Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550257/5/Kü/Hu

Linz, 27.01.2006

 

 

 

VwSen-550257/5/Kü/Hu Linz, am 27. Jänner 2006

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine X. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über den Antrag der H G GmbH, I, L, vertreten durch RA Dr. K H, Z, W, vom 23. Jänner 2006 auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung im Vergabeverfahren des Landes Oberösterreich, vertreten durch das Amt der Landesregierung, Abteilung Gebäude- und Beschaffungsmanagement, betreffend "Gebäudereinigung der Amtsgebäude in Linz und Ansfelden" zu Recht erkannt:

 

 

Dem Antrag wird stattgegeben und dem Auftraggeber Land Oberösterreich die Erteilung des Zuschlages bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahrens, längstens aber bis 23. März 2006, untersagt.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 1, 2, 3 und 11 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl.Nr. 153/2002

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 23. Jänner 2006 wurde von der H G GmbH (im Folgenden: Antragstellerin) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Auftraggeber bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für zwei Monate, bei sonstiger Exekution zu untersagen, im Vergabeverfahren auf Basis der angefochtenen Entscheidungen fortzufahren und den Zuschlag über die ausgeschriebenen Leistungen zu erteilen, eingebracht.

 

Darüber hinaus wurde der Kostenersatz für die entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass das Land Oberösterreich als öffentlicher Auftraggeber die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags betreffend die Gebäudereinigung der Amtsgebäude in Linz und Ansfelden beabsichtige. Vertragsgegenstand des abzuschließenden Dienstleistungsvertrages solle die Unterhaltsreinigung, Fensterreinigung und Grundreinigung der in der Ausschreibung genannten Objekte sein. Die Vergabe erfolge in einem offenen Verfahren nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes 2002 und den dazu ergangenen Verordnungen für den Oberschwellenbereich.

 

In den allgemeinen Ausschreibungsbedingungen sei festgelegt, dass der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot gemäß den Kriterien niedrigster Gesamtangebotspreis pro Jahr (70 %), Effektivität und Transparenz des Organisationsplanes (25 %) und durchschnittlicher niedrigster Regiestundensatz für Sonderreinigungen (5 %) vergeben werden solle.

 

Zur Ermittlung des Bestbieters solle ein Punktebewertungssystem verwendet werden. Das billigste Angebot erreiche beim Kriterium Preis 70 Punkte. Dazu würden alle anderen Angebotspreise in Relation gesetzt. Analog dazu würde beim Regiestundensatz vorgegangen. Die Effektivität und Transparenz des Organisationsplanes würde von einer fünfköpfigen Kommission bewertet, wobei jedes Mitglied entsprechend dem Gewichtungsfaktor bis zu 25 Punkte vergeben könne. Die höchste und niedrigste Einzelbewertung werde gestrichen, aus dem Rest das arithmetische Mittel gebildet.

 

Die Ausschreibungsunterlagen würden keine weiteren Angaben zur Bewertung der Effektivität und Transparenz des Organisationsplanes enthalten.

 

Die Angebotsöffnung habe am 21.11.2005 um 9.30 Uhr stattgefunden. Dabei seien die Gesamtangebotspreise verlesen worden. Regiepreise bzw. der für die Bestbieterermittlung relevante durchschnittlich niedrigste Regiestundensatz für Sonderreinigungen seien nicht verlesen worden.

 

Mit Schreiben vom 9. Jänner 2006 habe die vergebende Stelle die Zuschlagsentscheidung, wonach der Auftrag der Firma S T G GmbH, M, L, erteilt werden solle, mitgeteilt.

 

Die Antragstellerin habe die vergebende Stelle mit E-Mail vom 12. Jänner 2006 bzw. 17. Jänner 2006 aufgefordert, Detailinformationen zu dieser Zuschlagsentscheidung bekannt zu geben, wobei zuletzt ersucht worden sei, den ihr Angebot betreffenden Teil des Bewertungsprotokolles, im Speziellen die Bewertung des Organisationsplanes durch die einzelnen Kommissionsmitglieder zu übermitteln.

 

Die vergebende Stelle habe im Schreiben vom 16.1.2006 ihre Zuschlagsentscheidung begründet und mitgeteilt, dass das Angebot der Antragstellerin beim Kriterium Preis 70 Punkte und beim Kriterium Regiestundensatz 3,87 Punkte erhalten habe. Beim Kriterium der Effektivität und Transparenz des Organisationsplanes sei von der fünfköpfigen Kommission bezüglich des Angebotes der S T G GmbH 21,67 Punkte vergeben und an die Antragstellerin 11,67 Punkte vergeben worden. Insgesamt sei das Angebot der Firma S T G GmbH mit 88,99 Punkten vor dem Angebot der Antragstellerin mit 87,33 Punkten gereiht worden.

 

Mit Schreiben vom 20.1.2006 seien von der vergebenden Stelle die Details der Bewertung hinsichtlich des Organisationsplanes offengelegt worden. Der für die Bewertung relevante durchschnittliche Regiestundensatz für Sonderreinigungen sowie die einzelnen Regiestundensätze der Firma T S GmbH seien weder verlesen noch bekannt gegeben worden.

 

Angefochten werde die Ausschreibungsunterlage (konkret Punkt 4 Zuschlagsverfahren), die Nichtverlesung der Regiestundensätze sowie des durchschnittlich niedrigsten Regiestundensatzes für Sonderreinigung, die Bestbieterermittlung als nicht gesondert anfechtbare Entscheidung sowie die Zuschlagsentscheidung.

 

Hinsichtlich des drohenden Schadens führte die Antragstellerin aus, dass sie im gegenständlichen Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben habe und den Abschluss des Dienstleistungsvertrages anstrebe. Durch die rechtswidrige Vorgehensweise der vergebenden Stelle entfalle für die Antragstellerin die Chance auf den Zuschlag. Dadurch drohe letztlich der Entgang des Auftrages und entstehe damit ein unmittelbarer Schaden für die Antragstellerin. Dieser Schaden setze sich zusammen aus dem entgangenen Gewinn, den frustrierten Kosten für die Angebotserstellung sowie voraussichtlich nicht vollständig kompensierbaren Auslastungsdefiziten. Gemäß einer vorläufigen internen Kalkulation der Antragstellerin belaufe sich der Schaden auf rund 10.218 bis 24.524 Euro (gerechnet auf 21 Monate bzw. 4 Jahre) ohne Angebotserstellungskosten, diese würden sich auf ca. 1.500 Euro belaufen. Zudem würde die Antragstellerin ein wichtiges Referenzprojekt verlieren.

 

Die Antragstellerin würde sich in ihrem Recht auf Durchführung eines rechtskonformen, diskriminierungsfreien und transparenten Vergabeverfahrens unter Beachtung der Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs verletzt erachten. Insbesondere sei sie in ihrem Recht auf Erteilung des Zuschlags als eigentliche Bestbieterin, im Recht auf ordnungsgemäße Öffnung und Verlesung der Angebote, im Recht auf vergaberechtskonforme Ermittlung des Bestangebotes, vergaberechtskonforme Beendigung des Verfahrens und dem Recht auf Widerruf des Vergabeverfahrens aus zwingenden Gründen verletzt.

 

Zur Begründung der Rechtswidrigkeiten wurde ausgeführt, dass bei der Angebotsöffnung am 21.11.2005 nur der Gesamtangebotspreis verlesen worden sei, nicht jedoch die Regiepreise bzw. der durchschnittlich niedrigste Regiestundensatz für Sonderreinigungen. Um eine Nachvollziehbarkeit der Zuschlagsentscheidung zu gewährleisten, wäre die Verlesung dieser Angaben notwendig gewesen. Durch die Nichtverlesung mangelt es der Zuschlagsentscheidung an der geforderten Nachvollziehbarkeit.

 

Das in den Ausschreibungsunterlagen festgelegte Zuschlagskriterium der Effektivität und Transparenz des Organisationsplanes sei insofern vergaberechtswidrig, als es die nötige Transparenz und Nachvollziehbarkeit vermissen lasse. Durch die Anwendung dieses Zuschlagskriteriums sei eine objektive und transparente Bestbieterermittlung geradezu verunmöglicht worden. Die auf diesem Ausschreibungskriterium basierende Angebotsbewertung sei nicht entsprechend dem objektiven Erklärungsgehalt der Ausschreibungsbestimmungen vorgenommen worden. Jeder Fachkundige hätte das Zuschlagskriterium "Organisationsplan" so verstanden, dass gefordert wäre, darzulegen, wann (Zeiteinteilung, Dauer) mit wie vielen Reinigungskräften (Anzahl) gereinigt werden würde. Die vergebende Stelle habe aber offenbar den von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin vorgelegten Reinigungsplan bewertet. Ein Reinigungsplan sei aber etwas völlig anderes als ein Organisationsplan. Die Angebotsbewertung der Firma T S GmbH sei daher nicht ausschreibungskonform vorgenommen worden. Die vergebende Stelle habe daher das Zuschlagskriterium in vergaberechtswidriger Weise angewendet. Sie habe auch ihre Punktevergabe nur unzureichend begründet. In eventu werden die Zuschlagskriterien von der vergebenden Stelle so angewandt, dass sie eine nachvollziehbare und transparente Bestbieterermittlung verhindern würden, da Aspekte in die Bewertung einfließen, die vorher nicht bekannt gegeben worden seien.

 

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verweise die Antragstellerin auf ihre Ausführungen zum Hauptantrag und bezifferte nochmals den Schaden in Höhe des entgangenen Gewinnes und der Kosten für die Erstellung des Angebotes.

 

Das öffentliche Interesse an der Einhaltung der Vorschriften über die öffentliche Auftragsvergabe könne nicht hoch genug bewertet werden. In einer Entscheidung vom 20. Dezember 2002, Gz.: 12 N-58/02-28, habe das Bundesvergabeamt unter Hinweis auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes anerkannt, dass bei der Interessensabwägung auch das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen sei. Entgegenstehende öffentliche Interessen würden nicht vorliegen.

 

Auch entgegenstehende Interessen des Auftraggebers würden nicht vorliegen. Insbesondere entstehe dem Auftraggeber durch die Verzögerung kein wirtschaftlicher Nachteil, da die Angebotspreise der präsumtiven Zuschlagsempfängerin deutlich über jenen der Antragstellerin liegen würden. Ohne Erlassung einer einstweiligen Verfügung könne der Auftraggeber der in Aussicht genommenen Zuschlagsempfängerin den Zuschlag erteilen. Der Antragstellerin entstehe damit ein unwiederbringlicher Schaden.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat dem Land Oberösterreich vertreten durch die vergebende Stelle den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Wahrung des Parteiengehörs vorgelegt.

 

Mit Schreiben vom 26. Jänner 2005 führte die vergebende Stelle aus, dass die Antragstellerin nichts desto trotz in ihren Ausführungen behaupte, dass besondere Gründe "keinesfalls" vorliegen würden, so übersehe sie dabei völlig die Tragweite einer zeitlichen Verschiebung der gegenständlichen Auftragserteilung. Die ausgeschriebene Dienstleistung umfasse die Unterhaltsreinigung, Fensterreinigung und Grundreinigung von insgesamt elf Amtsgebäuden im Stadtgebiet Linz und Ansfelden. In diesen Objekten würden sich die Büroräumlichkeiten zahlreicher Landesbediensteter und Regierungsmitglieder befinden. In derartigen Gebäuden über einen längeren Zeitraum hinweg keine Unterhaltsreinigung durchzuführen, würde nicht nur einen nicht wiedergut zu machenden Imageschaden des Landes Oberösterreich in der Öffentlichkeit mit sich bringen, auch wäre eine mangelnde Reinigung der Räumlichkeiten (inkl. Gangflächen und Stiegenhäuser) den Bediensteten wohl kaum zumutbar (dies würde nämlich bedeuten: kein Ausleeren der Abfalleimer, kein Entfernen von Straßenschmutz - insbesondere zu dieser Jahreszeit -, keine Reinigung der Sanitärbereiche, uvm.). Ein gänzliches Aussetzen der Unterhaltsreinigung (wenn auch "nur" - im besten Fall - für ein bis zwei Monate) sei somit wohl unbestrittenermaßen keinesfalls möglich, sodass eine "Überbrückungsreinigung" bis zur endgültigen Vergabe des gegenständlichen Auftrages unumgänglich sei.

 

Die bisherigen Reinigungsaufträge seien mit Wirkung 28. Februar 2006 verbindlich gekündigt worden bzw. bereits am 31. Dezember 2005 gemäß den damaligen Ausschreibungsbedingungen automatisch beendet worden. Um die Zeit bis zum prognostizierten Start der nunmehr ausgeschriebenen Reinigung zu überbrücken, sei mit der Firma D kurzfristig vereinbart worden, neun Objekte bis zur neuerlichen Auftragsvergabe zu den bisherigen Konditionen (Preise 2005) weiter zu reinigen. Hiezu sei festgelegt worden, den ausgelaufenen Vertrag mit einer monatsweisen Kündigungsmöglichkeit vorübergehend zu verlängern.

 

Darüber hinaus würde dem Auftraggeber auch ein nicht unbeträchtlicher finanzieller Schaden durch die Verzögerung der Zuschlags- bzw. Auftragserteilung entstehen. Selbst wenn davon ausgegangen werden könnte, dass die Firma D in der Lage und willens wäre, bis zur neuerlichen Auftragsvergabe die anstehenden Reinigungsarbeiten interimsmäßig durchzuführen, so wären hiefür die bisherigen Konditionen maßgeblich. Vergleiche man die derzeitigen Kosten mit den von der präsumtiven Zuschlagsempfängerin angebotenen Kosten, so zeige sich, dass dem Land Oberösterreich durch eine Verzögerung bei der Zuschlagserteilung ein finanzieller Schaden von rund 14.000 Euro monatlich entstehen würde.

 

Zusammenfassend lasse sich also festhalten, dass die ordnungsgemäße und absolut notwendige Reinigung der elf betroffenen Amtsgebäude ab 1. März 2006 zumindest in Frage stehe, da nicht mit absoluter Sicherheit gewährleistet sei, ob ein Reinigungsunternehmen kurzfristig Kapazitäten zur Bewältigung eines derartigen "Überbrückungsauftrages" aufbringen könne. Selbst wenn dies unter Mitwirkung der Firma D gelingen würde, wäre damit eine entsprechende massive finanzielle Mehrbelastung für den Auftraggeber verbunden.

 

Da sich das Land Oberösterreich an den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit, der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit zu orientieren habe, könne daraus auch - entgegen den Ausführungen der Antragstellerin - ein öffentliches Interesse an der Fortführung des gegenständlichen Vergabeverfahrens abgeleitet werden, nämlich für die bereits laufend erforderlichen Reinigungsleistungen ein geeignetes Unternehmen zu wirtschaftlich günstigen Konditionen zu beschäftigen.

 

Die Antragstellerin behaupte u.a. einen potenziellen Schaden in Höhe des entgangenen Gewinnes von mindestens 10.218 Euro bis zu 24.524 Euro (laut Vorbringen offensichtlich unter Zugrundelegung einer Vertragslaufzeit von 21 Monaten bis vier Jahren). Abgesehen davon, dass die Bezifferung des Schadens nicht schlüssig erscheine (in den vorzulegenden Kalkulationsblättern seien sogenannte "Firmenaufschläge" gesondert anzugeben gewesen, die im Falle der Antragstellerin eine geringere Gewinnspanne vermuten lassen würden), könne auch die prognostizierte Vertragslaufzeit nicht nachvollzogen werden, da gemäß den Ausschreibungsbedingungen eine Kündigung bereits im ersten Jahr, zwar zugegebenermaßen nicht sonderlich sinnvoll, aber dennoch möglich wäre. Zusätzlich zum monatlich entgangenen Gewinn von 511 Euro würde ein Schaden in der Höhe der Kosten für die Erstellung des Angebotes (ca. 1.500 Euro) geltend gemacht. Auch wenn dieser Betrag genauso wenig nachvollziehbar erscheine, würde dennoch zugestanden, dass das Verfassen der Angebotsunterlagen einen gewissen Aufwand erfordere. Bereits in den Ausschreibungsunterlagen wurde darauf hingewiesen, dass das Ausfüllen der Angebotsunterlagen samt den erforderlichen Vorarbeiten und Kalkulationen sowie die Anfertigung sonstiger in den Ausschreibungsbedingungen angeführten Beilagen bzw. Nachweisen nicht vergütet werden würden.

 

In wie weit der ferner geltend gemachte "Verlust eines Referenzprojektes" einen relevanten Schaden in der gegenständlichen Angelegenheit darstelle, werde grundsätzlich angezweifelt.

 

Auch die Interessen der präsumtiven Zuschlagsempfängerin würden nach Ansicht des Auftraggebers auf der Hand liegen. Abgesehen davon, dass praktisch alle von der Antragstellerin vorgebrachten potenziellen Schäden auch auf die Firma S T zutreffen würden, wäre grundsätzlich davon auszugehen, dass das Unternehmen nach Verständigung von der geplanten Auftragsvergabe bereits gewisse Dispositionen getroffen habe, um die Reinigungsleistungen zum in Aussicht gestellten Zeitpunkt erbringen zu können. Zugegebenermaßen könne dagegen vorgebracht werden, dass dies auf alleiniges Risiko der Firma S T geschehen würde, ein dementsprechendes Interesse dieses Unternehmens auf Zuschlagserteilung könne dennoch nicht geleugnet werden.

 

Da nach Ansicht des Auftraggebers die vorgeschriebene Interessensabwägung eindeutig gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausfallen müsse, würde beantragt, den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung inklusive der begehrten Kosten abzuweisen.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Das Land Oö. ist öffentlicher Auftraggeber iSd § 1 Abs.2 Z4 Oö. VNPG. Der Auftragswert der gegenständlichen Ausschreibung überschreitet nach Angaben der Antragstellerin den Schwellenwert bei Dienstleistungsaufträgen iSd § 9 Abs.1 Z5 BVergG 2002. Die gegenständliche Vergabe unterliegt daher dem Oö. VNPG; es sind die gesetzlichen Bestimmungen für den Oberschwellenbereich anzuwenden.

 

Gemäß § 2 Oö. VNPG obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat die Nachprüfung von Entscheidungen gemäß § 1 Abs.1 leg.cit. Bis zur Zuschlagserteilung ist der unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das Bundesvergabegesetz und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.

 

Der gegenständliche Antrag ist rechtzeitig und erfüllt die Voraussetzungen nach § 6 Oö. VNPG.

 

3.2. Gemäß § 11 Oö. VNPG hat, sobald das Nachprüfungsverfahren vor Zuschlagserteilung eingeleitet ist, der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen zu ergreifen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern. Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat der unabhängige Verwaltungssenat die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers bzw der Antragstellerin, der sonstigen Bewerber oder Bieter bzw Bewerberinnen oder Bieterinnen und des Auftraggebers bzw der Auftraggeberin sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist von ihrer Erlassung abzusehen. In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche die Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Sie tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch, wenn die einstweilige Verfügung ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich betrifft, zwei Monate nach Antragstellung oder mit der Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft.

 

Bereits zu der vorausgegangenen sinngemäßen Regelung des Bundesvergabegesetzes 1997 führte Bernd Elsner, Vergaberecht, Linde Verlag, auf Seite 86 aus: Die Entscheidung hängt von einer Abwägung der möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers und einem allfälligen besonderen öffentlichen Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ab. Dabei muss es sich um ein "besonderes" öffentliches Interesse handeln. Es wird nämlich (hoffentlich) bei jeder öffentlichen Auftragsvergabe ein öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens und Vergabe eines Auftrages bestehen. Aber auch daran, dass Vergabeverfahren fehlerfrei ablaufen, besteht öffentliches Interesse. Eine Nichterlassung einstweiliger Verfügungen wird daher nur bei sonstiger Gefahr für Leib und Leben und besonderer Dringlichkeit zulässig sein. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn besondere Interessen der Daseinsvorsorge gefährdet würden.

 

Art.2 Abs.4 Satz 1 der Rechtsmittelrichtlinie darf nicht fälschlicherweise so ausgelegt werden, dass der vorläufige Rechtsschutz regelmäßig leerläuft. Mit diesem Interesse ist nicht das bei jeder Auftragsvergabe bestehende öffentliche Interesse an der zügigen Abwicklung gemeint.

 

Nach der Beschlusspraxis des EuGH kommt es in der Interessensabwägung maßgeblich darauf an, wer durch sein Verhalten die besondere Dringlichkeit der Auftragsvergabe verursacht hat. Für die öffentlichen Auftraggeber ergibt sich daraus eine echte Obliegenheit zu rechtzeitig geplanten und durchgeführten Beschaffungsvorgängen. Das Rechtsschutzinteresse des diskriminierten Bieters kann insoweit nur vom vorrangigen Schutz überragend wichtiger Rechtsgüter der Allgemeinheit zurückgedrängt werden (vgl. Schenk, Das neue Vergaberecht,
1. Auflage 2001, S. 172f).

 

Auch der Verfassungsgerichtshof hat insbesondere in seiner Entscheidung zu Zl. B 1369/01 vom 15.10.2001 ein öffentliches Interesse im Hinblick auf das Postulat effizienten Einsatzes öffentlicher Mittel in der Sicherstellung einer Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter gesehen, dem die Nachprüfung des Vergabeverfahrens letztlich dienen soll.

 

Eine Gefährdung von Leib und Leben bzw. ein Gefährdung der Daseinsvorsorge kann mit der nicht zeitgerechten Umsetzung der ausgeschriebenen Leistung jedenfalls nicht verbunden werden. Die Antragstellerin hat glaubwürdig und denkmöglich dargelegt, dass ihr durch die behauptete Rechtswidrigkeit der Entgang des Auftrages droht, sohin ein Schaden, der nur durch die vorläufige Untersagung der Zuschlagserteilung abgewendet werden kann.

 

Dem Auftraggeber ist zu entgegnen, dass sich das von ihm geltend gemachte öffentliche Interesse des wirtschaftlichen, zweckmäßigen und sparsamen Verwaltungshandeln grundsätzlich mit dem öffentlichen Interesse an der Durchführung eines dem freien und lauteren Wettbewerb genügenden Vergabeverfahrenes und der Vergabe von Leistungen zu angemessenen Preisen deckt. Ein darüber hinausgehendes besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens ist weder durch den Auftraggeber vorgebracht worden noch dem Oö. Verwaltungssenat zur Kenntnis gelangt. Vielmehr ist bei der Interessensabwägung iSd der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu berücksichtigen, dass der Auftraggeber ein Interesse an der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes, also an einem rechtmäßigen Vergabeverfahren haben muss. Es ist daher zu berücksichtigen, dass bei rechtmäßiger Ermittlung des günstigsten Angebotes unter Umständen die Auftraggeberin eine Kostenersparnis erwarten würde, die den aus der Verfahrensverzögerung allenfalls auftretenden Kosten entgegenzuhalten ist bzw. diese Kosten aufheben würde. Darüber hinaus ist auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollinstanzen, dass ein öffentlicher Auftraggeber bei der Erstellung des Zeitplanes für eine Auftragsvergabe die Möglichkeit von Nachprüfungsverfahren und die damit einhergehende Verzögerung ins Kalkül zu ziehen hat, zu verweisen. Dass sich durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung eine Verzögerung der Bedarfsdeckung und ein organisatorischer und finanzieller Mehraufwand ergeben kann, liegt in der Natur der Sache. Insofern ist der vom Auftraggeber bezifferte finanzielle Schaden kein Argument für die Nichterlassung der einstweiligen Verfügung. Außerdem wurde nach den Ausführungen des Auftraggebers mit dem bisherigen Reinigungsdienst eine Vereinbarung über die zeitweilige Fortführung der Reinigungsarbeiten getroffen, sodass jedenfalls dafür Sorge getroffen wurde, unzumutbare Belästigungen der Mitarbeiter zu verhindern bzw. einen allfälligen Imageschaden des Landes erst gar nicht entstehen zulassen. Da - wie bereits erwähnt - kein besonderes öffentliches Interesse an einem möglichst raschen Vertragsabschluss geltend gemacht wurde und dieses auch nicht auf der Hand liegt, war dem Antrag stattzugeben.

 

Die im Vorbringen der Antragstellerin behaupteten Rechtswidrigkeiten sind zumindest denkmöglich. Eine Überprüfung, ob die behaupteten Rechtswidrigkeiten auch tatsächlich vorliegen, war im Rahmen des Provisorialverfahrens nicht durchzuführen.

 

Die Dauer der Aussetzung der Zuschlagserteilung ergibt sich aus § 11 Abs.5
Oö. VNPG.

 

Die einstweilige Verfügung ist gemäß § 11 Abs.6 Oö. VNPG sofort vollstreckbar.

 

4. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

 

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