Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390090/14/Tau/Rd

Linz, 17.04.2001

VwSen-390090/14/Tau/Rd Linz, am 17. April 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des R, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11.1.2000, GZ 101-6/3-330089906, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Zivildienstgesetz 1986 nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 6.4.2001 zu Recht erkannt:
 

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2.  

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.
 
 
Rechtsgrundlagen:
Zu I.: § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG
Zu II.: § 66 Abs.1 VStG
 
 
Entscheidungsgründe:
 
 
1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 11.1.2000, GZ 101-6/3-330089906, wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 3.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 65 iVm § 22 Abs.4 Zivildienstgesetz verhängt, weil er sich im Rahmen des ordentlichen Zivildienstes bei der Einrichtung Samariterbund Gruppe Linz, einer Dienstpflichtverletzung in der Form schuldig gemacht habe, dass er ihm zugeteilte Arbeiten nur mehr nach mehrmaliger Aufforderung und laufender Nachkontrolle nachgekommen sei, wobei er wiederholt im Aufenthaltsraum beim Fernsehen oder beim Schlafen aufgefunden worden sei. So habe er am 7.9.1998 dreimal, am 8.9.1998 zweimal und am 9.9.1998 dreimal - belegt durch Zeugen - aufgeweckt werden müssen. Er habe sich durch dieses Verhalten nicht in die Gemeinschaft eingefügt.
Außerdem wurde der Bw gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 300 S (10% der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
 
2. Dagegen wurde durch den ausgewiesenen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser die Aufhebung des Bescheides und die Einstellung des Strafverfahrens, in eventu Milderung der Strafe oder Strafnachsicht beantragt. In der Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Begründung eines Straferkenntnisses erkennen lassen müsse, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt worden sei, sowie aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt sei, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet habe. Aus der Begründung des von der Verwaltungsbehörde erster Instanz als erwiesen angenommenen Sachverhaltes lasse sich nicht entnehmen, aufgrund welcher Umstände ausschließlich den Ausführungen der den Bw belastenden Zeugen Glauben geschenkt und diese den Feststellungen zu Grunde gelegt worden seien. Die Angaben der Zeugen E und R, seien in keiner Weise gewürdigt worden. Diese Zeugen hätten übereinstimmend angegeben, dass es während der Stehzeiten üblich gewesen sei, die Zeit individuell zu verbringen. Weiters sei von der Erstbehörde in keiner Weise festgestellt worden, von wem der Bw am 7.9.1998, 8.9.1998 und 9.9.1998 geweckt werden musste. Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens und die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen seien nicht klar und übersichtlich zusammengefasst worden, somit liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor.
Im Übrigen sei die Strafe zu hoch bemessen, da der Bw derzeit kein Einkommen beziehe. Es könne nicht nachvollzogen werden, inwieweit mit der dem Bw vorgeworfenen Tat eine Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, gegeben sei.
 
3. Der Magistrat Linz als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt und keine Stellungnahme abgegeben.
Weil eine 10.000 S nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war zur Entscheidung das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zuständig (§ 51c erster Satz VStG).
 
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt, insbesondere in das Beweisergebnis im Verfahren erster Instanz, das dem Bw zur Kenntnis gebracht wurde, sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 6.4.2001, zu der die Verfahrensparteien geladen wurden. An der Verhandlung hat der Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen. Weiters wurden N und S vom Arbeiter-Samariter-Bund Gruppe Linz, sowie F und J als Zeugen geladen und einvernommen. (Mit Zustimmung der Partei gelten die Aussagen der Zeugen E und R als verlesen).
 
Es wird daher folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen angenommen:
 
Der Bw war vom 1.6.1998 bis 31.5.1999 dem Arbeiter-Samariter-Bund Gruppe Linz zur Ableistung des Zivildienstes zugewiesen und wurde ab 5.8.1998 trotz positiv absolvierter Sanitätsgrundeinschulung für den internen Dienst eingeteilt, wobei er diverse Reinigungsdienste sowie Hilfstätigkeiten in der Verwaltung in der festgelegten Dienstzeit, welche aus dem Dienstplan ersichtlich war, zu verrichten hatte. Die Pausen konnten individuell gestaltet werden. Nach Verrichtung der zugeteilten Aufgaben hatte sich der Bw, je nachdem wo er zugeteilt war, bei der vorgesetzten Person zurückzumelden. Diese teilte dann weitere Aufgaben zu. Der Bw ist den ihm zugeteilten Aufgaben oftmals nur nach mehrmaliger Aufforderung und laufender Nachkontrolle nachgekommen. Anstatt sich nach Erledigung des Auftrages zurückzumelden, wurde der Bw während der Dienstzeiten von den Zeugen F und S mehrmals schlafend angetroffen und aufgeweckt, weshalb er auch mündlich verwarnt wurde. Insbesondere am 7.9., 8.9. und 9.9.1998 musste der Bw während der Dienstzeiten von den beiden Zeugen geweckt werden, weshalb dem Bw eine schriftliche Verwarnung erteilt und Anzeige erstattet wurde.
Dieses Ergebnis stützt sich auf die übereinstimmenden Aussagen der einvernommenen Zeugen F und S, die glaubwürdig und widerspruchsfrei ihre Angaben darlegten.
Die anderen einvernommenen Zeugen konnten den Bw nicht entlasten, da sie lediglich allgemeine Aussagen über das Verhalten und die Art und Weise der Dienstverrichtung des Bw im Rahmen seiner Dienstpflicht beim ASB treffen konnten, jedoch keine Angaben hinsichtlich der vorgeworfenen Tat, insbesondere zum konkreten Tatvorwurf und zum konkreten Tatzeitpunkt, möglich waren.
 

  1. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
  2.  

Gemäß § 22 Abs.2 Zivildienstgesetz 1986 hat der Zivildienstleistende die ihm von der Einrichtung im Rahmen des Zuweisungsbescheides aufgetragene Dienstleistung gewissenhaft zu verrichten und die dienstlichen Weisungen seiner Vorgesetzten  (§ 38 Abs. 5) pünktlich und genau zu befolgen. Er darf die Befolgung einer Weisung nur dann ablehnen, wenn die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wurde oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
 
Gemäß § 22 Abs.4 Zivildienstgesetz 1986 hat sich der Zivildienstleistende in die Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistung erbringt, einzufügen und darf durch sein Verhalten das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten nicht gefährden.
 
Gemäß § 65 Zivildienstgesetz 1986 begeht ein Zivildienstleistender, der eine in § 22 festgelegte Dienstpflicht verletzt, eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 5.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
 
Der festgestellte Sachverhalt ist nicht geeignet, das Tatbild des § 22 Abs.4 ZivildienstG zu erfüllen, welches verlangt, dass sich ein Zivildiener durch sein gesetztes Verhalten innerhalb der Gemeinschaft, in der er seine Dienstleistungen erbringt, nicht einfügt, sowie das friedliche Zusammenleben mit anderen Beschäftigten gefährdet. Aus dem Umstand, dass der Bw an bestimmten Tagen während der Dienstzeiten aufgeweckt werden musste, um seine Arbeit zu verrichten, ist dies nicht zu schließen. Die von der Erstbehörde vorgenommene Subsumtion des Sachverhaltes unter den Tatbestand des § 22 Abs.4 ZivildienstG ist somit unzutreffend. Vielmehr haben die zeugenschaftlich einvernommenen Kollegen des Beschuldigten angegeben, dass er ruhig - nicht aggressiv - war und es keine Schwierigkeiten mit ihm gegeben habe.
 
Gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen, da der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat.
 
Überdies war zu prüfen, ob der vorgeworfene Sachverhalt einen Verstoß gegen die Bestimmung des § 22 Abs.2 ZivildienstG darstellt.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Weisung iSd § 22 Abs.2 ZivildienstG ein Befehl, der dazu dient, um eine dem Zivildienst entsprechende Dienstleistung des Zivildienstpflichtigen zu erwirken. Eine Weisung kann sich auf alle für die ordnungsgemäße Erfüllung des Zivildienstes notwendigen Maßnahmen beziehen. Sie ist mündlich oder schriftlich, jedenfalls so deutlich zu erteilen, dass vom Zivildienstleistenden ein bestimmtes Verhalten verlangt wird (VwGH 23.4.1991, Zl 90/11/0185).
 
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass es im Bescheidspruch der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und zur Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzten Verwaltungsvorschriften erforderlich sind, bedarf (VwGH 12.9.1986, Zl 85/18/0107).
 
Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dagegen lediglich ausgeführt, dass der Berufungswerber nur mehr nach mehrmaliger Aufforderung und laufender Nachkontrolle seinen ihm zugeteilten Arbeiten nachgekommen sei, wiederholt beim Fernsehen oder beim Schlafen aufgefunden worden sei und am 7.9.1998 dreimal, am 8.9.1998 zweimal und am 9.9.1998 dreimal aufgeweckt werden musste.
 
Das dem Bw angelastete Verhalten erweist sich für eine Bestrafung nach § 22 Abs.2 ZDG im Hinblick auf die Anforderungen des § 44a Z1 VStG und der hiezu ergangenen Judikatur als nicht ausreichend bestimmt.
Das dem Bw vorgeworfene Verhalten impliziert zwar, dass er eine Weisung eines Vorgesetzten, sich nach Verrichtung der zugeteilten Arbeiten zurückzumelden, nicht befolgt hat. Es wäre jedoch erforderlich gewesen, im Tatvorwurf zu konkretisieren, welche Weisung von welchem Vorgesetzten zu welchem Zeitpunkt erteilt wurde, um eine Überprüfung zu ermöglichen, ob der Bw diese dienstlichen Weisungen pünktlich und genau gemäß § 22 Abs.2 ZivildienstG befolgt hat.
 
Gemäß § 31 Abs.1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Die Verjährungsfrist beträgt im vorliegenden Fall gemäß § 31 Abs.2 VStG sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat oder die strafbare Tätigkeit abgeschlossen wurde.
Bei der Umschreibung der für eine Verfolgungshandlung wesentlichen Kriterien wird auf eine bestimmte Person als Beschuldigten abgestellt, dem eine konkrete strafbare Handlung oder Unterlassung angelastet wird, sodass sich die Verfolgungshandlung auf eine bestimmte Tatzeit, den ausreichend konkretisierten Tatort und sämtliche Tatbestandselemente der durch die Tat verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinn des § 44a Z2 VStG beziehen muss (VwGH 16.1.1987, Zl 86/18/0073).
 
Innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 31 Abs.2 VStG wurden von der Behörde erster Instanz zwar Verfolgungshandlungen gesetzt, die jedoch die für die Erfüllung einer Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs.2 ZivildienstG erforderlichen Tatbestandsmerkmale nicht konkret umfasst haben.
Es liegen somit hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung nach § 22 Abs.2 ZivildienstG Umstände vor, die die Verfolgung ausschließen und eine Einstellung des Strafverfahrens nach § 45 Abs.1 Z3 VStG zur Folge haben.
 
6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge (§ 66 Abs.1 VStG).
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung:
Einfügen in die Gemeinschaft, konkrete Umschreibung, keine Missachtung einer Weisung
 
 
 

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