Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-570022/2/SR/Ri

Linz, 27.07.2004

 

 

 VwSen-570022/2/SR/Ri Linz, am 27. Juli 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A S, S Nr. gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 14. Mai 2004, Zl. VerkR96-4276-2004 Ga betreffend die Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise, zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird dem Grunde nach als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich der beleidigenden Schreibweise bestätigt.

 

Aus Anlass der Berufung wird die Ordnungsstrafe auf 400 Euro reduziert.

 

II. Die Anträge auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers gemäß § 51a VStG und die Delegation des Führerscheinaktes an den Landesschulrat werden zurückgewiesen.


Rechtsgrundlagen:

I. § 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs. 2 und 3 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 10/2004;
II. § 6 AVG und §§ 32 und 51a VStG.
 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der belangten Behörde wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf der Rechtsgrundlage des § 34 Abs. 2 und 3 AVG 1991 wie folgt abgesprochen:

"Sie haben sich in der schriftlichen Eingabe (Berufung gegen den Bescheid VerkR96-3134-2004) vom 26.04.2004 durch die Formulierungen:

Die Öffentlichkeit soll bestimmen, ob nach drei Jahren schwerster Schadenszumessung das Verkehrsamt Wels-Land noch eine Behörde mit geordneter Rechtspflege ist oder ob es sich unter H um eine Art Verbrecherorganisation handelt.

Im Ärger und Misstrauen gegen befasste Behörden, welche meine LB deshalb nicht herausgeben, um in Fehlleistung ihre Daseinsberechtigung verschaffen zu können, liegt dennoch keine beleidigende Schreibeweise vor, wenngleich ein kausaler Zusammenhang mit den von der Behörde selbst initiierten Unrechtsgehalt erblickt werden kann.

Der FS Entzug wurde unter H vorgenommen, damit ein Schulverbrechen, an welchem er selbst beitrug gedeckt bleibt.

oHocheiner beleidigenden Schreibeweise bedient und es wird über Sie folgende Ordnungsstrafe verhängt:

 

600,-- Euro gemäß § 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 600 Euro."

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 26. Mai 2004 durch Hinterlegung zugestellt worden ist, richtet sich das am 2. Juni 2004 persönlich beim Oö. Verwaltungssenat abgegebene Berufungsschreiben des Bw, mit dem erschließbar die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheids angestrebt wird.

 

2.1. In der Begründung hat die Behörde erster Instanz u.a. ausgeführt, dass dem Bw in der Begründung des Bescheides VerkR96-3134-2004 die Deutlichkeit seines Fehlverhaltens vor Augen geführt wurde und auch der Zweck einer Ordnungsstrafe, nämlich, dass er in Zukunft von derartigen Ausdruckweisen Abstand nimmt, hinlänglich erläutert wurde. Er habe im gegenständlichen Schreiben wiederum die Mindestanforderungen des Anstandes bei weitem überspannt. Dem Bw sei schon öfters eine konstruktive Unterstützung angeboten worden, er sei jedoch offenkundig unfähig, diese anzunehmen, erkenne offenbar sein Unrecht und die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens selbst und scheine nunmehr offenkundig Freude an der Behördenverunglimpfung zu finden. Insgesamt betrachtet vergifte der Bw die Atmosphäre des Verwaltungsverfahrens, da der Behörde eine den Grundsätzen des demokratischen Rechtsstaates widersprechende Handlungsweise und Geisteshaltung unterstellt würde. Die Behörde erster Instanz geht in der Folge davon aus, dass die Formulierungen absichtlich gewählt wurden und es daher einer empfindlichen Strafe bedürfe. Der Bw solle dadurch dazu verhalten werden, in Hinkunft von derartigen Ausdrucksweisen Abstand zu nehmen. Es sei Aufgabe der Behörde, die angesprochenen demokratischen Werte zu schützen und Maßnahmen zu setzen, dass sich die Kritik an ihr auf die Sache beschränke und in einer den Mindestanforderungen des Anstandes entsprechenden Form vorgebracht werde.

 

2.2. Dagegen bringt der Bw im Wesentlichen vor, dass scheinbar eine beleidigende Schreibweise an die Berufungsbehörde gegen den Bescheid VerkR96-3134-2004 vom 26. April 2004 geführt wurde. Gemäß § 34 AVG sei der UVS für OÖ. die zuständige Behörde, da die Eingabe an diesen gerichtet worden sei (VfSlg 4073/61). Mangels Zuständigkeit der BH Wels-Land komme der Berufung Berechtigung zu. Weiters führt der Bw begründend aus, dass der Organwalter H namhaften Anteil an der Schulentlassung hatte und sein krankheitsbedingtes Fehlverhalten mit einem FS Entzug fortgesetzt hat. Wenn Frau G nicht weiß, woher ihr Chef kommt, hat sie ohnehin einen Klescher, daher ist es auch zu verstehen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen ein Ermittlungsverfahren zum FS Entzug bis heute nicht durchführen konnte".

 

Auf Grund seiner Ausführungen beantragt der Bw, dass der UVS den gegenständlichen Bescheid wegen Unzuständigkeit aufhebe und das Verfahren einstelle, den FS Akt in sukzessiver Zuständigkeit an den Landesschulrat delegiere, die Beigabe einer Verfahrenshilfe gemäß § 51a VStG gewähre und erkläre, wieweit er (gemeint wohl der Oö. Verwaltungssenat) erstbehördliche Gaunereien mitzutragen gedenke.

 

3. Die belangte Behörde hat dem Oö. Verwaltungssenat die bezughabenden Akten zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 34 Abs. 1 AVG 1991 hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.

 

§ 34 Abs. 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.

 

Gemäß § 34 Abs. 3 AVG 1991 können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

 

4.2. Vorerst war zu prüfen, ob die Behörde erster Instanz zur Verhängung einer Ordnungsstrafe zuständig ist, wenn eine beleidigende Schreibweise in einer Berufung enthalten ist, oder ob diesbezüglich nur die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates gegeben wäre.

 

Im Hinblick darauf, dass die Berufung mit Berufungsvorentscheidung (§ 64a Abs. 1 AVG) durch die Behörde erster Instanz erledigt werden kann, schließt sich der Oö. Verwaltungssenat der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. November 1993, Zl. 89/14/0144 an. In der zitierten Entscheidung hat der Verwaltungsgerichtshof auf die Rechtsprechung zu § 34 AVG vor der Novelle 1990 Bezug genommen, wonach "für eine beleidigende Schreibweise in einer Berufung nur die Rechtsmittelbehörde eine Ordnungsstrafe verhängen durfte (verst. Senat vom 25. März 1987, Slg. Nr. 12.429/A)". Auf Grund dessen, dass durch die angesprochene Novelle der Bezirksverwaltungsbehörde die Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung eingeräumt wurde, ist davon auszugehen, dass die beleidigende Schreibweise in einer Berufungsschrift auch von der Behörde erster Instanz aufgegriffen und von dieser eine Ordnungsstrafe verhängt werden kann. Die Ansicht des verstärkten Senates ist daher auf die nunmehrige Rechtslage nicht mehr übertragbar und die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz gegeben.

 

4.3. Die Vorschrift des § 34 Abs. 3 AVG dient nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Person, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit Behörden. Es ist nicht Voraussetzung für eine Bestrafung, dass eine bestimmte Amtsperson beleidigt oder geschmäht wird, denn das durch die genannte Vorschrift geschützte Rechtsgut ist ausschließlich die Wahrung des Amtsansehens. Der Zweck der bezogenen Bestimmung liegt darin, der Behörde eine Ordnungsgewalt zur Wahrung des erforderlichen Anstandes im Verkehr mit Ämtern und Behörden einzuräumen (siehe Gaisbauer, Die beleidigende Schreibweise im Verwaltungsverfahren im Spiegel der Rechtsprechung, ÖGZ 10/95, Seite 22 mit zahlreichen Judikaturverweisen).

 

Hellbling hat im Kommentar zu den Verwaltungsgesetzen (Wien 1953, Band 1, Seite 233) ausgeführt, dass unter Eingabe jedes Schreiben zu verstehen ist, dass eine Behörde oder ein Amt veranlassen soll, sich mit dem Inhalt des Schreibens amtlich zu befassen. Bei der Prüfung, ob ein Schriftstück den Tatbestand der beleidigenden Schreibweise erfüllt, ist außer der in Betracht kommenden Stelle auch der sonstige Inhalt der Eingabe zu berücksichtigen (BGH. 19. Dezember 1936, SlG 1063 A).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine beleidigende Schreibweise vor, wenn eine Eingabe ein unsachliches Vorbringen enthält, das in einer Art gehalten ist, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt (vgl. u.a. VwSlg 5.067 A/1959; VwSlg 14.064 A/1994). Die Überzeugung, berechtigte Kritik zu üben, rechtfertigt keine beleidigende Schreibweise. Auch eine Beleidigungsabsicht wird vom Tatbild des § 34 Abs. 3 AVG 1991 nicht gefordert (vgl. etwa VwGH 8.11.1996, 96/02/0463; VwGH 16.11.1993, 91/07/0084).

 

Eine Kritik ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann gerechtfertigt, wenn sie sich auf die Sache beschränkt, in einer den Mindestanforderungen des Anstands entsprechenden Form vorgebracht wird und nicht Behauptungen enthält, die einer Beweisführung nicht zugänglich sind (vgl. die Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 353 f, E 23 und E 26 zu § 34 AVG). Wer den Boden sachlicher Kritik verlässt und anderen Unfähigkeit, niedrige Gesinnung oder eine sittlich verpönte Vorgangsweise unterstellt, bedient sich einer beleidigenden Schreibweise.

 

Für eine Bestrafung wegen Übertretung des § 34 Abs. 3 AVG ist es ohne Belang, ob sich die beleidigende Schreibweise gegen die Behörde, gegen das Verwaltungsorgan oder gegen eine einzige Amtshandlung richtete (VwGH 4.9.1995, 94/10/0099).

 

Die Ordnungsstrafe nach § 34 Abs. 3 AVG 1991 ist dazu bestimmt, Verletzungen des gebotenen Anstandes im Verkehr mit den Behörden zu ahnden. Sie wendet sich also nicht gegen den Inhalt des Vorbringens, sondern die Form, in der dieses erfolgt (VwGH 28.9.1995, 94/17/0427). Hiebei darf nicht vom Wortsinn einer einzelnen Stelle ausgegangen werden, vielmehr muss auch der sonstige Inhalt der Eingabe berücksichtigt werden. Es kommt auf die Beleidigungsabsicht ebenso wenig an wie auf den Endzweck der Eingabe (vgl die Nachw bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, 351, E 2b und 3a zu § 34 Abs. 3 AVG).

 

Betrifft eine Eingabe zwei oder mehrere Angelegenheiten, scheidet trotzdem eine zwei- oder mehrmalige Verhängung einer Ordnungsstrafe aus, da vom Zweck der Maßnahme her gesehen, die betreffende Person in Zukunft von der Setzung eines ordnungswidrigen Verhaltens abgehalten werden soll. Es besteht daher keine Notwendigkeit zur nochmaligen Verhängung einer Ordnungsstrafe für dieselbe Ordnungswidrigkeit (VwGH 25.3.1987, 86/11/0145, verstärkter Senat). § 34 Abs. 3 AVG dient nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Personen, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit den Behörden.

 

Auch die Überzeugung des Schreibers, seine Kritik sei berechtigt, vermag eine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen (vgl. u.v. VwGH vom 26.3.1996, 95/05/0029).

 

Eine beleidigende Schreibweise kann auch nicht durch ein vermeintlich oder tatsächlich rechtswidriges Handeln jener Behörde gerechtfertigt werden, an der Kritik geübt wird (vgl die Nachw bei Walter - Thienel, Verwaltungsverfahrengesetze I2, E 32 zu § 34 AVG).

 

Kritik ist nur dann sachbeschränkt, wenn die Notwendigkeit dieses Vorbringens zum Zwecke der entsprechenden Rechtsverfolgung angenommen werden kann (vgl. VwGH vom 26.3.1996, 95/05/0029).

 

Der - den Fall einer beleidigenden Schreibweise in schriftlichen Eingaben betreffende - § 34 Abs. 3 AVG nimmt lediglich in Gestalt der Anordnung, dass "die gleichen Ordnungsstrafen verhängt werden können", auf den zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle Bezug; eine Anordnung, dass - wie in dem durch § 34 Abs. 2 AVG geregelten Fall der Anstandsverletzung oder Ordnungsstörung bei einer "Amtshandlung" - mit Ermahnung, Entziehung des Wortes nach Androhung derselben, Entfernung und Auftrag, einen Bevollmächtigten zu bestellen, vorzugehen wäre, enthält diese Regelung nicht. Diese Verfahrensanordnungen beziehen sich erkennbar auf Vorgänge und Abläufe einer mündlichen Amtshandlung; dies stellt klar, dass es sich dabei um die Regelung der "Sitzungspolizei" handelt, die auf den Fall einer beleidigenden Schreibweise in Eingaben auch nicht sinngemäß angewendet werden kann (vgl den Nachweis bei Walter - Thienel, Verwaltungsverfahrengesetze I2, E 37 zu § 34 AVG).

 

Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, dass über einen Beschuldigten, der sich in einem gegen ihn anhängigen Strafverfahren in mehreren schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedient, nur eine einzige Ordnungsstrafe verhängt werden dürfte. Einer gesonderten Ahndung steht auch nicht entgegen, dass es sich jeweils nur um eine gleichartige Beleidigung handelt (VwGH 11.12.1985, 84/03/0155).

 

Die Verhängung einer Ordnungsstrafe hat grundsätzlich für jede Eingabe, in der eine beleidigende Schreibweise enthalten ist, getrennt zu erfolgen und kann in Bezug auf jede Eingabe das Höchstmaß erreichen (VwGH 30.11.1993, 89/14/0144).

 

4.4. Im vorliegenden Fall führt der Bw in der Berufung gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 13. April 2004, VerkR96-3134-2004 u.a. aus, dass eine vorzeitige Kritik immerhin besser ist als eine Vernichtung durch die Presse, wenn hierzulande ein Bürger über einem widerrechtlichen FS Entzug eingesperrt wird, nur damit ein Schulverbrechen weiterhin gedeckt bleiben kann. Die Öffentlichkeit soll bestimmen, ob nach drei Jahren schwerster Schadenszumessung das Verkehrsamt Wels-Land noch eine Behörde mit geordneter Rechtspflege ist oder ob e sich unter H um eine Art Verbrecherorganisation handelt. Weiters bringt der Bw vor, dass im Ärger und Misstrauen gegen befasste Behörden, welche seine LB deshalb nicht herausgeben, um in Fehlleistung ihre Daseinsberechtigung verschaffen zu können, dennoch keine beleidigende Schreibweise vorliegt, wenngleich ein kausaler Zusammenhang mit den von der Behörde selbst initiierten Unrechtsgehalt erblickt werden kann. In der Antragsbegründung führt der Bw aus, dass der FS Entzug unter H vorgenommen wurde, damit ein Schulverbrechen, an welchem er selbst beitrug, gedeckt bleibt.

 

Die wiedergegebenen Äußerungen beziehen sich auf Amtshandlungen, Organwalter und Behörden, die im Zusammenhang mit der Entlassung des Bw aus dem Schuldienst und der Entziehung seiner Lenkberechtigung tätig geworden sind.

 

Kritische Äußerungen an behördlichem Verhalten sind grundsätzlich zulässig, müssen sich aber in den Grenzen der Sachlichkeit und des Anstandes halten. Jeder, der in der Handlung eines Organs einer Behörde eine Überschreitung oder missbräuchliche Verwendung der Amtsbefugnisse erblickt, kann dies in einer dem Gesetz entsprechenden Form geltend machen (zB Anzeige an Dienstbehörde, Rechtsmittel gegen Bescheid usw.), hat aber nicht das Recht, das Ansehen der Behörde (eines Organs) durch unsachliche Schreibweise, welche die Anstandspflicht gegenüber der Behörde verletzt, herabzuwürdigen (vgl. VwGH 17.9.1980, 1188/80).

 

Auch wenn man vom Standpunkt des Bw ausgeht, können seine Äußerungen nicht toleriert werden. Die von ihm getätigten Vorwürfe u.a. gegen Dr. H (Vornahme des "FS Entzuges" , damit ein Schulverbrechen, an dem er selbst beitrug, gedeckt bleibt - erschließbarer Vorwurf des Amtsmissbrauches) und die Behörde erster Instanz (Behörde mit geordneter Rechtspflege oder unter H um eine Art Verbrecherorganisation) verlassen eindeutig den Boden sachlicher Kritik. Die Äußerungen sind in einer Art gehalten, die ein ungeziemendes Verhalten gegenüber der Behörde darstellen. Es ist ein Verhalten, welches jenes Maßhalten im Verkehr mit der Behörde vermissen lässt, das die Achtung vor der Behörde erfordert. Auch wenn der Bw vermeint, dass seine Kritik berechtigt ist, so vermag diese seine beleidigende Schreibweise nicht zu entschuldigen. Wie das den Eingaben zugrunde liegende und bereits rechtskräftig abgeschlossene Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung erkennen lässt, ist die Kritik auch nicht "sachberechtigt", da eine Notwendigkeit dieser Eingabe zum Zwecke der entsprechenden Rechtsverfolgung nicht angenommen werden kann.

 

Es bedarf somit keiner weiteren Erörterungen, dass sich der Bw hier einer beleidigenden Schreibweise bedient hat, die eindeutig ein unangebrachtes Verhalten gegenüber der Behörde darstellt.

 

Eine allfällige Berufung auf das Recht auf freie Meinungsäußerung (vgl. Art 10 EMRK) geht fehl, weil dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet wird. Die gesetzliche Möglichkeit der Verhängung von Ordnungsstrafen wegen beleidigender Schreibweise fällt unter die berechtigten Einschränkungen nach Art 10 Abs. 2 EMRK, die auch in einer demokratischen Gesellschaft zur Aufrechterhaltung der Ordnung und zum Schutz des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich sind (vgl. dazu VwGH 11.5.1998, 96/10/0033 u. 97/10/0089 unter Hinweis auf VfSlg 7900/1976 und VfSlg 13.035/1992).

 

Die mit einer allfällig angebrachten Kritik nicht zusammenhängenden Beleidigungen belasten die Atmosphäre des Verwaltungsverfahrens, ohne auch nur ein diskutables Werturteil im Sinne des Art. 10 Abs. 1 MRK zum Ausdruck zu bringen oder auch nur mit einem solchen in erkennbarem Zusammenhang zu stehen. Abgesehen davon liegt es auch im Interesse der öffentlichen Ordnung (Art. 10 Abs. 2 MRK) der Behinderung von öffentlichen Verfahren durch Beschimpfungen entgegenzuwirken, wofür sich eine angemessene Ordnungsstrafe als geeignetes Mittel darstellt (vgl. VwGH 28.9.1995, 94/17/0427).

 

4.5. Wie unter Punkt 4.3. ausgeführt, dient die Vorschrift des § 34 Abs. 3 AVG nicht dem Schutz der in einer Eingabe kritisierten Personen, sondern der Wahrung des Anstandes im Verkehr mit den Behörden (vgl. VfGH 12.3.1992, B101/91).

 

Zur Höhe der verhängten Ordnungsstrafe vertritt der erkennende Verwaltungssenat die Ansicht, dass beim gegebenen Sachverhalt auch mit einer Ordnungsstrafe in Höhe von 400 Euro das Auslangen gefunden werden kann. Der Bw hat in seinem Berufungsschreiben einem Behördenvertreter zumindest missbräuchliche Verwendung der Amtsbefugnisse vorgeworfen und sich in der Eingabe einer Form bedient, die den Begriff der beleidigenden Schreibweise erfüllt.

 

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte und der Umstände, dass der Bw eher nicht wohlhabend sein dürfte, hält der Oö. Verwaltungssenat eine Ordnungsstrafe knapp über 50% des Ordnungsstrafrahmens für angemessen. Es war daher der Berufung teilweise Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

5.1.1.Gemäß § 32 Abs. 1 VStG ist Beschuldigter eine Person, die im Verdacht steht, eine Verwaltungsübertretung begangen zu haben.

Gemäß § 51a Abs. 1 VStG hat der unabhängige Verwaltungssenat unter den genannten Voraussetzungen auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird.

 

5.1.2. Bei Tatbeständen, die die Erlassung von Ordnungsstrafen rechtfertigen, handelt es sich nicht um Verwaltungsübertretungen iS des Art VI Abs. 3 EGVG und des § 1 VStG. Auf die Verhängung einer Ordnungsstrafe (=Disziplinarmaßnahme) findet daher das VStG nicht Anwendung.

 

Da § 51a VStG nicht zur Anwendung gelangt, der Bw kein Beschuldigter im Sinne der genannten Bestimmung ist, war der Antrag des Bw auf Beigabe eines Verfahrenshilfeverteidigers zurückzuweisen.

 

5.2.1. Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

 

5.2.2. Die Partei hat einen Rechtsanspruch darauf, dass über ihr Anbringen die zuständige Behörde entscheidet. Entgegen der Ansicht des Bw ist der Landesschulrat für die "FS Ausfolgung" nicht zuständig. Da der Oö. Verwaltungssenat weder über den "FS Akt" des Bw verfügt noch der Landesschulrat für Oberösterreich für "FS Ausfolgungen" zuständig ist, war der gegenständliche Antrag - Delegierung des FS Aktes an den Landesschulrat - zurückzuweisen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 24.05.2005, Zl.: 2004/11/0184, 0185-8
 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum