Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-550265/4/Kl/Pe

Linz, 21.02.2006

 

 

 

VwSen-550265/4/Kl/Pe Linz, am 21. Februar 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über den Antrag des Dipl.Ing. K T, vertreten durch Rechtsanwälte Prof. H & P, vom 13.2.2006 auf Einleitung eines Vergabekontrollverfahrens und Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe im Vergabeverfahren der Gemeinde Windhaag bei Perg betreffend "Abwasserbeseitigungsanlage W, BA 09 (A, P, W/Nord, P/F) - Ingenieurleistungen", zu Recht erkannt:

 

  1. Dem Nachprüfungsantrag wird stattgegeben und die angefochtene Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 2.2.2006 für nichtig erklärt.
  2.  

  3. Die Gemeinde W als Auftraggeberin hat dem Antragsteller die entrichteten Gebühren in Höhe von insgesamt 700 Euro (für die einstweilige Verfügung und den Nachprüfungsantrag) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 1, 2, 3 und 13 Oö. Vergabenachprüfungsgesetz - Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm §§ 37, 65, 100, 102 und 345 Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006.

zu II.: § 18 Abs.4 Oö. VNPG, LGBl. Nr. 153/2002 iVm § 74 Abs.2 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Eingabe vom 13.2.2006, beim Oö. Verwaltungssenat persönlich um 11.30 Uhr abgegeben, wurde von DI K T (im Folgenden Antragsteller) der Antrag auf Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens und Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe sowie auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, das Vergabeverfahren auszusetzen, in eventu der Auftraggeberin die Angebotsöffnung zu untersagen bzw. die Unterbrechung der Angebotsfrist in eventu die Hemmung des Ablaufs der Angebotsfrist bis zur Entscheidung im Nachprüfungsverfahren, längstens aber für die Dauer von einem Monat nach Antragstellung, zu verfügen, gestellt. Zudem wurde die Zuerkennung der entrichteten Pauschalgebühren begehrt.

Begründend wurde dargelegt, dass der Antragsteller mit Schreiben der Auftraggeberin vom 2.2.2006, beim Antragsteller eingelangt am 6.2.2006, eingeladen worden sei, ein Angebot, basierend auf dem mitübermittelten Angebotsschreiben in einem "offenen Verfahren mit ausgewähltem Bieterkreis im Unterschwellenbereich" zu legen. Solch ein umschriebenes Vergabeverfahren sei dem österreichischen Vergaberecht fremd. Aufgrund der Vorgangsweise der Auftraggeberin sei jedoch zu schließen, dass diese ein nicht offenes Verfahren im Unterschwellenbereich ohne Bekanntmachung durch diese Vorgangsweise eingeleitet und auch beabsichtigt habe. Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 2.2.2006 sei das Vergabeverfahren eingeleitet worden, weshalb gemäß § 345 Abs.1 BVergG 2006 die Vorschriften des BVergG 2002 nicht mehr zur Anwendung kommen würden. Es werde sohin die Aufforderung zur Angebotsabgabe als gesondert anfechtbare Entscheidung angefochten.

 

Zum maßgeblichen Sachverhalt einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss führt der Antragsteller aus, dass er mit Schreiben der Auftraggeberin vom 2.2.2006 als Gesellschafter der Zivilingenieurgesellschaft L-T-M, eingeladen worden sei, ein Angebot zu legen. Die genannte Zivilingenieurgesellschaft bestehe in Form einer GesbR. Der Antragsteller sei von den übrigen Gesellschaftern bevollmächtigt, für diese im Rahmen der genannten Zivilingenieurgesellschaft rechtsverbindliche Erklärungen abzugeben und diese auch im gegenständlichen Verfahren zu vertreten, weshalb der Antragsteller persönlich antragslegitimiert sei.

 

Beim gegenständlichen Auftragsgegenstand handle es sich um die Erstellung eines Einreichprojektes inklusive Detailplanung zur wasserrechtlichen Bewilligung, die Erstellung der erforderlichen Ansuchen für Sondernützungsverträge, die Planung der Bauausführungsphase mit Erstellung der Ausschreibungsunterlagen sowie Begleitung des Vergabeverfahrens, die Erstellung der Ausführungsunterlagen, die Oberleitung der Bauausführungsphase, die örtliche Bauaufsicht, die Erstellung von Bestandsunterlagen inklusive Vermessung, Fertigung von Projektsausfertigungen, die Wahrnehmung des Planungs- und Baustellenkoordinators gemäß dem BauKG sowie die Erstellung der Statik für die Bauwerke und die Erstellung von Schalungs- und Bewehrungsplänen.

 

Diese Leistungen würden gemäß Pkt. 2. des Angebotsschreibens in einem offenen Verfahren mit ausgewähltem Bieterkreis im Unterschwellenbereich vergeben werden. Das Schreiben zur Aufforderung der Angebotsabgabe sei am 6.2.2006 beim Antragsteller eingelangt. Das Ende der Angebotsfrist sei mit 17.2.2006, 10.00 Uhr, festgelegt worden. Gemäß Pkt. 19 des Angebotsschreibens werde der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt. Als Zuschlagskriterium sei ausschließlich der günstigste Preis festgelegt worden.

In Pkt. 15 seien die Eignungsnachweise geregelt und es werde von EWR-Staatsangehörigen, welche grenzüberschreitend tätig werden, eine Bestätigung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland verlangt.

Der Antragsteller habe ein Interesse am Vertragsabschluss, da er grundsätzlich für die ausschreibungsgegenständliche geistige Dienstleistung ein Angebot legen möchte. Aufgrund der zahlreichen Rechtswidrigkeiten habe der Antragsteller auch ein rechtlich geschütztes Interesse an einer vergaberechtskonformen Bestbieterermittlung und Zuschlagserteilung.

 

Der Antragsteller habe den Vizebürgermeister der Auftraggeberin am 7.2.2006 telefonisch auf die offenkundigen Rechtswidrigkeiten aufmerksam gemacht und diesen ersucht, eine vergaberechtskonforme Vorgangsweise zu wählen. Dies sei jedoch von der Auftraggeberin abgelehnt worden, weshalb sich der Antragsteller veranlasst gesehen habe, das gegenständliche Vergabenachprüfungsverfahren einzuleiten.

 

Zum Schaden bringt der Antragsteller vor, dass ein Referenzprojekt verloren gehen würde. Der Auftragsgegenstand sei umfangreich und vielfältig. Die geschätzte Auftragssumme sei in den Ausschreibungsunterlagen nicht angegeben und mangels Bekanntmachung der Ausschreibung auch nicht bekannt. Erfahrungsgemäß würden sich die Auftragswerte für vergleichbare geistige Dienstleistungen im Bereich zwischen 50.000 Euro und 90.000 Euro bewegen. Eine genauere Abschätzung sei mangels konkreter Angaben im Angebotsschreiben nicht möglich. Es sei jedoch ein Betriebserfolg in Höhe von mindestens 15.000 Euro zu erwarten. Der Antragsteller beabsichtige sich am Vergabeverfahren durch Legung eines konkurrenzfähigen Angebotes zu beteiligen und stehe zu befürchten, dass der genannte Betriebserfolg nicht eintreten werde.

 

Im Übrigen erachte sich der Antragsteller in seinem Recht auf Gleichbehandlung, auf gesetzeskonforme Wahl des Vergabeverfahrens, auf gesetzeskonforme Festlegung von Zuschlagskriterien, auf gesetzeskonforme Vorschreibung von Eignungsnachweisen sowie allgemein im Recht auf gesetzesmäßige Durchführung sowie Widerruf des konkreten Vergabeverfahrens verletzt.

 

Als Gründe für die Rechtswidrigkeit seien vom Antragsteller die mangelnde eindeutige Festlegung des Vergabeverfahrens, die Widersprüchlichkeit der Ausschreibungsunterlagen hinsichtlich des Bestbieter- bzw. Billigstbieterprinzips, die Verkürzung der Angebotsfrist, der Nachweis der Befugnis durch die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland sowie die widersprüchliche Regelung der Baukostenermittlung angeführt worden.

 

Hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des gegenständlichen Antrages wurde vorgebracht, dass der Antragsteller am 6.2.2006 durch Zustellung des Schreibens der Auftraggeberin erstmals vom Vergabeverfahren Kenntnis erlangt habe. Eine Bekanntmachung sei nach bisherigem Wissensstand nicht erfolgt. Gemäß der Anlage zu § 9 Oö. VNPG (Teil II) sei der gegenständliche Nachprüfungsantrag innerhalb der vorgesehenen 10-Tagesfrist gelegen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat die Gemeinde W als Auftraggeberin am Nachprüfungsverfahren beteiligt. In ihrer Stellungnahme vom 15.2.2006 führt sie darin aus, dass der Gemeinderat in seiner Sitzung am 3.11.2005 beschlossen habe, die Ingenieurleistungen für den beabsichtigten Bauabschnitt 09 der ABA W auszuschreiben. Nach Berechnung der voraussichtlichen Baukosten in Höhe von 505.000 Euro sei ein Honorar für die Ingenieurleistung in Höhe von 10 % - 12 % der Baukosten nach den bisherigen Erfahrungswerten angenommen worden. Beim gegenständlichen Bauabschnitt 09 seien das rund 55.000 Euro und liege diese Summe im Unterschwellenbereich laut BVergG 2006. Es sei angenommen worden, dass bei einer Vergabe in dieser Höhe ein offenes Verfahren mit ausgewähltem Bieterkreis im Unterschwellenbereich vorliege; eine öffentliche Bekanntmachung sei nicht erfolgt. Die Gemeinde habe daher zur Anbotlegung fünf Planungsbüros eingeladen. Damit sei angenommen worden, ein korrektes Angebotsverfahren eingeleitet zu haben. Es sei auch ein Verhandlungsverfahren (mind. 3 Bieter) möglich gewesen. Für den Fall, dass das eingeleitete Angebotsverfahren rechtswidrig sei, werde selbstverständlich das Verfahren zurückgezogen.

 

Gleichzeitig wurden die Angebotsunterlagen, die Aufforderung zur Angebotsabgabe an fünf angeführte Bieter, die Verständigung des Antragstellers über die Einleitung des Vergabenachprüfungsverfahrens sowie die Verständigung der Auftraggeberin an sämtliche Bieter vorgelegt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von den Parteien vorgelegten Schriftstücke und Unterlagen.

 

Weil bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass die bekämpfte Entscheidung für nichtig zu erklären ist, kann eine öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 12 Abs.2 Z2 Oö. VNPG entfallen.

4. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Mit Schreiben vom 2.2.2006 wurden von der Auftraggeberin fünf von ihr ausgewählte Planungsbüros, darunter der Antragsteller, zur Abgabe eines Angebotes betreffend das Vorhaben Abwasserbeseitigungsanlage W, Bauabschnitt 09, Ingenieurleistungen - Projektierung, Leistungsausschreibung, örtliche Bauaufsicht, Oberbauleitung, BauKG; Fördereinreichung, Kollaudierungsunterlagen, Bestandsunterlagen (inkl. Datenbankerstellung und Einarbeitung in Kanalkataster) eingeladen. Gleichzeitig wurden die Angebotsunterlagen angeschlossen und auf eine Abgabefrist bis zum 17.2.2005, 10.00 Uhr, hingewiesen. Die Ausschreibung erfolgte laut Pkt. 2 der Angebotsunterlagen als "offenes Verfahren mit ausgewähltem Bieterkreis im Unterschwellenbereich". Zu der Baukostenermittlung ist im Angebotsschreiben unter Pkt. 3 zu entnehmen, dass die Baukostenermittlung (Grundlage für die Ermittlung des Gebührensatzes) mittels standardisierten Kosten gemäß der Honorarordnung Bauwesen-Siedlungswasserbau erfolgt. Grundlage ist die Gebührenordnung für Bauwesen GOB in der letztgültigen Fassung. Der anzubietende Bauumfang ist der o.a. Aufstellung bzw. den beiliegenden Übersichtsplänen zu entnehmen. Die Baukosten wurden sodann in Pkt. 4 der Angebotsunterlagen angeführt. In Pkt. 15 der Angebotsunterlagen werden die Eignungsnachweise nach § 52 BVergG angeführt; darunter wird zur Teilnahmeberechtigung das Erfordernis ausgesprochen, Inhaber einer aufrechten Ziviltechnikerbefugnis nach dem Ziviltechnikergesetz zu sein bzw. dass EWR-Staatsangehörige, die grenzüberschreitend tätig werden, eine Bestätigung der Kammer der Architekten und Ingenieurskonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland gemäß § 1 Abs.4 der EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung beizubringen haben. In Pkt. 19 der Angebotsunterlagen ist festgelegt, dass der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wird. Zum Zuschlagskriterium wird ausgeführt, dass das Bestbieterangebot jenes Angebot mit dem günstigsten Preis ist.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Die Gemeinde W ist öffentliche Auftraggeberin. Unter Zugrundelegung der Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 sowie der Rechtsmittelrichtlinie und des Art.14 Abs.3 B-VG ist eine Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich zur Nachprüfung von Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers im Zuge einer Auftragsvergabe, die dem BVergG 2006 unterliegt, weiterhin gegeben (in sinngemäßer Anwendung des § 2 Abs.1 und § 1 Abs.1 Oö. VNPG). Dem von der Auftraggeberin den eingeladenen Bietern zur Verfügung gestellten Angebotsschreiben ist zu entnehmen, dass das Vergabeverfahren betreffend "ABA W, BA 09, Ingenieurleistungen" im Unterschwellenbereich ausgeschrieben wurde, weshalb die Bestimmungen für den Unterschwellenbereich anzuwenden sind.

 

Gemäß § 2 Abs.2 Oö. VNPG ist bis zur Zuschlagserteilung der Unabhängige Verwaltungssenat zum Zweck der Beseitigung von Verstößen gegen das BVergG und die dazu ergangenen Verordnungen zuständig

  1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen sowie
  2. zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Rahmen der vom Antragsteller bzw. der Antragstellerin geltend gemachten Beschwerdepunkte.
  3.  

    Mit Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 16.2.2006, VwSen-550266/5/Kl/Rd/Pe, wurde dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben und der Auftraggeberin die Angebotseröffnung bis zur Entscheidung in diesem Nachprüfungsverfahren, längstens aber bis 13.3.2006, untersagt sowie die Hemmung der Angebotsfrist verfügt.

     

    Mit dem gegenständlichen Nachprüfungsantrag vom 13.2.2006 wurde die Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 2.2.2006, zugestellt am 6.2.2006, angefochten.

     

    Gemäß § 345 Abs.1 BVergG 2006, BGBl. I. Nr. 17/2006, tritt - unbeschadet der Abs.2 bis 5 - dieses Bundesgesetz mit 1.2.2006 in Kraft und das BVergG 2002 außer Kraft.

     

    Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde auch nicht vor Inkrafttreten des BVergG 2006 bereits eingeleitet (§ 345 Abs.2 BVergG), zumal die Einleitung des gegenständlichen Vergabeverfahrens mit der Aufforderung zur Angebotsabgabe vom 2.2.2006 eingeleitet wurde.

     

    Gemäß § 345 Abs.3 Z5 BVergG 2006 tritt § 2 Z16 erst mit 1.1.2007 in Kraft und bleibt § 20 Z13 des BVergG 2002 bis zum Ablauf des 31.12.2006 in Kraft.

     

    Gemäß § 20 Z13 lit.a sublitt.cc BVergG 2002 ist die Aufforderung zur Angebotsabgabe eine gesondert anfechtbare Entscheidung im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung, welche gemäß § 9 und Teil II Z3 der Anlage zu § 9 des Oö. VNPG in der Frist von zehn Tagen nach Zugang der Aufforderung angefochten werden kann.

     

    Der Nachprüfungsantrag ist rechtzeitig und erfüllt die Zulässigkeitsvoraussetzungen.

     

    Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

     

    5.2. Gemäß § 13 Oö. VNPG hat der Unabhängige Verwaltungssenat eine im Zuge eines Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung eines Auftraggebers bzw. einer Auftraggeberin für nichtig zu erklären, wenn sie

    1. im Widerspruch zu Bestimmungen des BVergG oder der hiezu erlassenen Verordnungen steht und
    2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

 

Der Antragsteller fühlt sich im Recht auf Gleichbehandlung, Recht auf gesetzeskonforme Wahl des Vergabeverfahrens, Recht auf gesetzeskonforme Festlegung von Zuschlagskriterien, Recht auf gesetzeskonforme Vorschreibung von Eignungsnachweisen sowie Recht auf gesetzmäßige Durchführung sowie Widerruf des konkreten Vergabeverfahrens verletzt.

 

5.3. Das Vergabeverfahren wurde im "offenen Verfahren mit ausgewähltem Bieterkreis im Unterschwellenbereich" ausgeschrieben (Pkt. 2 der Angebotsunterlagen).

 

Gemäß § 37 Z2 BVergG 2006 können im Unterschwellenbereich Aufträge im nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, sofern dem Auftraggeber genügend geeignete Unternehmer bekannt sind um einen freien und lauteren Wettbewerb sicherzustellen und wenn bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen der geschätzte Auftragswert 80.000 Euro nicht erreicht.

 

Bei den ausgeschriebenen Ingenieurleistungen handelt es sich zweifelsohne um einen Dienstleistungsauftrag und wird anhand der angegebenen Herstellkosten und des daraus geschätzten Honorars ein Auftragswert von 55.000 Euro, also unter der Grenze von 80.000 Euro erreicht. Auch sind genügend geeignete Unternehmer bekannt. Es sind daher die Voraussetzungen gemäß § 37 BVergG 2006 erfüllt. Wenn auch die Bezeichnung in den Angebotsunterlagen nach dem BVergG nicht korrekt ist, so ist doch für jedermann ersichtlich, welches Vergabeverfahren von Auftraggeberseite gewählt wurde.

 

Aus den von der Auftraggeberin vorgelegten Unterlagen ist ersichtlich, dass fünf Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden. Dies entspricht der Bestimmung des § 102 Abs.3 BVergG 2006, wonach die Zahl der aufzufordernden Unternehmer bei nicht offenen Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung nicht unter fünf liegen darf. Es konnte daher kein Verstoß gegen das BVergG festgestellt werden.

 

Wenn hingegen die Pflicht zur Wahl eines Verhandlungsverfahrens vom Antragsteller vorgebracht wird, so ist ihm entgegenzuhalten, dass die gegenständlichen Ingenieurleistungen nicht überwiegend geistige Dienstleistungen darstellen, zumal neben der Planungsleistung viele andere Ingenieurleistungen ausgeschrieben wurden. Hinsichtlich der Dienstleistungsaufträge im Unterschwellenbereich wurde zwar in § 38 Abs.2 Z2 BVergG 2006 eine zusätzliche Möglichkeit der Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung geschaffen, sofern der geschätzte Auftragswert 60.000 Euro nicht erreicht, ein Zwang zur Wahl dieses Verfahrens kann aber angesichts der Regelung des § 37 BVergG 2006 nicht erblickt werden. Vielmehr stellt dies nur eine mögliche Erleichterung für die Auftraggeberseite dar, die aber keine Verpflichtung des Auftraggebers auslöst (vgl. hiezu die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, Nr. 1171 der Beilage XXII. GP zu §§ 37 und 38). Eine Rechtsverletzung des Antragstellers kann aber auch insofern nicht festgestellt werden, zumal das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung nach strengeren Regeln abzuwickeln ist als das Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung und daher wesentlich besser die allgemeinen Grundsätze des Vergabeverfahrens verwirklicht.

 

Im Sinne des Vorbringens des Antragstellers ist aber der Auftraggeberin zu empfehlen, die Bezeichnung der Art des Vergabeverfahrens richtig zu stellen.

 

5.4. Nach Pkt. 19 der Angebotsunterlagen wird der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt und ist als einziges Zuschlagskriterium der günstigste Preis genannt.

 

Gemäß § 100 BVergG 2006 kann der Auftraggeber im Unterschwellenbereich frei wählen, ob er den Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis erteilt. Eine zusätzliche Voraussetzung ist nicht angeführt.

 

Entgegen dem Vorbringen des Antragstellers kann die Auftraggeberin frei wählen. Diese hat sich zwar nach der Formulierung der Angebotsunterlagen für das Bestbieterprinzip (Zuschlag an das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot) entschieden, hat aber entsprechend der Bestimmung des § 100 Satz 2 BVergG 2006 als Zuschlagskriterium einzig und allein den niedrigsten Preis festgesetzt. Durch die Festsetzung des Zuschlagskriteriums des Preises und die weitere Formulierung in den Angebotsunterlagen, dass das Angebot mit dem günstigsten Preis das Bestbieterangebot ist, hat sie daher objektiv gesehen das Billigstbieterprinzip festgesetzt. Dies ist nach der vorzitierten Bestimmung zulässig. Es ist aber der Auftraggeberin zu empfehlen, die richtige Bezeichnung des Zuschlagsprinzipes in die Angebotsunterlagen aufzunehmen.

 

5.5. Hingegen ist die Auftraggeberin mit ihrer Festlegung, dass die Angebotsfrist am 17.2.2006 um 10.00 Uhr endet, nicht im Recht.

 

Gemäß § 65 Abs.1 BVergG 2006 beträgt bei nicht offenen Verfahren die vom Auftraggeber festzusetzende Frist für den Eingang der Angebote mindestens 22 Tage. Sie beginnt mit dem Tag der Absendung der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten und endet mit dem Zeitpunkt, bis zu dem die Angebote spätestens eingehen müssen.

 

Unter der Voraussetzung, dass am 2.2. oder 3.2.2006 die Aufforderung zur Angebotsabgabe abgesendet wurde, darf daher die Angebotsfrist frühestens am 24.2. oder 25.2.2006 enden.

Die getroffene Wahl der Angebotsfrist stellt daher einen Verstoß gegen § 65 Abs.2 BVergG 2006 dar.

 

5.6. In Pkt.15 der Angebotsunterlagen wird zur Befugnis bzw. Teilnahmeberechtigung ausgeführt, dass Inhaber einer aufrechten Ziviltechnikerbefugnis nach dem Ziviltechnikergesetz berechtigt sind bzw. "EWR-Staatsangehörige, die grenzüberschreitend tätig werden, haben eine Bestätigung der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland gemäß § 1 Abs.4 der EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung, BGBl. 694/1994 beizubringen".

 

Das Vorbringen des Antragstellers besteht zu Recht. Gemäß § 1 Abs.1 EWR-Ingenieurkonsulentenverordnung - EWR-Ing-KonsV, BGBl. Nr. 695/1995, sind Staatsangehörige einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), die in einem Mitgliedstaat des EWR zur Ausübung des Berufes eines Ingenieurkonsulenten auf einem Fachgebiet berechtigt sind, für das nach den Bestimmungen des Ziviltechnikergesetzes 1993 - ZTG eine Befugnis verliehen wird, nach Erwerb der Bestätigung gemäß Abs.4 zur vorübergehenden projektbezogenen Erbringung von grenzüberschreitenden Dienstleistungen auf diesem Fachgebiet berechtigt. Die ordnungsgemäße Anzeige ist gemäß Abs.4 von der zuständigen Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer zu bestätigen. Der Begünstigte hat gemäß Abs.2 die Erbringung der Dienstleistung der nach dem Ort der Dienstleistung zuständigen Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer schriftlich vorher anzuzeigen.

 

Ort der Dienstleistungserbringung ist im gegenständlichen Fall das Gemeindegebiet von W und es ist daher - wie der Antragsteller zu Recht ausführt - nicht die Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, NÖ und Burgenland sondern jene für Oberösterreich zuständig. Nach der vorzitierten Bestimmung kann nur die zuständige Architekten- und Ingenieurkonsulentenkammer eine gültige Bestätigung aushändigen, die zur grenzüberschreitenden Dienstleistung berechtigt.

 

Die Festlegung der Angebotsfrist und der Befugnis für EWR-Staatsangehörige widersprechen Bestimmungen des BVergG 2006 und ist die Möglichkeit gegeben, dass diese Festlegungen für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sind, zumal durch diese Festlegungen einerseits ein Nachweis der Befugnis nicht erbracht werden kann und andererseits durch die verkürzte Angebotsfrist sich unter Umständen Bieter von der Angebotslegung abhalten lassen. Auch war eine Bekämpfung der Angebotsunterlagen bzw. Ausschreibung zu einem früheren Zeitpunkt nicht möglich und daher die Bekämpfung anlässlich der Aufforderung zur Angebotsabgabe zulässig. Es war daher mit Nichtigerklärung dieser Festlegungen in den Ausschreibungsunterlagen vorzugehen.

 

5.7. Dem Vorbringen des Antragstellers in B. Pkt.6 lit.g betreffend die Baukostenermittlung ist zwar dahingehend zuzustimmen, dass die Angaben in Pkt.3 der Angebotsunterlagen zugrundegelegte Berechnungseinheiten darstellen, dass aber die für die Honorarberechnung erforderlichen Baukosten sodann in Pkt.4 der Angebotsunterlagen unter Festlegung der Berechnungskomponenten hervorgehen. Die Angabe der geschätzten Baukosten bzw. errechneten Herstellkosten unter Zugrundelegung der standardisierten Berechnungseinheiten gemäß Honorarrichtlinie Bauwesen wäre daher entsprechend zu berichtigen. Allerdings kann aus dieser mangelhaften Formulierung in den Angebotsunterlagen kein Einfluss auf das Vergabeverfahren erblickt werden.

 

5.8. Gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG hat der bzw. die, wenn auch nur teilweise, obsiegende Antragsteller bzw. Antragstellerin gegen den Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin Anspruch auf Ersatz der entrichteten Gebühren.

 

Weil der Nachprüfungsantrag Erfolg hatte, war dem Antragsteller gemäß § 18 Abs.4 Oö. VNPG der Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren für die einstweilige Verfügung in der Höhe von 350 Euro und für den Nachprüfungsantrag in Höhe von 350 Euro im Grunde des § 74 Abs.2 AVG zuzusprechen.

 

6. Für den gegenständlichen Nachprüfungsantrag sind Stempelgebühren in Höhe von insgesamt 38,60 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Klempt

 

Beschlagwortung:

Zuständigkeit, BVergG 2006, 22 Tage Angebotsfrist, Befugnis für EWR-Staatsangehörige, Wahl des Vergabeverfahrens

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