Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104540/8/BR

Linz, 06.05.1997

VwSen-104540/8/BR Linz, am 6. Mai 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn H, vertreten durch die Rechtsanwälte O, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems vom 4. März 1997, Zl.: VerkR96-6842-1996, wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach der am 6. Mai 1997 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 471/1995 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten 800 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt. Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems hat mit dem Straferkenntnis vom 4. März 1997, Zl.: VerkR96-6842-1996, wegen der Übertretung nach § 20 Abs.2 StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 4.000 S und für den Nichteinbringungsfall vier Tage Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 8.9.1996 um 17.02 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen auf der A9, durch das Gemeindegebiet von Ried/Traunkreis beim km 3,760 in Fahrtrichtung Westautobahn gelenkt und dabei die auf Autobahnen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 60 km/h überschritten habe.

1.1. Begründend führte die Erstbehörde inhaltlich im wesentlichen aus, daß sie die auf die Anzeige gestützte Geschwindigkeitsüberschreitung in freier Beweiswürdigung als erwiesen erachte, weil diese mittels geeichtem, in einem Zivilkraftwagen eingebauten Geschwindigkeitsmesser - "Pro-Vida-Anlage" - festgestellt worden sei. Hinsichtlich der ausgesprochenen Strafhöhe vermeinte die Erstbehörde, daß diese Strafe angesichts der mit dem Schnellfahren verbundenen "Gefahrenpotenzierung" und die damit verbundene erhöhte Unfallneigung angemessen sei. Es sei zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen gewesen. 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seine ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Er bestreitet darin im Ergebnis die ihm zur Last gelegte Tat und stellt mehrere Beweisanträge im Hinblick auf die Durchführung der Messung. Ebenfalls wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung beantragt.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war wegen des gesonderten Antrages erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Krems, Zl.: VerkR96-6842-1996 und durch die zeugenschaftliche Vernehmung des RevInsp. T im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, an welcher auch eine Vertreterin der Erstbehörde teilnahm. Der Berufungswerber, welcher ebenfalls persönlich geladen wurde, nahm aus Zeitmangel an der Verhandlung nicht teil. Ebenfalls wurde die von der Gendarmerie im Zuge der Nachfahrt mit der Pro-Vida-Anlage gemachte Videoaufzeichnung gesichtet. Eingesehen wurde schließlich der Eichschein des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen vom 5.6.1996 betreffend das hier verwendete Meßgerät.

5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens als erwiesen:

5.1. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug auf der im Straferkenntnis angeführten Wegstrecke gelenkt. Aus der Videoaufzeichnung ist ersichtlich, daß der Berufungswerber bereits im Tunnel mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit unterwegs war, wobei er sein Fahrzeug nach der Tunnelausfahrt wesentlich beschleunigte, wobei kurzzeitig ein Wert von knapp über 200 km/h zur Anzeige gelangte. Dabei ist deutlich erkennbar, daß sich der Abstand während des Beschleunigungsvorganges nach dem Tunnel vorerst vergrößerte, jedoch auf der für die Messung relevanten Strecke gleichblieb. Dabei wurde eine Weckstrecke von 473 m in 8,9 sek. durchfahren. Das verwendete Gerät war geeicht und ist für derartige Geschwindigkeitsmessungen entwickelt. Damit besteht an der vorgeworfenen Fahrgeschwindigkeit, welche unter Berücksichtigung von Toleranzen zugunsten des Beschuldigten mit 190 km/h angenommen wurde, kein Zweifel, so daß diese als erwiesen angesehen wird. Nach der Anhaltung zeigte sich der Berufungswerber uneinsichtig und meinte, auf Autobahnen beliebig schnell fahren zu dürfen. Wie ferner der Bildaufzeichnung zu entnehmen war, finden darin auch die zeugenschaftlichen Angaben des Meldungslegers, RevInp. T, eine inhaltliche Bestätigung, so daß diese nicht mehr gesondert in ihrer Würdigung weiter ausgeführt werden müssen. 1

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat folgendes erwogen:

6.1. Das zur Last gelegte Verhalten wurde von der Erstbehörde in zutreffender Weise subsumiert, so daß um Wiederholungen zu vermeiden auf die rechtlichen Ausführungen der Erstbehörde verwiesen wird. 6.1.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.2.2. Konkret ist zur Strafzumessung auszuführen, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen eine der häufigsten Ursachen schwerer Verkehrsunfälle sind, weshalb im Hinblick auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung sowohl Gründe der Spezialprävention als auch der Generalprävention die verhängte Strafe gerechtfertigt erscheinen lassen bzw. jedenfalls gegen eine Herabsetzung sprechen. Dem spezialpräventiven Aspekt kommt insofern besondere Bedeutung zu, weil der Berufungswerber durch seine Äußerung bei der Anhaltung ein Defizit an Unrechtsbewußtsein erkennen hat lassen. Es widerspricht daher - selbst unter der Annahme bloß durchschnittlicher Einkommensverhältnissen und auch allfälliger Sorgepflichten und der jedenfalls in Österreich verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungswerbers - nicht dem Sinn der Strafbemessungsbestimmungen, bei einer gesetzlichen Höchststrafe von 10.000 S die Strafe hier mit 4.000 S zu bemessen.

Mit einer derart eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung war aus abstrakter Sicht eine schwerwiegende Beeinträchtigung straßenverkehrsrechtlich geschützter Interessen verbunden. Es ist eine statistisch belegte Tatsache, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen die häufigste Ursache für Verkehrsunfällen mit tödlichem Ausgang sind. Diese gründet beispielsweise darin, daß bei der vom Berufungswerber getätigten Geschwindigkeitsüberschreitung der Anhalteweg mehr als verdoppelt gewesen wäre. Während dieser bei Einhaltung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h bei einer starken Bremsung (= 6,5 m/sek/2, einer Sekunde Reaktionszeit und 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit) 140 Meter beträgt, liegt dieser bei der vom Berufungswerber gefahrenen Geschwindigkeit unter diesen Bedingungen bei 280 Metern (Berechnung mittels "EVU-Unfallsrekonstruktionsprogramm v. Prof. Dr. Gratzer, KFZ-Sachverständiger). Immerhin darf jedermann darauf vertrauen, daß andere Verkehrsteilnehmer die Vorschriften des Straßenverkehrs einhalten (Vertrauensgrundsatz). Wenn andere Verkehrsteilnehmer demzufolge ihr Verhalten entsprechend einrichten, ist es nur unschwer nachvollziehbar, daß es bei so gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen leicht zu nicht mehr beherrschbaren (unfallvermeidenden) Konstellationen kommen kann. Dies sind dann eben jene Verkehrsunfälle die sich nicht zugetragen hätten, wären die Vorschriften eingehalten worden; die Unfallskausalität liegt bei derartigen Geschwindigkeitsüberschreitungen (auch) in einer derartigen Schutznormverletzung begründet. Wie daher von der Erstbehörde zutreffend ausgeführt wurde, bedarf es daher einer strengen Bestrafung um derartigen Übertretungen entgegenzuwirken. Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtgshof schon im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 S, selbst wenn mit einer solchen Überschreitung keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind, als durchaus angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Fahrgeschwindigkeit, Tatunwert, Gefahrenpotenzierung, Bremsweg, Vertrauensgrundsatz

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