Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560058/3/WEI/Ni

Linz, 14.10.2003

 

 

 VwSen-560058/3/WEI/Ni Linz, am 14. Oktober 2003

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung der "A U", p.A. Landesstelle Linz / LRA, L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. Februar 2003, Zl. SH10-2219, betreffend Ablehnung eines Antrags auf Kostenersatz gemäß § 61 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (LGBl Nr. 82/1998 idF LGBl Nr. 156/2001) zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung wird der angefochtene Bescheid mangels örtlicher Zuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid hat die belangte Behörde wie folgt abgesprochen:

 

"Über den am 13.09.2002 eingebrachten Antrag auf Kostenersatz (Übernahme von Pflegegebühren) ergeht von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als Organ der Landesverwaltung in I. Instanz nachstehender

 

 

S p r u c h :

 

Der Antrag auf Kostenersatz wird abgelehnt.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 7, 18, 25, 31 und 61 Oö. Sozialhilfegesetz 1998, LGBl.Nr. 82/1998".

 

Zur Begründung dieser Sachentscheidung führt die belangte Behörde aus:

 

"Nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zur Sicherung des Lebensbedarfes haben Personen einen Rechtsanspruch auf Hilfe bei Krankheit, wenn sie aus eigenen Kräften und Mitteln nicht oder nicht ausreichend imstande sind, für sich und die mit ihnen in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen den Lebensbedarf zu beschaffen und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhalten.

 

Die ha. durchgeführten Erhebungen haben ergeben, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen zur Gewährung von Hilfe bei Krankheit nicht vorliegen, da Herr K ein Einkommen von monatlich € 664,60 bezieht, welches über dem für ihn geltenden Sozialhilfe-Richtsatz liegt. Die Hilfsbedürftigkeit gemäß §§ 6 und 7 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 ist daher in diesem Fall nicht gegeben.

 

Es war deshalb wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden."

 

1.2. Gegen diesen abweisenden Bescheid der belangten Behörde, welcher der Allgemeinen U (AUVA) p.A. Landesstelle Linz, L, am 17. Februar 2003 zugegangen ist, richtet sich deren rechtzeitige Berufung vom 20. Februar 2002, die am 24. Februar 2002 bei der belangten Behörde einlangte.

 

In der Berufung wird der Antrag auf Kostenersatz für die ambulante Behandlung des M K, am 11. September 2002 im UKH L aufrecht erhalten, weil die Hilfsbedürftigkeit gemäß §§ 6 und 7 Oö. SHG 1998 entgegen der Ansicht der belangten Behörde gegeben sei. Zum Beweis dafür wird eine Auskunft des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger betreffend M K (VSNR) über die Versicherungszeiten vorgelegt. Daraus geht hervor, dass er von 18.09. bis 02.10.2002 und davor von 13.12.2001 bis 09.07.2002 Notstandshilfe bezogen hatte. Im August 2002 hätte er kein Einkommen gehabt. Da die Notstandshilfe täglich 21,85 Euro betrug, ergab sich für den Zeitraum im September ein Betrag von 284,05 Euro. Das Einkommen wäre damit unter dem Richtsatz gemäß § 1 Abs 1 der Sozialhilfeverordnung gelegen und der Anspruch auf Kostenersatz prinzipiell zu Recht bestanden.

 

 

Der Vollständigkeit halber verweist die AUVA noch auf folgende Punkte:

 

 

Die AUVA beantragt schließlich den angefochtenen Bescheid aufzuheben und den Anspruch auf Kostenersatz in Höhe von 161,50 Euro festzustellen.

 

 

2.1. Mit Eingabe vom 13. September 2002 an den Magistrat der Stadt Linz, Amt für soziale Angelegenheiten, hat die AUVA einen Antrag auf Erstattung der Behandlungskostenrechnung gemäß § 61 Oö. SHG 1998 in Höhe von 161,50 Euro betreffend M K für die ambulante Behandlung am 11. September 2002 gestellt und den Erstbericht vom 12. September 2002 zur Pat. Zahl UL beigelegt. Dieser Antrag wurde als "Wahrungsantrag" bezeichnet.

 

Aus diesem Bericht geht hervor, dass der Patient gestürzt war und Verletzungen im Bereich des Mundes und linken Ellbogens erlitten hatte. Er kam selbständig zu Fuß und alkoholisiert um 17.50 Uhr in die Ambulanz des UKH L. Als Adresse gab er die H, L, und als Beruf "Notstandshilfe" bekannt.

 

2.2. Mit Schreiben vom 24. September 2002 leitete das Amt für soziale Angelegenheiten des Magistrats Linz den "Wahrungsantrag" an die belangte Behörde zuständigkeitshalber weiter, weil sich K im Gemeindegebiet der Gemeinde A aufhalte.

 

Mit Schreiben vom 4. Dezember 2002 teilte die AUVA der belangten Behörde mit dem Ersuchen um positive bescheidmäßige Erledigung ergänzend mit:

 

"1. Zum Behandlungszeitpunkt bestand keine Krankenversicherung für Herr K.

 

2. Im Jahr 2001 bzw im laufenden Jahr bezog Herr K immer wieder Notstandshilfe.

 

3. Im Jahr 2001 war er hauptsächlich durch das Amt für soziale Angelegenheiten beim Magistrat Linz bei der Gebietskrankenkasse versichert.

 

4. Das Schreiben des Gemeindeamtes A legen wir in Kopie zu Ihrer Kenntnis bei."

 

2.3. Mit Schreiben vom 2. Dezember 2002, Zl. Präs-75-2002/Wa, teilte das Gemeindeamt A, gezeichnet vom Bürgermeister, der AUVA bezugnehmend auf eine Anfrage betreffend M K zu UL 28840/02 vom 28. November 2002 mit, dass dieser obdachlos und somit am Gemeindeamt gemeldet sei. Es werde vermutet, dass er sich derzeit in der Linzer Obdachlosenszene aufhalte.

 

Mit Schreiben des Gemeindeamts A vom 25. November 2002, Zl. Präs-75-2002/Pi, wurde der belangten Behörde berichtet, dass K vom 31. Jänner 2000 bis 2. Juli 2001 mit Hauptwohnsitz in der Gemeinde A gemeldet war. Am 2. Juli 2001 hätte seine Schwester mitgeteilt, dass K nicht mehr bei ihr wohne und derzeit obdachlos wäre. Im Meldewesen der Gemeinde A sei sofort eine entsprechende Ummeldung mit der Adresse Gemeindeamt, weil Obdachlose mit dieser Adresse zu melden seien, durchgeführt worden. Bei der Kontrolle im Zentralen Melderegister stellte man fest, dass die Übernahme der Daten aus dem Meldewesen der Gemeinde A nicht funktionierte und daher eine Richtigstellung hinsichtlich Obdachlosigkeit veranlasst werden musste. Laut Auskunft der Schwester halte sich K irgendwo in Linz auf. In den Monaten August und September (gemeint 2002) wäre er sicher nicht in A gewesen.

 

2.4. Nachdem die AUVA mit Schreiben vom 4. Februar 2003 ihren Antrag vom 13. September 2002 unter Hinweis auf § 73 Abs 1 AVG in Erinnerung rief, erließ die belangte Behörde in der Folge den angefochtenen Bescheid.

 

Im Vorlageschreiben vom 4. März 2003 verweist die belangte Behörde unter anderem auch darauf, dass K über einen längeren Zeitraum Leistungen vom Magistrat Linz bzw. AMS Linz bezogen habe, was darauf hindeute, dass er sich tatsächlich zum maßgeblichen Zeitpunkt (11.09.2002) in L aufgehalten habe.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Durchsicht der vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass auf Grund der Obdachlosigkeit des M K die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde fraglich erscheint. Das erkennende Mitglied hat daher nochmals mit dem Meldeamt der Gemeinde A Kontakt aufgenommen (vgl Aktenvermerk vom 9.10.2003) und telefonisch von Frau W erfahren, dass der Inhalt des Schreibens vom 25. November 2002, Zl. Präs-75-2002/Pi, auch ihrem Kenntnisstand entspreche. Diese Gemeinde-bedienstete bestätigte weiter, dass K bei seiner Schwester M M in I in A gewohnt hatte, bevor er im Juli 2001 obdachlos wurde. Sie habe seinerzeit auch mit der ihr bekannten Frau M wegen ihres Bruders gesprochen. Wie im Wege des Zentralen Melderegisters nunmehr bekannt geworden sei, wurde K mit 15. Juli 2003 in L, gemeldet.

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 66 Abs 7 Oö. SHG 1998 ist für die Erlassung von Bescheiden über den Kostenersatz gemäß § 61 leg.cit. jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren örtlichen Wirkungsbereich der Hilfeempfänger den Hauptwohnsitz, in Ermangelung eines solchen den Aufenthalt hat. Kann danach die Zuständigkeit nicht ermittelt werden, so ist jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren örtlichen Wirkungsbereich die Hilfe geleistet wurde.

 

§ 61 Oö. SHG 1998 regelt Kostenersatzansprüche Dritter, die dringende soziale Hilfe geleistet haben. Gemäß § 61 Abs 1 leg.cit. sind einer Person oder Einrichtung, die soziale Hilfe geleistet hat, auf ihren Antrag Kosten zu ersetzen, wenn Hilfe zum Lebensunterhalt, zur Pflege oder bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung so dringend geleistet werden musste, dass die Behörde nicht rechtzeitig benachrichtigt werden konnte. Dieser Anspruch unterliegt ferner den weiteren Voraussetzungen nach § 61 Abs 2 Oö. SHG 1998.

 

4.2. Der im gegenständlichen Fall geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Kosten für ambulante medizinische Hilfe ist ein dem § 61 Oö. SHG 1998 unterliegender Kostenersatzanspruch. Die sachlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde muss gemäß § 66 Abs 7 Oö. SHG 1998 auch örtlich zuständig sein. Dies setzt primär voraus, dass der Hilfeempfänger seinen Hauptwohnsitz in ihrem örtlichen Wirkungsbereich hat.

 

Gemäß § 1 Abs 7 Meldegesetz 1991, BGBl Nr. 9/1992 idFd Hauptwohnsitzgesetzes BGBl. Nr. 505/1994, gilt folgende Begriffsbestimmung:

 

"Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat."

 

Mit Art I der Novelle BGBl I Nr. 28/2001 des Meldegesetzes 1991 wurden folgende weitere Begriffsbestimmungen in den Absätzen 8 und 9 des § 1 vorgesehen:

 

"(8) Für den Mittelpunkt der Lebensbeziehungen eines Menschen sind insbesondere folgende Kriterien maßgeblich: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes oder der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz oder zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule oder den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften.

 

(9) Obdachlos ist, wer nirgends Unterkunft genommen hat."

 

Nach § 1 Abs 1 Meldegesetz 1991 idF BGBl Nr. 505/1994 sind Unterkünfte Räume, die zum Wohnen oder Schlafen benutzt werden.

 

4.3. Nach den oben aufgezeigten Umständen muss davon ausgegangen werden, dass der Hilfeempfänger M K schon seit Juli 2001 nicht mehr im Sprengel der belangten Behörde gewohnt hat und bestenfalls gelegentlich - allenfalls zu Besuchszwecken - in die Gemeinde A gekommen ist. Nach den Angaben seiner Schwester gegenüber dem Gemeindeamt A habe sich K im Obdachlosenmilieu der Stadt Linz aufgehalten und war er in den Monaten August und September 2002 jedenfalls nicht in A.

 

Nach der aktenkundigen Auskunft des AMS Linz vom 6. Dezember 2002 bezog K in den Jahren 2001 und 2002 von dort Notstandshilfe. Nach dem Vorbringen in der Berufung war er im Jahr 2001 vorwiegend durch das Amt für soziale Angelegenheiten des Magistrats Linz versichert. Im ambulanten Erstbericht des UKH vom 12. September 2002 ist K als Notstandshilfebezieher mit der - offenbar von ihm angegebenen - Adresse L, H, ausgewiesen. All diese Umstände bestätigen die Darstellung des Meldeamts der Gemeinde A, wonach sich K schon längere Zeit in L und nicht in A aufgehalten habe.

 

Da K in der Gemeinde A auch im Zeitpunkt der gegenständlichen Behandlung am 11. September 2002 längst obdachlos gemeldet war, unterliegt es keinem Zweifel, dass er in dieser Gemeinde keinen Hauptwohnsitz mehr hatte. Denn obdachlos ist bekanntlich, wer nirgends Unterkunft genommen hat und ein Obdachloser kann dementsprechend per definitionem auch keinen Hauptwohnsitz haben.

 

Nach § 66 Abs 7 Oö. SHG 1998 ist bei fehlendem Hauptwohnsitz subsidiär auf den Aufenthalt abzustellen. Dieser wäre nach den aktenkundigen Umständen höchstwahrscheinlich in L gewesen. Selbst wenn man dies im gegenständlichen Fall nicht eindeutig feststellen zu können glaubte, wäre nach dem letzten Satz des § 66 Abs 7 Oö. SHG 1998 jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren örtlichen Wirkungskreis die Hilfe geleistet worden ist. Auch in diesem Fall ist der Bürgermeister der Statutarstadt Linz und nicht die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach örtlich zuständige Bezirksverwaltungsbehörde.

 

Da es schon an der örtlichen Zuständigkeit der belangten Behörde mangelte, hatte der Oö. Verwaltungssenat den angefochtenen abweisenden Bescheid wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung für eine Sachentscheidung ersatzlos aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Dr. W e i ß

 
 

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