Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590013/15/Kei/Vie/An

Linz, 30.04.2003

 

 

 VwSen-590013/15/Kei/Vie/An Linz, am 30. April 2003

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Herrn M F, S, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. R G, Dr. J K und Mag. H P, L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung in erster Instanz vom 16.10.2002, VerkR-260.189/2-2002-Kof/Hu, in Herstellung des Rechtszustandes entsprechend der im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0259-5, ausgesprochenen Rechtsanschauung zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben und Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides wird aufgehoben.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 17 und 66 Abs.4 AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz forderte mit Schreiben vom 6. März 2002 Herrn M F als Zulassungsbesitzer gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 auf, der Behörde binnen zwei Wochen nach Zustellung Auskunft darüber zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen am 9.12.2001 um 14.30 Uhr in L, U E M von E Richtung L gelenkt hat.

 

Am 15. März 2002 sprach Herr M F bei der Bundespolizeidirektion Linz vor und verlangte Akteneinsicht, die ihm jedoch verweigert wurde.

 

Am 19. März 2002 erstattete der nunmehrige Berufungswerber schriftlich (per Telefax) die verlangte Lenkerauskunft.

 

In einer gesonderten Eingabe vom selben Tag hielt er fest, dass ihm seiner Ansicht nach zu Unrecht die Akteneinsicht verweigert worden wäre. Er stellte daraufhin folgenden Antrag:

 

"Ich beantrage nunmehr mein Ansuchen auf Akteneinsicht, das ich wiederhole einer bescheidmäßigen Erledigung zuzuführen."

 

Erläuternd führte er weiter wörtlich Folgendes aus: "Ich halte schon jetzt fest, dass ich ohne die Akteneinsicht mit der für mich erforderlichen Sicherheit eine verlässliche Auskunft zur Anfrage vom 6.3.2002 geben kann und mir durch einen ungesetzlichen Vorgang, nämlich der Verweigerung der Akteneinsicht, die Möglichkeit genommen wurde mir, etwa durch Einsicht in das Allenfalls vorhandene Foto, Klarheit zu verschaffen."

 

Mit Strafverfügung vom 30. April 2002 wurde Herr M F wegen der am 9. Dezember 2001, von E Richtung L, begangenen Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs.1 iVm § 99 Abs.1 KFG 1967 bestraft.

 

2. Mit Eingabe vom 19. September 2002 stellte der nunmehrige Berufungswerber einen Devolutionsantrag an den Landeshauptmann von Oberösterreich, weil über seinen Antrag auf Akteneinsicht bisher nicht entschieden worden sei.

 

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 16. Oktober 2002 wurde im Spruchabschnitt I. dem Devolutionsantrag stattgegeben; im Spruchabschnitt II. wurde der Antrag vom 19. März 2002, bescheidmäßig zu erkennen, dass das Recht auf Akteneinsicht zustehe, als unzulässig zurückgewiesen. Die Zurückweisung des Antrages vom 19. März 2002 wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich damit begründet, die Verweigerung der Akteneinsicht stelle immer eine Verfahrensanordnung, nicht jedoch einen Bescheid dar. Betreffend das Recht auf Akteneinsicht sei eine bescheidmäßige Erledigung im Gesetz nicht vorgesehen bzw. sei ein diesbezüglicher Antrag einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich.

4. In der dagegen erhobenen Berufung wurde beantragt, der Berufung stattzugeben und dem Antrag auf Akteneinsicht stattzugeben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Erledigung und Entscheidung an die Unterinstanz zurückzuverweisen.

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat mit Erkenntnis vom 5. Dezember 2002, VwSen59013/3/Le/Be, die Berufung als unbegründet abgewiesen.

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat aufgrund der gegen diese Berufungsentscheidung erhobenen Beschwerde diese Berufungsentscheidung mit Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0259-5, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im angeführten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, der Grundsatz, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei in einem anhängigen Verfahren nur eine Verfahrensanordnung darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst bei der Anfechtung des in der Sache ergehenden Bescheides als Verfahrensmangel geltend gemacht werden kann, in solchen Verfahren, in denen ein die Angelegenheit abschließend erledigender Bescheid im Sinne des § 63 Abs.2 AVG nicht in Betracht kommt, nicht zum Tragen kommt. In solchen Verfahren hat über die Verweigerung der Akteneinsicht ein im Instanzenzug anfechtbarer Bescheid zu ergehen. Ein Verfahren, in welchem eine Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ergeht, ist ein Administrativverfahren, in dem der Zulassungsbesitzer Partei ist. Der Beschwerdeführer war demnach im Verwaltungsverfahren (Administrativverfahren) Partei und hatte das Recht auf Einsicht in die diese Sache betreffenden Akten. Daran ändert auch die - von der Erstbehörde offenbar als entscheidend angesehene - Tatsache nichts, dass der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 19. März 2002 ausführte, er habe in den "gegenständlichen Verwaltungsstrafakt Einsicht" nehmen wollen, weil damit lediglich zum Ausdruck kommt, dass er nicht erkannt hat, dass das Verfahren, in dem die Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 ergeht, ein Administrativverfahren ist. Vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage konnte es aufgrund der Erwähnung der Anfrage nach § 103 Abs.2 KFG 1967 sowie auf Grund des Umstandes, dass ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine bestimmte Person am 19. März 2002 noch nicht geführt wurde, bei verständiger Würdigung keinem Zweifel unterliegen, auf welches Verfahren sich das Akteneinsichtsbegehren bezogen hat. Gleiches gilt für den Inhalt des von ihm gestellten Antrages. Da der Beschwerdeführer seinem Antrag seine Sicht des Sachverhaltes voranstellte, nämlich die formlose Verweigerung der Akteneinsicht am 1. März 2002, war der von ihm gestellte Antrag ungeachtet seiner sprachlichen Unbeholfenheit eindeutig als solcher auf Abspruch über die Verweigerung der Akteneinsicht zu werten. Der Antrag erweist sich daher keineswegs als so unbestimmt, dass er einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich gewesen wäre. Die vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich bestätigte Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers als unzulässig erweise sich folglich als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

7. Gemäß § 63 Abs.1 VwGG 1985 (BGBl.Nr. 10/1985 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 470/1995) sind die Verwaltungsbehörden, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.
 

Nach dieser Bestimmung ist demnach der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich als belangte Behörde bei Erlassung des Ersatzbescheides durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0259-5, im Rahmen des seinerzeit angenommenen Sachverhaltes gebunden, wobei die Bindewirkung sich auf jede im Erkenntnis zum Ausdruck kommende Rechtsmeinung im Zusammenhang mit dem von der belangten Behörde angenommenen Sachverhalt erstreckt.

8. Aus § 17 Abs.4 AVG ergibt sich, dass die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei in einem anhängigen Verfahren nur eine Verfahrensanordnung im Sinne des § 63 Abs. 2 AVG darstellt, deren Rechtswidrigkeit erst und nur mit dem Rechtsmittel gegen den das Verfahren abschließenden Bescheid geltend gemacht werden kann. Ist hingegen über das Akteneinsichtsbegehren einer Person abzusprechen, der im laufenden Verwaltungsverfahren Parteistellung nicht zukommt oder deren Parteistellung sich auf ein bereits abgeschlossenes Verfahren bezogen hat, hat dies durch einen (verfahrensrechtlichen) Bescheid zu geschehen, der im Instanzenzug bekämpft werden kann.

Unter Zugrundelegung der Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2003 war Herr M F im Verwaltungsverfahren betreffend Aufforderung zur Auskunftserteilung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 als Zulassungsbesitzer Partei und hatte das Recht auf Einsicht in die diese Sache betreffenden Akten. Sein Antrag vom 19. März 2003 ist eindeutig als solcher auf Abspruch über die Verweigerung der Akteneinsicht zu werten und auch keineswegs so unbestimmt, dass er einer bescheidmäßigen Erledigung nicht zugänglich gewesen wäre. Die Zurückweisung des in Rede stehenden Antrages als unzulässig erweist sich folglich als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
 
9. Aus den dargelegten Erwägungen war somit spruchgemäß zu entscheiden und Spruchabschnitt II des angefochtenen Bescheides aufzuheben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 
 

Dr. K e i n b e r g e r

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