Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310195/6/Le/La

Linz, 30.04.2001

VwSen-310195/6/Le/La Linz, am 30. April 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des F S, R 10, bei W, vertreten durch Dr. M S, pA W O, Bezirksstelle W, Dr.-K-Straße 4, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.9.2000, Zl. UR96-69-1999, wegen Übertretung des Oö. Abfallwirtschaftsgesetzes 1997 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 19.4.2001 zu Recht erkannt:
 

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatzeit auf den Zeitraum vom 30.9.1999 bis zum 3.2.2000 eingeschränkt wird.
Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Strafe wird aufgehoben und anstelle dessen eine Ermahnung ausgesprochen.
 
II. Es entfallen die Kostenbeiträge für das erstinstanzliche Verfahren und für das Berufungsverfahren.
 
Rechtsgrundlage:
Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF, iVm §§ 24, 21, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.
Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
Zu I.:
 
1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 29.9.2000 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber wegen Übertretung des § 43 Abs.1 Z1 lit.a iVm § 4 Oö. Abfallwirtschaftsgesetz 1997 (im Folgenden kurz: Oö. AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 10.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 48 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.
 
Im Einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe in der Zeit vom 30.9.1999 bis zumindest 20.6.2000 auf näher bezeichneten Grundstücken zu Beginn des Lagerungszeitraumes ca. 5 m³ Asphaltfräsgut und am 20.6.2000 eine verringerte Menge von noch ca. 2 m³ desselben Gutes in Form einer kegeligen Aufschüttung auf unbefestigtem Untergrund im Freien vor Witterungseinflüssen ungeschützt gelagert und sohin Abfälle entgegen den allgemeinen Grundsätzen des § 4 gelagert, sodass dadurch insbesondere die Umwelt (Boden, Wasser) über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wurden.
 
2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 18.10.2000, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu das Strafausmaß erheblich zu reduzieren.
Zur Begründung führte der Berufungswerber aus, dass die angegebene Menge von 5  m³ nicht richtig sei. Es hätte sich lediglich um einige Scheibtruhen-Ladungen gehandelt.
Das Material würde für die Befestigung von Plätzen und Zufahrtswegen im Rahmen des Firmenareals verwendet. Der Berufungswerber wäre insofern nach bestem Wissen und Gewissen vorgegangen, nachdem auch im Zuge der Asphaltierung von Straßen und Wegen derartige Reste auf dem jeweiligen Straßenbankett gelagert und erst zu einem späteren Zeitpunkt entsorgt würden. Eine solche Lagerung sei auch im Zuge von Asphaltierungsarbeiten an der vorbeiführenden Bezirksstraße nach Steinhaus geschehen.
Eine Verunreinigung der Umwelt sei nicht eingetreten und würden auch die Gutachten der beigezogenen Amtssachverständigen lediglich von einer abstrakten möglichen Umweltgefährdung ausgehen.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zu Grunde liegenden Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.
 
3.1. Zur vollständigen Klärung der Sachlage hat der Unabhängige Verwaltungssenat am 19.4.2001 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, an der der Berufungswerber mit seinem Rechtsvertreter sowie eine Vertreterin der Erstbehörde teilnahmen.
 
3.2. Bei dieser Berufungsverhandlung gab der Berufungswerber an, dass er dieses Asphaltfräsgut von der S gekauft hätte, um Ausbesserungsarbeiten auf dem eigenen Grundstück durchzuführen. Am Firmenareal, das von der Fa. S benutzt werde, sollte der beschädigte Asphalt ausgebessert werden. Diese Beschädigungen würden dadurch entstehen, dass LKW´s auf engem Raum umkehren. Zur Ausbesserung dieser Beschädigungen würde sich Asphaltbruch am Besten eignen.
 
Der Berufungswerber bestritt nach Vorhalt der aufgenommenen Fotos und des Gutachtens des Amtssachverständigen H H nicht, dass dieses Asphaltfräsgut auf unbefestigtem Boden gelagert wurde, er wies jedoch darauf hin, dass diese Fläche zuvor verdichtet und zur Abstellung von Lastwagen verwendet wurde.
Hinsichtlich der Lagerung in nicht abgedecktem Zustand habe er sich nichts gedacht, zumal auch in unmittelbarer Nähe auf öffentlichem Gut ein Haufen Asphaltbruch der Straßenverwaltung der Landesregierung dort liege, ohne dass dagegen irgendjemand etwas unternehme. Er habe das Material sukzessiv verarbeitet, woraus sich auch die Verringerung der vorgefundenen Lagermenge im angelasteten Tatzeitraum ergebe.
 
4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
 
4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.
Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oö. Verwaltungssenates.
Dieser hatte, da eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG).
 
4.2. Nach § 2 Abs.1 Oö. AWG sind Abfälle im Sinne dieses Landesgesetzes bewegliche Sachen
1. deren sich der Eigentümer oder Inhaber entledigen will oder entledigt hat, oder
2. deren geordnete Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse (§§ 3 und 4) geboten ist.
Die geordnete Sammlung (Erfassung) sowie Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann geboten sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.
 
§ 4 Oö. AWG legt die allgemeinen Grundsätze fest:
Demnach sind unter Beachtung der Ziele des § 3 Abfälle nach Maßgabe des jeweiligen Standes der Technik so zu lagern, zu sammeln und abzuführen, zu befördern oder zu behandeln, dass insbesondere
3. die Umwelt (Boden, Luft und Wasser) über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt wird ...
 
Der Amtssachverständige für Umweltschutz hat bei seinem Lokalaugenschein am 30.9.1999 auf den Grundstücken des Berufungswerbers unter anderem ca. 5 m³ Asphaltfräsgut vorgefunden, welches auf unbefestigtem Boden lagerte und nicht abgedeckt war. Er lehnte aus fachlicher Sicht diese Form der Aufschüttung von Asphaltfräsgut ab, da eine Verunreinigung von Boden und Grundwasser nicht auszuschließen ist. Insbesondere bei Auftreten von Niederschlägen sei mit belasteten Sickerwässern zu rechnen, die punktförmig in den Untergrund einsickern können.
 
Der Berufungswerber gab dagegen an, dass er dieses Asphaltfräsgut von einer Straßenbaufirma gekauft hätte, um damit Löcher in der Asphaltdecke des gegenüberliegenden Grundstückes auszubessern, da durch die dort rangierenden LKW´s immer wieder Löcher in den Asphalt gerissen würden.
Er verneinte somit die Abfalleigenschaft.
 
4.3. Aus der Verantwortung des Berufungswerbers steht fest, dass er sich dieses Asphaltfräsgutes nicht entledigen wollte, sodass die subjektive Abfalleigenschaft im Sinne des § 2 Abs.1 Z1 Oö. AWG nicht erfüllt ist.
 
Unabhängig vom Wert einer beweglichen Sache kann diese jedoch Abfall im objektiven Sinn werden (§ 2 Abs.1 Z2 Oö. AWG), wenn ihre geordnete Erfassung als Abfall geboten ist, um die öffentlichen Interessen zu schützen.
Dieser Anwendungsfall ist bei der gegenständlichen Lagerung von Asphaltfräsgut gegeben:
Bitumen und Asphalt sind nach der ÖNORM S 2100, Ausgabe 1.9.1997, als Abfälle der Schlüsselnummer 54912 anzusehen. Derartige Abfälle müssen entweder abgedeckt oder überdacht gelagert werden oder müssen die entstehenden belasteten Niederschlagswässer gesammelt werden. Asphalt enthält Kohlenwasserstoffe und ist damit grundsätzlich geeignet, vor allem Boden und Grundwasser zu schädigen. Durch die Zerkleinerung des Asphaltes bei der Fräsung wird die Oberfläche des Gutes massiv vergrößert und können daher um ein Vielfaches mehr an derartigen schädlichen Kohlenwasserstoffen ausgewaschen werden als dann, wenn der Asphalt als Straßenbelag ordnungsgemäß verlegt ist. In diesem Fall ist der Asphalt verdichtet und hat nur eine kleine Oberfläche, sodass Auswaschungen nur in sehr geringem Ausmaß möglich sind.
 
Der vom Amtssachverständigen vorgefundene Haufen von Asphaltfräsgut stellte auf Grund seiner Lagerung auf unbefestigtem Grund und nicht abgedeckt Abfall im objektiven Sinn dar, weshalb der angelastete Tatbestand in objektiver Hinsicht verwirklicht ist.
Daran ändert der Hinweis des Berufungswerbers, der Boden sei verdichtet gewesen, nichts, weil durch das bloße Verdichten die Oberfläche nicht versiegelt wird und daher weiterhin Wässer in den Untergrund gelangen können.
 
4.4. Hinsichtlich des Verschuldens bestimmt § 5 Abs.1 VStG, dass dann, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
 
Diese gesetzliche Schuldvermutung trifft sohin bei den sogenannten "Ungehorsamsdelikten" zu. Bei den Ungehorsamsdelikten - die die meisten Verwaltungsdelikte darstellen - besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Bereits die Nichtbefolgung eines gesetzlichen Gebotes oder Verbotes genügt zur Strafbarkeit; ein (schädlicher) Erfolg muss dabei nicht eingetreten sein.
 
Im vorliegenden Fall ist es dem Berufungswerber nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der angelasteten Vorschrift (die ein solches Ungehorsamsdelikt darstellt) kein Verschulden trifft, weshalb Verschulden in der Form der Fahrlässigkeit anzunehmen ist.
 
Allerdings ist das Verschulden des Berufungswerbers in diesem Fall geringfügig; da auch die Folgen der Übertretung auf Grund der relativ geringen Menge von Asphaltfräsgut höchstwahrscheinlich unbedeutend sind, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Ansicht gelangt, dass in diesem Fall die Bestimmung des § 21 VStG anwendbar ist.
Aus diesem Grund konnte daher die verhängte Strafe aufgehoben werden.
Um den Berufungswerber auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens aufmerksam zu machen und ihn von weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten, erschien es jedoch erforderlich, eine Ermahnung auszusprechen.
 
4.5. Die Einschränkung des Tatzeitraumes erfolgte deshalb, da in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter die Zeit vom 30.9.1999 bis zum 3.2.2000 vorgeworfen worden war. In keinem weiteren Schriftsatz wurde der angelastete Tatzeitraum verlängert, weshalb dies mit dem angefochtenen Straferkenntnis nicht mehr getan werden konnte. Es war daher der Tatzeitraum auf den Zeitraum zu beschränken, der mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 3.2.2000 angelastet worden war.
 
 
Zu II.:
 
Da die verhängte Strafe aufgehoben wurde, war auch der Ausspruch der Verfahrenskosten, die mit 10 % der verhängten Strafe bemessen wurden, aufzuheben.
Da der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde, waren dem Berufungswerber auch keine Kosten des Berufungsverfahrens anzulasten.
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
 

Dr. L e i t g e b
 
 
 

Beschlagwortung: Asphaltfräsgut; Abfall im objektiven Sinn