Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570009/2/WEI/Bk

Linz, 31.01.2001

VwSen-570009/2/WEI/Bk Linz, am 31. Jänner 2001

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 30. Oktober 2000, Zl. S 6269/ST/00, betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise zu Recht erkannt:

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die Ordnungsstrafe auf S 1.000,-- (entspricht  72, 67 Euro) reduziert. Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die beleidigende Schreibweise in einer dem Schreiben vom 19. Juli 2000 angeschlossenen "Aktennotiz" erfolgte.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs 2 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 158/1998

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber (Bw) auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs 2 und 3 AVG 1991 wie folgt abgesprochen:

"Sie haben sich in Ihrem Schreiben vom 19.07.2000 an die Bundespolizeidirektion Steyr, ho. eingelangt am 20.07.2000, durch die Äußerung " ... Die Namen der zwei Blödmänner - ein bessere Kennzeichnung für die zwei Beamten fällt mir nicht ein - kenne ich doch nicht, denn ..." einer beleidigenden Schreibweise bedient, weshalb über Sie gemäß § 34 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 eine ORDNUNGSSTRAFE in Höhe von S 2.000,-- (Euro 145,35) verhängt wird."

1.2. Gegen diesen Bescheid, den der Bw am 7. Dezember 2000 während eines stationären Aufenthalts im Wagner Jauregg Krankenhaus in Linz persönlich übernommen hat, richtet sich das am 21. Dezember 2000 bei der BPD Steyr rechtzeitig eingelangte Schreiben des Bw vom 18. Dezember 2000, das inhaltlich als Berufung angesehen werden kann und mit dem erschließbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids angestrebt wird.

2.1. Der Bw verweist begründend auf die Darlegung in seinem an den Polizeidirektor gerichteten Schreiben vom 20. Juli 2000. Danach hätte ihm einer der beiden Sicherheitswachebeamten erklärt, er würde eine Anzeige wegen Störung der öffentlichen Ordnung erhalten, die aber bisher bei ihm nicht einlangte. Deshalb wisse der eine Sicherheitswachebeamte nicht, was so läuft. Da auch der andere Beamte eine ähnliche Stellungnahme zum Besten gegeben hätte, wäre seine Kennzeichnung "Blödmann" für die zwei Sicherheitswachebeamten gerechtfertigt. Den Bescheid vom 30. Oktober 2000 betreffend die Ordnungsstrafe betrachte der Bw als nicht existent, weshalb er auch die vorgeschriebene Strafe nicht bezahlen werde.

2.2. In seinem Beschwerdeschreiben an den Polizeidirektor vom 19. Juli 2000, eingelangt bei der BPD Steyr am 20. Juli 2000, nahm der Bw auf eine von ihm verfasste und beigelegte "Aktennotiz" Bezug, in der er über einen Vorfall vom 18. Juli 2000 in der Cafe-Konditorei B in S berichtete. Da er ein kleines Bier konsumierte und kein Geld eingesteckt hatte, um die S 28,-- zu begleichen, hätte ihm Frau B das Verlassen des Lokals verwehrt und die Polizei gerufen. Einem der wenige Minuten später eintreffenden beiden Polizeibeamten hätte er über seine persönlichen Verhältnisse Auskunft gegeben und über einen früheren Einbruch erzählt und noch angeben wollen, dass einflussreichste Herrschaften hinter ihm stünden, als der zweite Beamte aus dem Lokal gekommen wäre und ihm barsch erklärt hätte, dass er wegen Betrugs angezeigt werde, wenn er nicht innerhalb einer halben Stunde den Betrag von S 28,-- erlegte. Eine Anzeige wegen Störung der öffentlichen Ordnung bekäme er auf jeden Fall. Dann lautet der letzte Absatz dieser Aktennotiz :

"Die Namen der zwei Blödmänner - ein bessere Kennzeichnung für die zwei Beamten fällt mir nicht ein - kenne ich doch nicht, denn ich will doch nicht auch noch näher über dieselben informiert sein."

2.3. Aus den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, dass die BPD Steyr eine Anzeige wegen Betrugs vom 27. Juli 2000 erstattete, bis zu welchem Datum der Bw die Zeche noch nicht bezahlt hatte.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2000 teilte der Polizeidirektor von Steyr dem Bw mit, dass sein Beschwerdeschreiben zum Anlass für eine Überprüfung genommen wurde. Dabei hätte man festgestellt, dass die kritisierte Amtshandlung korrekt und vorschriftsmäßig durchgeführt worden wäre und dass sich die beiden Sicherheitswachebeamten richtlinienkonform verhalten hätten. Im Hinblick auf die beleidigende Schreibweise "Blödmänner" wurde dem Bw eine Ordnungsstrafe gemäß § 34 Abs 3 AVG angekündigt.

Der Bw reagierte darauf mit Schreiben vom 3. August 2000, in dem er auf Umstände infolge seines gestörten Verhältnisses zur Frau Brückner Bezug nahm, die aber hier nicht weiter von Bedeutung sind. Mit weiteren Schreiben vom 25. und 29. August 2000 teilte er dem Polizeidirektor von Steyr unter Vorlage von Ablichtungen der Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft Steyr vom 21. August 2000, Zl. 17 BAZ 1047/00 t - 2 (BS), und seines Schreibens vom 28. August 2000 an den Bezirksanwalt im Wesentlichen mit, dass die Verfolgung wegen der Strafanzeige der BPD Steyr unterbliebe. Die weiteren Ausführungen des Bw hängen wieder mit seiner Privatfehde mit Frau B zusammen und sind gegenständlich nicht weiter von Interesse. In der Folge erging dann der angefochtene Bescheid über die Verhängung einer Ordnungsstrafe.

3. Die belangte Behörde hat dem unabhängigen Verwaltungssenat die bezughabenden Akten zur Berufungsentscheidung vorgelegt und mitgeteilt, dass keine Berufungsvorentscheidung beabsichtigt sei.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Fall das AVG 1991 in der Fassung der Novelle BGBl I Nr. 158/1998 anzuwenden ist. Der unabhängige Verwaltungssenat ist seit dieser Novelle gemäß dem § 36 Abs 2 AVG 1991 zur Entscheidung über eine Berufung gegen den Bescheid, mit dem eine Ordnungs- oder Mutwillensstrafe verhängt wird, zuständig, wobei er durch ein Einzelmitglied zu entscheiden hat.

Gemäß § 34 Abs 1 AVG 1991 hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen. § 34 Abs 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis S 10.000,-- verhängt werden.

Nach § 34 Abs 3 AVG 1991 können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

4.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (vgl u.a. VwSlg 5.067 A/1959; VwSlg 14.064 A/1994). Die Überzeugung, berechtigte Kritik zu üben, rechtfertigt keine beleidigende Schreibweise. Auch eine Beleidigungsabsicht wird vom Tatbild des § 34 Abs 3 AVG 1991 nicht gefordert (vgl etwa VwGH 8.11.1996, 96/02/0463; VwGH 16.11.1993, 91/07/0084).

Eine Kritik ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gerechtfertigt, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstands entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 217 f, E 23 und E 26 zu § 34 AVG). Wer den Boden sachlicher Kritik verlässt und anderen Unfähigkeit, niedrige Gesinnung oder eine sittlich verpönte Vorgangsweise unterstellt, bedient sich einer beleidigenden Schreibweise.

4.3. Im vorliegenden Fall vertritt der Bw sinngemäß und zusammengefasst die Ansicht, dass die Bezeichnung "Blödmänner" auf die beiden schlecht informierten Sicherheitswachebeamten zutreffe, weil diese die Situation im Cafe B am 18. Juli 2000 ebenso wenig wie Frau B richtig eingeschätzt und überdies ohne Anlass eine Anzeige wegen Störung der öffentlichen Ordnung angekündigt hätten. Der Bw glaubt offenbar, dass er nur von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht hätte.

Auch wenn man vom Standpunkt des Bw ausgeht, kann seine Äußerung nicht toleriert werden. Die gegenständlich unbestrittene Bezeichnung der Polizeibeamten als Blödmänner verlässt eindeutig den Boden sachlicher Kritik. Es bedarf keiner weiteren Erörterungen, dass sich der Bw hier einer beleidigenden Schreibweise bedient hat, die auch ein unangebrachtes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt. Der Bw hat in seiner "Aktennotiz" erkennbar die Kundgabe eigener Missachtung gegenüber den Sicherheitswachebeamten zum Ausdruck gebracht, wobei die gewählte Schreibweise nicht mehr eine die Mindestanforderungen des Anstandes wahrende Kritik darstellte.

Eine Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung (vgl Art 10 EMRK) geht fehl, weil dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet wird. Die gesetzliche Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise fällt unter die berechtigten Einschränkungen nach Art 10 Abs 2 EMRK, die auch in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind (vgl dazu VwGH 11.5.1998, 96/10/0033 u. 97/10/0089 unter Hinweis auf VfSlg 7900/1976 und VfSlg 13.035/1992).

4.4. Zur Höhe der verhängten Ordnungsstrafe vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, dass beim gegebenen Sachverhalt auch mit einer Ordnungsstrafe in Höhe von S 1.000,-- das Auslangen gefunden werden kann. Der Bw hat in seinem Beschwerdeschreiben an den Polizeidirektor das Benehmen der beiden Polizeibeamten ihm gegenüber als unkorrekt empfunden und deshalb eine Entschuldigung erwartet. Er fühlte sich in seinem natürlichen Rechtsempfinden verletzt und dachte daher, die vermeintliche Ignoranz der Sicherheitswachebeamten mit der Bezeichnung "Blödmänner" attestieren zu dürfen. Er wollte aber nach Einschätzung des Oö. Verwaltungssenates eher nur eine Uninformiertheit im Sinne von Naivität betreffend die Machenschaften von Frau B, nicht aber schlechthin zum Ausdruck bringen, dass die Beamten für ihren Beruf zu blöd wären. Im Zusammenhang mit seiner wenn auch erfolglos gebliebenen Aufsichtsbeschwerde erscheint die Schreibweise nicht besonders verwerflich. Der Einlassung des Bw kann man nämlich auch die an sich zulässige Kritik entnehmen, dass nach seiner Ansicht die beiden schlecht informierten Sicherheitswachebeamten der Situation im Cafe B nicht gewachsen waren.

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und der Umstände, dass der Bw bisher noch nicht unangenehm aufgefallen war und als Frühpensionist eher nicht wohlhabend sein dürfte, hält der Oö. Verwaltungssenat eine Ausschöpfung von 10 % des Ordnungsstrafrahmens für vollkommen ausreichend. Es war daher der Berufung teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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