Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590119/2/Gf/Ga

Linz, 28.12.2005

 

VwSen-590119/2/Gf/Ga Linz, am 28. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der Mag. G D, vertreten durch RA Dr. B-O, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. September 2005, Zl. SanRB10-3-12-2003-Ni/Str (mitbeteiligte Parteien: Dr. H, vertreten durch die RAe Dr. K u. Dr. L, sowie Mag. K, vertreten durch RA Dr. V, wegen der Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden Apotheke in Engerwitzdorf zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid

aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen wird.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 2 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Schriftsatz vom 19. Mai 2003 hat die Rechtsmittelwerberin einen Antrag auf Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apotheke mit der voraussichtlichen Betriebsstätte am in Engerwitzdorf (Ortsteil Schweinbach) gestellt.

1.2. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 13. September 2003, Zl. SanRB10-3-11-2003-Ni/Str, wurde den Einsprüchen von anliegenden Apothekenbetreibern als mitbeteiligte Parteien stattgegeben und der Antrag der Beschwerdeführerin abgewiesen.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass auf Grund eines entsprechenden Gutachtens der Österreichischen Apothekerkammer deshalb kein Bedarf für die neu zu errichtende öffentliche Apotheke bestehe, weil ansonsten das Versorgungspotential der im Einzugsgebiet einer bereits bestehenden Apotheke unter das gesetzlich geforderte Mindestmaß sinke.

1.3. Gegen diesen ihr am 15. September 2005 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 26. September 2005 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

Darin wendet die Beschwerdeführerin ein, dass dem Einspruchswerber Dr. H zwar für den Standort Gallneukirchen bereits eine Konzession zur Errichtung einer öffentlichen Apotheke erteilt, diese aber bislang tatsächlich noch nicht in Betrieb genommen worden sei; da es sich aber insoweit (noch) nicht um eine "bestehende" Apotheke handle, könne dieser sohin auch keine Mindestversorgung garantiert sein. Da sich zudem im potentiellen Versorgungsgebiet keine ärztliche Hausapotheke befinde, habe aber dem Einspruchswerber auch schon aus diesem Grund kein Kundenkreis von mindestens 5.500 Personen garantiert sein müssen, sodass er sich - wie dies schon aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg 15103/1998 hervorgehe - auch im gegenständlichen Verfahren nicht auf dieses Kriterium berufen könne.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Urfahr-Umgebung zu Zl. SanRB10-3-2003; da sich bereits aus diesem ergab, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 67d Abs. 2 Z. 1 AVG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Allseits unstrittig ist im gegenständlichen Fall, dass in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat, sich im Umkreis von vier Straßenkilometern um die in Aussicht genommene Betriebsstätte keine ärztliche Hausapotheke befindet und die nächstgelegene öffentliche Apotheke mehr als 500 Meter entfernt ist.

3.1.2. Unter derartigen Umständen darf einem Antragsteller die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke nach § 10 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Z. 3 des Apothekengesetzes, RGBl.Nr. 5/1907, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 5/2004 (im Folgenden: ApG), nur dann versagt werden, wenn für diese deshalb kein Bedarf besteht, weil sich "die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen" auf weniger als 5.500 verringert.

3.1.3. Diesbezüglich wird in dem von der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich der Österreichischen Apothekenkammer erstellten Gutachten vom 5. Juli 2005, Zl. III-5/2/2-411/3/05, im Wege einer Prognoseentscheidung ausgeführt, dass jedenfalls zu erwarten ist, dass das Versorgungspotential jener Apotheke, hinsichtlich der die belangte Behörde mit Bescheid vom 17. September 2004, Zl. SanRB10-35-2002-Tu/F, der mitbeteiligten Partei Dr. H die - zwischenzeitlich rechtskräftige - Konzession zur Errichtung und zum Betrieb erteilt hat, unter 5.500 (nämlich auf bloß 3.199 Personen) sinken wird.

3.1.4. Auch diese Prognose wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Sie wendet sich jedoch dagegen, dass die Apotheke der mitbeteiligten Partei überhaupt in die Prognoseentscheidung einbezogen wurde, obwohl diese einerseits faktisch noch gar nicht betrieben werde und zum anderen die 5.500-Personen-Grenze - weil an diesem Standort keine ärztliche Hausapotheke bestehe - schon im Zuge des dortigen Konzessionserteilungsverfahrens nicht maßgeblich gewesen sei, sodass jener Apotheke auch im vorliegenden Verfahren gar kein Mindestversorgungspotential garantiert wäre.

3.2. Im Ergebnis ist daher im gegenständlichen Fall primär die Rechtsfrage strittig, ob auch die Apotheke der mitbeteiligten Partei in die Bedarfsprüfung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG einzubeziehen ist.

3.2.1. Mit Erkenntnis vom 2. März 1998, G 37/97 ua (= VfSlg 15301/1998) hat der Verfassungsgerichtshof (u.a.) die eine Bedarfsprüfung normierende Bestimmung des § 10 Abs. 2 Z. 1 ApG i.d.F. BGBl.Nr. 362/1990 als verfassungswidrig aufgehoben, welche lautete:

"(2) Ein Bedarf besteht nicht, wenn

1. die Zahl der von der künftigen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke aus zu versorgenden Personen weniger als 5.500 beträgt oder

2. ....."

Begründend führte der VfGH zusammengefasst im Wesentlichen aus (vgl. VfSlg 15301/1998, S. 217 ff), dass eine Zutrittschranke wie eine Bedarfsprüfung schon grundsätzlich einen schweren Eingriff in die Erwerbsausübungsfreiheit darstellt und im Zusammenhang mit Apothekenkonzessionen insgesamt nicht zu erkennen ist, weshalb das öffentliche Interesse an der Heilmittelversorgung der Bevölkerung durch die Neuerrichtung einer Apotheke auch in jenen Fällen gefährdet sein kann, wo der Versorgungsbereich der bestehenden öffentlichen Apotheken ohnehin dadurch gesichert bleibt, dass jene - auf Grund der bis zu dieser Entscheidung geltenden gesetzlichen Regelung - ja ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen haben, demgegenüber aber bei neu (d.h. nach Umsetzung dieses Erkenntnisses) zu errichtenden Apotheken dieses Kriterium eben nicht mehr zu beachten sein wird.

Hinsichtlich der künftig, d.h. nach dieser Entscheidung neu geschaffenen Apotheken blieb es sohin aber letztlich der Einschätzung des jeweiligen Konzessionswerbers überlassen, ob er auch ohne einen "garantierten Mindestkundenstock" gleichzeitig einerseits die mit dem Betrieb einer Apotheke einhergehenden Verpflichtungen erfüllen und andererseits ein wirtschaftlich lebensfähiges Unternehmen führen kann. Mehr eine Annäherung denn eine Polarisierung zwischen "bestehenden" und "neuen" Apotheken ergab sich nach Auffassung des VfGH v.a. aus dem Umstand, dass auch eine neue Apotheke insofern Bestandsschutz genießt, als einerseits die Behörde zu einer Entziehung der Konzession bloß wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten nicht befugt ist und auf der anderen Seite "in ihrem Bereich" - gemeint wohl offenkundig: die 500-Meter-Grenze gemäß § 10 Abs. 2 Z. 2 ApG - "eine weitere Errichtung nicht in Betracht kommt".

3.2.2. Davon ausgehend ist aber der Beschwerdeführerin insofern beizupflichten, als unter "bestehender öffentlicher Apotheke" i.S.d. § 10 Abs. 2 Z. 3 ApG eine solche, deren Genehmigung zur Errichtung erst nach der Kundmachung des vorgenannten VfGH-Erkenntnisses (durch BGBl.Nr. I 53/1998 am 1. April 1998) erfolgte, nicht zu verstehen ist.

Da die erstmitbeteiligte Partei im vorliegenden Fall aber in diesem Sinne allseits unbestritten nicht eine "Alt-", sondern vielmehr eine "Neuapotheke" betreibt, war es sohin im Ergebnis unzulässig, diesbezüglich ein Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen im Zuge der den Antrag der nunmehrigen Beschwerdeführerin betreffenden Bedarfsprüfung zu berücksichtigen. (In diesem Zusammenhang ist jedoch sowohl der belangten Behörde als auch der Gutachterin zu Gute zu halten, dass der Gesetzgeber im Zuge der Novellierung des 10 Abs. 2 ApG durch BGBl.Nr. I 16/2001 gut daran getan hätte, dem Erkenntnis VfSlg 15103/1998 entsprechend auch im Normtext ausdrücklich zwischen "Alt-" und "Neuapotheken" zu unterscheiden bzw. den Begriff der "bestehenden öffentlichen Apotheken" als mit "vor dem 1. April 1998 errichtet" näher zu umschreiben !)

Vielmehr kommt sohin - da es sich in beiden Fällen um "Neuapotheken" handelt - weder der Rechtsmittelwerberin noch der mitbeteiligten Partei ein entsprechend garantierter Kundenstock zu.

3.3. Allerdings wurde von der belangten Behörde darüber hinaus nicht ermittelt, ob im gegenständlichen Fall echte "Altapotheken", deren Mindestversorgungspotential von 5.500 Personen durch die von der Beschwerdeführerin in Aussicht genommene Errichtung einer neuen Apotheke unterschritten wird, bestehen.

Insbesondere wurde auch von der Österreichischen Apothekerkammer in ihrem Gutachten vom 5. Juli 2005, Zl. III-5/2/2-411/3/05, auf den primär gerade darauf abzielenden Einspruch der zweitmitbeteiligten Partei, Mag. K, vom 25. Juni 2003 gar nicht (mehr) eingegangen (wobei für den Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar ist, ob es sich insoweit um eine "Altapotheke" im dargestellten Sinn handelt oder nicht).

3.4. Das erstbehördliche Ermittlungsverfahren ist damit im Ergebnis aber in wesentlichen Punkten unvollständig geblieben.

Der vorliegenden Berufung war daher gemäß § 66 Abs. 2 AVG insoweit stattzugeben, als der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen war.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

Dr. G r o f

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 26.04.2010, Zl.: 2006/10/0023-6

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