Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-600048/6/Fra/Sp VwSen600049/6/Fra/Sp

Linz, 31.07.2006

 

 

 

VwSen-600048/6/Fra/Sp

VwSen-600049/6/Fra/Sp Linz, am 31. Juli 2006

DVR.0690392

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine III. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Berichter Dr. Fragner, Beisitzer Dr. Schön) über den Devolutionsantrag der Frau JU vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. JK betreffend behauptete Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land, zu Recht erkannt:

 

 

Der Devolutionsantrag betreffend die Vorstellung vom 12.5.2006 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8.5.2006, VerkR21-284-2006 Ga und VerkR21-285-2006 Ga, wegen Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B und Verbot des Lenkens von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen, wird zurückgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 67a Abs.1 iVm § 73 AVG.

§ 29 Abs.1 FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Laut Anzeige der Polizeiinspektion Oberneukirchen vom 16.4.2006, GZ.: C1/3103/2006-Ste, hat die Antragstellerin (Ast.) am 10.3.2006 gegen 13:40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen von Bad Leonfelden kommend auf der Leonfeldnerstraße (126) durch das Ortsgebiet Zwettl/Rodl in Richtung Linz gelenkt, wobei der 9-jährige TW im Ortsgebiet von Zwettl/Rodl die Leonfeldner Straße bei Strkm. 18,868 überqueren wollte. Die Ast. habe nicht mehr rechtzeitig ausweichen bzw. ihren Pkw vor dem Fußgänger nicht zum Stillstand bringen können und diesen niedergestoßen, wobei Herr W bei diesem Unfall schwere Arm- und Beinverletzungen erlitten hat.

 

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 8.5.2006, VerkR21-284-2006 Ga und VerkR21-285-2005 Ga, wurde der Ast. die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von drei Monaten gerechnet ab Zustellung des Bescheides wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen und gleichzeitig das Lenken von vierrädrigen Leichkraftfahrzeugen ab Zustellung des Bescheides auf die Dauer von drei Monaten wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit verboten. Laut Begründung dieses Bescheides geht die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land davon aus, dass die Ast. am 10.3.2006 um 13:40 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen im Ortsgebiet von Zwettl/Rodl auf der Leonfeldnerstraße bei Strkm. 18, 868 gelenkt hat, wobei sie beim dortigen Schutzweg als Lenkerin eines Fahrzeuges einen Fußgänger, der sich auf dem Schutzweg befand, das ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglichte, wodurch es zum Zusammenstoß mit dem Fußgänger kam und dieser dadurch verletzt wurde. Sie habe dadurch den Tatbestand der besonders gefährlichen Verhältnisse und der besonderen Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern verwirklicht. Gegen den o.a. Bescheid hat die Ast., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J K, rechtzeitig Vorstellung erhoben. Die Ast. bringt darin vor, dass ein Verhalten, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder ein besonders rücksichtsloses Verhalten nicht vorliege. Die Behörde beurteile den Sachverhalt lediglich aufgrund der Aussagen des bedauerlicherweise verletzten Schülers und des Zeugen L. Die anderen Aussagen einschließlich ihrer werden nicht beachtet. Zum bedauerlicherweise verletzten TW sei auszuführen, dass dieser angegeben habe, dass er sich noch ein Stück von der Unfallstelle weggeschleppt und dann zusammengebrochen sei. Weiters habe er ausgeführt, dass er sich vor Überqueren der Straße vergewissert habe, ob ein Fahrzeug herannahe. Betreffend des Vergewisserns widerspreche das sogar der Aussage des Zeugen L, der ausgeführt hat, dass der Schüler wohl ohne zu schauen über die Straße gelaufen ist. Dass er sich noch ein kleines Stück geschleppt habe, treffe ebenfalls nicht zu, da mehrere Zeugen ganz eindeutig angegeben haben, dass er nach dem Unfall aufstand und ein Stück weggelaufen ist. Von einem Zusammenbrechen könne daher nicht gesprochen werden. Darüber hinaus geben nur der Zeuge L und der verletzte Schüler an, dass sich der Unfall direkt auf dem Schutzweg ereignet habe. Dass sich der verletzte Schüler nicht mehr genau an den Unfallhergang erinnern könne, sei durchaus nachvollziehbar, da für einen 10-jährigen ein derartiges Ereignis durchaus schockierend ist. Glaubwürdiger erscheinen hier ihre Aussagen sowie mehrerer unabhängiger Zeugen. Die Ast. kommt in ihrer Vorstellung nach Schilderung dieser Zeugenaussagen zum Ergebnis, dass die Unfallstelle nach dem Schutzweg gelegen sei, keine überhöhte Geschwindigkeit infolge Kolonnenverkehrs vorgelegen habe und die Sicht auf den verletzten Schüler versperrt gewesen sei. Daraus resultiere aus ihrer Sicht, dass von gefährlichen Verhältnissen bzw. besonderer Rücksichtslosigkeit keinesfalls gesprochen werden könne. Es liege, wenn überhaupt, lediglich ein Aufmerksamkeitsfehler vor, der bei weitem nicht als rücksichtslos zu qualifizieren sei.

 

Die Vorstellung ist am 15.5.2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingelangt.

 

Mit Schreiben vom 23.5.2006 teilte die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land dem Vertreter der Ast. mit, dass aufgrund der rechtzeitig eingebrachten Vorstellung gemäß § 57 Abs.3 AVG das Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Weiters hat die Behörde eine EKIS-Anfrage durchgeführt und eine schriftliche Anfrage an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Leonfelden gestellt, wann mit der Erledigung des gerichtlichen Verfahrens gerechnet werden kann. Das Bezirksgericht Leonfelden teilte zu dieser Anfrage mit, dass aufgrund der urlaubsbedingten Abwesenheit von Zeugen die Hauptverhandlung an Ort und Stelle erst im Herbst durchgeführt werden könne.

 

Aufgrund des Devolutionsantrages vom 10.7.2006 (beim Oö. Verwaltungssenat eingelangt am 11.7.2006) ersuchte der Oö. Verwaltungssenat die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Schreiben vom 14.7.2006 um Vorlage des bezughabenden Verwaltungsaktes, wobei zu sämtlichen von der Ast. relevierten Punkten Stellung genommen werden möge.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land legte mit Schreiben vom 24.7.2006 den entsprechenden Verfahrensakt vor und teilte u.a. mit, dass entgegen der Ansicht der Ast. ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wurde, welches allerdings noch nicht abgeschlossen sei (EKIS-Anfrage, Polizeibericht, Gerichtsanfrage). Die Stellungnahme seitens der Partei sei erst vor Abschluss der Beweisaufnahme erforderlich, da Beweisanträge im Rahmen der Vorstellung und während des gesamten Verfahrens geltend gemacht werden können. Weiters weist die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land darauf hin, dass sie das gegenständliche Verfahren bis zum Abschluss des Gerichtsverfahrens aussetzen wird.

 

Dieser Sachverhalt ergibt sich aus der Aktenlage.

 

2. Im Devolutionsantrag bringt die Ast. unter Hinweis auf § 29 Abs.1 FSG vor, dass die Behörde ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden habe. Der gegenständliche Fall sei durchaus einfach gelagert, da die Behörde anhand des vorliegenden Behördenprotokolls und der Vorstellung eine Entscheidung treffen könne. Für das Abwarten des Ausganges des gerichtlichen Strafverfahrens sei kein Platz, da dieses erst im Herbst 2006 stattfinden wird. Die Aktenlage sei jedoch völlig ausreichend und hätte die Behörde daher schon anhand der Aktenlage eine Entscheidung treffen können.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 67a Abs.1 Z1 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Anträge und Berufungen in Angelegenheiten, die ihnen durch die Verwaltungsvorschriften zugewiesen sind. Soweit gesetzlich nicht anders bestimmt ist, entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. In den Angelegenheiten der Z1 entscheiden sie über Anträge, für deren Erledigung sie als erste Instanz oder gemäß § 73 Abs.2 zuständig sind, .... durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen.

 

Gemäß § 73 Abs.1 AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen.

 

Gemäß § 73 Abs.2 AVG geht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wird, auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim Unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist.

 

Gemäß § 29 Abs.1 FSG sind die Behörden in Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung verpflichtet, über Anträge von Parteien und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber drei Monate nach deren Einlangen einen Bescheid zu erlassen.

 

3.2. Der Mandatsbescheid vom 8.5.2006 wurde am 11.5.2006 zugestellt. Die dagegen erhobene Vorstellung ist am 15.5.2006 bei der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land eingelangt. Die Entscheidungsfrist gemäß § 29 Abs.1 FSG läuft sohin am 15.8.2006 ab.

 

Die sechsmonatige (hier: dreimonatige) Frist des § 73 AVG hat sowohl für die Behörde als auch für die Verfahrensparteien rechtliche Bedeutung. Dies bedeutet für die Behörde, dass sie innerhalb dieser Frist den Bescheid zu erlassen hat, für die Verfahrenspartei hingegen, dass sie vor Ablauf dieser Frist keinen zulässigen Devolutionsantrag einbringen kann (VwGH 27.1.1987, 85/04/0165). Ein vor Ablauf der Frist gestellter Antrag wird in Richtung auf die angestrebte Devolution auch nicht im nachhinein dadurch wirksam, dass die bei Einbringung des Antrages noch nicht abgelaufen gewesene Entscheidungsfrist dann doch verstreicht, ohne dass die zuständig gewesene Behörde den Bescheid erlässt (vgl. VwGH 21.2.1995, 92/07/0178 u.a.).

 

Ein verfrühter Devolutionsantrag ist zurückzuweisen (VwGH 10.11.1988,87/06/0119 u.a.).

 

Ein Devolutionsantrag nach § 73 Abs.2 AVG kann vor Ablauf der sechsmonatigen Frist auch dann nicht gestellt werden, wenn die Behörde aus ihrem überwiegenden Verschulden gegen das Gebot verstoßen hat, über den Antrag ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden (VwGH 16.3.1970, Slg. 7760A).

 

Im gegenständlichen Verfahren läuft die Entscheidungsfrist erst am 15.8.2006 ab. Im Hinblick auf die o.a. zitierte einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes tritt, auch wenn gemäß § 29 Abs.1 FSG "ohne unnötigen Aufschub" zu entscheiden ist, die verfahrensrechtliche Sanktion eines Übergangs der Zuständigkeit an den Unabhängigen Verwaltungssenat nur über einen nach Ablauf der grundsätzlich sechsmonatigen, hier aber dreimonatigen, Frist gestellten Parteiantrag ein. Da sohin der Devolutionsantrag verfrüht gestellt wurde, war er zurückzuweisen. Ob der belangten Behörde eine Säumigkeit im Sinne des § 73 Abs.2 letzter Satz AVG vorzuwerfen ist, wäre erst im Rahmen eines nach Ablauf der Entscheidungsfrist gestellten Devolutionsantrages zu prüfen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

 

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