Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-400184/4/Gf/Hm

Linz, 25.02.1993

VwSen-400184/4/Gf/Hm Linz, am 25. Februar 1993

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des J, dzt. Polizeigefangenenhaus Linz, vertreten durch RA Dr. G wegen Anhaltung in Schubhaft durch die Bundespolizeidirektion Linz zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 52 Abs.2 iVm § 52 Abs.4 des Fremdengesetzes und iVm § 67c Abs.3 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs.4 des Fremdengesetzes wird festgestellt, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Der Beschwerdeführer ist gemäß § 79a AVG verpflichtet, der belangten Behörde die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten in Höhe von 2.023,34 S binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

1. Der vorliegenden Beschwerde liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Der am 22. März 1975 geborene Beschwerdeführer, ein vermutlich liberianischer Staatsangehöriger, ist am 20. Dezember 1992 von Prag aus kommend unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist.

1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14. Jänner 1993, Zl. 9300168-BAL, wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen und gleichzeitig die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

1.3. Mit dem dem Beschwerdeführer durch unmittelbare persönliche Aushändigung zugestellten Mandatsbescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14. Jänner 1993, Zl. Fr-81771, wurde über diesen die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeigefangenenhaus Linz sofort vollzogen.

1.4. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 27. Jänner 1993, Zl. Fr-81771, wurde über den Beschwerdeführer ein auf fünf Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen und gleichzeitig die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung ausgeschlossen.

1.5. Am 19. Februar 1992 hat der Beschwerdeführer beim unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich die gegenständliche "Schubhaftbeschwerde gemäß § 5a Fremdenpolizeigesetz" erhoben.

2.1. Im oben unter 1.3. angeführten Schubhaftbescheid führt die belangte Behörde begründend aus, daß die Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers nicht geklärt und dieser zudem völlig mittellos sei sowie über keinen festen Wohnsitz im Bundesgebiet verfüge, sodaß zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes bzw. einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft zu verhängen gewesen sei.

2.2. Dagegen bringt der Beschwerdeführer (nur) vor, daß er minderjährig sei und daher an ihn persönlich übergebene Bescheide keinerlei Rechtswirkungen entfalten könnten; der Schubhaftbescheid hätte vielmehr an seinen gesetzlichen Vertreter, der "sicher nicht vom Jugendwohlfahrtsträger repräsentiert" werde, zugestellt werden müssen.

Aus diesen Gründen wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft beantragt.

2.3. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu Zl. Fr-81771; da aus diesem der Sachverhalt in Verbindung mit dem Beschwerdevorbringen hinreichend geklärt erschien, konnte gemäß § 52 Abs. 2 Z1 des Fremdengesetzes, BGBl.Nr. 838/1992 (im folgenden: FrG), von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

4. In der Sache selbst hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

4.1.1. Nach § 51 Abs. 1 FrG hat derjenige, der unter Berufung auf das FrG angehalten wird, das Recht, den unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides oder der Anhaltung anzurufen.

Der Anhaltung des Beschwerdeführers liegt ein gemäß § 41 Abs. 2 FrG - wonach die Schubhaft mit Mandatsbescheid gemäß § 57 AVG anzuordnen ist - erlassener Bescheid zugrunde. Da sich die im Zeitpunkt der Entscheidung des Oö. Verwaltungssenates noch andauernde Anhaltung des Beschwerdeführers damit offensichtlich auf das FrG stützt und auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen erfüllt sind, ist die vorliegende Beschwerde somit trotz ihrer unzutreffenden Berufung auf § 5a des am 1. Jänner 1993 außer Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes (vgl. § 86 Abs. 3 FrG) zulässig.

4.1.2. Im Falle einer noch andauernden Anhaltung hat der unabhängige Verwaltungssenat gemäß § 52 Abs. 4 FrG jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; im übrigen hat er im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu entscheiden.

4.2.1. Dem - alleinigen - Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Anhaltung in Schubhaft erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil der dieser zugrundeliegende Schubhaftbescheid nicht ihm persönlich, sondern seinem gesetzlichen Vertreter hätte zugestellt werden müssen, um überhaupt eine Rechtswirksamkeit entfalten zu können, kommt im Hinblick auf § 71 Abs.1 FrG keine Berechtigung zu.

Nach dieser eine lex specialis zu § 9 AVG verkörpernden Bestimmung sind minderjährige Fremde, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, insbesondere auch in Verfahren nach dem 5. Teil des FrG (wozu auch das Beschwerdeverfahren vor dem unabhängigen Verwaltungssenat zählt) handlungsfähig und damit unbeschränkt prozeßfähig (vgl. auch die E zur RV, 692 BlgStenProtNR, 18. GP, 57). Da der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Zustellung des Schubhaftbescheides bereits das 17. Lebensjahr vollendet hatte, erweisen sich die persönliche Übergabe des Schubhaftbescheides an ihn ohne gleichzeitige Verständigung eines gesetzlichen Vertreters sowie die auf diesen gegründete Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft somit im Hinblick auf § 71 Abs. 1 FrG nicht als rechtswidrig.

4.2.2. Die vorliegende, auf diesen Beschwerdepunkt eingeschränkte Schubhaftbeschwerde war daher gemäß § 52 Abs. 2 FrG iVm § 52 Abs. 4 zweiter Satz FrG und iVm § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

4.3.1. Gegen den Beschwerdeführer besteht ein vollstreckbares Aufenthaltsverbot. Die belangte Behörde hat überdies - anders als etwa im Verfahren VwSen-400164 vom 7. Dezember 1992 - gegen den Willen und die Obstruktion des Beschwerdeführers unverzüglich und konsequent Schritte zur Feststellung seiner Staatsangehörigkeit, um ihn in seinen Heimatstaat abschieben zu können, ohne daß diese Ermittlungen bisher einen entsprechenden Erfolg gezeitigt hätten.

Bei dieser Sachlage - nämlich der offen dokumentierten Absicht des Beschwerdeführers, sich nicht aus dem Bundesgebiet abschieben lassen zu wollen - erscheint aber die Prognose, daß der Beschwerdeführer, wäre er in Freiheit, im nunmehrigen Wissen um die Setzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen gegen ihn sich diesen zu entziehen oder diese zumindest zu erschweren versuchen wird, als naheliegend (vgl. auch VwGH v. 4. September 1992, Zl. 92/18/116).

4.3.2. Erweist sich damit aber die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft als notwendig, um die Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Wege der Abschiebung des Beschwerdeführers zu sichern (nur auf diesen Sicherungszweck kommt es nach § 41 Abs. 1 FrG an; anderen öffentlichen Interessen wie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder der Verhinderung eines strafbaren Verhaltens des Fremden kommt im Gegensatz zur früheren Rechtslage bei der Verhängung der Schubhaft keine Bedeutung mehr zu, sodaß entgegen der von der belangten Behörde im Schubhaftbescheid und in der Gegenschrift vertretenen Auffassung bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Schubhaftverhängung nicht auf die finanziellen und/oder die Wohnsitzverhältnisse des Beschwerdeführers abzustellen ist), so war gemäß § 52 Abs.1 erster Satz FrG festzustellen, daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt die maßgeblichen Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis (s.o., 4.2.2.) war der belangten Behörde als obsiegender Partei gemäß § 79a AVG der Ersatz der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten in der beantragten Höhe von insgesamt 2.023,34 S (anstelle der vollen zwei Drittel des im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gebührenden Pauschalkostenersatzes für den Aktenvorlage- und den Schriftsatzaufwand in Höhe von 2.033,33 S; vgl. z.B. VwGH v. 23. September 1991, Zl. 91/19/0162) zuzusprechen. Das Begehren des im Verfahren unterlegenen Beschwerdeführers auf Kostenersatz war hingegen abzuweisen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann von den Parteien des Verfahrens innerhalb von sechs Wochen ab Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden; diese muß jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den Oö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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