Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560045/4/Br/Rd

Linz, 23.04.2002

VwSen-560045/4/Br/Rd Linz, am 23. April 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung der Herrn H, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 21. Februar 2002, Zl: SO - 3131 - H, betreffend Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998, zu Recht:

Der angefochtene Bescheid wird als rechtswidrig aufgehoben und gegebenenfalls zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Gmunden

zurückgewiesen.

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.2, 67a Abs.1, 67h AVG idF BGBl.Nr. 65/2002 iVm § 52 Abs.5 u. § 66 Abs.3 Oö.SHG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid vom 21. Februar 2002 hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden, gestützt auf § 47 Oö. Sozialhilfegesetz (folglich kurz: SHG) den Berufungswerber verpflichtet, an den Sozialhilfeverband Gmunden, gemäß dessen Antrag vom 21.2.2002, für die von ihm für H, geb. 7.3.1960 "als Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes laufende monatliche Barleistung seit 1.10.2001 in Höhe von 170,27 Euro" und "von Sonderzahlungen von je 219,10 Euro und fallweise verschiedene sonstige Leistungen (Brennstoffbeihilfe, etc.), als Kostenersatz ab 1.10.2001 monatlich 130 Euro zu leisten.

1.1. Begründend stützte die Behörde erster Instanz ihre Entscheidung auf die sich für den Berufungswerber aus § 143 ABGB bzw. § 47 SHG ergebende Sorgepflicht für dessen Mutter.

Er habe gegenüber dem Magistrat Wels im Zuge der Verständigung hinsichtlich des Sozialhilfeempfanges seiner Mutter, über seine Verhältnisse (gemeint wohl wirtschaftliche Verhältnisse) unbelegte Angaben gemacht bzw. habe er die Unterschrift auf der Mitteilung nach § 47 leg.cit. verweigert. Gemäß der eingeholten Lohnauskunft verfüge er über ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.219,01 Euro. Er sei darüber hinaus nicht sorgepflichtig. Damit sei der Kostenersatz mit 130 Euro gerechtfertigt. Die Mutter der Sozialhilfeempfängerin (Großmutter des Berufungswerbers) könne auf Grund derer finanziellen Verhältnisse zur Ersatzleistung nicht herangezogen werden.

2. Mit der gegen diesen Bescheid fristgerecht durch den Rechtsvertreter des Berufungswerbers erhobenen Berufung wird eine Ersatzpflicht in Abrede gestellt. Er macht sowohl Verfahrensmängel, etwa das Unterbleiben einer Akteneinsicht und einer Auskunft über die Vermögensverhältnisse der Begünstigten (Mutter des Berufungswerbers), wodurch die Rechtmäßigkeit der Leistung überprüft werden hätte können, geltend. Einerseits würde in einem Schreiben vom 8.1.2002 eine Beitragspflicht der H, geb. 1930 (gemeint wohl der Mutter der Hilfeempfängerin) bejaht, durch den hier angefochtenen Bescheid vom 21.2.2002 aber verneint. Ebenfalls sei nicht schlüssig festgestellt, ob überhaupt ein Anspruch auf Leistung sozialer Hilfe bestehe.

2.1. Schon mit diesem Vorbringen werden zutreffend entscheidungswesentliche Lücken in der Feststellung eines entscheidungswesentlichen Sachverhaltes aufgezeigt.

3. Aus dem vorgelegten Verfahrensakt ließ sich der Leistungsbescheid an die Sozialhilfeempfängerin H nicht schlüssig nachvollziehen. Daher wurde dieser Akt, welcher der Sozialabteilung des Landes , Zl. SO-130241/4-2002-Ro/Hi, zur Berufungsentscheidung über einen Teilbereich der hier verfahrensgegenständlichen Ersatzleistungen zusammenhängt, in Form einer Kopie angefordert. Demnach ist das sogenannte Gewährungsverfahren für Frau H noch nicht abgeschlossen.

Aus dem in Kopie beigeschafften Akt ergibt sich die bescheidmäßige Zuerkennung der hier von der Ersatzleistung zum Teil erfassten Hilfeleistung "zur Sicherung des Lebensbedarfes" im Umfang von 170,27 Euro. Über den Antrag der weiteren Leistung einer Diätverpflegung wurde mit diesem Bescheid vom 15. Oktober 2001, Zl. SO - 3131 - H noch nicht abgesprochen. Die Zuerkennung dieser Leistung erfolgte "vorläufig" bis zum 31.3.2002.

Zum Bescheidbestandteil wurde der beigeschlossene Berechnungsbogen erklärt. Daraus ergibt sich ein ALG-Bezug in Höhe von damals 4.937 S. Als richtsatzgemäße Geldleistung wurde unter dem Begründungshinweis auf das Gesetz und den durch die Verordnung gegebenen Rahmen eine richtsatzgemäße Geldleistung in Höhe von 1.093 S errechnet.

Als nicht nachvollziehbar erweist sich der Hinweis auf die für die Monate Februar, Mai, August und November gebührende Sonderzahlung von 3.015 S und der Hinweis "Miete S 3.500 monatlich." Dies mit Blick darauf, dass die Leistung erst mit 1. Oktober 2001 gewährt wurde, was allenfalls nur die Sonderzahlungen für die Monate November bis Februar plausibel erscheinen lässt.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis einerseits erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt und andererseits durch Beischaffung einer Aktenkopie hinsichtlich des bei der Sozialabteilung des Landes anhängigen Gewährungsverfahrens.

Letzteres ist laut Mitteilung der genannten Abteilung vom 8. April 2002 betreffend H noch nicht abgeschlossen.

4. Das von der Behörde erster Instanz vorgelegte Aktenmaterial lässt eine schlüssige Nachvollziehbarkeit der vom Sozialhilfeverband betriebenen Ersatzleistungspflicht (noch) nicht zu. Der Unabhängige Verwaltungssenat sieht sich wegen der im Spruch genannten offenen Fragen, insbesondere aber der fehlenden Rechtskraft des Leistungsbescheides und wegen nicht hinreichend nachvollziehbarer Vergleichsbestrebungen zu einer Entscheidung in der Sache nicht in der Lage.

Dies wird u.a. in der Berufung durchaus zu Recht bemängelt. Das vermutlich als Vergleichsbemühung erachtete Schreiben vom 8. Jänner 2002 weist "als weitere unterhaltsverpflichtete Person" noch Frau H (Großmutter des Berufungswerbers und Mutter der Hilfeempfängerin) aus. Diese verfügt laut Akt über einen monatlichen Pensionsbezug in der Höhe von 10.672,20 S. Es scheint etwa nicht klar genug nachvollziehbar, worauf die Behörde erster Instanz die im angefochtenen Bescheid ausgesprochenen Kosten inhaltlich stützt, noch scheinen schlüssige Feststellungen getroffen, inwieweit dem Berufungswerber mit Blick auf seine Sorgepflichten - der angeblich in seinem Haushalt lebenden Person - diese Ersatzleistung tatsächlich zugemutet werden kann (siehe seine Angaben vom 15.10.2001, Seite 3 des Aktes). Nicht nachvollziehbar scheint ferner, worin die Annahme gestützt werden könnte, der Berufungswerber habe falsche Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gemacht.

Die formalrechtlichen Voraussetzungen für die Erlassung des Bescheides lassen sich demnach aus der Aktenlage nicht ableiten.

5. Gemäß § 66 Abs.3 Oö. SHG 1998 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide gemäß §§ 28, 44, 52, 61 und 65 der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in zweiter Instanz (damit ist der Rechtszug an das Tribunal - nur - in allen sozialhilferechtlichen Verfahren, die "civil rights" betreffen, eröffnet; vgl. Bericht des Sozialausschusses Blg. Oö.LT 206/1998, zu § 66).

Im 7. Hauptstück des Oö. SHG 1998 regelt der § 47 den Ersatz der Kosten durch unterhaltspflichtige Angehörige von Empfängern von sozialer Hilfe; konkret kann hier unter spezifischen Voraussetzungen der Anspruch auf § 47 Abs.3 Z3 SHG iVm § 143 ABGB gestützt werden. Die zuletzt genannte Bestimmung besagt in dessen Abs.2 vor allem, dass die Unterhaltspflicht der Kinder, der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nachgeht. Ebenfalls ist gemäß Abs.3 leg.cit. die Unterhaltspflicht eingeschränkt, "als es (das Kind) dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet" (vgl. etwa OGH 22.11.1994, 5Ob1592/94).

§ 66 Abs.2 AVG lautet:

Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Auch durch den mit dem Verwaltungsreformgesetz 2001 neu gefassten § 67h AVG, BGBl.Nr. 65/2002 (dieser war aufgehoben durch BGBl. I Nr. 158/1998 idF Dfb Z3 BGBl. I Nr. 164/1998) ist es dem Unabhängigen Verwaltungssenat auch ohne eines von der Behörde erster Instanz erhobenen Widerspruches nicht verwehrt nur kassatorisch zu entscheiden (Thienel, Die Verwaltungsverfahrensnovellen 2001, Seite 37).

Wie oben festgestellt, ist der die Grundlage einer Ersatzleistung bildende Anspruch noch nicht rechtskräftig. Schon aus diesem Grund erweist sich nach h. Rechtsauffassung zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einforderung der Ersatzleistung als nicht spruchreif. Die rechtskräftige Klärung der Leistungsansprüche muss wohl als Vorfrage angesehen werden, wobei schon aus Gründen der Rechtssicherheit und Entscheidungsharmonie eine inhaltliche Bindung an die Vorentscheidung angenommen werden muss (vgl. etwa OGH 23.2.1999, 7Ob41/99a mit Hinweis auf SZ 68/103, JBl 1996, 463, 6 Ob 254/98s).

Andererseits entbehrt, wie oben schon dargelegt, der vorgelegte Verfahrensakt einer gesetzlich zwingend erforderlichen ausreichend nachvollziehbaren Vergleichsbemühung, sodass es gegenwärtig dadurch einer rechtlichen Grundlage für die Erlassung dieses Bescheides ermangelt. Zur Fällung einer Sachentscheidung bedarf es nämlich der Rechtskraft des als Einheit aufzufassenden Leistungsanspruches einerseits und andererseits einer ausreichenden Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes. Im Unterbleiben wesentlicher Feststellungen durch die Behörde erster Instanz zur Begründung einer Ersatzleistungspflicht des Berufungswerbers, würde, im Falle nicht bloß ergänzender Beweiserhebungen durch die Berufungsbehörde, welche hier wohl auch die Führung von Vergleichsbemühungen zum Gegenstand haben müsste, der Berufungswerber in Wahrheit im Instanzenzug verkürzt werden.

Diese Überlegungen zwingen hier die Berufungsbehörde zur Behebung nach § 66 Abs.2 AVG.

Aus verfahrensökonomischen Gründen sind im Lichte dieser wesentlichen Feststellungsmängel der Behörde erster Instanz noch zusätzliche Ergänzungen des Beweisverfahrens aufzutragen, welche insbesondere die inhaltliche Leistungspflicht gegenüber der Sozialhilfeempfängerin einerseits und andererseits auch des Berufungswerbers zu sonstigen als gesetzlich zur Leistungspflicht heranziehbarer Angehöriger klarer darstellen sollten.

Diese Ergänzungen werden von der Behörde erster Instanz insbesondere durch nachvollziehbare Vergleichsbestrebungen iSd § 52 Abs.5 SHG vorzunehmen sein. Ferner wird die Beweisführung auf die in der Person des Berufungswerbers erblickte Ersatzpflicht unter besonderer Berücksichtigung der sich aus § 143 ABGB ergebenden personalen Beziehungsgefüge zu richten sein; die ergänzenden Beweisaufnahmen sind auch insbesondere auf Sachverhalte zu konzentrieren, in denen der gegenwärtig noch nicht rechtskräftige Leistungsanspruch der Sozialhilfeempfängerin mit Blick auf die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Mitbewohners und deren Mutter in der (allenfalls nach Nichtzustandekommens eines Vergleichs) neu zu treffenden Sachentscheidung nachvollziehbar darzulegen sein wird.

6. Der Bw wird darauf hingewiesen, dass die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat eingabegebührenpflichtig ist und es wird daher ersucht, mittels beiliegendem Erlagschein die Eingabegebühr in der Höhe von 13 Euro zu entrichten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. B l e i e r


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