Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400004/2 1991/Gu/Ka

Linz, 12.02.1991

VwSen - 400004/2- 1991/Gu/Ka Linz, am 12. Februar 1991

DVR.0690392


B e s c h e i d

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Einzelmitglied W.Hofrat Dr. Hans Guschlbauer in der Beschwerdesache des A, geb. 23. April 1942, türkischer Staatsangehöriger, derzeit KG. Gefangenenhaus Ried, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W. wegen der am 4. Februar 1991 durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. erfolgten Festnahme und Anhaltung in Schubhaft gemäß § 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch Bundesgesetz BGBl.Nr.21/1991, in Verbindung mit § 67c Abs.3 AVG zu Recht:

Der Beschwerdeantrag des Inhaltes, der O.ö. Verwaltungssenat wolle den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/I., Sich 07-962-1991/Stö, vom 4. Februar 1991 wegen Rechtswidrigkeit aufheben, wird infolge Unzuständigkeit zurückgewiesen.

Darüber hinaus wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hat mit Bescheid vom 4. Februar 1991, Sich 07-961-1991/Stö, die vorläufige Verwahrung des Beschwerdeführers zur Sicherung der Abschiebung angeordnet und die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung aberkannt. Aufgrund dieses Bescheides welcher dem Vertreter des Beschwerdeführers am 4. Februar 1991 nachweisbar zugestellt wurde, erfolgte durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. am 4. Februar 1991 die Festnahme des Beschwerdeführers und dessen anschließende Einlieferung um 17.15 Uhr in das KG. Gefangenenhaus Ried, worin sich der Beschwerdeführer noch befindet. Der zugrundeliegende Bescheid stützt sich darauf, daß gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für Österreich besteht und er sich dem gegenüber trotz des am 31. Dezember 1990 abgelaufenen Vollstreckungsaufschubes rechtswidrig im Bundesgebiet aufhalte. Er habe der Aufforderung der Behörde zur Ausreise nicht Folge geleistet und gegen die Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetzes verstoßen.

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit, sei es dringend erforderlich, ihn zwangsweise in den Heimatstaat abzuschieben. Die Verhängung der vorläufigen Verwahrung diene somit einerseits zur Abwendung eines neuerlichen strafbaren Verhaltens und andererseits zur Durchsetzung eines rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes. Wie im Verfahren zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes dokumentiert, laufe sein weiterer Aufenthalt im Inland öffentlichen Interessen zuwider. Die aufschiebende Wirkung einer möglichen Berufung sei abzuerkennen gewesen, da im Hinblick auf den Sachverhalt zu befürchten sei, daß der Beschwerdeführer neuerlich straffällig werde (z.B. unerlaubter Aufenthalt). Deshalb sei die Vollstreckung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dringend geboten.

In der von seinem Rechtsanwalt verfaßten Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, daß es richtig sei, daß ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot für das Gebiet der Republik Österreich auf unbestimmte Zeit vorliege; über seinen Antrag sein ihm jedoch einen Vollstreckungsaufschub bis 31. Dezember 1990 gewährt worden. Der Beschwerdeführer habe mit Eingabe vom 29. Jänner 1991 einen weiteren Antrag auf Vollstreckungsaufschub bei der belangten Behörde eingebracht; dessen ungeachtet habe die belangte Behörde die Schubhaft verhängt. Dadurch sei der Beschwerdeführer ihm gesetzlich gewährleisteten Recht, entgegen den Bestimmungen der §§ 5 und 5a des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. 75/1954, zuletzt geändert durch Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Nr. 21/1991 im folgenden kurz Fremdenpolizeigesetz (FrPG) genannt, nicht verhaftet und in Schubhaft genommen zu werden, verletzt worden. Sein Weiterverbleib sei keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, dies insbesondere, da ersich nach seiner strafgerichtlichen Verurteilung wohlverhalten habe. Er habe besondere familiäre Anknüpfungspunkte und wolle sich der Vollstreckung der Aufenthaltsverbotes nicht durch die Flucht entziehen. Er stünde in Arbeit und sei jederzeit erreichbar. Darüber hinaus habe er trotz abschlägiger Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ein Nachsichtsansuchen zur Aufhebung des Aufenthaltsverbotes an den Bundesminister für Inneres eingebracht. Darüber hinaus herrsche in seiner Heimat Kriegsgefahr und sei die Abschiebung derzeit nicht oportun. Mit Rücksicht auf den in Österreich lebende Familie lägen Billigkeitsgründe vor, die einen weiteren Vollstreckungsaufschub rechtfertigen würden. Nachdem er sich nur mehr in Österreich aufhalte, um seinen Antrag auf weiteren Vollstreckungsaufschub zur verfolgen, habe er darauf vertraut, daß eine Entscheidung darüber ergehen würde, bevor die Schubhaft angeordnet werde. Aus Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften beantragt der Beschwerdeführer beim unabhängigen Verwaltungssenat für Oberösterreich die Aufhebung des Schubhaftbescheides der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. und den Ausspruch, daß die Festnahme (Vehaftung) und die Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig sei.

Aufgrund des klaren aktenkundigen Sachverhaltes, der eine mündliche Verhandlung entbehrlich macht (§ 5a Abs. 6 FrPG) steht fest:

Der Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers liegt ein vollstreckbarer Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 4. Februar 1991, Sich 07-961-1991/Stö zugrunde. Dieser Bescheid erging zur Sicherung der Abschiebung nachdem der Fremde trotz rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes das Bundesgebiet nicht verlassen hat. Die vorläufige Verwahrung dient somit der Abwendung eines neuerlichen strafbaren Verhaltens und der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes. Das Aufenthaltsverbot der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. hielt im Instanzenzug der Überprüfung durch die Sicherheitsdirektion für Oberösterreich und darüberhinaus einer Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof stand (Erkenntnis vom 24. September 1990, Zl.90/19/0284-6). Demzufolge steht die Dringlichkeit fest, daß der Beschwerdeführer infolge schwerer Straftaten in Österreich eine Gefahr für die öffentliche Ruheordnung und Sicherheit darstellt, welche selbst in Würdigung seines sozialen Umfeldes und seiner schuldlosen Familie die Entfernung aus dem Bundesgebiet als dringend notwendig erscheinen lassen. Dem Beschwerdeführer wurde, um das Verwaltungsgerichtshofverfahren abzuwarte, nach § 6 Abs. 1 FrPG von der belangten Behörde eine Einreisebewilligung vom 20. Juli 1990 bis 12. August 1990 erteilt. Darüber hinaus hat die belangte Behörde über weiteren Antrag vom 24. Oktober 1990 die Frist für die Ausreise zur Vorbereitung der Ausreise und Feier des Weihnachtsfestes bis 31. Dezember 1990 erstreckt (Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried/I. vom 12. Dezember 1990, Sich 07-961-1990). Diese Frist für eine Ausreise auf freiem Fuß, wurde vom Beschwerdeführer nicht genutzt. Um den unabänderlich gewordenen Bescheid über das Aufenthaltsverbot zu entgehen hat der Beschwerdeführer am 25. Oktober 1990 ein Nachsichtsansuchen vom Aufenthaltsverbot an den Bundesminister für Inneres gerichtet. Ferner hat er anläßlich der Gewährung des Parteigehörs vor Erlassung des Schubhaftbescheides im Schriftsatz vom 29. Jänner 1991 ein neuerliches Fristerstreckungsansuchen, lautend auf 31. Mai 1991, bei der belangten Behörde eingebracht und hiebei neben den Wiederholungen betreffend die Familiensituation auf die erhöhte Kriegsgefahr in seiner Heimat hingewiesen.

Bei der Prüfung des Beschwerdeinhaltes anhand des aktenkundigen und im übrigen auch vom Beschwerdeführer in seinen Ausführungen nicht bestrittenen Sachverhaltes, hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Mit Einführung des § 5a im Fremdenpolizeigesetz wurde der administrative Instanzenzug nicht abgeschafft. Insoferne ist der unabhängige Verwaltungssenat für eine Anfechtung von Bescheiden (außer in Verwaltungsstrafsachen) in Fremdenpolizeiangelegenheiten so auch bei der Anordnung der Schubhaft nicht zuständig. Das Begehren in einem Verfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat kann lediglich auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme oder Anhaltung gerichtet werden. (§ 5a Abs. 1 FRPG in Verbindung mit § 67c Abs. 3 erster Halbsatz AVG).

Die Prüfung durch den unabhängigen Verwaltungssenat erstreckt sich darauf, ob ein vollstreckbarer Bescheid mit dem die Schubhaft angeordnet wird, vorliegt und ob dessen Inhalt auch plausibel erscheint.

Zweifellos hat die belangte Behörde die vorläufige Verwahrung bescheidmäßig angeordnet und einer allfälligen Berufung im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzuge die aufschiebende Wirkung aberkannt.Der Bescheid war daher nach Zustellung sofort vollstreckbar. Bei der Plausibilitätsprüfung des Bescheidinhaltes trat zutage, daß der belangten Behörde weder ein Widerspruch in den Denkgesetzen noch ein offensichtlicher Rechtsirrtum unterlaufen ist, wenn sie davon ausging, daß das Aufenthaltsverbot, welches allen Instanzen stand hielt, beim Beschwerdeführer auch vollstreckt werden soll, zumal die Möglichkeit der Ausreise auf freiem Fuß nicht genutzt worden ist und ein unerlaubter Aufenthalt vorliegt (siehe auch § 5 FrPG letzter Anknüpfungspunkt).

Weitere Anträge auf Nachsicht vom Aufenthaltsverbot oder auf weiteren Vollstreckungsaufschub begründen nach der Gesetzeslage keine Hemmung in der Vollstreckbarkeit des erlassenen Schubhaftbescheides. Im gegenständlichen Fall ist gegenüber der im § 6 Abs. 2 FrPG erwähnten Billigkeit, das dringende öffentliche Interesse an der Abschiebung im Verfahren zum Aufenthalsverbot ausreichend dokumentiert. Weiters vermag auch der Hinweis auf eine mögliche Kriegsgefahr im Heimatstaat des Fremden nichts zu ändern. Der Beschwerdeführer, der zur Gewaltfreiheit kein ungetrübtes Verhältnis besitzt, ist nach dem Verlassen des Bundesgebietes nicht gehalten, sich in einem bestimmten Gebiet aufzuhalten. Behauptungen, daß er einer besonderen Gefahr aus Gründen, die in seiner Person gelegen sind (etwa in die Richtung des § 13 a Abs. 2 FrPG) ausgesetzt werde, liegen nicht vor und sind auch nicht evident.

Gemäß Artikel 2 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes zum Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr.684/1988, darf die persönliche Freiheit einem Menschen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden, wenn dies u.a. notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

Die belangte Behörde hat den vom Fremdenpolizeigesetz geforderten individuellen Verwaltungsakt gesetzt, um die Rechtsgrundlage zur Durchsetzung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotes und zur Abwendung eines neuerlichen strafbaren Verhaltens, das allein schon im unerlaubten Aufenthalt gelegen ist, zu schaffen. Durch den tatsächlichen Vollzug des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführer daher in seinen Rechten nicht verletzt und war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Der Vizepräsident:

Dr. Guschlbauer

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