Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-550218/6/Wim/Pe

Linz, 01.08.2005

 

 

 VwSen-550218/6/Wim/Pe Linz, am 1. August 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leopold Wimmer über den Antrag des Architekturbüros R (Frau Arch. DI C R, Herr Arch. DI G H), vertreten durch H S, Rechtsanwälte GmbH, W, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren "Geladener Architekturwettbewerb Zu- und Umbau des B- und P K i M / Oberösterreich", zu Recht erkannt:

Dem Antrag wird insoweit Folge gegeben, als dem Auslober/Auftraggeber S R die Erteilung des Zuschlages im Verhandlungsverfahren an das Architekturbüro B + K (Herr DI H B, Herr DI H K) oder an Herrn DI H K, beide W L, bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 25. August 2005, untersagt wird.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Eingabe vom 25. Juli 2005 wurde von der Antragstellerin der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens vor Zuschlagserteilung und Nichtigerklärung der Einladung des Wettbewerbsgewinners Architekturbüro DI B und DI K für ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe eines Dienstleistungsauftrages gestellt.

 

 

Gleichzeitig wurde auch der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gestellt, mit welcher bei sonstiger Nichtigkeit und Exekution für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens - längstens jedoch für zwei Monate - untersagt wird, mit DI B und/oder DI K das Verhandlungsverfahren zur Vergabe des Dienstleistungsauftrages fortzusetzen und mit welchem bei sonstiger Nichtigkeit und Exekution für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens - längstens jedoch für zwei Monate - untersagt wird, im Verhandlungsverfahren den Zuschlag an DI B und DI K zur Vergabe des Dienstleistungsauftrages zu erteilen.

 

1.2. Begründend wurde zum Nachprüfungsantrag zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass der S R als Bauherr bzw. Auftraggeber und Auslober durch die A M Bau GmbH + Baumeister Ing. G. R als vergebende Stelle mit Schreiben vom 29.4.2005 einen geladenen Architektenwettbewerb zur Erlangung eines Konzeptes für den Zu- und Umbau des B- und P K/M ausgeschrieben habe. Der Auslober habe in Erfüllung der Wettbewerbsaufgabe insgesamt acht Architekten bzw. Architekturbüros zur Teilnahme am geladenen Wettbewerb direkt - also ohne vorherige Bekanntmachung - eingeladen, darunter u.a. Herrn Architekt DI H K, W, L.

Mit E-Mail vom 13. Juli 2005 habe die vergebende Stelle den Antragstellern das Protokoll über die "Jurysitzung Architektenwettbewerb vom 30.6.2005 - Zu- und Umbau des B- und P K im M/Oberösterreich" übermittelt. Darin kam zum Ausdruck, dass das Projekt D vom Preisgericht zur Realisierung vorgeschlagen werde. Dieses Projekt D stamme vom Architekturbüro DI B und DI K.

Die Wettbewerbsarbeit der Antragsteller wurde an dritte Stelle gereiht.

 

Nachdem eine Honorarnote der Antragstellerin für das Preisgeld entsprechend den Auslobungsunterlagen von der vergebenden Stelle mit dem Vermerk retourniert worden sei, dass die Rechnung an den Auslober S R direkt zu richten sei, habe der Antragsteller mit Fax vom 20. Juli 2005 sowohl die vergebende Stelle als auch den Auslober aufgefordert bis längstens 22. Juli 2005, 9.00 Uhr, verbindlich bekannt zu geben, ob der Auslober dem Realisierungsvorschlag des Preisgerichtes zugunsten des Projektes D Folge geben und mit diesem ein Verhandlungsverfahren zur Vergabe des Dienstleistungsauftrages durchführen werde. Die Antragstellerin habe in diesem Fax ausdrücklich festgehalten, sie werde im Falle einer nicht rechtzeitigen Bekanntgabe davon ausgehen, dass der Auslober mit diesem erstgereihten Architekturbüro ein Verhandlungsverfahren durchführen werde.

 

Weder die vergebende Stelle noch der Auslober hätten bis zum Antragsdatum auf dieses Schreiben reagiert. Die Antragsteller würden daher völlig berechtigt davon ausgehen, dass mit dem erstgereihten Architekturbüro tatsächlich ein Verhandlungsverfahren durchgeführt werde.

 

Zum Interesse am Vertragsabschluss wurde ausgeführt, dass dieses bereits durch die Teilnahme am Wettbewerb dokumentiert sei. Zum drohenden Schaden wurden frustrierte Aufwendungen in der Höhe von Euro 18.000.-, ein entgangener Gewinn von Euro 12.000,-, die bisherigen Kosten der Rechtsvertretung im Nachprüfungsverfahren von rd. Euro 4.500,- und der Entgang eines wichtigen Referenzprojektes für zukünftige Vergabeverfahren angeführt.

 

Zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages wurde angeführt, dass der Auslober einen geladenen Wettbewerb im Sinne des § 112 Abs.4 BVergG zur Beschaffung einer (Planungs-)Dienstleistung durchgeführt habe. Gemäß § 113 Abs.3 BVergG handle es sich damit zwingend um eine Auftragsvergabe im Unterschwellenbereich. Die Einladung des Wettbewerbsgewinners stelle eine gesondert anfechtbare Entscheidung dar, die selbst dann, wenn man annehme, dass bereits mit Übermittlung des Jurysitzungsprotokolls vom 13. Juli 2005 die zehntägige Anfechtungsfrist zu laufen begonnen habe, rechtzeitig angefochten worden sei.

 

Als Vergabeverstoß wurde angeführt, dass die erstgereihte Wettbewerbsarbeit nicht vom eingeladenen Architekten DI H K stamme, sondern vielmehr vom Architekturbüro DI B und DI K, also nicht von demjenigen der zur Teilnahme am Wettbewerb eingeladen worden sei und daher jedenfalls vom Wettbewerb auszuschließen sei. Weiters seien beide vorgereihten Wettbewerbsarbeiten wegen Verletzung denkmalschutzrechtlicher Vorschriften, die als verbindliche Wettbewerbsbedingungen festgelegt worden seien, auszuscheiden.

 

Weites würde im Jurysitzungsprotokoll für die Entscheidung eine nachvollziehbare Begründung fehlen.

 

1.3. Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde begründend zusammengefasst im Wesentlichen angeführt, dass eine einstweilige Verfügung zwingend erforderlich wäre, weil der Auslober ansonsten durch Abschluss der Verhandlungen und Zuschlagserteilung umunkehrbare Tatsachen schaffen könnte und das Interesse der Antragstellerin an der Teilnahme an einem vergaberechtskonformen - insbesondere transparenten - Wettbewerb nur durch den vorliegenden Antrag effektiv gesichert werden könne.

 

Zum Interesse der Antragstellerin auf Erlassung der einstweiligen Verfügung wurde dargelegt, dass die Einladung des Wettbewerbsgewinners gravierend vergaberechtswidrig sei und die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages vor diesem Hintergrund als überdurchschnittlich gut zu bewerten seien. Darüber hinaus wären die im Einzelnen angeführten Schäden, die der Antragstellerin durch die rechtswidrige Einladung des Wettbewerbsgewinners drohen würden, bei der Interessensabwägung zu berücksichtigen. Das Interesse der Antragstellerin an der Vermeidung des Eintritts dieser Schäden spreche deutlich für die Erlassung der einstweiligen Verfügung.

 

Zum fehlenden Interesse des Auftraggebers an der Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung wurde ausgeführt, dass dadurch das weitere Vergabeverfahren lediglich für maximal zwei Monate blockiert wäre und die sich daraus ergebenden finanziellen Mehrkosten für den Auslober die Interessen der Antragsteller keinesfalls überwiegen könnten.

 

Zum Fehlen eines besonderen öffentlichen Interesses wurde ausgeführt, dass keinerlei besonderen Risken oder unwiederbringliche Schäden für den Fall zu erkennen wären, dass die einstweilige Verfügung erlassen werde.

 

Öffentliche Auftraggeber seien nach der Rechtsprechung des EuGH verpflichtet Vergabeverfahren so rechtzeitig einzuleiten, dass terminliche Verzögerungen bei der Ausschreibung keine Rolle spielen. Darüber hinaus sei die Erlassung einer einstweiligen Verfügung im öffentlichen Interesse dringend geboten, um dadurch die Zerstörung des denkmalgeschützten B- und P zu verhindern.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat den S R als Auslober/Auftraggeber am Nachprüfungsverfahren beteiligt.

 

3.1.Von diesem wurde in einer Stellungnahme vom 28. Juli 2005 zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht, die Benachrichtigung der Wettbewerbsteilnehmer von der Aufnahme von Verhandlungen mit dem vom Preisgericht ausgewählten Sieger, sei den nunmehrigen Nachprüfungswerbern per Fax am 26. Juli 2005, 8.55 Uhr zugestellt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt könne theoretisch gegen diese Entscheidung ein Nachprüfungsantrag eingebracht werden und der vorliegende Nachprüfungsantrag samt Erlassung auf einstweilige Verfügung sei daher verfrüht.

 

Der gegenständliche Zu- und Umbau des B- und P K/M sei aufgrund der Vorgaben der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung erforderlich. Eine Übergangsgenehmigung zur Erreichung eines verordnungskonformen Zustandes sei mit 31. Dezember 2004 ausgelaufen. Aufgrund der derzeitigen rechtlichen, aber noch mehr aufgrund der tatsächlichen Situation sei der Umbau des B- und P mit größtem Nachdruck voranzutreiben, um den gesetzlichen Vorgaben entsprechen zu können. Eine weitere Verzögerung durch Aufschieben der Entscheidung im Rahmen des durchgeführten Architektenwettbewerbs bedeute auch die Verschiebung des gesamten Zeitplanes für die Durchführung des Zu- und Umbaus zur Verbesserung der Umfeld- und Pflegebedingungen für die Bewohner und Bewohnerinnen.

 

Dadurch würden sich auch entsprechende Finanzierungsmaßnahmen verschieben. Voraussichtlich 2007 seien noch zwei weitere Heime des S R zu sanieren und voraussichtlich 2010 müsse ein weiteres Heim errichtet werden. Dies würde zu einer Konzentration des Finanzierungsaufwandes auf diesen Zeitraum führen.

 

Zu berücksichtigen sei, dass von den 42 Gemeinden des Bezirks Rohrbach 27 Abgangsgemeinden seien, bei denen auch die Sozialhilfeverbandsbeiträge zum Teil durch Bedarfszuweisungen des Landes finanziert werden müssen. Angesichts der schwachen Finanzkraft der Mitgliedsgemeinden wäre dies eine höchst prekäre Situation, durch die Finanzierung und Durchführung dieses aus sozialöffentlicher Sicht höchst wichtigen Vorhabens nicht mehr gesichert wäre. Es ergebe sich daher ein manifestes öffentliches Interesse an der umgehenden Vergabe der Architektenleistungen.

 

Durch die Verschiebung der Vergabe der Architektenleistungen durch zwei Monate hindurch, würde sehr wohl ein massiver finanzieller Schaden für den S R entstehen, da sich damit auch die Einreichplanungen und die Erlangung einer Baubewilligung und die Möglichkeit der Ausschreibungen verschieben würde. Erfahrungsgemäß würden sich bei Ausschreibungen im Herbst/Winter eines Jahres bessere Preise als etwa um den Jahreswechsel erzielen lassen, da die meisten Firmen zu diesem späteren Zeitpunkt bereits Aufträge angenommen hätten und daher auf zusätzliche Aufträge nicht mehr unbedingt angewiesen seien. Diese zeitliche Verzögerung würde auch zu einer weiteren Konzentration der finanziellen Verpflichtungen der Mitgliedsgemeinden des S R führen.

 

Zum vorgebrachten Argument, dass die einstweilige Verfügung auch deshalb zu erlassen sei, da es ein Postulat der Vergabe an den Bestbieter gebe, werde darauf hingewiesen, dass es in einem Architektenwettbewerb keinen Bestbieter im klassischen Sinne geben könne, da die Bewertung von architektonischen Ansätzen eine subjektive Einschätzung kreativer geistig-schöpferischer Leistungen darstelle und daher einer objektiven Bewertung, wie dies im Rahmen einer Bestbieterprüfung möglich sei, nur sehr eingeschränkt zugänglich sei.

 

Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages wurde noch darauf hingewiesen, dass im maßgeblichen Denkmalschutzbescheid vom 11. November 1940 die Unterschutzstellung nur den damals historischen Bauzustand des S G, in dem das A- und P K untergebracht ist, betreffe, wobei als wesentlich nur Torturm, Laubengang und Statue vor dem Schloss angesehen worden seien, da der Rest bereits damals vollkommen erneuert worden sei. Gerade in diesen sensiblen Bereichen würden aber bei keinem der Entwürfe Umbauten oder Änderungen der Außenansicht geplant sein. Der Hinweis, dass das Altgebäude denkmalgeschützt sei und dies zu berücksichtigen sei, weise lediglich auf eine Genehmigungspflicht nach dem Denkmalschutzgesetz für ev. Veränderungen hin.

Es seien selbstverständlich, wie auch eine Baubewilligung für das Vorhaben, entsprechende denkmalschutzrechtliche Bewilligungen für den Umbau im Zuge der Bauausführung einzuholen. Weiters sei festzuhalten, dass beim gegenständlichen Architektenwettbewerb Architektenplanunterlagen eingereicht wurden und keine vollendeten Einreichpläne. Dies bedinge zwangsläufig, dass die eingereichten Projekte bzw. Projektsunterlagen nicht in sämtlichen Details mit den dafür in Frage kommenden Behörden abgesprochen seien bzw. werden konnten.

Aus diesem Grund sei somit ein unwiederbringlicher Schaden durch die Vergabe des Architektenauftrages nicht gegeben.

 

Zur vergaberechtswidrigen Einladung des Wettbewerbsgewinners wurde angemerkt, dass die Architekten DI B und DI K seit 1979 eine Bürogemeinschaft mit gemeinsamer Geschäftsadresse, gemeinsamen Mitarbeitern, gemeinsamer Steuerveranlagung und eine gemeinsame Betriebshaftpflichtversicherung haben. Auf sämtlichen Schriftstücken des genannten Büros scheine der komplette Briefkopf mit beiden Namen auf. Es sei allen Beteiligten klar erkennbar gewesen, dass Herr Architekt DI K Teilhaber des Architekturbüros sei.

 

Die Nennung als Architekturbüro DI B und DI K sei auch insofern notwendig, als eben diese Büropartnerschaft Versicherungsnehmer der gemeinsamen Betriebshaftpflichtversicherung sei, welche wiederum nur dann leistungspflichtig sei, wenn eben genau der Versicherungsnehmer, das Architekturbüro mit dem entsprechenden Auftrag betraut werde.

 

Von Architekt DI K wurde auch im Rahmen des Architektenhearings vor allen anderen Wettbewerbsteilnehmern anhand der vom Büro DI B und DI K bereits Jahre vor der gegenständlichen Umbauplanung ausgearbeiteten und beim Hearing vorhanden oder aufgehängten Bestandspläne die vorhandene Baustruktur des Heims erörtert. Auf sämtlichen Bestandsplänen sei für alle erkennbar als Verfasser das Architekturbüro DI B und DI K ausgewiesen gewesen. Es sei somit für alle Beteiligten klar erkennbar gewesen, dass Herr Architekt DI K Teilhaber eines Architekturbüros sei.

 

Aus dem Jurysitzungsprotokoll vom 30. Juni 2005 sei klar ersichtlich, dass hinsichtlich der Betriebsführung das Siegerprojekt gegenüber den anderen Projekten leichter zu handhaben sei. Eine Begründung sei auch aus Punkt 12 des Protokolls herauszulesen, in dem die einzelnen Projekte beschrieben seien, wobei in den jeweils letzten Sätzen die wesentliche Kritik oder Befürwortung des jeweiligen Projektes dargelegt sei. Damit sei die Nachvollziehbarkeit der Beweggründe für die Zuschlagsentscheidung an das Projekt D entgegen der Auffassung der Nachprüfungswerber sehr wohl gegeben.

 

Da unter Berücksichtigung dieser Punkte die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrages nicht annähernd so gut zu bewerten seien, wie die Nachprüfungswerber dies darzustellen versuchen würden, beantrage der S R daher die Zurück-, hilfsweise die Abweisung des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

 

Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen.

 

Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen.

 

In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich betrifft, einen Monat nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte B E, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl.
B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

4.2. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich beim gegenständlichen Vorhaben nicht um eine vordringliche Leistungserbringung handelt und darüber hinaus bereits nach den Angaben des Auslobers/Auftraggebers eine Übergangsgenehmigung zur Erreichung eines verordnungskonformen Zustandes nach den Vorgaben der Oö. Alten- und Pflegeheimverordnung mit 31. Dezember 2004 ausgelaufen ist und der nunmehrige Architektenwettbewerb erst mit Schreiben vom 29. April 2005 eingeleitet worden ist, die Jurysitzung am 30. Juni 2005 erfolgt ist, das Jurysitzungsprotokoll erst am 13. Juli 2005 übermittelt wurde und zumindest gegenüber der Antragstellerin erst mit Schreiben am 26. Juli 2005 mitgeteilt wurde, dass nun Verhandlungen mit dem Wettbewerbsgewinner am 3.8.2005 aufgenommen werden, ist angesichts dieses Zeitablaufes, die aus der nunmehrigen einstweiligen Verfügung sich ergebende Verzögerung von maximal einem Monat für die Zuschlagsentscheidung aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates durchaus vertretbar.

 

Überdies wurde nur die Erteilung des Zuschlags nach erfolgtem Verhandlungsverfahren untersagt.

Dies stellt in konkreten Fall das gelindeste noch zum gewünschten Erfolg führende Mittel dar, da durch die Aufnahme bzw. Weiterführung von Verhandlungen noch keine unumkehrbaren Tatsachen geschaffen werden. Da diese Verhandlungszeit dem Auslober/Auftraggeber durch die einstweilige Verfügung nicht genommen wird, reduziert sich der ev. Zeitverlust, falls nicht überhaupt zu erwarten ist, dass das Verhandlungsverfahren länger dauern wird als die Monatsfrist zur Vergabeentscheidung, noch um einiges.

Eine Begründung, warum zwingend und als gelindestes Mittel auch die Aufnahme von Verhandlungen mit einstweiliger Verfügung zu untersagen sei, wurde auch von der Antragstellerin nicht geliefert und ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat auch nicht ersichtlich.

 

Die von der Antragstellerin dargelegten Vergabeverstöße bedürfen einer näheren Prüfung und rechtfertigen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

 

Eine Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages kann vorweg nicht mehr angenommen werden, da weitere Erhebungen ergeben haben, dass es auch vor der Verständigung aller Wettbewerbsteilnehmer bereits einen Schriftverkehr mit dem Architekturbüro B+K gegeben hat, in dem um die Vormerkung eines ersten Planungsbesprechungstermines am 19.7.2005 ersucht wurde.

Weiters wurde von diesem Architekturbüro bereits am 28.7.2005 eine Besprechung mit dem Bundesdenkmalamt geführt und ein Ansuchen um Zustimmung zum Teilabbruch mit gleichem Datum an eben dieses Amt betreffend das A- und P K gestellt.

 

Zudem sind die dargelegten öffentlichen Interessen eines eventuellen finanziellen Nachteiles bei den oben beschriebenen kurzfristigen Verzögerungen und dem bisherigen zeitlichen Verlauf der Umbauaktivitäten als geringfügig anzusehen. Dies betrifft auch die angesprochene Heimsituation der Bewohner/innen, die sicherlich verbesserungsbedürftig sein dürfte. Besonders gravierende Missstände dürften nicht vorliegen, da sonst die Sozialabteilung des Landes bereits einschreiten hätte müssen und überdies von dort eine Übergangsgenehmigung bis Ende 2004 erteilt wurde und über eine Verlängerung dieser bisher nach Angaben des Auslobers noch nicht entschieden wurde.

 

Die Antragstellerin hat glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, somit ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

 

Abgesehen von den vorausgesetzten öffentlichen Interessen an der Vergabe des gegenständlichen Auftrages ist aber ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse am Abschluss des Vergabeverfahrens durch Zuschlagsentscheidung für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht zu ersehen. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG. Darin ist für den Unterschwellenbereich als Maximalfrist ein Monat gesetzlich vorgesehen. Dem Antrag auf Festsetzung von zwei Monaten konnte daher nicht gefolgt werden.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

 

5. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt der postalischen Ausfertigung bei.

 

 

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Wimmer

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum