Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560061/2/SR/An

Linz, 29.09.2003

 

 VwSen-560061/2/SR/An Linz, am 29. September 2003

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des S H, vertreten durch Mag. C K, H, W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 24. März 2003, Zl. SO-3131-H, betreffend Ersatz von Sozialleistungen gemäß den §§ 47 und 52 Abs. 4 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 - Oö. SHG 1998 (LGBl Nr. 82/1998 idF LGBl Nr. 90/2001, LGBl Nr. 156/2001 und 68/2002) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 52 und 66 Abs 3 und 47 Oö. SHG 1998

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Aus der Aktenlage ergibt sich im Wesentlichen der folgende S a c h v e r h a l t:

 

1.1. Mit Vorlageschreiben vom 11. April 2003, eingelangt am 16. April 2003, hat die Bezirkshauptmannschaft Gmunden dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die Berufung des S H (im Folgenden: Bw), vertreten durch Rechtsanwalt Mag. C K vom 9. April 2003 samt dem bezughabenden Sozialhilfeakt, Zl. SO - 3131 - H, zur Entscheidung vorgelegt.

 

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 15. Oktober 2001, SO-3131-H wurde Frau R H (im Folgenden: Hilfeempfängerin) zur Sicherung des Lebensbedarfes vom 1. Oktober 2001 bis vorläufig 31. März 2002 monatlich 170,27 Euro sowie für die Monate November 2001 und Februar 2002 eine Sonderzahlung von 219,10 Euro gewährt.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 28. November 2001, SO-3131-H, wurde der Hilfeempfängerin eine einmalige Brennstoffbeihilfe in der Höhe von 218,01 Euro gewährt.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 28. März 2002, SO-3131-H, wurde der Hilfeempfängerin zur Sicherung des Lebensbedarfes vom 1. April 2002 bis vorläufig 31. März 2003 eine monatliche Geldleistung in der Höhe von 186,50 Euro, sowie für die Monate Mai, August, November 2002 und Februar 2003 eine Sonderzahlung von 225,50 Euro gewährt.

 

Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 7. März 2003, SO-3131-H, wurde der Hilfeempfängerin ab 1. April 2003 zur Sicherung des Lebensbedarfes eine monatliche Geldleistung in der Höhe von 186,50 Euro, sowie für die Monate Mai, August, November 2003 und Februar 2004 eine Sonderzahlung von 225,50 Euro gewährt.

1.3. Mit Bescheid der Behörde erster Instanz vom 24. März 2003, Zl. SO-3131-H, wurde der Bw (Sohn der Hilfeempfängerin) rückwirkend ab 1. Oktober 2001 zu einem monatlichen Kostenbeitrag von 130 Euro als Kostenersatz für geleistete Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes verpflichtet. Weiters wurden ihm die bis zum Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides fällig gewordenen Ersätze in vier Raten (zahlbar in den darauffolgenden vier Monaten in einer Höhe bis zu 650 Euro) vorgeschrieben.

 

In der Begründung stützte sich die Behörde erster Instanz auf die einschlägigen Bestimmungen des Oö. SHG und auf § 143 ABGB. Bezugnehmend auf § 143 Abs. 1 ABGB führte die Behörde erster Instanz aus, dass "das Kind gegenüber seinen Eltern unterhaltspflichtig sei. Gemäß § 143 Abs. 2 ABGB stünde die Unterhaltspflicht der Kinder der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren oder (gemeint wohl: und) Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach". Nach der Feststellung, dass der Bw und A M H (Mutter der Hilfeempfängerin) zur Hilfeempfängerin "im gleichen Grad" verwandt seien, sei von einer Unterhaltspflicht des Bw gegenüber der Hilfeempfängerin auszugehen. "Rein rechnerisch" gelangt die Behörde erster Instanz zu einem Unterhaltsanspruch der Hilfeempfängerin gegenüber dem Bw von 242 Euro pro Monat.

 

"Zur Unterhaltsverpflichtung der Mutter der Hilfeempfängerin" führt die Behörde erster Instanz aus, dass "diese - unter Zugrundelegung eines Prozentsatzes von 22 % - etwa 17 Euro monatlich betrage. Dabei wird von einem Nettoeinkommen von rund 780 Euro monatlich ausgegangen. Abschließend erscheint der Behörde erster Instanz "auch in Anbetracht der Unterhaltsverpflichtung der Mutter der Hilfeempfängerin der vom Bw begehrte Kostenbeitrag als angemessen".

 

2. In der rechtzeitig eingelangten Berufung bringt der Vertreter u.a. vor, dass der Bestimmung des § 143 ABGB eine Gleichrangigkeit der Unterhaltspflicht zwischen Vor- und Nachfahren fremd sei. Deshalb sei im gegenständlichen Verfahren von einer Kostenersatzpflicht der Mutter der Hilfeempfängerin und nicht des Bw auszugehen. Abschließend wird die Behebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

3. Die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz ergibt sich aus § 66 Abs.6 iVm § 52 Abs.5 Oö. SHG 1998. Da ein Vergleich zwischen dem Bw und dem SHV Gmunden als dem Träger der Kosten der Sozialhilfe nach § 40 Abs.1 Oö. SHG 1998 nicht zustande kam, hatte die belangte Behörde über den Ersatzanspruch des SHV Gmunden mit Bescheid zu entscheiden. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich für das Berufungsverfahren folgt aus § 66 Abs.3 Oö. SHG 1998.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Nach den allgemeinen Bestimmungen des § 45 Abs.1 Oö. SHG 1998 haben für Kosten sozialer Hilfe, auf die ein Rechtsanspruch besteht, Ersatz zu leisten, soweit hiefür nicht bereits vom Hilfebedürftigen Kostenbeiträge nach § 9 Abs.7 Oö. SHG 1998 geleistet wurden oder solche ausgeschlossen sind:

1. der Empfänger sozialer Hilfe;

2. die Erben des Empfängers sozialer Hilfe;

3. dem Empfänger sozialer Hilfe gegenüber unterhaltspflichtiger Angehörige;

4. Personen, denen gegenüber der Empfänger sozialer Hilfe Rechtsansprüche zur Deckung jenes Bedarfes besitzt, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat;

5. Personen, denen der Empfänger sozialer Hilfe Vermögen geschenkt oder sonst ohne entsprechende Gegenleistung übertragen hat.

 

Nach § 46 Abs.1 Oö. SHG 1998 ist der Sozialhilfeempfänger grundsätzlich (Ausnahmen in § 46 Abs.2 leg.cit.) zum Ersatz der aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn

1. er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen (§ 9) gelangt;

2. nachträglich bekannt wird, dass er zu Zeit der Hilfeleistung hinreichendes Einkommen oder Vermögen hatte;

3. im Fall des § 9 Abs.6 die Verwertung von Vermögen nachträglich möglich und zumutbar wird.

Gemäß § 47 Abs. 1 Oö. SHG 1998 haben gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige des Empfängers sozialer Hilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Ersatz zu leisten.

 

Gemäß § 143 Abs. 1 ABGB schuldet das Kind seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.

 

Gemäß § 143 Abs. 2 ABGB steht die Unterhaltspflicht der Kinder der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach.

 

4.2. Die Behörde erster Instanz ist in der Begründung des angefochtenen Bescheides von einer gleichrangigen Unterhaltsverpflichtung des Bw und der Mutter der Hilfeempfängerin ausgegangen (Seite 5 des angefochtenen Bescheides).

 

Einer derartigen Auslegung steht § 143 Abs. 2 ABGB entgegen. Wie schon Pichler, Das neue Kindschaftsrecht, Österreichischer Amtsvormund 1978, Seite 25, ausgeführt hat, "ist die sprachliche Formulierung des § 143 Abs. 2 1. Satz nicht ganz geglückt. Man wünschte sich zur Klarstellung statt des aneinanderreihenden `und´ ein den Zusammenhang doch etwas absetzendes `sowie´ zwischen Vorfahren und Nachkommen näheren Grades, damit nicht die Mißdeutung entstehen könnte, nur Vorfahren näheren Grades schlössen eine Unterhaltspflicht des Kindes aus (also vorhandene Eltern des Bedürftigen, nicht aber Großeltern). Daß es sich dabei um eine Mißdeutung handeln würde, ergibt sich zunächst aus einem Vergleich mit dem Text der RV, welche durch die Verwendung des bestimmten Artikels `der Vorfahren´ und durch die Klammerverweisung auf § 140 sowohl auf Eltern als auch auf Großeltern verwies; die EB (23) stellen klar, daß die Unterhaltspflicht der Vorfahren jener der Nachkommen schlechthin vorangeht. Daß der JA an diesem Grundsatz irgendetwas ändern wollte, ist nicht ersichtlich; vielmehr bekennt er sich diesbezüglich zur RV (JA-B 7)."

 

Dieser Auslegung folgend und auf Grund von § 143 Abs. 2 ABGB in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Oö. SHG 1998 ("gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige") geht die Unterhaltspflicht der Mutter der Hilfeempfängerin der des Bw vor. Die Behörde erster Instanz vermochte nicht schlüssig darzulegen, warum ausschließlich der Bw zum Kostenersatz verpflichtet werden sollte und warum nicht die Mutter der Hilfeempfängerin hiezu verpflichtet worden ist.

 

So hat die Behörde erster Instanz im angefochtenen Bescheid die Unterhaltsverpflichtung der Mutter der Hilfeempfängerin grundsätzlich nicht verneint. In ihren Berechnungen ist sie auf eine mögliche Kostenbeitragsleistung in der Höhe von "etwa 17,-- Euro" gekommen. Das zugrundegelegte Zahlenmaterial lässt aber auf einen Rechenfehler schließen und bei einer Berechung entsprechend der behördlichen Annahmen wäre von einem zulässigen monatlichen Kostenbeitrag in der Höhe von ca. 170 Euro auszugehen. Nach der grundsätzlichen Bejahung der Unterhaltsverpflichtung der Mutter der Hilfeempfängerin erachtet die Behörde erster Instanz jedoch den vom Bw begehrten Kostenbeitrag als angemessen. Warum die Mutter der Hilfeempfängerin nicht zum Ersatz für geleistete soziale Hilfe herangezogen wurde, lässt sich weder dem angefochtenen Bescheid noch dem vorgelegten Verfahrensakt entnehmen. Aus letzterem ist ableitbar, dass die Behörde erster Instanz von einer gleichrangigen Verpflichtung des Bw und der Mutter der Hilfeempfängerin ausgegangen ist und von vornherein ausschließlich den Bw zum Kostenersatz verpflichten wollte. Beispielsweise wurde dem Bw bereits am 19. November 2001 niederschriftlich zur Kenntnis gebracht, dass der Sozialhilfeverband Gmunden Ersatzansprüche geltend mache. Erst über Ansinnen des Vertreters des Bw pflegte die Behörde erster Instanz Erhebungen betreffend der Mutter der Hilfeempfängerin. Im Aktenvermerk vom 29. Jänner 2002 (ONr. 17) wurde festgehalten, dass eine Heranziehung zum Kostenersatz der Mutter der Hilfeempfängerin nicht möglich sei. Wie die Behörde erster Instanz zu diesem "Zwischenergebnis" gelangte, kann dem Vorlageakt nicht entnommen werden. Auch das weitere Ermittlungsverfahrens vor und nach der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates vom 23. April 2003 und die daraus gewonnen "Erkenntnisse" legen nicht offen, warum nicht die dem Bw im Rang vorgehende Mutter der Hilfeempfängerin zum Kostenersatz verpflichtet worden ist.

5. Da die Mutter der Hilfeempfängerin, die über Vermögen (Einfamilienhaus) und ein monatliches Einkommen von ca. 780 Euro verfügt, nach § 47 Abs. 1 Oö.SHG 1998 gesetzlich zum Unterhalt verpflichtet ist, gemäß § 143 Abs. 2 ABGB dem Bw im Rang vorgeht, war der Berufung stattzugeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 
 

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