewesen. Die LAWOG habe mit Schreiben vom 10. März 2005 der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie für die Teilnahme an der zweiten Stufe des Wettbewerbes nicht mehr ausgewählt worden sei. Am 16. März 2005 wurde von der Antragstellerin um Bekanntgabe der Gründe für die Ablehnung ersucht. Die LAWOG habe daraufhin mit Schreiben vom 16. März 2005 der Antragstellerin mitgeteilt, dass beim ersten Wertungsdurchgang Projekte auf Grund mangelnder städtebaulicher und architektonischer Qualität und geringer einschlägiger Referenzen im Schulbaubereich ausgeschieden worden seien. Im zweiten Wertungsdurchgang sei vertiefend auf die architektonische Gestaltung, die funktionellen Konzepte der Gestaltung sowie auf das für die Aufgabenstellung entsprechende räumliche Milieu Rücksicht genommen worden. Auf dieser Stufe sei die Bewerbung der Antragstellerin von der weiteren Teilnahme ohne nähere Begründung, weshalb den Anforderungen nicht entsprochen und daher rechtswidriger Weise ausgeschieden worden sei.

 

Als drohender Schaden wurde ein Verlust der Chance auf den ersten Preis im Rahmen des Wettbewerbs und ein daraus resultierender Gewinn von ca. 53.440 Euro, frustrierte Aufwendungen von ca. 867,44 Euro und der Verlust eines Referenzprojektes von der Antragstellerin geltend gemacht.

 

Überdies erachte sich die Antragstellerin in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen Wettbewerbs, insbesondere im Recht auf eine rechtmäßige Auswahl unter den Teilnahmeanträgen, auf Aufforderung zur Vorlage von Wettbewerbsarbeiten, dem Recht auf Transparenz und der Nachprüfbarkeit der von der Auftraggeberin getroffenen Auswahl der Teilnehmer für die zweite Stufe, verletzt. Weiters werden im Antrag die mangelnde Nachvollziehbarkeit der Auswahlentscheidung, der Verstoß gegen das Transparenzgebot sowie die Unbestimmtheit der Auswahlkriterien gerügt.

 

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat sowohl die Stadt Wels als Auftraggeberin als auch die L als vergebende Stelle am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Mit Schreiben vom 5. April 2005 gab die L eine Stellungnahme ab, in der die einzelnen Punkte des Antrags jeweils aus der Sicht der L beurteilt wurden. Abschließend wird beantragt, den Antrag abzuweisen und darauf hingewiesen, dass sich die Stadt Wels vollinhaltlich der Auffassung der L anschließe.

 

Mit gleichem Schreiben legte die L die geforderten Vergabeakten vor.

 

2.1. Mit Erkenntnis vom 1. April 2005, VwSen-550209/5, wurde dem Antrag der Antragstellerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Fortführung des Vergabeverfahrens bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 25. Mai 2005, gemäß § 11
Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002, untersagt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich aus § 2 Abs. 2 Z. 1 Oö. VNPG, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, und die dazu ergangenen Verordnungen im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig ist.

Gemäß § 67a Abs. 1 letzter Satz AVG entscheiden in den Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen im Unterschwellenbereich die Unabhängigen Verwaltungssenate durch Einzelmitglied. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass der Unabhängige Verwaltungssenat im Oberschwellenbereich durch eine Kammer zu entscheiden hat. Der Auftragswert der im Antrag angefochtenen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von 236.000 Euro bei Wettbewerben im Rahmen eines Verfahrens, das zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll iSd. § 9 Abs. 1 Z 7 BVergG (iVm. der Schwellenwerte-Verordnung 2005, BGBl. II Nr. 56/2005) und fällt damit in den Oberschwellenbereich. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich ist daher zur Entscheidung durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, berufen.

 

2.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in die vorgelegten Schriftsätze und Unterlagen. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 Oö. VNPG abgesehen werden und konnte eine solche entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist.

 

2.4. Auf Grund der vorliegenden Unterlagen geht der Oö. Verwaltungssenat bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Mit Kundmachung vom 6. Dezember 2004, Amtliche Linzer Zeitung Folge 25/2004, Seite 53, und Amtsblatt der Europäischen Union 2004, Abl. S 241-207739 (vom 10. Dezember 2004), wurde das Vorhaben Neubau einer HBLA in Wels, "nicht offener Architekturwettbewerb im Oberschwellenbereich mit öffentlicher Erkundung des Bewerberkreises" bekannt gemacht.

 

Punkt III. 1) B) (laut Bekanntmachung im Abl.) lautete:

"Auswahlkriterien:

Referenzen im einschlägigen Fachgebiet, insbesondere im Bau von Höheren Schulen. Es soll ein Bewerbungsbogen ca. 90/120 cm hochformatig, mit aussagekräftigen Darstellungen realisierter Bauten, insbesondere im beschriebenen Schulbau (Fotos), und Planungen enthalten."

 

Punkt IV. 2) (laut Bekanntmachung im Abl.) nennt unter der Überschrift "Kriterien für die Bewertung:

"1) funktionelle Kriterien:

Umsetzung des Raum- und Funktionsprogramms, Zuordnung der einzelnen Bereiche, Qualität der Innenräume, Qualität der Außenräume.

2) ökologische und ökonomische Kriterien:

Baukosten lt. ÖNORM B 1801-1, Flächen und Rauminhalte nach ÖNORM B 1800, Konstruktion und Bauphysik, Betriebs- und Folgekosten lt. ÖNORM B 1801-2.

3) städtebauliche und baukünstlerische Kriterien:

die Gesamtstruktur in der Umgebung (architektonische Qualität), gestalterische und räumliche Qualität der Innenräume, Qualität der Außenräume."

 

Als Wettbewerbsordnung wurde von der Auftraggeberin ein Dokument "HBLA Wels - Architektenfindungsunterlage" (ohne Datum) vorgelegt, in dem ua. im Punkt A.5 als Grundlage des Wettbewerbs genannt ist: "Wettbewerbsordnung, Zuordnung der Architekten, Auflage/WOA 2000 in Ergänzung soweit nicht in den Unterlagen anders erwähnt und vorgegeben."

 

Am 9. März 2005 fand eine Jurysitzung "für den nicht offenen anonymen Architektenwettbewerb mit vorgeschaltetem offenen Bewerbungsverfahren nach Referenzen H Wels 1. Stufe" statt. Laut Protokoll dauerte diese Sitzung von 9.45 bis 17.30 Uhr. Das Protokoll selbst lautet wörtlich wie folgt:

"1. Die Begrüßung erfolgte durch Hrn. Bürgermeister Dr. K.

  1. Die Feststellung der Anwesenheit und der Beschlussfähigkeit wurde durchgeführt und festgestellt.
  2. Die Wahl des Vorsitzenden und Stellvertretenden-Vorsitzenden sowie des Schriftführers wurde durchgeführt.
  3. Der Vorprüfungsbericht wurde den Jurymitgliedern übergeben und erklärt.
  4. Es besteht keine Befangenheit der Juroren. Es erfolgt keine Kontaktaufnahme von Architekt mit Juroren oder Beratern.
  5. Auf die Verschwiegenheitspflicht auch für die Berater wurde nochmals hingewiesen.
  6. Der Vorsitzende schlägt einen Verfahrensablauf vor und führt hiefür das Einvernehmen her.
  7. Eine Besichtigungsrunde der 79 zeitgerecht eingelangten Bewerbungsreferenzen wurde angesetzt und durchgeführt. 3 nicht fristgerecht eingelangte Projekte konnten nicht berücksichtigt werden. Mangels Eignungskriterien musste kein Bewerber ausgeschieden werden.
  8. Beim Durchgang wurden anhand des Vorprüfungsberichtes die einzelnen Projekte besprochen. Eine Doppelbewerbung wurde korrigiert und somit verbleiben 78 Projekte in der Wertung.

  9. Es wurde von der Jury festgehalten, dass nach erfüllten Eignungskriterien und den Auswahlkriterien ‚Referenzen im einschlägigen Fachgebiet, insbesondere im Bau von höheren Schulen' die Auswahl erfolgen wird.
  10. Ein erster Wertungsdurchgang wurde durchgeführt, wobei Einstimmigkeit beim Ausscheiden erforderlich war. Es wurden 31 Projekte (Nr. 6, 7, 8, 14, 17, 18, 24, 25, 26, 27, 28, 30, 33, 34, 35, 39, 42, 44, 46, 57, 59, 60, 61, 66, 68, 69, 72, 74, 76, 78, 79) ausgeschieden aufgrund mangelnder städtebaulicher oder architektonischer Qualität oder geringer einschlägiger Referenzen im Schulbaubereich. Somit verbleiben 47 Projekte für den zweiten Wertungsdurchgang.
  11. Ein zweiter Wertungsdurchgang wurde durchgeführt. Hier gilt das Mehrheitsstimmrecht. Bei Stimmengleichheit entscheidet der Vorsitzende. Es wurden 25 Projekte ausgeschieden (Nr. 1, 3, 11, 12, 16, 19, 20, 23, 36, 37, 38, 41, 43, 48, 49, 51, 54, 55, 58, 67, 70, 71, 73, 75, 77) und somit verblieben 22 Projekte. Über Antrag wurde die Teilnehmerzahl auf 23 erhöht (Nr. 19 wurde zurück geholt).
  12. Vertiefend wurde im 2. Durchgang besonders auf die architektonische Gestaltung, die funktionellen Konzepte der Gestaltung sowie auf das für die Aufgabenstellung entsprechende räumliche Millieu Rücksicht genommen.

  13. Ein dritter Wertungsdurchgang wurde durchgeführt. Es verblieben 15 Projekte und 1 Nachrücker, die alle samt einstimmig ausgewählt wurden.

Die verbleibenden Projekte sind:

[Es folgen acht Unterschriften und eine Paraphe.]"

 

Eine darüber hinausgehende beschreibende (verbale) Bewertung erfolgte weder in der Jury noch in einem folgenden Verfahrensschritt oder wurde eine solche jedenfalls nicht dokumentiert.

 

Die von der Antragstellerin eingereichten Bewerbungsunterlagen trugen bei der Auswertung die Nr. 56.

 

Mit Schreiben vom 10. März 2005 teilte die LAWOG für die Auftraggeberin der Antragstellerin mit, "dass bei der gestrigen Jurysitzung Ihre Bewerbung nicht für die 2. Stufe ausgewählt wurde".

 

Mit Schreiben vom 16. März 2005 gab die LAWOG für die Auftraggeberin der Antragstellerin begründend ua. Folgendes bekannt:

"Im zweiten Wertungsdurchgang wurde vertiefend auf die architektonische Gestaltung, die funktionellen Konzepte der Gestaltung sowie auf das für die Aufgabenstellung entsprechende räumliche Millieu Rücksicht genommen.

Hier wurde Ihre Bewerbung von der weiteren Teilnahme ausgeschieden."

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs. 1 Oö. VNPG. Bis zur Zuschlagserteilung ist der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller oder der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

3.2. Die Stadt Wels ist öffentliche Auftraggeberin iSd. § 1 Abs. 2 Z 1 Oö. VNPG. Als vergebende Stelle iSd. § 20 Z 36 BVergG tritt die LAWOG auf. Der Auftragswert der im Antrag angefochtenen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von 236.000 Euro bei Wettbewerben im Rahmen eines Verfahrens, das zu einem Dienstleistungsauftrag führen soll iSd. § 9 Abs. 1 Z 7 BVergG. Die Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer (§ 20 Z. 32 BVergG) bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung (§ 20 Z. 13 BVergG) des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm bzw. ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Ihr Ausscheiden aus dem weiteren Verfahren wurde der Antragstellerin per Telefax am 10. März 2005 bekannt gegeben.

 

3.3. Der vorliegende Nachprüfungsantrag wurde am 24. März 2005 - und damit rechtzeitig - eingebracht und erfüllt auch sämtliche sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen.

 

Der Nachprüfungsantrag richtet sich im Antrag gegen die Bewerberauswahl (Nicht-Zulassung zur Teilnahme) und damit gegen eine gesondert anfechtbare Entscheidung (§ 20 Z. 13 lit. a sublit. gg BVergG) und ist damit auch gemäß § 6 Abs. 2 Oö. VNPG zulässig.

 

3.4. Gemäß § 114 Abs. 4 BVergG ist im Wettbewerbsverfahren Bewerbern, die auf Grund der Bekanntmachung rechtzeitig Teilnahmeanträge gestellt haben und die gemäß den §§ 52 bis 57 als befugt, leistungsfähig und zuverlässig anzusehen sind, unter Bedachtnahme auf die Abs. 5 bis 7 Gelegenheit zur Beteiligung am Wettbewerb zu geben.

 

Nach § 114 Abs. 5 BVergG ist über die Prüfung der Teilnahmeanträge eine Niederschrift zu verfassen, in welcher alle für die Beurteilung der Teilnahmeanträge wesentlichen Umstände festzuhalten sind. Auf Verlangen ist dem Bewerber Einsichtnahme in den seinen Teilnahmeantrag betreffenden Teil der Niederschrift zu gewähren.

 

Langen mehr Teilnahmeanträge als die vom Auslober festgelegte Anzahl von einzuladenden Teilnehmern ein, so hat nach § 114 Abs. 6 BVergG der Auslober unter den befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Bewerbern anhand der Auswahlkriterien die besten Bewerber auszuwählen. Die maßgeblichen Gründe für die Auswahl sind in nachvollziehbarer Form festzuhalten.

 

Die zur Anwendung kommenden Auswahlkriterien müssen nach § 114 Abs. 3 letzter Satz BVergG ua. eindeutig sein und sind im Vorhinein festzulegen.

Ergänzend dazu legt die von der Auftraggeberin selbst dem Verfahren zu Grunde gelegte Wettbewerbsordnung Architektur (WOA), Stand: 16. Oktober 2000 im § 18 Abs. 13 lit. b Z 4 und Z 8 fest, dass das Protokoll über die Sitzung des Preisgerichts jedenfalls zu enthalten hat

 

Vergleicht man diese Rechtsgrundlage mit dem im hier zu beurteilenden Verfahren durchgeführten Verfahren, so zeigt sich, dass dieses an Mängeln leidet, die für das Verfahren von wesentlichem Einfluss waren.

 

Die oben wiedergegebene Niederschrift über die Jurysitzung vom 9. März 2005 enthält weder alle für die Beurteilung der Teilnahmeanträge wesentlichen Umstände noch sind darin die maßgeblichen Gründe für die Auswahl in nachvollziehbarer Form festgehalten. Die Dokumentationspflicht soll die Rechtmäßigkeit der Entscheidung objektivierbar machen. Daher hat die Bewertung der (einzelnen) Unterlagen eine Begründung mit Worten zu enthalten, um nachträglich überprüft werden zu können. Eine lediglich ganz allgemein und vage und mit Hinweis auf die Stimmenverhältnisse in der Jury (Einstimmigkeit/Mehrstimmigkeit) begründete Entscheidung ohne detaillierte verbale Begründung ist vergaberechtswidrig (vgl. für in dieser Hinsicht durchaus vergleichbare Zuschlagsentscheidungen S, Bundesvergabegesetz, RZ 4 zu § 99, H, Bundesvergabegesetz 2002, E 38 zu § 67 und E 11 zu § 99, mwN sowie Oö. Verwaltungssenat vom 7. Dezember 2004, VwSen-550169/10).

 

In diesem Zusammenhang ist auch zu bemerken, dass die Wettbewerbsordnung, die nach § 115 Abs. 3 BVergG die Basis für den Wettbewerb ist, als Mindestinhalt jedenfalls die "Vorgangsweise des Preisgerichts" zu enthalten hat (§ 115 Abs. 3 Z. 1 BVergG). Dieser Inhalt ist den vorliegenden Unterlagen jedenfalls nicht zu entnehmen und das Juryprotokoll könnte auch so gedeutet werden, dass die Vorgangsweise erst von der Jury selbst während der Auswahlsitzung festgelegt wurde (insbesondere Punkt 7 des Protokolls).

 

Die Bewertung im vorliegenden Fall erfolgte jeweils auch in einer Art und Weise, die weder schriftlich vorherbestimmt war noch schriftlich näher dokumentiert und im Detail daher nicht nachvollziehbar ist. Im Protokoll selbst findet sich jedenfalls überhaupt keine Begründung für eine Auswahl. Das Protokoll ist insgesamt auch unschlüssig. Offen bleibt beispielsweise, in welchem Stadium tatsächlich die Bewerbung der Antragstellerin mit der Nr. 56 ausgeschieden wurde (im "zweiten Wertungsdurchgang", im "2. Durchgang" [vgl. jeweils Punkt 11 erster und zweiter Absatz des Protokolls] oder gar erst "dritten Wertungsdurchgang" [vgl. Punkt 12 des Protokolls], zu dem es überhaupt keine näheren Angaben gibt. Völlig unklar bleibt auch, warum etwa die "Nr. 19 zurückgeholt wurde".

 

Bezeichnend für diese Unklarheiten (die offenbar selbst bei der Auftraggeberin bestehen) ist auch, dass dem Protokoll nach die Nr. 56 jedenfalls nicht im "zweiten Wertungsdurchgang" ausgeschieden wurde. Der Begründung der Auftraggeberin nach (vgl. das Schreiben vom 16. März 2005) wurde die Bewerbung der Antragstellerin allerdings sehr wohl "im zweiten Wertungsdurchgang" ausgeschieden.

 

Darüber hinaus bleibt dunkel, wie die (ohnehin nur vage) angedeuteten Kriterien an Hand der vorhandenen Unterlagen (Bewerbungsbogen) tatsächlich bewertet wurden und ob dies überhaupt auf Grund der (vorgegebenen) Struktur und Inhalte möglich war. Beispielsweise dürfte eine Beurteilung des "für die Aufgabenstellung entsprechenden räumlichen Millieus" an Hand der für die Bewerbung geforderten Unterlagen in einer vergleichbaren Art und Weise wohl nicht ohne weiteres möglich sein, ganz abgesehen von der Unbestimmtheit dieses Kriteriums.

 

Wenn die Auftraggeberin in ihrer Stellungnahme zur Bestätigung der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit vor allem auf das Juryprotokoll verweist, kann dies vom Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollzogen werden, fehlt es diesem Protokoll doch gerade an der notwendigen Schlüssigkeit und Nachvollziehbarkeit und enthält es inhaltlich keine Begründung für die Bewerberauswahl und die Nicht-Zulassung der Antragstellerin zur (weiteren) Teilnahme am Wettbewerb. Gerade wenn sowohl Vorsitzender als auch Schriftführer von der Architektenkammer entsandt waren, musste diesen Personen wenigstens auch die WOA 2000 besonders bekannt sein, die für das Auswahlverfahren und die Protokollführung exakte Regelungen enthält, die im vorliegenden Fall offensichtlich nicht eingehalten wurden.

 

Auch die auffallende Kürze des Protokolls von im Kern weniger als einer halben (inhaltlichen) Seite (Punkte 10 bis 12 des Protokolls) im Verhältnis zur Sitzungsdauer von knapp acht Stunden und den verschiedenen Auswahlschritten und -überlegungen ist für den Oö. Verwaltungssenat ein (weiterer) Anhaltspunkt für dessen gravierende Mängel, die eine nachvollziehbare Überprüfbarkeit der Juryentscheidung nicht ermöglichen.

 

Die Entscheidung der Auftraggeberin, die Bewerbung der Antragstellerin vom weiteren Verfahren auszuschließen, war vor diesem Hintergrund - weil nicht objektiv nachvollziehbar - rechtswidrig.

 

Aus den genannten Gründen war daher dem Antrag spruchgemäß stattzugeben.

 

3.5. Bei diesem Ergebnis kann eine detaillierte Beurteilung der weiteren im Nachprüfungsantrag vorgebrachten Behauptungen der Antragstellerin unterbleiben.

 

 

4. Im Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. Reichenberger

 

 
 

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