Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590105/79/BMa/Be VwSen590106/77/BMa/Be

Linz, 30.05.2006

 

 

 

VwSen-590105/79/BMa/Be

VwSen-590106/77/BMa/Be Linz, am 30. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Mag. R M und des Mag. W S, beide vertreten durch Dr. W V, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 14. April 2005, Zl. SanRB01-172-2003, betreffend die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufungen werden als unbegründet abgewiesen; der angefochtene Bescheid wird mit der Maßgabe bestätigt, dass in Spruchpunkt II. das BGBl.

Nr. 24/1983 in der Fassung BGBl. II Nr. 11/2005 zitiert wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 iVm § 67a AVG und 67d AVG iVm §§ 29 und 53 Gesetz vom 18. Dezember 1906, betreffend die Regelung des Apothekenwesens (Apothekengesetz), RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. I Nr. 41/2006

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid wurde Dr. F H, Arzt, O, O, die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in K, R, erteilt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Vöcklabruck vom 12. Februar 2004 über den Antrag vom 7. August 2003 um Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke sei Berufung erhoben worden, über die mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 21. Mai 2004, Zl. VwSen-590060 bis VwSen-590062/3/Gf/Pe, durch Zurückverweisung entschieden worden sei.

Dr. F H betreibe in O eine Vertragsarztpraxis und habe am 15. September 2003 eine Zweitordination in R, K, eröffnet. In R befinde sich keine öffentliche Apotheke und der Berufssitz des Arztes sei von der Betriebsstätte der Hausruckapotheke in O, der Apotheke "Zum heiligen Leopold" in S und zur Anna-Apotheke in A jeweils mehr als sechs Straßenkilometer entfernt.

Gemäß dem vorgelegten, mit 15. Juli 2003 datierten Anhang zu dem zwischen ihm und der Oö. Gebietskrankenkasse abgeschlossenen Einzelvertrag würden die Ordinationszeiten für die Vertragsarztpraxis (R) wie folgt lauten:

Montag: 7:00 bis 10:00 Uhr

Dienstag: 7:00 bis 10:00 Uhr und 17:00 bis 18:00 Uhr

Mittwoch: 9:00 bis 12:00 Uhr

Donnerstag: 7:00 bis 10:00 Uhr

Freitag: 7:00 bis 10:00 Uhr und 17:00 bis 18:00 Uhr

das sind insgesamt 17 Stunden

Die Öffnungszeiten der Ordination in O würden gemäß diesem Anhang lauten:

Montag: 10:00 bis 12:00 Uhr

Dienstag: 10:00 bis 12:00 Uhr

Mittwoch: 7:00 bis 9:00 Uhr

Donnerstag: 10:00 bis 12:00 Uhr und 16:30 bis 18:00 Uhr

Freitag: 10:00 bis 12:00 Uhr

das sind insgesamt 11,5 Stunden

Die Erhebungen der Behörde hinsichtlich der konkreten Patientenzahlen im Jänner 2004 hätten ergeben, dass die Anzahl der behandelten Patienten in der Ordination in Rutzenham jene in O übersteige.

Nach Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Klärung der Frage der Verlagerung des Schwergewichts der beruflichen Tätigkeit von Dr. H von O nach R sei von der belangten Behörde am 1. Juli 2004 eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden.

Weiters seien zur Feststellung der Patientenfrequenz in der neuen Ordination von Dr. H in R Erhebungen bei den umliegenden öffentlichen Apotheken dahingehend durchgeführt worden, wie viele Rezepte zwischen Juni 2003 bis Juni 2004 - ausgestellt von Dr. H - eingelöst worden seien.

Die österreichische Apothekerkammer habe in der Stellungnahme vom 14. September 2004 die Auffassung vertreten, die Erteilung der Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke in Rutzenham sei mangels Vorliegens der Voraussetzungen (der Schwerpunkt der ärztlichen Tätigkeit in Rutzenham könne nicht nachgewiesen werden) abzuweisen.

Die Ärztekammer für Oö. habe auf ihre bisherige Stellungnahme, wonach die Errichtung der weiteren Ordination in R befürwortet worden sei, verwiesen.

Vom rechtsfreundlichen Vertreter der öffentlichen Apotheken in O und in S sei als Hinweis auf die Zuordnung der ausgestellten Rezepte zur Ordination in O und in R auf einen eklatanten Unterschied der Beschriftung der Rezepte und auch der Nummerierung der Rezepte hingewiesen worden.

Vom Bewilligungswerber sei eine Aufstellung über die Patientenzahl an den beiden Ordinationen von November 2003 bis September 2004 vorgelegt worden, wonach der Ordination in R eine höhere Patientenanzahl als jener in O zuzuordnen sei.

Die Standortgemeinde der neuen Ordination R sowie die umliegenden Gemeinden P, P, P und M seien um Stellungnahme ersucht worden, ob die Bevölkerung aus diesen Gemeinden zum Einzugsgebiet der neuen Ordination gehöre. Aufgrund der dazu eingelangten Stellungnahmen sei davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Bevölkerung dieser Gemeinden zum Einzugsgebiet der neuen Ordination in R zähle.

Im Beisein der Amtsärztin der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck seien die Ordinationsmöglichkeiten der beiden Ordinationen im Zuge eines Lokalaugenscheines überprüft worden, wobei die Ausstattung der Ordination in R die neuere und modernere sei, insbesondere im Bereich der Physiotherapie sei diese umfangreicher und großzügiger. Weiters könnten Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen und Vorsorgeuntersuchungen aufgrund der gegebenen Ausstattung ausschließlich in der Ordination in R ordnungsgemäß durchgeführt werden. Ordinationsmöglichkeiten seien in beiden Ordinationen gegeben.

Aufgrund des Berufungsvorbringens seien auch die Drucker der beiden Ordinationen in Augenschein genommen und diesbezügliche Unterschiede dargestellt worden.

Von der Oö. Gebietskrankenkasse sei mitgeteilt worden, dass eine Trennung der von Dr. H ausgestellten Rezepte nach Ordinationsstandorten nicht möglich sei.

Die rechtsfreundliche Vertretung der beiden Berufungswerber habe Rezeptstatistiken vorgelegt, demnach seien in den Monaten August, September, Oktober, November 2004 sowie Jänner und Februar 2005 deutlich mehr Rezepte in der Ordination O als in jener von R ausgestellt worden.

Vom Bewilligungswerber sei eine Aufstellung der Patientenzahlen für die Monate Juli 2004 bis Februar 2005 vorgelegt worden, wonach eine größere Patientenfrequenz in der Ordination in R als in jener in O gegeben gewesen sei. Für die Monate Juli, August und September 2004 seien gegenüber der bereits für diesen Zeitraum bekannt gegeben Patientenfrequenz eine höhere Anzahl von Patienten vermerkt worden. Dabei sei es auch zu einer Verschiebung der Patientenfrequenz zur Ordination in O gekommen. Allerdings überwiege nach dieser neuen Aufstellung die Patientenfrequenz der Ordination in R jene in O zumindest um 50 und mehr.

Dies erkläre sich dadurch, dass sich die früher bekannt gegeben Patientenzahlen auf handschriftliche Aufzeichnungen gründen würden, die Bekanntgabe der Patientenfrequenz von Juli 2004 bis Februar 2005 basiere hingegen auf EDV geführten Patientendateien.

Es sei vom Bewilligungswerber darauf hingewiesen worden, dass die Anzahl der am jeweiligen Berufssitz ausgestellten Rezepte die Beurteilung nicht erlaube, an welchem Berufssitz der berufliche Schwerpunkt bestehe. So würden zahlreiche ärztliche Tätigkeiten ausgeführt, bei denen ein Arzt kein Rezept ausstelle.

Aus einem Beobachtungszeitraum von November 2003 bis Februar 2005 (somit 16 Monaten) ergebe sich, dass die Patientenfrequenz in der Ordination in R in jedem Monat höher gewesen sei als jene in der Ordination in O.

Die Ausübung der Tätigkeit des Bewilligungswerbers als Gemeindearzt in der Gemeinde O besitze für die Beurteilung der Frage des Schwergewichts der beruflichen Tätigkeit keine wesentliche inhaltliche Aussagekraft.

Die Tätigkeit des Bewilligungswerbers als Feuerwehrarzt lasse keinen Schluss auf einen beruflichen Schwerpunkt einer Ordination zu.

Die das Verhalten der Patienten beim Einlösen von Rezepten betreffende Schilderung des Berufungswerbers sei kein Beweis für den Schwerpunkt einer ärztlichen Tätigkeit.

Die Oö. Gebietskrankenkasse habe keine Aussage zur Frage der überwiegenden Tätigkeit an einem der beiden Ordinationsstandorte tätigen können, denn die Abrechnung zwischen dem Bewilligungswerber und der Oö. Gebietskrankenkasse erfolge über Wunsch der Kasse ohne Trennung der Ordinationsstandorte.

Es sei davon auszugehen, dass die in der Ordination in O ausgestellten Rezepte zum größten Teil in der dortigen öffentlichen Apotheke eingelöst würden, während in R ausgestellte Rezepte auch in anderen Apotheken, zB. in A oder in S zum Bezug der Medikamente verwendet würden. Aus den gewonnenen Beweisen hinsichtlich der Ausstellung von Rezepten sei ein Überhang zugunsten der Ordination in O ermittelt worden, eine ärztliche Tätigkeit beschränke sich jedoch nicht auf das Ausstellen von Rezepten. Es würden wesentlich mehr Ordinationsbesuche stattfinden als in einer Rezeptstatistik erfasst seien. Diesbezüglich werde auf die aufgelisteten ärztlichen Tätigkeiten verwiesen. Ein Indiz für die überwiegende ärztliche Tätigkeit am Ordinationsstandort in R sei auch aus der Stellungnahme der Umlandgemeinden zu entnehmen wonach zB. ein Großteil der 850 Einwohner der Gemeinde M die Ordination in R aufsuchen würde. In der Gemeinde O würden neben Dr. H noch zwei weitere Ärzte eine Ordination betreiben. Aufgrund ihrer Lage außerhalb eines Ortszentrums werde die Ordination in R von den Bewohnern der Gemeinden R, M, P und teilweise von jenen von P und P sehr gut angenommen. Somit befinde sich das Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit von Dr. H eindeutig in der Ordination in R.

1.2. Gegen diesen Bewilligungsbescheid, der allen am Verfahren beteiligten Parteien bzw. deren rechtsfreundlichen Vertreter am 19. April 2005 zugestellt worden war, wurden die am 2. Mai 2005 zur Post gegebenen - und damit rechtzeitigen - Berufungen erhoben.

1.3. Die Berufungswerber machen insbesondere Rechtswidrigkeit in Folge von Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und beantragen die Abweisung des Antrages auf Erteilung der Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke in R, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung des angefochtenen Bescheides zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Verwaltungsbehörde erster Instanz.

Dazu wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei Anträgen von Ärzten mit zwei Ordinationen (Berufssitzen im Sinne des § 29 Abs.1 ApG) komme es zur Beurteilung, an welcher der beiden Ordinationen der Arzt den Schwerpunkt seiner Tätigkeit ausübe, nicht auf die Ordinationszeiten an, sondern auf die Glaubwürdigkeit dieser (damit ist offensichtlich gemeint, dass die Ordinationen zu den festgesetzten Ordinationszeiten auch entsprechend frequentiert würden).

Dasselbe müsse auch für die Anzahl der behandelten Patienten gelten. Wenn sie nicht glaubwürdig dargestellt werden könnten, seien andere Fakten zu berücksichtigen, insbesondere die Umgebungsverhältnisse, die Einwohnerzahlen des Ortes der Erstordination und jene des Ortes der Zweitordination.

Maßgeblich für die Bewilligung sei das Übergewicht der entfalteten ärztlichen Tätigkeit an dem für die ärztliche Hausapotheke in Aussicht genommenen Berufssitz. Für die Annahme des Schwergewichts seiner beruflichen Tätigkeit würden die verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten ein taugliches Indiz bilden, so lange sich nicht sachverhaltsbezogen ergebe, dass die Ordinationszeiten willkürlich und nicht der Zahl der behandelten Patienten entsprechend gewählt worden seien.

Aus den vom Antragsteller selbst bekannt gegebenen Patientenzahlen der beiden Ordinationen allein könne nicht zuverlässig darauf geschlossen werden, dass der Antragsteller seinen Berufssitz bzw. den Schwerpunkt seiner ärztlichen Tätigkeit tatsächlich nach R verlegt habe. Die Zahlenangaben des Antragstellers zur Patientenfrequenz sei nach wie vor nicht nachprüfbar und damit als Entscheidungsgrundlage unbrauchbar.

Demgegenüber hätten die Berufungswerber Unterschiede beim Druck der vom Antragsteller ausgestellten Rezepte aufgezeigt, wonach eine Zuordnung zum Ort der Ausstellung - entweder R oder O - möglich wäre. Zur Belegung der Behauptungen hätten die Berufungswerber Rezeptkopien für insgesamt 4 Monate, also einen repräsentativen Zeitraum, vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass es einen eminent hohen Überhang von den in Ottnang ausgestellten Rezepten gebe, sodass die Behauptungen des Antragstellers über die in den Ordinationen behandelten Patienten unwahr seien. Es möge zutreffen, dass das Verhältnis zwischen den in den beiden Ordinationen ausgestellten Rezepte allein kein Indiz für die Intensität der Ausübung der ärztlichen Tätigkeit an einem der beiden Ordinationssitze sei, dies könne aber dort nicht zutreffen, wo sich ein derart eklatanter Unterschied bei der Anzahl der Rezepte ergebe.

Es sei nicht einzusehen, warum die angeführten ärztlichen Tätigkeiten, zumal für den überwiegenden Teil davon keine Spezialgeräte benötigt würden, nicht auch in der Ordination in O durchgeführt werden könnten.

Eine Zuordnung der Patienten zu den einzelnen Ordinationen des Antragstellers könne nicht nachvollzogen werden, da keine getrennten Abrechnungen nach Ordinationen mit der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse vorgenommen würden und der Bewilligungswerber auch auf den von ihm in R verwendeten Stempel die O Adresse führe.

Auch die Ausstellung zahlreicher Rezepte für Dauerpatienten, die diese Rezepte nicht im Zuge eines eigenen Ordinationsbesuches ausgestellt bekommen würden, stelle eine ärztliche Tätigkeit dar.

Die Mitteilung der umliegenden Apotheken, dort seien ca. 120 von Dr. H ausgestellte Rezepte eingelöst worden, sei sehr vage, zumal nicht angegeben worden sei, in welcher Zeiteinheit diese Rezepte eingelöst worden seien, und nicht nachvollzogen werden könne, in welcher Ordination diese ausgestellt worden seien, da als Ordinationssitz auf den Rezepten immer die Anschrift "O" angegeben sei.

Obwohl der Antragsteller vermeint, seine "Hauptordination" in K zu führen, würden die Rezepte nach wie vor seine O Anschrift aufweisen - dies sei ein psychologisches Indiz für die wahren Verhältnisse.

Darüber hinaus würden weitere Umstände gegen ein Überwiegen der ärztlichen Tätigkeit in R sprechen, da die Gemeinde O weit über 3500 Einwohner habe und die Gesamteinwohnerzahl der Gemeinde R inklusive K nur 236 Einwohner betrage. Selbst wenn auch Einwohner weiterer Umlandgemeinden hinzugezählt werden sollten, sei dies nur zu einem Teil richtig, da sich in diesen weitere Arztordinationen, die teilweise über eine ärztliche Hausapotheke verfügen, befinden würden und es allein aufgrund der geografischen Verhältnisse nicht nachvollziehbar sei, warum die Einwohner der Umlandgemeinden ausgerechnet die Zweitordination des Antragstellers so intensiv frequentieren sollten.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sei die Heilmittelversorgung der Bevölkerung primär Aufgabe der öffentlichen Apotheken, die ärztliche Hausapotheke hingegen habe Surrogatfunktion für jene Fälle, in denen eine öffentliche Apotheke nicht vorhanden sei.

Die verfassungsrechtlich relevante Frage sei daher nicht, ob die Heilmittelversorgung der Bevölkerung auch durch ärztliche Hausapotheken zufriedenstellend gesichert sei, sondern ob die die Errichtung neuer öffentlicher Apotheken beschränkenden Vorschriften durch das öffentliche Interesse geboten und auch sonst sachlich zu rechtfertigen seien.

Dem Antragsteller sei nicht gelungen, die Objektivität der von ihm bekannt gegeben Zahlen nachzuweisen, im Gegenteil, es würden sich sogar Unterschiede zwischen angeblichen handschriftlichen Aufzeichnungen und der EDV-mäßigen Erfassung seiner Patientendaten, die auch dafür sprechen würden, dass die vom Antragsteller bekannt gegebenen Zahlen jeder tatsächlichen Grundlage entbehren würden, ergeben. Damit sei der bekämpfte Bescheid mit gravierenden Rechtsmängeln behaftet.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und in die Berufung vom 2. Mai 2005. Zur Belegung der Angabe seiner Patientenzahlen für beide Ordinationen wurden vom Antragsteller mit Schreiben vom 2. September 2005 für 11 Tage (18., 19., 20., 21., 25., 26., 27., 28., 29. April 2005 und 2. und 4. Mai 2005) Unterschriftslisten geführt, in der der Bewilligungswerber jeden von ihm behandelten Patienten auf einer dem jeweiligen Berufssitz zugeordneten Liste unterschreiben ließ. Darüber hinaus wurden vom 30. Juni 2005 bist zum 3. August 2005 weitere EDV-Tageslisten vorgelegt, in welchen dargestellt wurde, welcher Patient an welchem Berufssitz behandelt wurde.

Mit Eingabe vom 7. September 2005 wurden EDV-Tageslisten vom Zeitraum 4. August bis 6. September 2005 vorgelegt, aus welchen auch erkennbar ist, welche Patienten in der Ordination in R und welche in jener in O behandelt wurden. Mit Eingabe vom 10. Oktober 2005 wurden ebensolche EDV-Tageslisten für den Zeitraum 9. September bis 20. September 2005 vorgelegt.

Noch vor der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2005 wurde vom Unabhängigen Verwaltungssenat bei den Sozialversicherungsanstalten um Bekanntgabe jener Personen ersucht, die vom Bewilligungswerber an drei Tagen behandelt worden seien, an denen die handschriftlichen Listen, die die Tage zwischen 18. April und 2. Mai 2005 dokumentieren, vorgelegt worden waren.

Mit Schreiben des unabhängigen Verwaltungssenats jeweils vom 28. September 2005 wurde die Österreichische Apothekerkammer, Landesgeschäftsstelle Oberösterreich, und die Ärztekammer für Oberösterreich von der Anberaumung der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2005 verständigt und ihnen gemäß §10 Abs.7 Apothekengesetz die Möglichkeit eingeräumt, zu ihrem in dieser Angelegenheit bereits erstatteten Gutachten Stellung zu nehmen oder ein neues Gutachten zu erstatten.

Weder von der Österreichischen Apothekerkammer noch von der Ärztekammer für Oberösterreich wurde von diesem Recht Gebrauch gemacht.

2.2. Am 14. Oktober 2005 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung im Beisein des Berufungswerbers Mag. W S, dessen Vertreter Dr. W V, der auch Mag. R M vertritt, des Bewilligungswerbers Dr. F H, dessen Vertreters Dr. K und des Vertreters der belangten Behörde, Dr. M G, durchgeführt.

In der mündlichen Verhandlung vom 14. Oktober 2005 wurden alle anderen Sachverhaltselemente, die Voraussetzung für die Genehmigung einer ärztlichen Hausapotheke sind, außer jener des "Schwerpunkts der ärztlichen Tätigkeit" außer Streit gestellt.

2.3. Nach Bekanntgabe, dass die handschriftlichen Patientenlisten mit den Listen der Krankenkassen vom unabhängigen Verwaltungssenat teilweise überprüft worden waren und es für die stichprobenweise geprüften Tage zu erheblichen Differenzen komme, wurde vom Bewilligungswerber glaubhaft dargestellt, dass diese Listen unvollständig seien, da nicht alle Personen, die seine Praxen aufgesucht hätten, gewillt waren, sich in diese Listen einzutragen. Der Bewilligungswerber wies darauf hin, dass seine Ordinationen ca. zwei Wochen lang durch einen Privatdetektiv überwacht worden seien und dieser Auskunft über die Patientenzahlen geben könne.

Der Vertreter des Berufungswerbers erklärte, dass der Privatdetektiv über Auftrag der Apothekerkammer tätig geworden sei, es aber keine verwertbaren Ergebnisse gebe, da er sehr bald entdeckt worden sei und seine Tätigkeit abgebrochen habe. Wegen der kurzen Zeitspanne der Beobachtungen seien die Erhebungen nicht repräsentativ.

Der Vertreter des Berufungswerbers wies auf bereits vorgelegte kopierte Rezeptlisten hin, wonach tendenziell erkennbar sei, dass wesentliche mehr Patienten die Ordination in O frequentieren würden als jene in R.

Der Vertreter der belangten Behörde gab dazu an, diese Listen seien bereits im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Erkenntnisses vorgelegen und auch geprüft worden. Es habe sich daraus aber kein eindeutig verwertbares Ergebnis gezeigt, da durch die Rezepte die sonstigen ärztlichen Leistungen nicht nachzuvollziehen seien.

In der mündlichen Verhandlung wurde einvernehmlich mit dem Bewilligungswerber und den Berufungswerbern eine Frist von acht Wochen zum Nachweis der Patientenfrequenz in den jeweiligen Ordinationen für den 9., den 20. und den 26. September 2005 zur stichprobenweisen Überprüfung der Angaben in den EDV-Tageslisten festgesetzt.

Vom Vertreter des Berufungswerbers wurde vorgebracht, die Angelegenheit sei bereits aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif.

2.4. Mit Urkundenvorlage vom 29. November 2005 wurden zu den in der mündlichen Verhandlung festgesetzten drei Tagen auf den bereits vor der mündlichen Verhandlung vorgelegten EDV-Listen basierende Unterschriftenlisten, die eine Zuordnung der Patienten zur Ordination in R und zur Ordination in O ermöglichen, vorgelegt. Diese Listen wurden auf Übereinstimmung mit den Daten, die bei den Sozialversicherungsträgern evident sind, überprüft.

Der Vergleich mit den Listen der Sozialversicherungsträger ermöglicht eine Überprüfung der Identität der Patienten, jedoch nicht eine Zuordnung zu den einzelnen Ordinationen. Diese Zuordnung war nur durch persönliche Angaben (durch Unterschrift) auf den der jeweiligen Ordination zuordenbaren Listen möglich.

Nach umfangreichen nachprüfenden Recherchen durch den Unabhängigen Verwaltungssenat ergab sich eine Abweichung der Angaben des Berufungswerbers gegenüber den EDV - Tageslisten von einer Person (hinsichtlich des Ordinationsbesuchs von M K am 20. September 2005). Diese Abweichung wurde vom Bewilligungswerber plausibel als Eingabefehler beim Arbeiten mit dem Computer und einem "Übersehen" dieses Fehlers bei der nachprüfenden Kontrolle erklärt.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Gemäß § 29 Abs.1 Apothekengesetz ist die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke einem praktischen Arzt auf Antrag zu erteilen, wenn sich in der Ortschaft, in welcher der Arzt seinen Berufssitz hat, keine öffentliche Apotheke befindet und der Berufssitz des Arztes von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als 6 Straßenkilometer entfernt ist.

Die verbindlich festgesetzten Ordinationszeiten bilden gemäß VwGH - Erkenntnis vom 3. Juli 1990, Zl, 86/08/0125, ein taugliches Indiz dafür, an welchen der Berufssitze (bei mehreren Berufssitzen) der Arzt das Schwergewicht seiner beruflichen Tätigkeit verlagert hat, solange sich nicht sachverhaltsbezogen ergibt, dass die Ordinationszeiten willkürlich und nicht der Zahl der behandelten Patienten entsprechend gewählt wurden.

Im konkreten Fall weisen die verbindlich festgelegten Ordinationszeiten auf ein Schwergewicht der beruflichen Tätigkeit in der Ordination in R hin. Durch EDV-Tageslisten, die über einen längeren Zeitraum geführt wurden (der Erstinstanz wurden Tageslisten über einen Zeitraum von 16 Monaten und dem unabhängigen Verwaltungssenat solche über ca. 4 Monate vorgelegt), wurde vom Bewilligungswerber nachgewiesen, dass die Ordination in R durch eine wesentlich größere Patientenanzahl besucht wird als jene in O. Beispielweise wird der Zeitraum 9. September 2005 bis 30. September 2005 angeführt, wonach 356 Patienten die Ordination in R und 296 Patienten jene in O konsultierten. Die letztgenannte Zahl inkludiert auch jene separat angeführte Patienten, für die eine ärztliche Leistung in Form einer Dauermedikation erbracht wurde (siehe Eingabe vom 10. Oktober 2005).

Gemäß VwGH-Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0036, dürfen bei diametral entgegen gesetzten Interessen nicht unüberprüfbare Angaben eines der beiden Kontrahenten der Entscheidung zu Grunde gelegt werden, die von der anderen Partei bestritten werden. Vielmehr sind die Angaben einer Partei entsprechend zu belegen.

Die auf die Vorlage von EDV-Tageslisten gestützten Angaben des Bewilligungswerbers zur Anzahl der Patienten, die seine Ordinationen besuchen, wurden vom unabhängigen Verwaltungssenat stichprobenweise überprüft (dem Bewilligungswerber wurde aufgetragen, seine Angaben durch die Unterschrift der Patienten für drei bestimmte Tage zu verifizieren) und haben deren Richtigkeit ergeben. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Patienten, die mit Ihrer Unterschrift den Besuch der Ordination in O oder in R an einem bestimmten Tag bestätigt haben, eine unrichtige Angabe gemacht haben.

Die vom unabhängigen Verwaltungssenat festgestellte fehlerhafte Angabe einer Patientin (M K) wurde plausibel erklärt - siehe Punkt 2.4 - und vermag die Richtigkeit der Gesamtheit der Angaben nicht zu erschüttern.

Zur Ausstattung der beiden Ordinationen und zu den konkreten örtlichen Verhältnissen wird auf die Feststellungen der erstinstanzlichen Behörde im bekämpften Bescheid verwiesen. Für den unabhängigen Verwaltungssenat besteht kein Grund, an diesen zu zweifeln.

Insgesamt kann daher festgestellt werden, dass Dr. H das Schwergewicht seiner ärztlichen Tätigkeit in der Ordination in R entfaltet.

3.2. Dem Vorbringen der Berufung, die Auswertung der in der öffentlichen Apotheke in O abgegebenen Rezepte, wonach sowohl die fortlaufenden Rezeptblocknummern als auch das optische Erscheinungsbild von Rezepten differiert haben, ermögliche eine Zuordnung der Patienten zu den Ordinationen, daraus ergebe sich ein deutlicher Überhang von Patienten in der Ordination in O, wird entgegen gehalten, dass von den Berufungswerbern nicht dargelegt werden konnte, wie viele Rezepte insgesamt an den jeweiligen Tagen vom Bewilligungswerber ausgestellt wurden und in welchen Apotheken diese Rezepte eingelöst wurden.

Ein Überhang der eingelösten Rezepte von der Ordination, die sich in unmittelbarer Nähe der öffentlichen Apotheke in O befindet, in dieser, entspricht ebenso der Lebenserfahrung wie auch die Tatsache, dass die Patienten, die aus den umliegenden Gemeinden die Ordination in R aufsuchen, ihre Rezepte auch in anderen Apotheken als in jener in O einlösen. Die bloße Angabe des Überhangs der Ausstellung von Rezepten in O, die auch in der Apotheke in O eingelöst werden, vermag den vom Bewilligungswerber geführten Beweis der Zuordnung der Patienten durch Vorlage von EDV-Listen, nicht zu erschüttern.

Selbst wenn man dem Vorbringen der Berufungswerber folgt, der Bewilligungswerber könne die von ihm in R ausgeübte ärztliche Tätigkeit auch in seiner Ordination in O ausüben, so ist dieses Vorbringen kein Indiz für ein Überwiegen der ärztlichen Tätigkeit an einem der Ordinationsstandpunkte, da es dem Arzt freistehen muss, seine Berufssitze, die behördlich genehmigt werden, frei zu wählen.

3.3. Nachdem das Ergebnis der Beweisaufnahme aufgrund der ergänzenden Ermittlungen dem Vertreter des Berufungswerbers übermittelt wurde, wurde am 25. Jänner 2006 eine Stellungnahme abgegeben.

Ergänzend wurde vorgebracht, dass die überwiegende Anzahl der Patienten, an die in der Hausruckapotheke in O bereits Rezepte expediert worden seien, von ihrem Wohnsitz die kürzere Wegstrecke nach O hätte. Diese Patienten würden die Ordination in R nur deshalb aufsuchen, weil die Ordinationszeiten günstiger wären als jene in O. Daraus ergebe sich, dass der Bewilligungswerber die Zweitordination in Kirchdorf nur deshalb errichtet habe, um einen Berufssitz in Entfernung von mehr als sechs Straßenkilometern von der Hausruckapotheke begründen zu können und damit die Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke zu erhalten. Dies ergebe sich auch daraus, dass die Ordination "mitten im Wald" ohne direktes relevantes Versorgungspotential liege.

Diesbezüglich wird auf die obigen Ausführungen hingewiesen, wonach es dem Arzt freisteht, seinen Berufssitz zu wählen.

3.4. Da sich nach Ansicht der Berufungswerber immer noch Diskrepanzen zwischen den Unterschriftenlisten und den EDV-Listen ergeben würden, wurde beantragt, eine ergänzende Anfrage an die entsprechenden Sozialversicherungsträger zu stellen, welche Patienten an den betreffenden Tagen in welcher Ordination behandelt worden seien. Begründet wurde dies damit, dass sämtliche Rezepte mit einem O - Ordinationsstempel gekennzeichnet würden und die Zuordnung nur aufgrund der technischen Unterschiede des Druckers und der Rezeptblöcke vorgenommen werden könne und die Abrechnung mit den Sozialversicherungsträgern nicht getrennt nach Ordinationen erfolge.

Vom unabhängigen Verwaltungssenat wurde nach Vorlage der Patientenlisten abgeklärt, dass eine Zuordnung der Patienten zu einer der beiden Ordinationen des Bewilligungswerbers durch Befragung der Sozialversicherungsträger alleine nicht möglich ist. Aus diesem Grund wurde dem Bewilligungswerber aufgetragen, diesen Nachweis durch Vorlage von Unterschriftenlisten zu führen. Im übrigen obliegt es dem Arzt, in Abstimmung mit dem jeweiligen Sozialversicherungsträger zu vereinbaren, auf welche Weise die Abrechnung der ärztlichen Leistungen und die Abgabe der Rezepte erfolgt.

Ein Umlegen des prozentuellen Anteiles der vom unabhängigen Verwaltungssenat stichprobenweise Befragten, die zwar bestätigten, die Ordination in R aufgesucht zu haben, jedoch im Regelfall Stammkunden der Ordination in K zu sein, auf die Gesamtheit der in den Unterschriftenlisten angeführten Personen, wie dies von den Berufungswerbern argumentiert wurde, hat keinen Einfluss auf die Tatsache, dass an den überprüften Tagen die Patienten die Ordination in R bzw. in O aufgesucht oder zur Vereinbarung eines Hausbesuchs telefonisch kontaktiert haben und die Richtigkeit der Angaben in den EDV - Listen verifiziert wurde.

3.5. Weiters wurde von den Berufungswerbern ins Treffen gebracht, bei Gegenüberstellung der Ordinationszeiten ergebe sich, dass sowohl der Freitag als auch der Dienstag keine objektive Vergleichsgrundlage für die Inanspruchnahme der Ordinationen des Antragstellers sei, da er an diesen beiden Tagen in K nicht nur am Vormittag ordiniere sondern auch am Nachmittag, während dessen er in O an diesen Tagen jeweils nur am Vormittag ordiniere.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass die stichprobenweise Auswahl der Tage, wie oben bereits dargestellt, lediglich der Verifizierung der über einen längeren Zeitraum geführten EDV-Listen gedient hat und nicht zur Feststellung eines Überwiegens der ärztlichen Tätigkeit. Dies wäre auch bei einem Beobachtungszeitraum von lediglich drei Tagen nicht möglich.

Im Übrigen haben die Berufungswerber und ihr Vertreter der Auswahl der Tage der stichprobenweisen Überprüfung in der mündlichen Verhandlung nichts entgegen gehalten, bzw. wurde die Stichprobe im Einvernehmen mit dem in der mündlichen Verhandlung anwesenden Berufungswerber und dem Vertreter beider Rechtsmittelwerber festgelegt.

Auch das Ausstellen von Rezepten wird vom erkennenden Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates als ärztliche Tätigkeit eingestuft; deshalb ist - wie die Berufungswerber zutreffend ausführen - eine diesbezügliche Differenzierung hinsichtlich der Patienten nicht möglich. Bei Addition der getrennt angeführten Patienten, die sich "nur" ein Rezept ausstellen haben lassen, zu den sonstigen Patienten, ergibt sich ein Überwiegen der ärztlichen Tätigkeit in der Ordination in R (siehe oben Punkt 3.1.).

3.6. In der Stellungnahme vom 25. Jänner 2006 wurde der in der mündlichen Verhandlung angesprochene Detektivbericht vorgelegt. Die geringe Anzahl von Patienten, die in der Ordination in R festgestellt worden war, vermag die Angaben des Antragstellers nicht zu erschütten, weil - wie der Vertreter des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung selbst festsgestellt hat - die Observation der Ordinationen über keinen repräsentativen Zeitraum erfolgt ist und kein verwertbares Ergebnis geliefert hat.

3.7. Es wird auch ausgeführt, dass der Verfassungsgerichtshof der Auffassung sei, öffentlichen Apotheken sei gegenüber ärztlichen Hausapotheken der Vorrang bei der Heilmittelversorgung der Bevölkerung einzuräumen und diesen Apotheken sei der entsprechende Existenzschutz gemäß § 10 Abs.2 Z.3 Apothekengesetz im Interesse einer optimalen Heilmittelversorgung der Bevölkerung weitestgehend zu erhalten.

Selbst wenn die Entfernung zwischen der Betriebsstätte der von der Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke betroffenen öffentlichen Apotheke zum Berufssitz des Arztes mehr als sechs Straßenkilometer betrage, sei der Bedarf nach Errichtung der ärztlichen Hausapotheke zu verneinen, wenn das Schwergewicht der ärztlichen Tätigkeit nicht an dem Berufssitz liege, an dem die Hausapotheke errichtet werden solle. Es müsse aus der Judikatur des VwGH und des VfGH geschlossen werden, dass der Existenzschutz der öffentlichen Apotheke auch dann zu beachten sei, wenn ein Arzt, nur um die Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke erteilt zu erhalten, künstlich einen zweiten Berufssitz mitten im Wald errichte, den die überwiegende Anzahl der Patienten nur deswegen frequentiert, weil sie durch die Festlegung der Ordinationszeiten dazu gezwungen seien, obwohl der an den Sitz der Erstordination zurückzulegende Weg ein deutlich kürzerer wäre.

Diesem Vorbringen wird entgegen gehalten, dass die Intension der Errichtung der Zweitordination vom Unabhängigen Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen ist, dieser hat vielmehr den objektiven Sachverhalt zu ermitteln und zu prüfen, ob alle Tatbestandselemente zur Erteilung einer Bewilligung vorliegen.

3.8. Abschließend wurde im Schreiben vom 25. Jänner noch die historische Entwicklung der Errichtung der Apotheke in O geschildert, die bedauernswerter Weise zu örtlichen Querelen geführt hat und erst 11 Jahre nach Einbringung des Antrages auf Konzessionserteilung eröffnet werden konnte. Darüber hinaus wurde ganz allgemein auf die Vorgangsweise der Ärzte beim Betrieb einer ärztlichen Hausapotheke hingewiesen und ein besonderer Fall angeführt, in dem eine Ärztin erst nach einem Gerichtsverfahren ihrer Verpflichtung zur Einstellung der Hausapotheke nachgekommen sei.

Dieses ergänzende Vorbringen vermag aber an dem Vorliegen der Voraussetzungen zur Erteilung der Bewilligung der ärztlichen Hausapotheke nichts zu ändern.

3.9. Die nachträglich vorgelegten Beweise wurden mit Schreiben vom 3. April 2006 den Parteien, in Wahrung des Parteiengehöres, zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme übermittelt.

Am 10. April 2006 langte ein Vorbringen der Berufungswerber vom 4. April 2006 und am 27. April 2006 eine Stellungnahme vom 25. April 2006 beim Oö. Verwaltungssenat ein. Die mit 20. April 2006 datierte Stellungnahme des Bewilligungswerbers langte am 24. April 2006 beim Oö. Verwaltungssenat ein.

Die Rechtsansicht der Berufungswerber, § 29 Apothekengesetz sei bereits in der neuen Fassung anzuwenden, da die Übergangsbestimmungen des § 62a Apothekengesetz idF BGBl. I Nr. 41/2006 nur für Verfahren über Anträge auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung einer neuen öffentlichen Apotheke anzuwenden ist, wird vom zuständigen Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht geteilt. Denn gemäß § 62a Abs.3 Apothekengesetz ist auf die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 anhängige Verfahren bis zum Ablauf des 31. Oktober 2006 die Rechtslage vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 41/2006 weiterhin anzuwenden.

Die Rechtsansicht der Berufungswerber kann sich nur aufgrund einer systematischen Interpretation ergeben, weil in § 62a überwiegend öffentliche Apotheken angesprochen werden.

Dem steht aber der Gesetzeswortlaut entgegen, wonach in Abs.3 generell "anhängige Verfahren" genannt wurden. Auch ergibt sich aus den parlamentarischen Materialien, dass mit der Einfügung des § 62a beabsichtigt war, eine Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des neuen Gesetzes zu schaffen.

Damit ist aber auch das Vorbringen der Berufungswerber, aus § 29 Abs.1 und 2 Apothekengesetz gehe klar hervor, dass einem Arzt die Bewilligung zur Errichtung und zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke nur für den Berufssitz erteilt werden könne, für den die Kassenplanstelle bestehe, nicht aber für einen weiteren Berufssitz, da dort nicht sein Berufssitz im Sinne des § 29 sei, für den er den Behandlungsvertrag gemäß § 342 Abs.1 ASVG besitze, die Formulierung des § 29 Abs.1 Apothekengesetzes lasse aufgrund des Umstandes, dass sie eindeutig auf den Berufssitz mit dem Behandlungsvertrag gemäß § 342 Abs.1 ASVG abstelle, die Errichtung von Hausapotheken am Sitz einer Zweitordination nicht zu, nicht zugkräftig.

Darüber hinaus ist dieser Rechtsauffassung entgegen zu halten, dass die bisher ergangene Judikatur zum Apothekengesetz beim Terminus "Berufssitz" nicht zwischen dem Sitz einer Erst- und jener einer Zweitordination differenziert.

Auch geht aus dem Vorbringen des Bewilligungswerbers hervor, dass sein Berufssitz in R aufgrund eines Kassenvertrages mit der Gebietskrankenkasse, dessen Zustandekommen auch von der Gemeinde R unterstützt wurde, besteht.

Selbst wenn man der Rechtsmeinung der Rechtsmittelwerber, die Bestimmungen gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 41/2006 seien in diesem Verfahren bereits anzuwenden, folgen würde, erfüllt der Bewilligungswerber diese Voraussetzungen.

3.10. In seiner abschließenden Stellungnahme wurde die Glaubwürdigkeit der vom Antragsteller beigebrachten Unterschriftslisten von den Berufungswerbern nochmals in Zweifel gezogen und dargelegt, selbst wenn man davon ausgehe, das diese richtig seien, ergebe sich lediglich ein unwesentlicher Überhang von Patienten, die die Zweitordination in R in Anspruch nehmen würden. Dieser Überhang werde aber durch weitere Funktionen des Antragstellers als Gemeindearzt und als Feuerwehrarzt (gemeint in O) kompensiert, da mit diesen Funktionen eine Vielfalt von weiteren Tätigkeiten verbunden sei.

Dieses Vorbringen ist jedoch eine reine, nicht weiter belegte Vermutung. Mit ihm wird nicht dargetan, dass der Bewilligungswerber das Schwergewicht seiner ärztlichen Tätigkeit an seinem Berufssitz in O, an dem er auch Gemeindearzt ist, hat.

3.11. Soweit die Berufungswerber vorbringen, der Bewilligungswerber lenke die Patienten, die ihre Wohnsitze in O hätten, durch die Wahl seiner Ordinationszeiten in die Ordination nach R um, die Zweitordination in R diene nur dem Zweck, die Bewilligung zur Errichtung einer ärztlichen Hausapotheke zu erlangen, dies widerspreche dem vom Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur immer wieder betonten Primariat der öffentlichen Apotheke bei der Medikamentenversorgung der Bevölkerung, der Bewilligungswerber habe aus der unmittelbaren Umgebung seiner Zweitordination so gut wie keine zusätzliche Patientenfrequenz, die er nicht auch von O aus betreuen könnte, der Antrag diene nur dazu, Rezepte aus der Ordination in O zumindest abziehen zu können, so ist ihnen zuzugestehen, dass den öffentlichen Apotheken nach der Intension des Gesetzgebers und auch nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes Vorrang bei der Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten gegenüber jenen von Hausapotheken zukommt. Aus diesem Grund wurden auch Kriterien im Apothekengesetz festgelegt, bei deren Erfüllung der Antragsteller einen Anspruch auf Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke hat.

4. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat der Antragsteller sämtliche Voraussetzungen zur Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke erfüllt. Er ist praktischer Arzt und hat seinen Berufssitz in einer Ortschaft, in der sich keine öffentliche Apotheke befindet. Der Berufssitz des Arztes ist von der Betriebsstätte der öffentlichen Apotheke mehr als sechs Straßenkilometer entfernt.

Demgemäß hat der Antragsteller nach § 29 Abs.1 Apothekengesetz Anspruch auf die Bewilligung zur Haltung einer ärztlichen Hausapotheke.

Eine Anpassung der Rechtsgrundlage in Spruchpunkt II. war erforderlich, weil die Behörde ihrer Entscheidung die Gesetze in der jeweils geltenden Fassung zu Grunde zu legen hat und die Novelle der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl.II Nr. 11/2005, am 14. Jänner 2005 - also vor der Entscheidung der konkreten Verwaltungssache am 14. April 2005 - in Kraft getreten war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 28.01.2008, Zl.: 2006/10/0152-9 

 

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