Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-104776/9/Br

Linz, 21.08.1997

VwSen-104776/9/Br Linz, am 21. August 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn G, vertreten durch Dr. P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach mit der Aktenzahl VerkR96-2501/1996/Win, nach der öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung vom 21. August 1997 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird in Punkt 1. Folge gegeben; das Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt. In Punkt 2. wird der Berufung mit der Maßgabe Folge gegeben, als von der Verhängung einer Geldstrafe abgesehen und unter Anwendung des § 21 VStG eine Ermahnung ausgesprochen wird.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 471/1995 - AVG iVm § 21, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 u. § 51i Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 620/1995 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.1 VStG Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis, Zl.: VerkR96-2501/1996/Win, vom 16.5.1997 wider den Berufungswerber zwei Geldstrafen 1) 3.000 S und 2) 2.000 und für den Nichteinbringungsfall 90 und 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt und folgende Tatvorwürfe und Übertretungsnormen zur Last gelegt:

"Sie haben 1) am 23.08.1996, 21.10 Uhr, als Lenker des LKWs + Anhänger, + auf der B 38 im Gemeindegebiet B bei Strkm. 156,614 die für Kraftwagenzüge zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 45 km/h überschritten. 2) Sie haben bei der unter Ziffer 1 angeführten Fahrt als Fahrer ab dem Zeitpunkt, an dem Sie das Lenken des Fahrzeuges übernahmen, kein Schaublatt benützt." 1.2. Begründend stützte die Erstbehörde ihre Entscheidung im Punkt 1. auf das Ergebnis der Lasermessung. Sie ging dabei auf Grund der auch im erstbehördlichen Verfahren zeugenschaftlich vernommenen Meldungsleger von der vorwurfsspezifischen Identität des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges aus, sodaß sie diesem die gemessene Fahrgeschwindigkeit zuordnete. Ebenfalls wurde von der Exaktheit der Messung ausgegangen.

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ag. Rechtsvertreter erhobenen Berufung. Darin führt er nachfolgendes aus: "In außen näher bezeichneter Verwaltungsstrafsache erhebt der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von vom 16.5.1997, zugestellt am 13.6.1997, innerhalb offener Frist nachstehende BERUFUNG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich und führt diese aus wie folgt:

Mit der hiermit zur Gänze angefochtenen Entscheidung werden dem Beschuldigten zur Last gelegt, a) am 23.8.1996, 21.10 Uhr, als Lenker des LKWs + Anhänger, + auf der B 38 im Gemeindegebiet B bei Straßenkilometer 156,614, die für Kraftwagenzüge zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 45 km/h überschritten zu haben, und b) bei der angeführten Fahrt als Fahrer ab dem Zeitpunkt, an dem er das Lenken des Fahrzeuges übernommen hatte, kein Schaublatt benützt zu haben.

zu lit.a):

Die Entscheidung zu diesem Punkt wird im wesentlichen damit standardbegründet, daß kein Grund bestünde, die Glaubwürdigkeit der Aussagen der Meldungsleger = Zeugen anzuzweifeln. Bereits an dieser Stelle darf hiezu ausgeführt werden, daß es sich in gegenständlichem Fall nicht - wie unten noch näher zu zeigen sein wird - um eine Glaubwürdigkeitsfrage handelt, sondern nahezu ausschließlich um eine technische, wobei nur der Vollständigkeit halber angemerkt werden darf, daß schon aus Erfahrungssätzen ein Beschuldigter, welchen eine Amtshandlung unmittelbar betrifft, sich an diese einzige wohl mit Sicherheit besser erinnern kann als Gendarmeriebeamte, welche derartige Amtshandlungen bei verschiedenen Delinquenten täglich mehrere Male durchführen, wozu noch kommt, daß unter diesen Prämissen ein Zeitraum von fünf Monaten zwischen Anzeigelegung und Aussage vor der erkennenden Behörde das Absinken der Erinnerung geradezu indiziert.

Was nunmehr die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen im Detail anlangt, so ist zunächst festzuhalten, daß jene auf S.3 der angefochtenen Entscheidung, wonach der Beschuldigte von einem Geschwindigkeitsbegrenzer gegenüber den Beamten keine Erwähnung gemacht hätte, zwar nach dem Protokoll richtig ist, die weitere Feststellung, daß er diesbezüglich auch keine Beweise bei der Behörde vorgelegt hätte, mit dieser Aussage nicht übereinstimmt und dementsprechend aktenwidrig ist. Es stellt sich im übrigen auch die Frage, welcher Behörde (ein Gendarmerieposten stellt eine solche nicht dar) er in welcher Form welche Beweise vorlegen hätte sollen, will man nicht unterstellen, er hätte den Geschwindigkeitsbegrenzer selbst ausbauen und der hier erkennenden Behörde zur Verfügung stellen sollen, was im Hinblick auf zivilrechtliche Aspekte gegenüber der Eigentümerin des Fahrzeuges ohne deren Einverständnis auch nicht möglich gewesen wäre.

Desweiteren sind die Feststellungen hinsichtlich der vom Beschuldigten angeblich zu verantwortenden Geschwindigkeitsüberschreitung insoweit auch unrichtig, als lediglich von den Aussagen der Meldungsleger ausgegangen wurde, ohne die bereits in der Stellungnahme vom 20.12.1996 beantragten und in jener vom 18.2.1997 urgierten Beweise überhaupt durchzuführen.

Der Beschuldigte ist sich völlig sicher, daß auf der gegenständlichen Geraden, auf welcher offensichtlich die Messung durchgeführt wurde, sich zuvor hinter dem von ihm gelenkten Fahrzeug eine Kolonne gebildet hatte, wobei bei Beginn dieser Geraden er von zwei bis drei PKWs überholt wurde, und zwangsläufig die Geschwindigkeitsmessung auch den Zeitraum umfaßte, als sich die überholenden PKWs wiederum kurz vor dem vom Beschuldigten gelenkten Kraftwagenzug eingereiht hatten.

Zum Nachweis dieses Umstandes, jenes, wonach offensichtlich ein Meßfehler aufgrund der überholenden bzw. überholen habenden Fahrzeuge sowie der nicht der Bedienungsanleitung entsprechenden Durchführung der Geschwindigkeitsmessung vorlag, und insbesondere auch des Umstandes, daß das von ihm gelenkte Fahrzeug aufgrund eines Geschwindigkeitsbegrenzers (dies im Zusammenhang mit der an der Meßstelle sich befindlichen Steigung) die von den Beamten ermittelten Werte gar nicht erreichen hätte können, was umso mehr einen Meßfehler indiziert, hat er eben die Einholung eines kfz-technischen Gutachtens und die Anfertigung einer maßstabgetreuen Skizze durch die beiden Beamten, wobei in jene das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug, die Positionen der überholenden bzw. wiedereingereihten Fahrzeuge und der Standort des Meßbeamten einzuzeichnen gewesen wären, beantragt.

Durch die Unterlassung der Durchführung dieser Beweise, wodurch dem Beschuldigten die einzige Chance genommen wurde, die Wahrheit seiner Angaben zu beweisen, ist das gegenständliche Verfahren und damit das darauf basierende Straferkenntnis mangelhaft.

Dies gilt auch für den Umstand, daß die in der Stellungnahme vom 18.2.1997 zusätzlich beantragten Beweise auf Beischaffung der Herstellerbedienungsanleitung und Einholung eines technischen Gutachtens zu den dort sich ersichtlichen Beweisthemen nicht durchgeführt wurden. In diesem Zusammenhang ist von besonderem Interesse, daß offensichtlich - ohne in die Bedienungsanleitung Einsicht genommen zu haben - die vom Zeugen Rev.Insp. W erfolgte Aussage, wonach vom Hersteller eine Geschwindigkeitsmessungsentfernung von 500m empfohlen würde, ungeprüft der Entscheidung zugrundegelegt wird, obwohl in den einschlägigen Publikationen eindeutig klargelegt wird, daß vom Hersteller eben nur eine Messung in einem Bereich von 20-400 m zugelassen ist.

Lediglich der Vollständigkeit halber darf noch festgehalten werden, daß selbst unter der Annahme der Richtigkeit der durchgeführten Messung das bei der Festlegung der Geschwindigkeit von den Höchstgerichten bereits seit Jahrzehnten festgelegte Fehlerkorrektiv von rd. 10 % (Tachometer-ungenauigkeit) nicht berücksichtigt wurde und somit die angefochtene Entscheidung auch in diesem Punkt mangelhaft ist.

Zusammenfassend ergibt sich also, daß dann, wenn die belangte Behörde die beantragten Beweise durchgeführt hätte, jene feststellen hätte müssen, daß der Beschuldigte die höchstzulässige Geschwindigkeit von 60 km/h zum hier interessierenden Zeitpunkt eingehalten hat und dementsprechend ein Meßfehler vorliegt; diese mit dem Ergebnis, daß das Verfahren gegen ihn einzustellen gewesen wäre. Die gegenteiligen und in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Feststellungen sind somit unrichtig.

zu lit.b): Den Ausführungen der belangten Behörde auf S.4 der angefochtenen Entscheidung, wonach es sich dabei, daß zum Vorfallszeitpunkt kein Schaublatt eingelegt war, um eine folgenschwere Sorglosigkeit handle, welche keinesfalls die Anwendung des § 21 VStG rechtfertigen würde, kann ebenfalls nicht gefolgt werden, und sind diese in rechtlicher Hinsicht unrichtig.

Hiebei ist davon auszugehen, daß - wie sich aus der vorgelegten Urkunde ergibt - der Beschuldigte bis 23.8.1996 auf Urlaub war und den Kraftwagenzug am letzten Tag seines Urlaubs am Freitag spätnachmittags übernommen hat, und zwar zu einem Zeitpunkt, als bei der Arbeitgeberin niemand mehr anwesend war.

Er hat schlichtweg einfach vergessen, ein solches Schaublatt einzulegen, bzw. hätte er dazu auch mangels Zugangs keine Möglichkeit gehabt, sodaß ihm - folgt man der Ansicht der belangten Behörde - den Kraftwagenzug, welchen er allerdings am nächsten Tag für eine Fahrt nach Deutschland benötigte, stehen hätte lassen müssen mit den entsprechenden arbeitsrechtlichen Konsequenzen.

Die einzige Folge aus diesem - wenn überhaupt - geringfügigen Verschulden ist jene, daß der Beschuldigte dadurch seinen Arbeitsplatz gesichert hat, worin darüberhinaus eine schwerwiegende Folge für die Allgemeinheit liegen soll, hat die belangte Behörde einerseits nicht dargetan und ist andererseits nicht zu ersehen. Dazu kommt noch, daß der Schutzzweck der einschlägigen Verordnung (siehe VO 3820/85) jener ist, den Arbeitnehmer vor überlangen Fahrten ohne Ruhepause zu bewahren, welcher im Hinblick auf die geschilderten Umstände im gegenständlichen Fall keine Anwendung finden kann.

Zusammenfassend ergibt sich zu diesem Punkt, daß gegenständlich gerade die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG gegeben sind ( siehe hiezu auch das von den einschreitenden Beamten selbst benutzte Formblatt, welches in derartigen Fällen gerade ein solches Vorgehen ermöglicht), sodaß die belangte Behörde auch diesbezüglich das Verfahren hätte einstellen müssen.

Unabhängig davon ist Letztere auch den bereits in der Stellungnahme vom 20.12.1996 (mit Wiederholung vom 18.2.1997) dazu gestellten Beweisanträgen auf Einholung einer Auskunft bei der Arbeitgeberin, wonach am 23.8.1996 niemand mehr Schaublätter aushändigen konnte und dementsprechend dem Beschuldigten das Einlegen des Schaublattes nicht möglich war, nicht nachgekommen, sodaß das Verfahren auch aus diesem Grund mangelhaft ist.

Aus allen diesen Gründen stellt der Beschuldigte nachstehende BERUFUNGSANTRÄGE:

1. der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle dieser Berufung Folge geben und die angefochtene Entscheidung allenfalls nach Durchführung der beantragten und offenen Beweise dahingehend abändern, daß das gegen den Beschuldigten behängende Verwaltungsstrafverfahren zur Gänze eingestellt wird; in eventu 2. den angefochtenen Bescheid aufheben und zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückverweisen; in eventu 3. die verhängten Geldstrafen auf das gesetzliche Mindestmaß herabsetzen und in jedem Falle eine mündliche Berufungsverhandlung anberaumen.

R, am 26. Mai 1997 G" 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigenden Geldstrafen verhängt worden sind, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Angesichts der substantiellen Tatsachenbestreitung wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach anläßlich der Berufungsverhandlung. Ferner wurden die beiden einschreitenden Gendarmeriebeamten, RevInsp. T und RevInsp. H, als Zeugen und der Berufungswerber als Beschuldigter vernommen. 5. Der Berufungswerber lenkte zur fraglichen Zeit einen voll beladenen LKW-Zug, Mercedes , von Linz auf der B 38 (Böhmerwaldbundesstraße) in Richtung Ö. Der Lastkraftwagen hat eine Leistung von 380 PS. Der Lkw war mit einem sogenannten Tempobegrenzer ausgerüstet. Bei dieser Fahrt fand sich im Kontrollgerät kein Schaublatt eingelegt. Dies wurde auf Grund der gerade erfolgten Rückkehr aus dem Urlaub bzw. am letzten Tag seines Urlaubes in den Abendstunden vom Berufungswerber anläßlich seiner Fahrzeugübernahme vergessen. Die Geschwindigkeitsmessung wurde von RevInsp. T vom Dienstkraftfahrzeug von Strkm 157,064 aus in Meßrichtung L ausgeführt. Dabei wurde das Meßergebnis im anfließenden Verkehr auf 450 m mit einer Meßgeschwindigkeit von 108 km/h (Fahrgeschwindigkeit 104 km/h) festgestellt. Zum Zeitpunkt der Messung herrschte Dunkelheit. Das gemessene Objekt war vorerst nicht als LKW erkennbar. Erst im Zuge des Fahrgeräusches im Zuge der Annäherung, etwa zehn bis fünfzehn Sekunden nach der Messung, erkannten die Gendarmeriebeamten, daß es sich beim (vermeintlich) mit 108 km/h gemessenen Fahrzeug um einen Lkw-Zug handelte. Der Zeuge H begab sich sodann aus dem Fahrzeug und hielt den Berufungswerber an. Der Berufungswerber kam folglich auf der Höhe der Gendarmeriebeamten zum Stillstand. Die B 38 verläuft in Fahrtrichtung des Berufungswerbers etwa 600 Meter vor dem Meßpunkt aus einer Kurve heraus in einer leichten Steigung. Es konnte im Zuge des Beweisverfahrens nicht gänzlich ausgeschlossen werden, ob sich zum Zeitpunkt der Messung noch andere (ein anderes) Fahrzeug(e) in der Anfahrt zum Meßpunkt befand(en).

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Angaben der Gendarmeriebeamten und des Berufungswerbers anläßlich der Berufungsverhandlung. Dabei legte der Berufungswerber durchaus glaubwürdig und letztlich auch technisch plausibel erscheinend dar, daß er auf der fraglichen Wegstrecke mit dem vollbeladenen Lkw-Zug (38 t) nicht eine Fahrgeschwindigkeit von über 100 km/h zu entwickeln vermocht hätte. Selbst wenn die Tatsache des eingebauten Tempobegrenzers kein Beweis zur Entkräftung einer per Lasermessung festgestellten Fahrgeschwindigkeit wäre, so ergibt sich hier noch ein weiterer logischer Aspekt, welcher gegen die Tatbegehung des Berufungswerbers zum Tragen kommt. Ginge man davon aus, daß der Anhalteentschluß bereits nach etwa zehn Sekunden erfolgte (vorher, so beide Meldungsleger übereinstimmend, sah man keinen Handlungsbedarf, weil eben auf einer Freilandstraße 100 km/h gefahren werden darf und man vorerst den Lkw nicht erkennen konnte), hätte sich der Lkw bereits auf unter 160 m dem Meßpunkt angenähert gehabt. Nun mußte der anhaltende Beamte noch aus dem Fahrzeug steigen und die Anhaltung durchführen, wobei der Berufungswerber exakt auf der Höhe des Meßpunktes zum Stillstand kam. Aus einer Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h heraus beträgt der Anhalteweg (bei 0,3 Sek. Bremsschwellzeit, einer Reaktionszeit von einer Sekunde u. einer Verzögerung von 3,5 m/sek/2) 142 m. Dies entspricht einem realistischen Wert einer Betriebsbremsung bei einem Lkw. Mit dieser Überlegung soll erhellt werden, daß unter Zugrundelegung der dem Berufungswerber vorgeworfenen Geschwindigkeit ein Anhalten am Meßort bei einem Zuwarten von bloß zehn Sekunden bis zum Anhalteentschluß durch die Gendarmeriebeamten "gerade noch" möglich gewesen wäre. Zugunsten des Beschuldigten muß jedoch von einem Anhalteentschluß erst nach fünfzehn Sekunden ausgegangen werden. Dies bedeutet, daß er in diesem Fall keinesfalls mehr am Anhalteort zum Stehen kommen hätte können. In Verbindung mit der technisch an sich schon schwer nachvollziehbaren Möglichkeit überhaupt so schnell zu fahren, kann hier von einem hinreichenden Beweis für einen Schuldspruch keinesfalls ausgegangen werden. Letztlich konnten auch die Meldungsleger nicht ausschließen, daß nicht doch auch ein anderes Fahrzeug den Lkw überholt gehabt haben könnte, welchem diese Messung zuzuordnen gewesen sein könnte. Der Verantwortung des Berufungswerbers mußte daher durchaus Glaubwürdigkeit und Relevanz zuerkannt werden. Als unzutreffend gilt es zu erwähnen, daß die zugelassene Meßdistanz nicht bloß 400 m, sondern sehr wohl 500 m beträgt (siehe Stellungnahmen des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen, 5. Juli 1995, Zl. E-40 766/95).

6. Rechtlich ergibt sich, daß bereits bei bloßem Zweifel an der Tatbegehung von der Fortführung eines Verwaltungsstrafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen ist (vgl. VwGH 12.3.1986, Zl. 86/83/0251; ZfVB 1991/3/1122).

Der § 21 VStG lautet: (1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Wie aus dem im Akt erliegenden Formblatt für Straßenkontrollen ersichtlich, ist es auch den Organen der Straßenaufsicht ins Ermessen gestellt, für das Fehlen eines Schaublattes eine Ermahnung zu erteilen. Wenngleich es zutrifft, daß in aller Regel das Fehlen des Schaublattes auf ein nicht mindergradiges Verschulden schließen läßt, so hat doch hier der Berufungswerber dargetan, daß im gegenständlichen Fall ein solches vorlag. Dabei war für diese Annahme ausschlaggebend, daß der Berufungswerber bereits achtzehn Jahre als Berufskraftfahrer tätig ist und dabei zwei Millionen Kilometer zurückgelegt hat und dabei noch nie straffällig wurde. Dies überzeugt dahingehend, daß sich der Berufungswerber in besonders vorbildhafter Weise bislang im Straßenverkehr bewährt hat. Es kann ihm daher dieses Versehen - was eben in Verbindung mit seiner Rückkehr aus dem Urlaub unterlaufen war - im Verschulden als geringfügig erachtet werden. Auch können in diesem Versehen keine "sonstigen nachteiligen Folgen" - erblickt werden. Das Vorgehen mit einer bloßen Ermahnung scheint in diesem Fall daher angemessen und genügt, um den Berufungswerber auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen und ihn künftighin von einer darartigen Nachlässigkeit abzuhalten. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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