Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-570032/5/SR/Ri

Linz, 29.11.2005

 

 

 

VwSen-570032/5/SR/Ri Linz, am 29. November 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A S, S Nr. gegen die Spruchpunkte 2 und 3 des Bescheides des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 12. Oktober 2005, Zl. VerkR96-10665-2005 Ga wegen Verhängung einer Mutwillensstrafe und einer Ordnungsstrafe zu Recht erkannt:

 

Aus Anlass der Berufung werden die Spruchpunkte 2 und 3 des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm §§ 34, 36 Abs. 2 und 3 AVG 1991 idF BGBl I Nr. 10/2004;

 

Entscheidungsgründe:

 

 

  1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der Behörde erster Instanz wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) in den Spruchpunkten 2 und 3 wie folgt abgesprochen:

 

" 2.) Sie haben durch Ihren Antrag vom 20.09.2005 mutwillig die Tätigkeit der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land in Anspruch genommen und es wird über Sie gemäß § 35 AVG 1950 eine Mutwillensstrafe von 500 Euro verhängt.

3.) Sie haben sich in Ihrem Antrag vom 20.09.2005 durch die Formulierungen:

einer beleidigenden Schreibweise bedient und es wird über Sie eine Ordnungsstrafe von 726 Euro verhängt.

Rechtsgrundlagen:

§ 35 Abs. 1 AVG.

§ 34 Abs. 2 iVm § 34 Abs. 3 AVG in der geltenden Fassung.

Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt daher 1.226 Euro."Ochreiner seine ihm untergeordnete Polizei Sattledt mir im Namen der Republik Hoch

 

2. Gegen diesen dem Bw am 20. Oktober 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende beim Oö. Verwaltungssenat am 3. November 2005 persönlich und somit rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Sowohl im Spruch als auch in der Begründung ist die Behörde erster Instanz davon ausgegangen, dass der Bw die Tätigkeit der Behörde (hier: Bezirkshauptmann von Wels-Land) mutwillig in Anspruch genommen und sich bei der schriftlichen Eingabe einer beleidigenden Schreibweise bedient habe. Seine Formulierungen hätten darauf abgezielt, die "Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als Ganzes, aber auch einen im Anlassfall zuständigen Bearbeiter" zu verunglimpfen.

 

2.2. Dagegen hat der Bw ausgeführt, dass er seine Anträge ausschließlich an die BH Kirchdorf gerichtet habe und eine Weiterleitung an die BH Wels-Land nicht zulässig gewesen sei. Sollte sich die BH Kirchdorf unzuständig erachtet haben, dann hätte sie die Anträge wegen Unzuständigkeit zurückweisen müssen. U.a. wird daher die Aufhebung der angefochtenen Spruchpunkte beantragt.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit dem Berufungsvorbringen hinreichend geklärt erscheint.

 

 

 

 

3.2.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Mit Schreiben vom 16. September 2005 brachte der Bw bei der Behörde erster Instanz eine Amtshaftungsbeschwerde gemäß Art 23 B-VG ein. Im angeführten Schriftsatz stellte der Bw unter II. Ziffer 2 den Antrag, die "BH Kirchdorf möge als zuständige Behörde der Wiederausfolgung seiner LB Folge geben, da nie zur Verkehrssicherheit ein Zusammenhang bestand und dies mit Bescheid abzusprechen".

 

Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems leitete - vermutlich - im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit des Bezirkshauptmannes von Wels-Land den gegenständlichen Antrag des Bw mit Schreiben vom 22. September 2005, u.a. VerkR96-35854-2004, an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land weiter. Diese hat in der Folge den angefochtenen Bescheid erlassen.

 

3.2.2. Aus der "Amtshaftungsbeschwerde", den gestellten Anträgen und den hiezu gemachten Ausführungen ist eindeutig erkennbar, dass der Bw ausschließlich den Bezirkshauptmann von Kirchdorf als zuständige Behörde angesehen und nur diesen um Entscheidung ersucht hat.

 

4. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1.1. Gemäß § 34 Abs. 1 AVG 1991 hat das Verwaltungsorgan, das eine Verhandlung, Vernehmung, einen Augenschein oder eine Beweisaufnahme leitet, für die Aufrechterhaltung der Ordnung und für die Wahrung des Anstandes zu sorgen.

 

§ 34 Abs. 2 AVG bestimmt, dass Personen, die die Amtshandlung stören oder durch ungeziemendes Benehmen den Anstand verletzen, zunächst zu ermahnen sind. Bleibt die Ermahnung erfolglos, so kann ihnen nach vorheriger Androhung das Wort entzogen, ihre Entfernung verfügt und die Bestellung eines Bevollmächtigten aufgetragen werden oder gegen sie eine Ordnungsstrafe bis 726 Euro verhängt werden.

 

Gemäß § 34 Abs. 3 AVG 1991 können die gleichen Ordnungsstrafen von der Behörde gegen Personen verhängt werden, die sich in schriftlichen Eingaben einer beleidigenden Schreibweise bedienen.

 

Der den Fall einer beleidigenden Schreibweise in schriftlichen Eingaben betreffende § 34 Abs 3 AVG nimmt lediglich in Gestalt der Anordnung, dass "die gleichen Ordnungsstrafen verhängt werden können", auf den zweiten Absatz dieser Gesetzesstelle Bezug; eine Anordnung, dass - wie in dem durch § 34 Abs. 2 AVG geregelten Fall der Anstandsverletzung oder Ordnungsstörung bei einer "Amtshandlung" - mit Ermahnung, Entziehung des Wortes nach Androhung derselben, Entfernung und Auftrag, einen Bevollmächtigten zu bestellen, vorzugehen wäre, enthält diese Regelung nicht. Diese Verfahrensanordnungen beziehen sich erkennbar auf Vorgänge und Abläufe einer mündlichen Amtshandlung; dies stellt klar, dass es sich dabei um die Regelung der "Sitzungspolizei" handelt, die auf den Fall einer beleidigenden Schreibweise in Eingaben auch nicht sinngemäß angewendet werden kann (vgl bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrengesetze I2, E 37 zu § 34 AVG).

 

4.1.2. Gemäß § 35 AVG kann die Behörde gegen Personen, die offenbar mutwillig die Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder in der Absicht einer Verschleppung der Angelegenheit unrichtige Angaben machen, eine Mutwillensstrafe bis 726 Euro verhängen.

 

Zuständig für die Verhängung einer Mutwillensstrafe ist jene Behörde, deren Tätigkeit offenbar mutwillig in Anspruch genommen wird.

 

Gemäß § 35 Abs. 1 FSG ist hier unter Bedachtnahme auf die gesetzlichen Vorschriften für die Ausfolgung des Führerscheines die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zuständig (siehe auch §§ 1ff AVG). Auch wenn der Bw sein Begehren an eine unzuständige Behörde gerichtet hat, kann dadurch die Zuständigkeit der Behörde (BH Kirchdorf) nicht begründet werden.

 

4.2. Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

 

Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf ist daher grundsätzlich gehalten, den Antrag des Bw an die örtlich und sachlich zuständige Behörde weiterzuleiten.

 

Da aber der Bw die "BH Kirchdorf" als zuständige Stelle zur Entscheidung über seinen Antrag erachtet und explizit eine bescheidmäßige Entscheidung einforderte, war eine formlose Abtretung nicht zulässig. Im Falle seiner Unzuständigkeit wäre der Bezirkshauptmann von Kirchdorf gehalten gewesen, den Antrag des Bw bescheidmäßig zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 23.11.1993, 93/04/0216).

4.3. Davon ausgehend, dass der Bw die Amtshaftungsbeschwerde und den Antrag auf Wiederausfolgung seiner Lenkberechtigung ausschließlich an die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf gerichtet hat und nur den Bezirkshauptmann von Kirchdorf zu einer Entscheidung veranlassen wollte, ist die Frage der Zuständigkeit zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise und einer mutwilligen Inanspruchnahme dieser Behörde dahingehend zu prüfen.

 

4.3.1. Nach dem Erkenntnis eines verstärkten Senats des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. März 1987, Zl. 86/11/0145 (= VwSlg 12.429 A/1987), ist zur Verhängung einer Ordnungsstrafe wegen beleidigender Schreibweise entsprechend dem Grundsatz des gesetzlichen Richters nach Art 83 Abs. 2 B-VG nur eine bestimmte Behörde zuständig. Dabei handelt es sich um jene Behörde, die die Angelegenheit, in der die Eingabe eingebracht worden ist, zu erledigen oder sonst in Verhandlung zu nehmen hat.

 

4.3.2. Mutwillensstrafen können nur gegen Personen verhängt werden, die an die Behörde herantreten.

 

4.4. Entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz hat der Bw nicht die bescheiderlassende Behörde in Anspruch genommen, sondern dezidiert die Entscheidung des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf eingefordert. Im Gegensatz zu seinen - früheren, vage ausgeführten - Schriftsätzen hat er diesmal ausdrücklich die Entscheidung des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf beantragt.

 

Beispielsweise hat das auch hier zur Entscheidung zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates in VwSen 570024/SR/Ri dargelegt, dass es der Partei nicht freisteht, auf der Erledigung des Antrages durch eine bestimmte Behörde zu beharren, wenn sie die Rechtsmeinung der abtretenden Behörde nicht teilt. In dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Antrag hat der Bw jedoch nicht ausdrücklich eine Entscheidung durch den Bezirkshauptmann von Kirchdorf begehrt. Die damalige Weiterleitung erfolgte daher zu Recht. Im Hinblick auf die nunmehrige Antragstellung und darauf, dass der Bw in Kenntnis der Begründung zu VwSen-570024/SR/Ri ist, war der Bezirkshauptmann von Kirchdorf nicht mehr zur Weiterleitung berechtigt. Die neuerliche Antragstellung könnte sogar dahingehend gewertet werden, dass der Bw gegenüber der abtretenden Behörde auf einer Entscheidung durch sie beharrt hat.

Aus der Eingabe ist demnach unmissverständlich erkennbar, dass der Bw kein Begehren an die bescheiderlassende Behörde gerichtet hat. Er wollte vielmehr von einer vergleichbar anderen - und seiner Meinung nach zuständigen - Behörde eine Entscheidung erlangen. Dadurch, dass sich der Bezirkshauptmann von Kirchdorf für unzuständig gehalten und die Eingabe an die bescheiderlassende Behörde weitergeleitet hat, ist diese aber ihrerseits noch nicht sachlich zuständig geworden.

 

Nachdem der Bw nur von der "Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf" eine Entscheidung wollte, hätte - allenfalls - nur diese mutwillig in Anspruch genommen werden können.

Nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenats war die bescheiderlassende Behörde nicht zuständig, diese ausdrücklich an eine andere Behörde adressierte Eingabe des Bw in Verhandlung zu nehmen.

 

Da auf Grund dieses Sachverhaltes ausschließlich der Bezirkshauptmann von Kirchdorf Zuständigkeit erlangte und er im Falle seiner örtlichen Unzuständigkeit den Antrag auf Ausfolgung der Lenkberechtigung zurückzuweisen haben wird, war demnach die bescheiderlassende Behörde auch nicht zuständig, eine beleidigende Schreibweise durch Verhängung einer Ordnungsstrafe aufzugreifen.

 

4.5. Die Spruchpunkte 2 und 3 waren daher schon mangels Zuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde eingestellt.

VwGH vom 19.06.2007, Zl.: 2005/11/0008, 0009-8

 

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