Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-560075/2/Ste

Linz, 30.07.2004

 

 VwSen-560075/2/Ste Linz, am 30. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der I N, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. April 2004, Zl. SH-440/02, wegen sozialer Hilfe nach dem Oö. Sozialhilfegesetz 1998 zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird stattgegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz wird ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. April 2004, Zl. SH-440/02, wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) "gemäß §§ 47 und 49 des O.Ö. Sozialhilfegesetzes (O.Ö. SHG), LGBl. Nr. 82/1998 i.d.g.F., verpflichtet, bei sonstiger Zwangsfolge, beginnend mit 1.4.2004 der Stadt Steyr zu Handen des Magistrates Steyr als Ersatz für die seiner Tochter R G seit 13.11.2002 gewährte Sozialhilfebarleistungen (§ 16 O.Ö. SHG) in Höhe von durchschnittlich mtl. Euro 659,83, in mtl. Raten Euro 70,00 zu bezahlen. Die bis zur Rechtskraft dieses Bescheides fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen, die künftig fällige werdenden Beträge längstens bis 10. eines jeden Monats im voraus bei sonstiger

Zwangsfolge zu bezahlen. Bei Säumnis von zwei Ratenzahlungen wird die noch offene Rechtschuld sogleich zur Gänze fällig."

Diesem Spruch folgt eine "Begründung" bestehend aus zwei (kurzen) Absätzen.

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 16. April 2004 zugestellt wurde, richtet sich die am 21. April 2004 - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung. Sie wird damit begründet, dass nach Ansicht der Bw sie nach Abzug aller Belastungen schon am wirtschaftlichen Existenzminimum ist. Eine Liste der Belastungen liegt der Berufung bei.

 

2.1. Die Behörde erster Instanz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Amt der Oö. Landesregierung zur Berufungsentscheidung vorgelegt, das die Berufung samt Verwaltungsakt mit Schreiben vom 13. Juli 2004 zuständigkeitshalber dem Unabhängigen Verwaltungssenat weiterleitete.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Die Stadt Steyr leistet als Trägerin sozialer Hilfe seit 13. November 2002 für die Tochter von Frau I N, Frau R G, soziale Hilfe. Mit Schreiben vom 29. März 2004, SH-440/02, forderte die Stadt Steyr Frau I N auf, in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht einen monatlichen Kostenersatz zu leisten und dazu binnen 14 Tagen nach Zustellung schriftlich oder mündlich Stellung zu nehmen. Am 5. April 2004 machte der Ehegatte der Bw, Herr G N, im Magistrat der Stadt Steyr mündlich folgende Aussage: "Ich bin nicht bereit und auch nicht in der Lage die vorgeschrieben Kostenersatzleistungen für meine Tochter G R zu bezahlen und begründe dies wie folgt: meine Gattin bezieht Pflegegeld Stufe II sowie eine I-Pension von mtl. Euro 377,22. Das Pflegegeld kann nicht für die Berechnung des Einkommens herangezogen werden. Meine Gattin beruft ebenfalls gegen die Vorschreibung des Kostenersatzes für G R auf Grund ihres geringen Einkommens. Auch ich, Hr. N G, bin nicht in der Lage auf Grund erhöhter Kosten für meine kranke Gattin Kostenersatz zu leisten. Ich berufe gegen die Kostenersatzvorschreibung vom 29.3.2004."

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 14. April 2004, Zl. SH-440/02; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 67d AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 52 Abs. 5 des Oö. Sozialhilfegesetzes 1998 - Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998, zuletzt geändert durch das Landesgesetz LGBl. Nr. 68/2002, hat die Behörde auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe dann mit schriftlichem Bescheid über den Anspruch zu entscheiden, wenn über Ansprüche gemäß §§ 46 bis 48 ein Vergleich nicht zustande kommt. Das Gesetz geht damit eindeutig von der Antragsbedürftigkeit eines entsprechenden hoheitlichen Verwaltungsverfahrens aus.

Voraussetzung für die Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung eines Bescheids ist demnach ein Antrag des Trägers sozialer Hilfe sowie wohl auch zumindest ein Vergleichsversuch. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dürfen antragsbedürftige Verwaltungsakte von der Behörde nicht von Amts wegen gesetzt werden. Geschieht dies dennoch, so ist der Verwaltungsakt rechtswidrig (vgl. z.B. VwSlg. 9425 A/1977). Im vorgelegten Verwaltungsakt ist jedoch kein solcher Antrag der Stadt Steyr als Trägerin der sozialen Hilfe enthalten. Auch hat die Behörde im angefochtenen Bescheid keinen solchen Antrag behauptet oder genannt. Der in der genannten Gesetzesstelle ausdrücklich geforderte Antrag kann auch nicht dadurch angenommen oder ersetzt werden, dass - wie im vorliegenden Fall - die Angelegenheiten der Stadt Steyr als Trägerin sozialer Hilfe und die Tätigkeit als Organwalterin für den Bürgermeister der Stadt Steyr als Behörde erster Instanz gemäß § 66 Oö. SHG 1998 offensichtlich von den gleichen Sachbearbeiterinnen wahrgenommen wurden.

Durch die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsakts ohne entsprechenden Antrag belastet die belangte Behörde den Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Er war daher schon aus diesem Grund aufzuheben.

3.4. Bei diesem Ergebnis braucht auf die weiteren in der Berufung aufgeworfenen Fragen nicht mehr eingegangen zu werden.

 

4. Aus den genannten Gründen war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben und der angefochtene Bescheid aufzuheben.

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats ergibt sich aus § 66 Abs. 3 Oö. SHG 1998.

 

5. Der Oö. Verwaltungssenat sieht sich jedoch veranlasst, Folgendes festzuhalten:

 

5.1. Wie oben angedeutet, dürfte eine (weitere) Voraussetzung für ein Verwaltungsverfahren nach § 52 Abs. 6 Oö. SHG 1998 zumindest der Versuch eines Vergleichs sein. Auch ein solcher Vergleichsversuch ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen, da wohl in der Aufforderung ("Übergangsanzeige") vom 29. März 2004 keine Einladung zu einem Vergleich gesehen werden kann.

 

5.2. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung eines Bescheids die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats entspricht die Begründung des angefochtenen Bescheids diesen Erfordernissen nicht. Sie enthält insbesondere keinerlei für die Adressatin nachvollziehbare Feststellungen zur Berechnung und deren Grundlagen sowie keine hinreichende rechtliche Beurteilung, die die einzelnen im Spruch getroffenen Anordnungen klar und übersichtlich rechtlich zuordnen und verdeutlichen würde.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Mag.Dr. Wolfgang Steiner

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