Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590000/3/Le/La

Linz, 07.10.1994

VwSen-590000/3/Le/La Linz, am 7. Oktober 1994 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier; Berichter: Dr. Leitgeb, Beisitzer: Mag. Kisch) über die Berufung der Frau H L gegen Spruchabschnitt I. des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.7.1994, Zl.

Ge20-13-01-142-1994, wegen Nichterteilung einer Umweltinformation nach dem Umweltinformationsgesetz, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid im Spruchabschnitt I. aufgehoben.

Die Angelegenheit wird zur neuerlichen Entscheidung an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck verwiesen.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51 idgF.

§§ 4, 5, 7 und 8 Umweltinformationsgesetz - UIG, BGBl.Nr.

495/1993.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Schreiben vom 20.6.1994 begehrte die nunmehrige Berufungswerberin von der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als Gewerbebehörde unter ausdrücklichem Hinweis auf das Umweltinformationsgesetz eine Reihe von Umweltdaten. Die Anfrage bezog sich auf Stoffe bzw. Abfälle, die von der L AG angeblich seit Jahren verbrannt werden.

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck erließ daraufhin (ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens) den angefochtenen Bescheid vom 21.7.1994, Ge20-13-01-142-1994, mit dem im Spruchabschnitt I. der Antrag betreffend Mitteilung, welche Stoffe in den Kesselanlagen der Lenzing AG verbrannt würden, zurückgewiesen wurde.

Im Spruchabschnitt II. wurden der Einschreiterin Ergebnisse von Dioxinmessungen bekanntgegeben.

In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß aus den Bestimmungen der §§ 1 und 4 Abs.2 UIG zu schließen sei, daß kein Rechtsanspruch auf Information über Einsatzstoffe, die in einem Kessel verbrannt werden, besteht. Die Behörde dürfe daher hierüber keine Auskunft geben und wäre der diesbezügliche Antrag zurückzuweisen gewesen.

Weiters wurde ausgeführt, daß Voraussetzung der Mitteilungspflicht das Vorliegen der Umweltdaten bei der Behörde sei. Für den Betrieb der Kesselanlagen wären für bestimmte Schadstoffe kontinuierliche Messungen vorgeschrieben worden. Diese Meßergebnisse würden bei der L AG als Betreiberin der Kesselanlagen aufliegen und der Behörde jederzeit zur Einsicht und Überprüfung zur Verfügung stehen. Da diese Emissionsdaten nicht bei der Behörde aufliegen, können diese Umweltdaten auch nicht mitgeteilt werden. Der diesbezügliche Antrag wäre daher abzuweisen gewesen (Anmerkung: Ein Spruchabschnitt, der eine Abweisung eines Informationsbegehrens zum Gegenstand hat, ist dem vorliegenden angefochtenen Bescheid allerdings nicht zu entnehmen!).

Weiters führte die belangte Behörde aus, daß die bisherigen behördlichen Überprüfungen der Emissionsmessungen ergeben hätten, daß alle Emissionsgrenzwerte wesentlich unterschritten würden. Gemäß der zitierten gesetzlichen Bestimmungen wären die bei der Behörde aufliegenden Daten über durchgeführte Dioxinmessungen mitzuteilen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Berufung vom 12.8.1994, die sich inhaltlich ausschließlich gegen Spruchabschnitt I. des angefochtenen Bescheides richtet. Im Spruchabschnitt II. wurde eine Umweltinformation, nämlich das Ergebnis von zwei Dioxin-Messungen, mitgeteilt.

3. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 12.8.1994, mit der der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck in seinem Spruchabschnitt I. wegen Verweigerung der Umweltinformation angefochten wird. In der Begründung dazu führt die Berufungswerberin nach einer Wiedergabe der Rechtslage nach § 2 Z2 sowie § 4 Abs.2 und 3 UIG aus, daß die Einsatzstoffe, die in einem Kessel verbrannt werden, Umweltdaten sind, die von der Behörde mitzuteilen sind, sofern ihre Geheimhaltung nicht dem überwiegenden Interesse der Aufrechterhaltung der umfassenden Landesverteidigung oder der Parteien geboten ist. Die von ihr begehrte Information über Einsatzstoffe, die in einem Kessel verbrannt werden, könne als Information über "andere als die in Abs.2 genannten Umweltdaten" betrachtet werden. Wenn diese "anderen Umweltdaten" nicht mitgeteilt würden, wäre dies nach Vorabklärung der Frage nach Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen entsprechend zu begründen gewesen. Die Behörde hätte nämlich den Inhaber des Geschäfts- und Betriebsgeheimnisses vom Informationsbegehren verständigen und ihn auffordern müssen, innerhalb von zwei Wochen bekanntzugeben, ob Tatsachen geheimgehalten werden sollten.

Hinsichtlich der Anfrage über die bei der Verbrennung emittierten Giftstoffe und die Antwort der Behörde, daß derartige Meßergebnisse zwar bei der L AG aufliegen würden, nicht aber bei der Behörde aufliegen, vertritt die Berufungswerberin die Auffassung, daß diese Daten der Behörde genauso wie Informationen über Einsatzstoffe im Genehmigungsakt zur Verfügung stehen müßten. Die Behörde widerspreche sich in ihrer Bescheidbegründung, als sie auf das Ergebnis bisheriger behördlicher Überprüfungen der Emissionsmessungen hinweist, aber die Mitteilung dieser Daten ablehnt, weil sie bei der Behörde nicht aufliegen. Über das Ergebnis behördlicher Überprüfungen der Emissionsmessungen müßten Feststellungen im Genehmigungsakt bzw. im Überprüfungsakt enthalten sein.

Schließlich rügt die Einschreiterin auch, daß die Lenzing AG seit Inkrafttreten des UIG am 1. Juli 1993 über das jeweils letztvergangene Kalendermonat und das jeweils vergangene Kalenderjahr die vorliegenden Aufzeichnungen in allgemein verständlicher Form an einer allgemein leicht zugänglichen Stelle bekanntmachen müßte.

4. Hierüber hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.4 Umweltinformationsgesetz - UIG, BGBl.Nr. 495/1993, entscheidet über Berufungen der unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes, in dem das bescheiderlassende Organ der Verwaltung seinen Sitz hat (Art. 129a Abs.1 Z3 B-VG).

Umweltdaten sind auf Datenträgern festgehaltene Informationen über 2. Vorhaben oder Tätigkeiten, die Gefahren für den Menschen hervorrufen oder hervorrufen können oder die Umwelt beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, insbesondere durch Emissionen, Einbringung oder Freisetzung von Chemikalien, Abfällen ... in die Umwelt ... (§ 2 Z2 UIG).

Das Recht auf freien Zugang zu Umweltdaten, über die Organe der Verwaltung in Wahrnehmung bundesgesetzlich übertragener Aufgaben im Bereich des Umweltschutzes verfügen, wird gemäß § 4 Abs.1 jedermann ohne Nachweis eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen gewährleistet (§ 4 Abs.1 UIG).

Dabei geht das Gesetz von der Systematik aus, daß die in § 2 genannten Umweltdaten in solche eingeteilt werden, die jedenfalls dem freien Zugang unterliegen (§ 4 Abs.2) und solchen, vor deren Bekanntgabe die Behörde eine Interessensabwägung durchzuführen hat in Hinblick auf die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit, die umfassende Landesverteidigung oder das Interesse der Partei insbesonders in Hinblick auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen (§ 4 Abs.3).

Die belangte Behörde unterliegt daher einem Rechtsirrtum, wenn sie vermeint, daß nur hinsichtlich der in § 4 Abs.2 genannten Umweltdaten eine Informationspflicht bestehe.

Richtig ist vielmehr, daß grundsätzlich hinsichtlich aller in § 2 definierten Umweltdaten eine Informationspflicht besteht, mit der Einschränkung, daß hinsichtlich der in § 2 genannten, in § 4 Abs.2 jedoch nicht enthaltenen Umweltdaten, eben diese Verpflichtung der Behörde zur Interessensabwägung besteht.

Damit ist offensichtlich, daß auch die Antragstellerin grundsätzlich iSd § 4 Abs.1 UIG berechtigt ist, derartige Anfragen an die Behörde zu richten. Ihr Antrag vom 20.6.1994 war daher jedenfalls zulässig, sodaß die Zurückweisung der Anfrage eine ungerechtfertigte Verweigerung der Sachentscheidung darstellte.

Die belangte Behörde wird im zweiten Rechtsgang - unter Anwendung des in § 7 UIG vorgesehenen Verfahrens - eine Sachentscheidung zu treffen haben.

4.2. Im Spruchabschnitt II. des angefochtenen Bescheides wurden der Einschreiterin Ergebnisse von Dioxinmessungen bescheidmäßig mitgeteilt. Da diesbezüglich dem Informationsbegehren entsprochen wurde und auch dieser Spruchabschnitt nicht ausdrücklich mit der Berufung vom 12.8.1994 angefochten wurde, ist davon auszugehen, daß dieser Teil des Bescheides in Rechtskraft erwachsen ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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