Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550248/11/Kü/Hu

Linz, 22.12.2005

 

 

 

VwSen-550248/11/Kü/Hu Linz, am 22. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag des Herrn Mag.arch.Ing. G H, P, G, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. M S, B, W, vom 29. November 2005 auf Nachprüfung und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Oö. G- und S AG vom 16. November 2005 im Vergabeverfahren "Altbauten, Umbau und Sanierung, Planungsarbeiten am L S" zu Recht erkannt:

 

 

  1. Dem Nachprüfungsantrag vom 29. November 2005 wird Folge gegeben und die angefochtene Zuschlagsentscheidung der Oö. G- und S AG, den Zuschlag der Dr. S & P G GesmbH, L, zu erteilen, für nichtig erklärt.
  2.  

  3. Die Oö. G- und S AG wird verpflichtet, dem Antragsteller die entrichteten Gebühren in Höhe von insgesamt 3.200 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Begehren auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie der Kosten der Rechtsvertretung wird abgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2, 3 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl.Nr. 153/2002 iVm §§ 53, 79 und 98 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl.I/Nr.99/2002.

zu II.: § 18 abs. 4 Oö. VNPG iVm § 74 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 29.11.2005 wurde von Herrn Mag.arch.Ing. G H (im Folgenden: Antragsteller) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, der Auftraggeberin die Zuschlagserteilung bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von zwei Monaten nach Antragstellung, zu untersagen, gestellt.

Darüber hinaus wurde die Zuerkennung der Pauschalgebühren, des Ersatzes des Schriftsatzaufwandes sowie die Kosten der Rechtsvertretung begehrt.

 

Begründend wurde dabei im Wesentlichen vorgebracht, dass die Auftraggeberin in einem offenen Verfahren Dienstleistungsaufträge für "Altbauten, Umbau und Sanierung sowie Planungsarbeiten am L S" ausgeschrieben habe. Nach den Festlegungen der Ausschreibungsunterlagen handle es sich um Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich. In Punkt III seien die Teilnahmebedingungen, im Punkt III 1) die Eignungskriterien, im Punkt III 1)a) der Nachweis der Befugnis wie folgt, festgelegt worden:

"a1) Teilnahmeberechtigt sind alle österreichischen Architekten und Zivilingenieure für Hochbau und ZT-Gesellschaften mit entsprechender Befugnis nach den Bestimmungen des ZTG in der geltenden Fassung.

b1) Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz, die zur Ausübung des Berufes eines selbständigen Architekten gemäß der Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom 10.6.1985 berechtigt sind.

Juristische Personen, deren satzungsgemäßer Gesellschaftszweck die Ausübung des Architektenberufes ist und einer der vertretungsbefugten Geschäftsführer die an natürliche Personen gerichteten Anforderungen erfüllt."

 

Am 16.11.2005 sei dem Antragsteller die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben und darin mitgeteilt worden, dass die Auftraggeberin beabsichtige, den Zuschlag bezüglich Planungsarbeiten der Firma Dr. S & P G GesmbH, H, L, zu erteilen.

Über Anfrage vom 17.11.2005 habe der Antragsteller erfahren, dass er mit seinem Angebot den 2. Platz belegt habe.

 

Wegen einer angebotenen Zusammenarbeit durch das Büro Dr. S & P G GesmbH habe der Antragsteller Erkundigungen über die fachliche und rechtliche Qualifikation eingeholt und habe im Zuge dessen feststellen müssen, dass es sich dabei um keine Ziviltechnikergesellschaft iSd Ziviltechnikergesetzes handle. Die Dr. S & P G GesmbH sei zu FN .... a beim Firmenbuch des LG Linz registriert. Geschäftsführer sei DI Dr. A S, einziger Gesellschafter sei die Dr. S & P H GesmbH. Letztere sei zu FN ... k beim Firmenbuch des LG Linz registriert, handelsrechtlicher Geschäftsführer sei auch hier DI Dr. A S, der auch Gesellschafter mit einem Anteil von 25 % sei, Frau H S halte einen Anteil von 56 %, DI A H von 11 %, Ing. R D und Ing. J B von jeweils 4 %.

Ing. J B sei Elektrotechniker, keiner der anderen Gesellschafter oder der Geschäftsführer seien Ziviltechniker. DI H sei Ziviltechnikeranwärter. DI Dr. A S selbst sei laut tel. Auskunft der Gewerbebehörde Baumeister, sodass eine Vergesellschaftung mit einem Ziviltechniker nach den Bestimmungen des ZTG unzulässig wäre.

 

Über Anfrage seitens des Antragstellers habe die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für und Salzburg mitgeteilt, dass weder DI Dr. A S noch DI H Ziviltechniker seien; DI H sei in der Länderkammer als Ziviltechnikeranwärter eingetragen.

 

Hinsichtlich des behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schadens führte der Antragsteller aus, dass bereits umfangreiche Planungs- und Kalkulationsleistungen erbracht worden seien und daher ein entsprechendes Interesse an der Erlangung des Auftrages vorliege. Der Schaden werde mit ca. 177.550 Euro netto beziffert. Der Antragsteller habe auch ein massives Interesse am Vertragsabschluss, zumal es sich dabei um ein Referenzprojekt handle.

 

Zudem erachte sich der Antragsteller in seinem Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Vergabeverfahrens, auf Erteilung des Zuschlags, auf Einhaltung und Wahrung eines fairen und alle Bieter gleichbehandelnden Wettbewerbes, auf die gesetzmäßige Handhabung iSd BVergG, auf Durchführung einer gesetzmäßigen und ausschreibungskonformen Angebotsprüfung, auf Ausscheidung von Offerten, die nicht den Angebotsbestimmungen entsprechen sowie unter Umständen auf eine ordnungsgemäße Zustellung der Zuschlagsentscheidung als verletzt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Oö. G- und S AG ( im Folgenden: Auftraggeberin) am Nachprüfungsverfahren beteiligt. Die Auftraggeberin führte in ihrer Stellungnahme zum Nachprüfungsantrag nach Wiederholung der Ausschreibungsbedingungen an, dass einziger Gesellschafter der Dr. S & P G GesmbH die Dr. S P H GesmbH, deren Gesellschafter wiederum Herr DI Dr. A S, Frau H S, Herr DI A H, Herr Ing. R D und Herr Ing. J B seien. Darüber hinaus wären in der Dr. S & P G GesmbH Herr DI A H, Herr Ing. R D und Herr Ing. J B vertretungsbefugte Prokuristen.

 

Mit dem Angebot der Dr. S & P G GesmbH sei ein Bescheid des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. März 1996 gemäß § 12 Ziviltechnikergesetz vorgelegt worden, in dem Herr DI A H die Befugnis für das Fachgebiet der Architektur verliehen worden sei. Herr DI A H sei vertretungsbefugter Prokurist der Dr. S & P G GesmbH, deren einziger Gesellschafter die Dr. S & P H GesmbH sei, einer deren Gesellschafter wiederum DI A H sei und erfülle er die gemäß den Ausschreibungsunterlagen an juristische Personen gestellten Anforderungen (eine vertretungsbefugte Person der Gesellschaft müsse die an natürliche Personen gerichteten Anforderungen erfüllen).

 

In eventu werde vorgebracht, dass die Ausschreibungsunterlagen jedenfalls dahingehend zu interpretieren seien, dass der Auftraggeber mit seinen Teilnahmebedingungen sicherstellen hätte wollen, dass dem Projektteam ein Ziviltechniker mit entsprechender Ausbildung angehöre und alle Berufszweige teilnahmeberechtigt seien, die für die vertragsgegenständlichen Arbeiten rechtlich befugt seien. Nach § 4 Abs.5 Ziviltechnikergesetz sei klargestellt, dass durch dieses Bundesgesetz berufliche Befugnisse aus anderen Rechtsvorschriften unberührt bleiben würden.

 

Da die Dr. S & P G GesmbH neben den Gewerbeberechtigungen eines technischen Büros für Elektrotechnik und Installationstechnik, über die Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe verfüge, sei die rechtliche Befugnis zur Erbringung der gegenständlichen Arbeiten gegeben. Aus all den Gründen wurde beantragt, den Nachprüfungsantrag abzuweisen.

 

3. Weil bereits aufgrund der Aktenlage sowie der im Nachprüfungsverfahren vorgelegten Unterlagen und Schriftsätze feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist, konnte die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. VNPG entfallen.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates ergibt sich aus § 2 Abs.2 Z1 Oö. VNPG, wonach der Unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG 2002 und die dazu ergangenen Verordnungen im Rahmen der von der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte zuständig ist.

Gemäß § 67a Abs.1 dritter Satz AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eine Kammer, die aus drei Mitgliedern besteht, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den bezughabenden Vergabeverfahrensakt (insbesondere die Vergabebekanntmachung, die Originalausschreibungsunterlagen und die Originalangebote der Dr. S & P G GesmbH sowie des Antragstellers) und der im Zuge des Nachprüfungsverfahrens vorgelegten Schriftsätze. Aufgrund dieser Unterlagen steht folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt fest:

 

Mit Vergabebekanntmachung (Versendedatum 8.8.2005) im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften sowie der Amtlichen Linzer Zeitung wurde von der Auftraggeberin der Dienstleistungsauftrag mit der Bezeichnung "L S Altbauten- Umbau und Sanierung, Planungsleistungen (Einreich- und Ausführungsplanung) und Betriebsorganisationsplanung" im offenen Verfahren bekannt gemacht. Aufgrund der geschätzten Auftragskosten von rund 469.000 Euro wurde die Leistung im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich ausgeschrieben.

 

In den der Bekanntmachung zugrunde liegenden Ausschreibungsbedingungen wurden unter Pkt. III.1. die Eignungskriterien wie folgt formuliert:

"a) Nachweis der Befugnis

a1) Teilnahmeberechtigt sind alle österreichischen Architekten und Zivilingenieure für Hochbau und ZT-Gesellschaften mit entsprechender Befugnis nach den Bestimmungen des ZTG in der geltenden Fassung.

b1) Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und der Schweiz, die zur Ausübung des Berufes eines selbstständigen Architekten gemäß der Richtlinie 85/384/EWG des Rates vom 10.6.1985 berechtigt sind.

Juristische Personen, deren satzungsgemäße Gesellschaftszweck die Ausübung des Architektenberufes ist und einer der vertretungsbefugten Geschäftsführer die an natürliche Personen gerichteten Anforderungen erfüllt."

 

Die Angebotseröffnung fand am 29.9.2005 statt. Vom Antragsteller wurde ein Angebot mit einem Gesamtpreis von 368.244,37 Euro gestellt. Von der Dr. S & P G GesmbH wurde ein Angebot mit einem Gesamtpreis von 357.038,93 Euro vorgelegt.

 

Im Zuge der Angebotsprüfung wurden sowohl vom Antragsteller als auch von der Dr. S & P G GesmbH Aufklärungen verlangt. Die Auftraggeberin hat die Dr. S & P G GesmbH unter Bezugnahme auf die Ausschreibungsbedingungen darauf hingewiesen, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht eindeutig hervorgeht, ob die Befugnis nach den entsprechenden Bestimmungen im Ziviltechnikergesetz (§§ 12, 21 ff) erfüllt ist, da lediglich zwei Bescheide gemäß § 12 ZTG von Herrn DI K und DI H vorgelegt wurden, die laut Firmenbuch nicht Gesellschafter der Dr. S & P G GesmbH sind.

 

Die Dr. S & P G GesmbH teilte auf diese Anfrage mit, dass aus dem vorgelegten aktuellen Firmenbuchauszug ersichtlich ist, dass Herr DI H als Gesellschafter der Dr. S & P H GesmbH, welche wiederum 100 % Eigentümer der Dr. S & P G GesmbH ist, über die geforderte Ziviltechnikerbefugnis (Nachweise wurden bereits dem Angebot beigelegt) verfügt und damit alle Forderungen für die Teilnahme erfüllt sind.

 

Die Auftraggeberin teilte mit Schreiben vom 16. November 2005 dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt ist, die Leistungen für die Planungsarbeiten an die Firma Dr. S & P G GesmbH, L, zu vergeben.

 

Mit Telefax vom 29. November 2005 verständigte der Rechtsvertreter des Antragstellers die Auftraggeberin, dass ein Nachprüfungsantrag auf Nichtigerklärung der mitgeteilten Zuschlagsentscheidung eingebracht wird.

 

Mit Erkenntnis vom 2. Dezember 2005, VwSen-550247, wurde dem Antrag des Antragstellers auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Erteilung des Zuschlags bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 29. Jänner 2006, untersagt.

 

Der Rechtsvertreter der Dr. S & P G GesmbH brachte mit Eingabe vom 6. Dezember 2005 einen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren ein.

 

Zum Zweck der Erörterung des Sachverhaltes schrieb der Unabhängige Verwaltungssenat mit Ladung vom 7. Dezember 2005 die öffentliche mündliche Verhandlung für den 21. Dezember 2005 aus. Am 19. Dezember langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat ein Schreiben der Auftraggeberin ein, in dem mitgeteilt wurde, dass von der Dr. S & P G GesmbH das Angebot zurückgezogen wird und von der Unternehmensleitung der Auftraggeberin diese Angebotszurückziehung angenommen wurde. Aufgrund dieses Schriftsatzes wurde die mündliche Verhandlung für den 21.12.2005 abberaumt. Weiters teilte der Rechtsvertreter der Dr. S & P G GesmbH mit Eingabe vom 20.12.2005 mit, dass der Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren zurückgezogen wird.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich, wie bereits erwähnt, aus den von der Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen des Vergabeverfahrens bzw. den Schriftsätzen, welche im Verfahrensakt des Unabhängigen Verwaltungssenates einliegen.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 1 Abs.1 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz (Oö. VNPG) regelt dieses Gesetz die Nachprüfung von Entscheidungen, die von einem öffentlichen Auftraggeber bzw. einer öffentlichen Auftraggeberin im Zuge einer Auftragsvergabe, die dem Bundesvergabegesetz 2002 (BVergG) unterliegt, getroffen wurden.

 

Die Oö. G- und S AG als Rechtsträgerin des L S steht in hundertprozentigem Eigentum des Landes Oberösterreich und ist daher öffentliche Auftraggeberin iSd § 1 Abs.2 Z4 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet den Schwellenwert von mindestens 236.000 Euro bei Dienstleistungsaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z5 BVergG. Es sind daher die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Abs.2 Oö. VNPG ist der unabhängige Verwaltungssenat bis zur Zuschlagserteilung zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie

2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Nach § 3 Abs.1 Oö. VNPG kann ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin, der bzw. die ein Interesse am Abschluss eines dem BVergG unterliegenden Vertrages behauptet, vor der Zuschlagserteilung beim Unabhängigen Verwaltungssenat, die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

 

Die Zuschlagsentscheidung im offenen Verfahren ist gemäß § 20 Z13 lit.a sublit.aa BVergG eine gesondert anfechtbare Entscheidung (vgl. § 3 Abs.1 Oö. VNPG), welche gemäß § 9 Oö. VNPG iVm Anlage Teil I Z1 des Oö. VNPG in der Frist gemäß § 100 Abs.2 BVergG angefochten werden kann. Der begründete Nachprüfungsantrag wurde innerhalb der Frist von 14 Tagen eingebracht und ist daher zulässig.

 

Nach § 13 Oö. VNPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

1. in Widerspruch zu den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes und der hiezu erlassenen Verordnungen steht und

2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

5.2. Bereits aus den von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen (Niederschrift über die Angebotsprüfung) ergibt sich, dass die Dr. S & P G GesmbH bezüglich der in den Ausschreibungsbedingungen geforderten Befugnis um Aufklärung ersucht wurde. Warum aufgrund des Antwortschreibens der Dr. S & P G GesmbH sodann von der Auftraggeberin die nachgewiesene Befugnis angenommen wurde, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat nicht eindeutig nachvollziehbar. Die Dr. S & P G GesmbH nimmt lediglich darauf Bezug, dass gemäß dem aktuellen Firmenbuchauszug Herr DI H Gesellschafter der Dr. S & P H GesmbH, welche wiederum 100% Eigentümer der Dr. S & P G GesmbH ist, und dieser über die geforderte Ziviltechnikerbefugnis verfügt. Dem gegenüber steht allerdings, dass nach den Teilnahmebedingungen in der Ausschreibung festgelegt wurde, dass teilnahmeberechtigt alle österreichischen Architekten, Zivilingenieure für Hochbau und Ziviltechnikergesellschaften mit entsprechender Befugnis nach den Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes sind. Sonstige juristische Personen, deren satzungsgemäßer Gesellschaftszweck die Ausübung des Architektenberufes ist, sind nur dann teilnahmeberechtigt, wenn einer der vertretungsbefugten Geschäftsführer die an natürliche Personen gerichteten Anforderungen erfüllt. Damit ist eindeutig erklärt, dass nicht die Gesellschaftereigenschaft als Teilnahmebedingung ausschlaggebend ist, sondern die Geschäftsführerstellung. Laut aktuellem Firmenbuchauszug ist Herr DI Dr. A S alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer der Dr. S & P G GesmbH und hat daher dieser, zumal das Angebot von einer juristischen Person gelegt wurde, bei der es sich um keine ZT-Gesellschaft im Sinne des Ziviltechnikergesetzes handelt, die geforderte Befugnis nachzuweisen.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat beabsichtigte in einer mündlichen Verhandlung, zu der der alleinige Geschäftsführer DI Dr. A S mit der Aufforderung geladen wurde, Originalurkunden über seine Befugnisse vorzulegen, nochmals die Frage der Befugnis abzuklären. Die vor der mündlichen Verhandlung erfolgte Zurückziehung des Angebotes durch die Dr. S & P G GesmbH, die nach Meinung des Unabhängigen Verwaltungssenates entgegen § 79 Abs.2 BVergG 2002 erfolgt ist, kann als Beweis bzw. Eingeständnis dafür gewertet werden, dass allem Anschein nach die vorgegebenen Teilnahmebedingungen nicht erfüllt werden.

 

Gemäß § 79 Abs.2 BVergG 2002 ist der Bieter während der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden. Die Zuschlagsfrist beträgt laut den Ausschreibungsunterlagen fünf Monate und hat diese mit dem Termin für die Angebotsabgabe, das war der 29.9.2005, begonnen. Gemäß dem Bericht des Verfassungsausschusses besonderer Teil (1118 BlgNR. XXI. GP) dient § 79 Abs.2 BVergG der Klarstellung, dass ein Bieter während der Zuschlagsfrist sein Angebot weder verändern noch zurückziehen darf.

 

Dessen ungeachtet ist an dieser Stelle festzustellen, dass aus den mit dem Angebot vorgelegten Dokumenten die Befugnis des Geschäftsführers der Dr. S & P G GesmbH als Architekt oder Zivilingenieur für Bauwesen nicht nachgewiesen werden konnte.

 

Gemäß § 98 Z1 BVergG 2002 hat die vergebende Stelle vor der Wahl des Angebotes für die Zuschlagsentscheidung aufgrund des Ergebnisses der Prüfung Angebote von Bietern, bei welchen die Befugnis oder die finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit oder die Zuverlässigkeit nicht gegeben ist, auszuscheiden. Mithin ist davon auszugehen, dass das Angebot der Dr. S & P G GesmbH mangels nachgewiesener Befugnis und somit mangels Erfüllung der Teilnahmebedingungen auszuscheiden gewesen wäre. Die Zuschlagsentscheidung vom 16. November 2005, welche gemäß § 20 Z42 BVergG 2002 als an die Bieter abgegebene nicht verbindliche Absichtserklärung definiert ist, wurde von der Auftraggeberin bislang nicht zurückgenommen bzw. richtiggestellt. Die deswegen nach wie vor existente Zuschlagsentscheidung der Antragstellerin, die sich nunmehr auf ein zurückgezogenes Angebot und somit zivilrechtlich nicht mehr existentes Angebot bezieht, widerspricht daher den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes und ist für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss. Aus den dargestellten Gründen war daher die Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären.

 

6. Nach § 74 Abs.2 AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Der Kostenersatzanspruch ist so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden.

 

Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Vom Antragsteller wurde mit der Eingabe vom 29. November 2005 beantragt, der Auftraggeberin den Ersatz der Pauschalgebühren, den Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie der Kosten der Rechtsvertretung aufzuerlegen. Aufgrund des Umstandes, dass die angefochtene Zuschlagsentscheidung für nichtig zu erklären war, war dem Antragsteller unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6.4.2005, Zl. 2004/04/0091, im Hinblick auf die rechtzeitige Beantragung der Kostenersatz bezüglich der entrichteten Pauschalgebühren zuzusprechen. Da § 18 Abs.4 Oö. VNPG ausschließlich den Ersatz der entrichteten Gebühren vorsieht, war im Hinblick auf § 74 Abs.2 AVG der Ersatz des Schriftsatzaufwandes sowie der Ersatz der Kosten der Rechtsvertretung nicht zuzusprechen und dieses Begehren daher mangels Rechtsgrundlage abzuweisen.

 

7. Im Verfahren sind für die Antragstellerin Stempelgebühren in Höhe von 56,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Klempt

 

 

 

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