Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590111/2/SR/Ri

Linz, 21.07.2005

 

 

 

VwSen-590111/2/SR/Ri Linz, am 21. Juli 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des A S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, Rstraße, W gegen den Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 31. Mai 2005, Zl. Pol01-28-2005, wegen Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos aufgehoben.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid der Bezirkshauptfrau von Rohrbach wurden dem Berufungswerber (im Folgenden: Bw) für die nach § 30 Tierschutzgesetz behördlich angeordnete Verwahrung der Ersatz der angefallenen Kosten in der Höhe von 190 Euro vorgeschrieben.

 

2. Gegen diesen dem Vertreter des Bw am 3. Juni 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass am 6. Mai 2005 die Verfügung getroffen worden sei, "den aufgefundenen Golden Retriever Hund, bezüglich welchem zwischen zwei Parteien Meinungsverschiedenheiten bezüglich der rechtmäßigen Innehabung bestanden hätten, vorläufig bei Familie P im Sinne des § 30 Tierschutzgesetz zu verwahren".

 

Am 9. Mai 2005 habe der Bw bei der niederschriftlichen Befragung sein Eigentumsrecht am gegenständlichen Hund geltend gemacht. Am selben Tag hätten M und H P niederschriftlich ausgeführt, dass sie eine Golden Retriever Hündin, die der Familie S zugelaufen sei, am 1. April 2005 in Pflege übernommen hätten. Im Zuge der Einvernahme habe die Behörde erster Instanz mit der Familie P in Ergänzung des mündlichen Verwahrungsvertrages vom 6. Mai 2005 ein Entgelt von 10 Euro pro Verwahrungstag vereinbart.

 

Mit Eingabe vom 13. Mai 2005 habe der Bw die Herrenlosigkeit des Hundes bestritten und daher die gesetzten behördlichen Maßnahmen als nicht geboten erachtet.

 

Zur Klärung des Sachverhaltes sei am 24. Mai 2005 eine Verhandlung anberaumt worden. Hiezu seien alle Parteien, Beteiligten und Zeugen geladen worden. Im Zuge der Verhandlung habe sich herausgestellt, dass der Bw der "wahre Eigentümer" sei und somit sei ihm der Hund ausgefolgt worden.

 

Für die Behörde erster Instanz sei erwiesen, dass dem Bw der gegenständliche Hund am 28. März 2005 entlaufen und der Familie S am 29. März 2005 zugelaufen sei. In der Folge habe sich die Familie P bereit erklärt, den Hund vorläufig in Pflege zu nehmen. Auf Grund des dargestellten Sachverhaltes habe die Behörde erster Instanz am 6. Mai 2005 die vorläufige Verwahrung angeordnet. Die Kosten für die Verwahrung vom 6. Mai bis 24. Mai 2005 habe der Bw zu tragen.

2.2. Dagegen hat der Vertreter des Bw ausgeführt, dass der Hund dem Bw bereits bei der ersten Vorsprache ausgefolgt werden hätte müssen. Am 12. Mai 2005 habe er Klage auf Herausgabe des Hundes eingebracht, diese sei am 19. Mai 2005 zugestellt worden und spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Hund übergeben werden müssen. Die Familie P habe daher vom Eigentum des Bw gewusst und weiter nicht gebotene Aufwendungen für den Hund getätigt.

 

Darüber hinaus habe die Behörde erster Instanz das Tierschutzgesetz zu Unrecht in Anwendung gebracht. Tatsächlich handle es sich um eine zivilrechtliche Frage, die im Herausgabeprozess zu klären wäre. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Sach- und Rechtslage könne nur von einem Rückforderungsanspruch der Familie P ausgegangen werden, die Investitionen in mein Eigentum tätigte. Aus diesem Grund würde die Geschäftszahl des Herausgabeprozesses - C 664/05 x BG Rohrbach - bekannt gegeben werden.

 

Abschließend beantragt der Bw die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und die Einstellung des Verfahrens.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach zu Pol01-28-2005. Da sich aus der Aktenlage der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 67d Abs. 2 Z . 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Laut Angaben des Bw ist seine Golden Retriever Hündin mit dem Rufnamen "Kelly" am 28. März 2005 entlaufen und am 29. März 2005 der Familie S in S, Gemeinde Ulrichsberg zugelaufen. Am 1. April 2005 übergab die Familie S die Hündin der Familie P vorläufig in Pflege. In der Folge wurde die Hündin vom Tierarzt zweimal geimpft und entwurmt.

 

Am 6. Mai 2005, um 20.17 Uhr informierte RevInsp R vom Gendarmerieposten Ulrichsberg Herrn Mag. H von der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, dass "eine Frau Sp" die ca. vor einem Monat zugelaufene Hündin bei Herrn Herbert P abholen hätte wollen. Mag. H teilte daraufhin mit, dass Herbert P derzeit der rechtmäßige Hundehalter sei und ordnete bei ihm die Verwahrung der Hündin gemäß § 30 Tierschutzgesetz an.

 

In einem Aktenvermerk vom 9. Mai 2005 wurde festgehalten, dass der Bw die gegenständliche Hündin am 3. März 2005 bei der Gemeinde Aigen im Mühlkreis angemeldet hat.

 

Bei der niederschriftlichen Befragung durch die Behörde erster Instanz am 9. Mai 2005 gab der Bw an, dass er unmittelbar nachdem ihm die Hündin entlaufen sei, Insp. Sch vom Gendarmerieposten Ulrichsberg verständigt habe. Später habe er sich noch dreimal nach seiner Hündin erkundigt. Nach ca. 5 bis 6 Tagen habe ihn ein Herr F K aus Baureith, Gemeinde Aigen im Mühlkreis angerufen und mitgeteilt, dass sich seine Hündin bei der Familie St in Stangl, Gemeinde Ulrichsberg befinde. Bei der Vorsprache habe ihm Frau St lachend mitgeteilt, dass die Hündin schon wieder weg sei. Bei der Heimfahrt von Deutschland habe er am 29. April 2005 eine Frau mit seiner Hündin spazieren gehen gesehen. Über Befragen habe die Frau angegeben, dass sie den Hund gekauft habe. Den Namen des Verkäufers wollte Frau P nicht nennen, sie habe sich jedoch bereit erklärt, am nächsten Tag vorbeizukommen. Nachdem Frau P nicht erschienen sei, habe er Insp. G vom Gendarmerieposten Ulrichsberg angerufen und Anzeige erstattet. Im Zuge der Intervention des Beamten hätte die Familie P den Ersatz der Futter- und Tierarztkosten begehrt. Die Versuche, die Hündin am 30. April und am 6. Mai 2005 um 17.00 Uhr abzuholen hätten fehlgeschlagen, da von der Familie P niemand angetroffen werden konnte. Bei der neuerlichen Vorsprache am 6. Mai 2005 um 19.30 Uhr seien die Ehegatten P anwesend gewesen, hätten mit ihm jedoch nicht gesprochen und lediglich die Hündin ins Haus geholt. Daraufhin habe er die Gendarmerie verständigt und RevInsp R sei zum Haus der Familie P gekommen. Nach Gesprächen mit der Familie P habe ihm RevInsp R mitgeteilt, dass die Hündin vorläufig bei der Familie P in Verwahrung bleibe und die weitere Vorgangsweise am 9. Mai 2005 entschieden würde.

 

Am 9. Mai 2005 wurden Manuela und Herbert P niederschriftlich befragt. Über Befragen gaben die Ehegatten P an, dass die gegenständliche Hündin in schlechtem Zustand der Familie St zugelaufen sei. Ihren Informationen nach habe die Familie St den Gendarmerieposten Ulrichsberg verständigt. Was dort passiert sei, könnten sie nicht angeben. Über privaten Kontakt hätten sie sich bereit erklärt die Hündin vorläufig zu übernehmen. Die tatsächliche Übernahme sei dann am 1. April 2005 erfolgt. In der Folge hätten sie die Hündin impfen und entwurmen lassen und die Anmeldung bei der Gemeinde vorgenommen. Bei einem Spaziergang mit der Hündin sei der Bw mit dem Auto an der M P vorbeigefahren, habe angehalten und erklärt, dass es sich um seine Hündin handeln würde. Während des Gespräches habe der Bw angeboten, dass er die Hündin um 1.000 Euro verkaufen würde. Jedenfalls habe er ein Pflegegeld pro Tag in der Höhe von 5 Euro angeboten. Mit dem Bw wurde anschließend vereinbart, dass das Gespräch am folgenden Tag fortgesetzt werden sollte. Der Bw habe sich vereinbarungsgemäß gemeldet und den Vorwurf erhoben, dass die Hündin gestohlen worden sei. Ihm sei daraufhin eine Verleumdungsklage angedroht worden. Ergänzend führten die Ehegatten P aus, dass die Hündin mindestens zwei Jahre alt sei und bereits einmal Junge geworfen haben müsste. Diesbezüglich müsste es sich bei der Anmeldung der Hündin durch den Bw um eine falsche Meldung gehandelt haben.

 

Im Anschluss an die Befragung legten die Ehegatten P Kopien von Honorarnoten und einer Impfbescheinigung vor. Auf letzter ist M P als Tierhalterin vermerkt. Der Name der Hündin wird mit "Nora" bezeichnet.

 

Mit Schreiben vom 10. Mai 2005 wurden dem Bw die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis gebracht. U.a. wurde dem Bw wie folgt mitgeteilt:

 

"Gemäß § 30 Tierschutzgesetz übernimmt die Bezirkshauptmannschaft bei entlaufenen Tieren die amtliche Verwahrung. Dies gilt ab dem Beginn der Auffindung des Tieres, das ist der 29.03.2005. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erst am 6.5.2005 tatsächlich Kenntnis erlangt hat.

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat daher

 

Als sachlich gerechtfertigte Kosten hat die Behörde erster Instanz jene für die Impfungen, Entwurmung und Pflegetage in der Höhe von 380 Euro, sowie eine derzeit noch nicht feststehende Summe für Verpflegungstage ab dem 6. Mai 2005, angesehen.

 

In der Stellungnahme vom 12. Mai 2005 brachte der Rechtsvertreter des Bw u.a. vor, dass der Hund nicht herrenlos war und die Maßnahmen der Behörde daher nicht geboten waren. Mit Entschiedenheit wende er sich gegen den Standpunkt der Behörde, dass die Übereignung der Hündin erst nach Bezahlung diverser Beträge und Gutachten erfolgen könne. Da die Herausgabe der Hündin verweigert würde, habe er Klage auf Herausgabe beim Zivilgericht eingebracht.

 

Entsprechend der Niederschrift vom 12. Mai 2005, aufgenommen mit dem Bw im Marktgemeindeamt Aigen im Mühlkreis, war die Anmeldung der gegenständlichen Hündin am 3. März 2005 nicht korrekt.

 

Am 13. Mai 2005 brachte der Rechtsvertreter des Bw Klage gegen Herrn H P beim BG Rohrbach ein. Laut Aktenvermerk auf der Klageschrift wurde diese vom Beklagten am 19. Mai 2005 übernommen.

 

Im Zuge der mündlichen Verhandlung bei der Behörde erster Instanz brachte Frau Nicole St am 24. Mai 2005 vor, dass einige Tage nach dem 1. April 2005 der Bw bei ihrer Mutter vorgesprochen und sich nach seinem Hund erkundigt habe. Ihre Mutter habe gesagt, dass sie den Hund nicht mehr hätten. Weitere Auskünfte seien nicht erteilt worden, "da ja jeder kommen könnte".

 

Während der mündlichen Verhandlung wurde die gegenständliche Hündin an den Bw übergeben.

 

3.2. Unstrittig ist, dass sich die gegenständliche Hündin vom 1. April 2005 bis zum 24. Mai 2005 in der Obhut der M P befunden hat.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 4 Z. 1 Tierschutzgesetz - TSchG (BGBl. 118/2004) ist unter Halter jene Person zu verstehen, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat.

 

§ 30 leg.cit. trägt folgende Überschrift: "Entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere".

 

Gemäß § 30 Abs. 1 leg.cit. hat die Behörde - soweit eine Übergabe an den Halter nicht in Betracht kommt - Vorsorge zu treffen, dass entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere an Personen, Institutionen und Vereinigungen übergeben werden, die eine Tierhaltung im Sinne dieses Bundesgesetzes gewährleisten können. Diese Personen, Vereinigungen oder Institutionen (im Folgenden: Verwahrer) haben die Pflichten eines Halters.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 leg.cit. sind die vom Land und vom Verwahrer zu erbringenden Leistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt vertraglich zu regeln.

 

Gemäß § 30 Abs. 3 leg.cit. erfolgt die Unterbringung dieser Tiere auf Kosten und Gefahr des Tierhalters, solange sich Tiere im Sinne des Abs. 1 in der Obhut der Behörde befinden.

 

Gemäß § 30 Abs. 5 leg.cit. trägt für die Dauer der amtlichen Verwahrung die Behörde die Pflichten des Tierhalters.

 

Gemäß § 30 Abs. 8 leg.cit. bedarf die Ausfolgung von Tieren im Sinne des Abs. 1 an Personen, die ein Eigentumsrecht an diesen Tieren geltend machen, der Zustimmung der Behörde.

 

In der Regierungsvorlage (GP XXII, 446) wird unter "II. Besonderer Teil" zu § 4 Z. 1 ausgeführt, dass als Halter jede natürliche oder juristische Person definiert wird, die ständig oder vorübergehend für ein Tier verantwortlich ist oder ein Tier in ihrer Obhut hat. Die Haltereigenschaft kann auch auf mehrere Personen zutreffen.

 

Zu § 30 wird ausgeführt, dass "gemäß § 388 in Verbindung mit § 285a ABGB auch Tiere fundrechtlichen Bestimmungen unterliegen. Bei Fundtieren handelt es sich um ‚bewegliche, in niemandes Gewahrsame stehende Sachen, die ohne den Willen des Inhabers aus dessen Gewalt gekommen sind'. Die Aufgabe der gesetzeskonformen Unterbringung und Betreuung stellt sich der Behörde auch im Zusammenhang mit herrenlosen, beschlagnahmten und abgenommenen Tieren. Die Behörde hat für eine geeignete Unterbringung der betroffenen Tiere zu sorgen. Die Behörde hat dabei zunächst zu prüfen, ob eine Übergabe an den Halter fachlich und rechtlich in Betracht kommt. Auf Grund des weiten Halterbegriffs des § 4 Z. 1 kann es auch mehrere Halter im Sinne dieses Bundesgesetzes geben. Ein häufiger Fall einer mehrfachen Halterschaft besteht darin, dass Tierheime Tiere nur unter Eigentumsvorbehalt an Interessenten abgeben. Wird in einem solchen Fall das Tier dem unmittelbaren Besitzer abgenommen, so hat die Übergabe an den Eigentümer Vorrang vor anderen in Betracht kommenden Verfügungen".

 

4.2. Wie die Überschrift des § 30 TSchG und die Ausführungen des § 30 Abs. 1 leg.cit. zeigen, darf die Behörde nur dann eine Vorsorgehandlung treffen, wenn es sich um entlaufene, ausgesetzte, zurückgelassene sowie von der Behörde beschlagnahmte oder abgenommene Tiere handelt. Dass der Gesetzgeber die Behörde schon dann zu "Vorsorgehandlungen" verpflichten wollte, wenn beispielsweise ein Tier "irgendwann" entlaufen ist, sich mittlerweile bei einer Person in Obhut befindet auf die auch die Haltereigenschaft zutrifft lässt sich § 30 Abs. 1 1. Satz und den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu § 30 nicht entnehmen. Der Einschub im 1. Satz des § 30 Abs. 1 leg.cit. - soweit eine Übergabe an den Halter nicht in Betracht kommt - macht deutlich, dass die Behörde nur dann zu handeln berechtigt - und auch verpflichtet - ist, wenn das Tier zum Entscheidungszeitpunkt in niemandes Gewahrsame steht, also ohne Halter ist. Nur in solchen Fällen kann die Behörde auch von den ihr gesetzlich eingeräumten Befugnissen Gebrauch machen.

 

Zu dem Zeitpunkt, als die Behörde erster Instanz mit dem vorliegenden Sachverhalt konfrontiert wurde, befand sich die Golden Retriever Hündin bereits seit ca. 5 Wochen in der Obhut der Familie P. Auch wenn die Hündin vor mehr als 5 Wochen entlaufen war, kann sie nicht als ein entlaufenes Tier im Sinne des § 30 TSchG angesehen werden, bei dem aus Tierschutzüberlegungen unmittelbarer Handlungsbedarf für die Behörde erster Instanz besteht. Im Sinne der Begriffsbestimmungen des Tierschutzgesetzes begründete das "in Obhut haben" der Hündin zumindest die Halterschaft der Frau M P.

 

Wie der Oö. Verwaltungssenat in zahlreichen Erkenntnissen, ergangen wegen Übertretungen des Oö. Polizeistrafgesetzes (z.B.: VwSen-300522/3/Wei/Eg/An), ausgeführt hat, ist nach hM Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl. näher mwN Dittrich/Tades, MGA ABGB33, E 18ff zu § 1320; Reischauer in Rummel2, Rz 7f zu § 1320 ABGB). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl. VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Unstrittig ist, dass vor der gegenständlichen behördlichen Verfügung zumindest Frau Manuela P die tatsächliche Herrschaft über die Hündin ausgeübt und über die Verwahrung und Beaufsichtigung entschieden hat. Darüber hinaus weisen die faktischen Verhältnisse - Ernährung, Pflege, ärztliche Untersuchungen, Impfungen, Betreuung und Weigerung der Herausgabe - auf ihre Halterschaft hin.

 

Ausgehend davon, dass sich die gegenständliche Hündin zum Zeitpunkt der behördlichen Verfügung in der Obhut von Frau M P befunden hat, kam der Behörde erster Instanz nicht die Berechtigung zu, Vorsorge gemäß § 30 TSchG zu treffen. Der Rechtsvertreter des Bw ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Nichtherausgabe der Hündin um eine zivilrechtliche Frage, die in einem Herausgabeprozess zu klären gewesen wäre, und allenfalls um einen Rückforderungsanspruch der Familie P gehandelt hat.

 

4.3. Mangels Anwendbarkeit des Tierschutzgesetzes war der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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