Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420392/35/Gf/Ri VwSen440045/2/Gf/Ri

Linz, 26.10.2004

VwSen-420392/35/Gf/Ri
VwSen-440045/2/Gf/Ri Linz, am 26. Oktober 2004 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Beschwerde des A, vertreten durch RA Dr. F, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und Verstößen gegen das Sicherheitspolizeigesetz durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz am 1. Mai 2004 nach den am 9. September 2004 und am 21. Oktober 2004 durchgeführten öffentlichen Verhandlungen zu Recht erkannt:

I. Die Festnahme des Rechtsmittelwerbers durch Organe der BPD Linz am 1. Mai 2004 um 3.25 Uhr war insoweit rechtswidrig, als er in deren Zuge rassistisch beschimpft wurde; im Übrigen wird die auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Verwahrung bis 14.40 Uhr dieses Tages gerichtete Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Die auf § 88 Abs. 2 SPG gegründete Polizeibeschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

III. Der Bund (Verfahrenspartei: BPD Linz) hat dem Beschwerdeführer Kosten in Höhe von insgesamt 1.499,80 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: BPD Linz) Kosten in Höhe von insgesamt 1.094,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Rechtsgrundlage:

Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit seinem am 11. Juni 2004 - und damit rechtzeitig - zur Post gegebenen, (formal ausschließlich) auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG iVm § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützten Schriftsatz wendet sich der Rechtsmittelwerber gegen seine am 1. Mai 2004 erfolgte Festnahme und anschließende Anhaltung im PAZ Linz durch Organe der Bundespolizeidirektion Linz sowie weitere in diesem Zusammenhang behaupteter weise vorgefallenen Rechtswidrigkeiten.

Darin bringt er im Wesentlichen vor, dass er am 1. Mai 2004 gegen 3.00 Uhr in einem Lokal in der Linzer Altstadt mit einem seiner Freunde in eine tätliche Auseinandersetzung verwickelt worden sei, in deren Zuge eine Person jugoslawischer Herkunft eine Gesichtsverletzung erlitten habe. Er habe seinen Freund beruhigen wollen und ihn deshalb vom Tatort weggebracht. In der Folge sei ihnen jedoch ein Sicherheitswachebeamte nachgeeilt und habe seinen Freund zum Zweck einer Gegenüberstellung wieder zurück zum Lokal zu eskortieren versucht. Der Beschwerdeführer, der sich bloß dazwischengestellt habe, sei darauf hin von zwei, später insgesamt fünf Polizisten gepackt, zu Boden geschleudert und dort am Bauch liegend durch Draufknien und Anlegen von Handschellen fixiert worden. Dadurch habe er Würgemale am Hals, Hämatome im Gesicht und im Achselbereich sowie Aufschürfungen an beiden Knien erlitten. Zusätzlich sei er rassistisch beschimpft und seinem Ersuchen nach Bekanntgabe der Dienstnummern der einschreitenden Beamten nicht entsprochen worden. In der Folge sei er in einem Arrestantenwagen zur BPD Linz verbracht worden, wo weder die Verletzungen dokumentiert noch ihm gestattet worden sei, seine Mutter zu verständigen. Schließlich sei er in der Folge bis 14.30 Uhr angehalten und während dieser Zeit ohne ersichtlichen Grund eine erkennungsdienstliche Behandlung samt DNA-Abstrich an ihm vorgenommen worden.

Durch diese Vorgangsweise sei er in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Freiheit der Person (Art. 5 EMRK) und auf Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Integrität (Art. 2 und 3 EMRK) sowie in seinen einfach gesetzlich gewährleisteten Rechten auf Bekanntgabe der Dienstnummern (§ 30 Abs. 1 Z. 2 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl.Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 104/2002, im Folgenden: SPG), auf Verständigung einer Vertrauensperson (§ 30 Abs. 1 Z. 3 SPG) und auf Nichtdurchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung (§§ 65 und 67 SPG) verletzt worden.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung der Rechtswidrigkeit der bekämpften Amtshandlungen begehrt.

1.2. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass der Rechtsmittelwerber wegen des Verdachtes der Begehung von gerichtlich strafbaren Handlungen (Widerstand gegen die Staatsgewalt und schwere Körperverletzung) festgenommen und in diesem Zusammenhang stets auf die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geachtet worden sei. Im Übrigen habe der Beschwerdeführer bei der ersten amtsärztlichen Untersuchung - wie er auch selbst eingesteht - von sich aus gar nicht auf seine Verletzungen hingewiesen; in gleicher Weise habe er auch während der gesamten Amtshandlung weder die Verständigung einer Vertrauensperson noch die Bekanntgabe von Dienstnummern begehrt. Außerdem seien seitens der einschreitenden Beamten keine rassistischen Äußerungen gefallen. Schließlich sei die erkennungsdienstliche Behandlung in Entsprechung zu einem Erlass des Bundesministers für Inneres vorgenommen worden.

Daher wird die kostenpflichtige Zurück- bzw. die Abweisung der gegenständlichen Beschwerde beantragt.

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BPD Linz zu Zl. P-2013 sowie im Wege der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 9. September 2004 und am 21. Oktober 2004, zu der als Parteien der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter Dr. F bzw. als Vertreter der belangten Behörde OR Dr. K sowie die Zeugen BI B, RI F, RI F, RI Sch, Insp. O, OR Dr. G, Dr. W, O, F, Dr. A und Dr. G erschienen sind.

2.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Der - (ebenso wie der Zeuge F) orientalisch wirkende - Beschwerdeführer, ein österreichischer Staatsbürger, befand sich in den frühen Nachtstunden des 1. Mai 2004 mit einer Gruppe von etwa fünf ausländisch aussehenden Bekannten - darunter die Zeugen F und der dunkelhäutige O - in einem Lokal in der Linzer Altstadt. Er hatte zuvor (wie sich aus seiner eigenen Aussage ergibt und dies auch auf Grund einer Rückrechung der Blutalkoholprobe auf den Vorfallszeitpunkt nachvollziehbar ist) insgesamt etwa drei 1/2 l Bier konsumiert (Blutalkoholgehalt 1,1 ‰), als dort gegen 3.00 Uhr ein Raufhandel ausbrach. In dessen Zuge wurde eine ausländische Person (vermutlich jugoslawischer Herkunft) am Kopf verletzt, die gegenüber den ca. um 3.15 Uhr eintreffenden Sicherheitsorganen zunächst irrtümlich einen Angehörigen des Bekanntenkreises des Rechtsmittelwerbers, nämlich seinen Freund O, als Verursacher der Rauferei bzw. als seinen Angreifer bezichtigte.

Der Zeuge BI B eilte darauf hin O und dem Beschwerdeführer - die sich beide mittlerweile vom Lokal in Richtung Hauptplatz entfernt hatten, um weiteren Unannehmlichkeiten zu entgehen - nach und forderte O, auf den auf Grund seiner Kleidung und seines Aussehens die vom Verletzten abgegebene Personenbeschreibung passte, auf, mit ihm zwecks einer Gegenüberstellung zum Lokal zurückzukehren. O weigerte sich vorerst zwar nicht grundsätzlich, doch musste BI B - offenkundig um zügig(er) sein Ziel zu erreichen - seinem Begehren zunächst durch ein Ergreifen am Oberarm bzw. ein Packen an der Schulter entsprechenden Nachdruck verleihen und ihn schließlich sogar formell festnehmen. Der Rechtsmittelwerber, der die Behandlung seines Freundes subjektiv als unverhältnismäßig empfand, versuchte durch sein Dazwischentreten und Zerren an BI B diesen vom weiteren Zugriff auf seinen Freund abzuhalten. Darauf hin wurde der Beschwerdeführer seinerseits gegen 3.25 Uhr von BI B, der dabei von seiner zwischenzeitlich eingetroffenen Kollegin RI F sowie in der Folge auch noch von RI F unterstützt wurde, festgenommen. Gleichzeitig wurde auch sein Freund O von weiteren inzwischen nachgekommenen Sicherheitswachebeamten (RI Sch und Insp. O) in Verwahrung genommen. Da beide ihre Festnahme nicht ohne aktive Gegenwehr hinnahmen - dies entspricht nicht nur der allgemeinen Lebenserfahrung unter vergleichbaren Umständen (leicht alkoholisierte Lokalbesucher als Tatverdächtige), sondern geht hier im Übrigen auch daraus hervor, dass jeweils mehrere Beamte zur Festnahme eingesetzt werden mussten; außerdem wurde BI B im Zuge dieser Rangelei am Daumen verletzt - musste insbesondere gegen den Rechtsmittelwerber erhebliche Körperkraft (vom Zeugen RI F etwas überschießend als "Brachialgewalt" bezeichnet) angewendet werden, damit er zu Boden gebracht werden konnte (die Zeugin RI F war dazu - selbst im Verein mit RI B - allein gar nicht in der Lage, weshalb sie von ihrem Kollegen RI F entsprechend unterstützt werden musste). Die erforderliche Ruhigstellung konnte schließlich dadurch erreicht werden, dass die einschreitenden Beamten beständig Druck auf die Schultern und Gliedmaßen des am Boden liegenden Beschwerdeführers ausübten. In der Folge wurden ihm Handfesseln angelegt und er in dieser Stellung bis zum Eintreffen des Arrestantenwagens fixiert. In diesem Zusammenhang hat der Rechtsmittelwerber auch die ihrem Grad nach als leicht (vgl. die insoweit übereinstimmenden Gutachten des Polizeiarztes Dr. W ["Verletzungsdokublatt", erstellt im Anschluss an die Zweituntersuchung am 1. Mai 2004 um 14.00 Uhr] und von Dr. H [AKH Linz] vom 3. Mai 2004) zu beurteilenden Verletzungen im Gesicht und im Achselbereich erlitten. Dass unter Berücksichtigung der äußeren Umstände - in dieser Nacht herrschten phasenweise tumultartige Szenen in der Linzer Altstadt, als deren Folge vom gegenständlichen Fall abgesehen mehrere Festnahmen durchgeführt werden mussten (vgl. den AV der BPD Linz vom 15. Oktober 2004, Zl. P-2013); die Festnahme des Rechtsmittelwerbers und seines Freundes O wurde nach übereinstimmender Aussage mehrerer der einvernommenen Zeugen von ca. 80 bis 100 Personen beobachtet; die Kopfverletzung des vermeintlichen Jugoslawen war dem ersten Eindruck nach gravierend ("Blutüberströmtes Gesicht"; vgl. die Aussage des Zeugen Insp. O) - seitens der Einsatzkräfte Bemerkungen wie "Immer Stress mit euch Negern !" (vgl. die Aussage des Zeugen O) und "Schleich' dich in den Kosovo !" (so der Beschwerdeführer) fielen, die unterschiedslos auf beide gemünzt waren, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Dafür, dass sie auch tatsächlich in dieser Art getätigt wurden, spricht zum einen - obwohl auf den ersten Blick paradox anmutend -, dass die zweite Äußerung objektiv besehen eigentlich keinen Sinn macht, weil weder der Rechtsmittelwerber noch sein Freund O auf Grund ihres bloßen Aussehens, Gehabes o.ä. einen Bezug zum Kosovo aufwiesen; es handelte sich also insoweit offenkundig um eine inhaltlich unüberlegte Missfallenskundgabe. Gerade der Umstand der fehlenden inhaltlichen Reflexion führte aber andererseits dazu, dass diese Äußerung eben deshalb, weil sie situationsbezogen so weit hergeholt erscheint, dass man sie als davon Betroffener in der Regel "nicht einmal erfinden" kann, die besondere Aufmerksamkeit ihrer Adressaten und speziell aus diesem Grund beim Beschwerdeführer - einem Menschen, der wie sein Freund auf Grund seines fremdländischen Aussehens gelegentlich mit abwertenden Äußerungen bedacht wird - haften blieb.

In der Folge wurde der Rechtsmittelwerber - nachdem er hinsichtlich seines Begehrens auf Bekanntgabe der Dienstnummer durch die einschreitenden Beamten auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet worden war - mit seinem Freund auf die BPD Linz verbracht, wo beide gegen 3.45 Uhr eintrafen. Nach einer Ersteinvernahme durch den Journaljuristen Dr. G wurde beim Beschwerdeführer von Dr. W eine polizeiärztliche Untersuchung auf Delikts- und Haftfähigkeit durchgeführt; in deren Zuge hat der Rechtsmittelwerber - auch seinem eigenen Vorbringen nach - nicht auf die im Zuge der Festnahme erlittenen Verletzungen hingewiesen. Darauf hin wurde vom Journaljuristen gegen 4.30 Uhr die Abgabe des Beschwerdeführers in das PAZ der BPD Linz verfügt.

Um 11.40 Uhr erfolgte schließlich die niederschriftliche Einvernahme des Rechtsmittelwerbers. Bei deren Beginn wurde seine Mutter verständigt, wobei er einwilligte, auch schon vor ihrem Eintreffen (um 12.15 Uhr) zur Sache auszusagen. Im Anschluss daran wurde eine erkennungsdienstliche Behandlung sowie über Ersuchen seiner Mutter eine amtsärztliche Untersuchung zur Begutachtung der bei seiner Festnahme erlittenen Verletzungen durchgeführt, deren Ergebnis im sog. "Verletzungsdokublatt" (s.o.) festgehalten ist.

Um 14.40 Uhr wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers über Weisung des zuständigen Journalstaatsanwaltes aufgehoben.

2.2. Diese Sachverhaltsfeststellung ergibt sich aus den insoweit auch mit dem Akteninhalt übereinstimmenden und glaubwürdigen sowie - soweit sie sich auf die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts beziehen - im Wesentlichen widerspruchsfreien Aussagen des in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Beschwerdeführers und der gleichfalls unter Wahrheitspflicht einvernommenen Zeugen.

3. Über die gegenständliche Maßnahmenbeschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Zur Zulässigkeit

3.1.1. Dass die Festnahme und Anhaltung des Beschwerdeführers durch der Bundespolizeidirektion Linz (die ihrerseits wieder im Dienste der Strafjustiz tätig wurde) zurechenbare Organe geeignet ist, den Begriff der Ausübung einer unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt zu erfüllen, bedarf keiner weiteren Begründung.

3.1.2. Im Übrigen stellt sich die vorliegende Beschwerde hingegen - bei verständiger Würdigung - als auf § 88 Abs. 2 SPG gegründet dar.

Nach dieser Bestimmung können Menschen, die behaupten, auf andere Weise als durch die Erlassung eines Bescheides oder die Ausübung von unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- oder Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein, eine Beschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat erheben (sog. "Polizeibeschwerde"; zur Terminologie vgl. A. Grof, in: R. M [Hrsg], Verfahren vor dem VfGH und VwGH, 5. Aufl., Wien 2004, 322). Dies jedoch nur dann und insoweit, als die einschreitenden Organe in Besorgung der Sicherheitsverwaltung tätig geworden sind (vgl. näher A. Hauer - R. Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz, 2. Aufl., Wien 2001, 61 u. 675). Zur Sicherheitsverwaltung zählen nach § 2 Abs. 2 SPG aber nur die (allgemeine) Sicherheitspolizei (d.i. gemäß § 3 SPG die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit); das Pass- und Meldewesen; die Fremdenpolizei; die Überwachung des Ein- und Austritts aus dem Bundesgebiet; das Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen; das Pressewesen; sowie die Vereins- und Versammlungsangelegenheiten. Von diesen Materien käme im gegenständlichen Fall schon von vornherein nur die Sicherheitspolizei zum Tragen. Da hier jedoch der konkrete Anlass zum Einschreiten gegen den Rechtsmittelwerber - allseits unbestritten - darin lag, dass er im Verdacht stand, gerichtlich strafbare Handlungen - nämlich: Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 269 Abs. 1 und 3 StGB) und Körperverletzung (§§ 83, 84 oder 88 StGB) - begangen zu haben, sind die behördlichen Organe sohin von Anfang an ausschließlich im Bereich der gerichtlichen Strafverfolgung (§§ 24 ff und 84 ff StPO) tätig geworden, sodass eine Qualifikation ihres Handelns als "Sicherheitsverwaltung" i.S.d. § 2 Abs. 2 i.V.m. § 3 SPG ausscheidet.

Die auf § 88 Abs. 2 SPG gegründete Beschwerde, im Besonderen der Vorwurf der rechtswidrigen Nichtbekanntgabe der Dienstnummern und Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung, erweist sich somit als unzulässig. Insoweit war sie daher zurückzuweisen.

3.2. In der Sache

3.2.1. Zur Festnahme vor dem Lokal und Verwahrung im PAZ der BPD Linz

3.2.1.1. Nach Art. 1 Abs. 3 PersFrSchG bzw. Art. 5 Abs. 1 EMRK i.V.m. § 177 Abs. 1 und § 175 Abs. 1 Z. 1 StPO ist die Festnahme einer Person zwecks Vorführung vor den Untersuchungsrichter - ohne dass dieser Akt einen rechtswidrigen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstellt - u.a. dann zulässig, wenn sie auf frischer Tat betreten wird.

3.2.1.2. Dass die einschreitenden Sicherheitsorgane hier jedenfalls nicht unvertretbar vom dringenden Verdacht des (versuchten) Vergehens nach § 269 Abs. 1 erste Alternative StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) durch den Beschwerdeführer ausgehen konnten, ist evident, hat dieser doch sowohl in der Beschwerde als auch in der öffentlichen Verhandlung selbst angegeben, "dazwischen getreten" zu sein, als sein Freund von einem Sicherheitswachebeamten zum Zweck einer Gegenüberstellung wieder zum Lokal zurück eskortiert werden sollte und aus diesem Grund bereits festgenommen worden war. Ob der Rechtsmittelwerber zu diesem Zeitpunkt den Umstand der unmittelbar vorangegangenen Festnahme seines Freundes auch bereits subjektiv realisiert hatte, ist aus rechtlicher Sicht hingegen unerheblich.

3.2.1.3. Die Festnahme und Verwahrung des Beschwerdeführers erfolgte im gegenständlichen Fall zum Zweck der Einvernahme durch die Sicherheitsbehörde und anschließenden Vorführung vor den Untersuchungsrichter. Hinsichtlich der Dauer einer solcherart motivierten Anhaltung sieht § 177 Abs. 2 StPO vor, dass die Einvernahme unverzüglich zu erfolgen hat und die Verwahrung insgesamt ein Maximalausmaß von 48 Stunden nicht übersteigen darf. Im gegenständlichen Fall betrug diese ca. zehn Stunden. Dass die Einvernahme nicht unverzüglich erfolgte, wird vom Rechtsmittelwerber selbst gar nicht vorgebracht und auch objektiv besehen haben sich dafür keine Anhaltspunkte ergeben: Der zwischen der Abgabe ins PAZ und dem Beginn der niederschriftlichen Einvernahme durch einen Kriminalbeamten liegende Zeitraum von ca. 7 Stunden diente zum einen offenkundig dem Schlafbedürfnis des (leicht alkoholisierten) Beschwerdeführers und war zum anderen dadurch bedingt, dass in der vorangegangenen Nacht mehrere Festnahmen durchgeführt wurden und dementsprechend - gereiht nach ihrer Bedeutung (so wurde der an der Körperverletzung vermeintlich unmittelbar beteiligte Freund des Rechtsmittelwerbers direkt vor diesem einvernommen) - mehrere Niederschriften zu erfolgen hatten, wobei die BPD Linz an diesem Feiertag nur journaldienstmäßig besetzt war (vgl. dazu auch VfGH vom 27. September 1988, B 1321/87 = VfSlg 11817/1988 und vom 17. Juni 1992, B 1216/90 = VfSlg 13097/1992).

3.2.1.4. Insgesamt erweisen sich damit die Festnahme und anschließende Verwahrung des Beschwerdeführers als rechtmäßig.

3.2.2. Zu den Begleitumständen der Festnahme und Anhaltung

3.2.2.1. Körperverletzung

Nach Art. 2 Abs. 2 lit. b EMRK - der nach allgemein herrschender Auffassung nicht nur unmittelbar das Recht auf Leben, sondern auch die körperliche Integrität schützt - ist eine Körperverletzung im Zuge einer faktischen Amtshandlung u.a. dann nicht rechtswidrig, wenn diese aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung zwecks Durchführung einer ordnungsgemäßen Festnahme resultiert.

Im gegenständlichen Fall wird auch vom Beschwerdeführer selbst nicht bestritten, dass die ex post festgestellten, ihrem Grad nach insgesamt als leicht zu qualifizierenden Verletzungen seines Körpers als Folge seiner Festnahme resultierten.

Diesbezüglich wurde bereits zuvor ausgeführt, dass zwecks effektiver Durchsetzung seiner Festnahme ein nicht unerheblicher Widerstand des Rechtsmittelwerbers zu überwinden war. Dem entsprechend erwiesen sich die bei der Festnahme eingesetzten Mittel - Ergreifen des Beschwerdeführers, zu Boden bringen und dort in Bauchlage durch Niederdrücken der Schultern und Beine zu fixieren, bis dessen Ruhigstellung erreicht war - auch nicht als unverhältnismäßig, sodass die daraus resultierenden Verletzungen im Ergebnis nicht als rechtswidrig erscheinen.

Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass ein behördliches Unterlassen - wie hier der Vorwurf der Nichtdokumentation der Verletzungen im Zuge der ersten polizeiärztlichen Untersuchung gegen 4.30 Uhr - grundsätzlich nicht Gegenstand einer Maßnahmenbeschwerde sein kann.

3.2.2.2. Unmenschliche bzw. erniedrigende Behandlung

Nach Art. 3 EMRK darf u.a. - auch bzw. insbesondere im Zuge einer behördlichen Amtshandlung - niemand unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung unterworfen werden; dieses subjektive Recht ist jedermann ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet.

3.2.2.2.1. Anlegen von Handfesseln

Selbst wenn der Rechtsmittelwerber dies nicht gesondert gerügt hat, ist der Unabhängige Verwaltungssenat - insoweit von Amts wegen - dazu verhalten, zu untersuchen, ob der Beschwerdeführer durch das Anlegen von Handfesseln im Zuge seiner Verhaftung und anschließenden Verbringung zur BPD Linz unmenschlich oder erniedrigend behandelt wurde.

Diesbezüglich stimmen die Aussagen der zeugenschaftlich einvernommenen Sicherheitswachebeamten dahin überein, dass das Anlegen der Handfesseln zunächst dem Zweck diente, den sich heftig wehrenden Rechtsmittelwerber ruhig zu stellen, und diese Maßnahme insoweit unbedingt erforderlich war; gelindere, in gleicher Weise wirksame Mittel standen nicht zur Verfügung bzw. waren solche auch objektiv nicht erkennbar. In der Folge wurden die Handfesseln auch nur so lange belassen, als die Beamten der Überzeugung waren, dass der Beschwerdeführer weiterhin aggressiv ist. Als sich dieser sichtlich beruhigt hatte, wurden ihm diese unverzüglich abgenommen.

Dieser Darstellung ist der Rechtsmittelwerber auch in der öffentlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Insbesondere hat er auch nicht vorgebracht, dass der Fesselung unter den konkreten Umständen eine seine Würde als Mensch beeinträchtigende Erniedrigung bzw. Demütigung innewohnte oder diese zu lange dauerte oder die Handschellen derart eng angelegt gewesen seien, dass er dadurch Schmerzen oder gar Verletzungen erlitten hätte.

Insgesamt besehen ist der Beschwerdeführer daher durch das Anlegen der Handfesseln nicht in seinem durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Recht verletzt worden.

3.2.2.2.2. Rassistische Beschimpfung

Zuvor (s.o., 2.1.) wurde ausgeführt, dass es der Oö. Verwaltungssenat als erwiesen ansieht, dass im Zuge der Festnahmen nicht nur sein Freund, sondern auch der Beschwerdeführer selbst mit den Beschimpfungen "Neger" und "Schleich dich heim in den Kosovo" bedacht wurde. Dass jedenfalls der erstere Ausdruck eine die Menschenwürde grob beeinträchtigende Demütigung darstellt, wurde jüngst auch vom Obersten Gerichtshof festgestellt (vgl. OGH vom 14. Jänner 2004, 13 Os 154/03).

Im Ergebnis wurde dadurch aber nicht nur der Rechtsmittelwerber in seinem durch Art. 3 EMRK schrankenlos gewährleisteten Menschenrecht verletzt.

Vielmehr verstößt die Festnahme insoweit auch gegen Art. 1 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (BGBl.Nr. 390/1973), wonach im Wege einer - wenngleich nicht direkt sanktionierten (lex imperfecta), so doch - unmittelbar maßgeblichen Staatszielbestimmung (nicht nur die Gesetzgebung, sondern insbesondere auch) alle Organe der Vollziehung jede Unterscheidung aus dem alleinigen Grund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung oder der nationalen oder ethnischen Herkunft zu unterlassen haben. (Eine derartige Rechtsverletzung könnte allerdings nicht gesondert im Wege einer Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG i.V.m. Art. 67a Abs. 1 Z. 2 AVG geltend gemacht werden, weil diese nur an die Gesetzgebungs- und Vollzugsorgane gerichtete Vorschrift dem Einzelnen keine subjektiven Rechte gewährleistet.)

3.2.2.3. Nichtverständigung einer Vertrauensperson

Nach Art. 4 Abs. 7 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl.Nr. 684/1988 (im Folgenden: PersFrSchG), hat jeder Festgenommene das Recht, dass auf sein Verlangen ohne unnötigen Aufschub und nach seiner Wahl ein Angehöriger und ein Rechtsbeistand von der Festnahme verständigt werden.

Diesbezüglich hat der Beschwerdeführer in der öffentlichen Verhandlung im Wesentlichen vorgebracht, dass ihm untersagt worden sei, mit seiner Mutter zu telefonieren, obwohl er sein Handy dabei gehabt hätte; vielmehr sei ihm jenes nur kommentarlos abgenommen worden.

In diesem Zusammenhang ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass die Bestimmung des Art. 4 Abs. 7 PersFrSchG - wovon er aber auszugehen scheint - nicht den Inhalt hat, einem Festgenommenen einen unmittelbaren Informationsaustausch mit einer Vertrauensperson zu gewährleisten; dies schon deshalb nicht, weil anders eine zu diesem Zeitpunkt der Tataufklärung abträgliche Verabredungsgefahr nicht wirksam hintan gehalten werden könnte.

Dem gegenüber ist dem Oö. Verwaltungssenat nicht nachvollziehbar, dass und weshalb der die Ersteinvernahme durchgeführt habende Journaljurist, der nach seinen glaubwürdigen Angaben in der öffentlichen Verhandlung die ihm vorgeführten Personen üblicherweise stets schon zu Beginn auf die ihnen zustehenden Rechte - darunter auch jenes nach Art. 4 Abs. 7 PersFrSchG - hinweist, hier die Verständigung der Mutter des Rechtsmittelwerbers pflichtwidrig unterlassen haben sollte. Naheliegender erscheint vielmehr, dass der Beschwerdeführer (in Verkennung der exakten Rechtslage) ein dementsprechendes Begehren bei seiner Ersteinvernahme nicht in der erforderlichen Deutlichkeit und/oder nicht mit dem entsprechenden Nachdruck geäußert hat. Bei der späteren Einvernahme durch den Kriminalbeamten wurde seiner Forderung ohnehin umgehend entsprochen, wobei diese Einvernahme dann vorerst - mit seiner ausdrücklichen Zustimmung - ohnehin ohne die begehrte Vertrauensperson durchgeführt wurde.

Insgesamt wurde der Rechtsmittelwerber sohin nicht in seinem durch Art. 4 Abs. 7 PersFrSchG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt.

3.2.3. Aus allen diesen Gründen war daher gemäß § 67c Abs. 3 AVG festzustellen, dass die Festnahme des Rechtsmittelwerbers durch Organe der BPD Linz am 1. Mai 2004 um 3.25 Uhr im Hinblick auf Art. 3 EMRK insoweit rechtswidrig war, als er in deren Zuge rassistisch beschimpft wurde; im Übrigen war die auf Art. 129a Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 67a Abs. 1 Z. 2 AVG gestützte, auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme und Anhaltung gerichtete Maßnahmenbeschwerde jedoch als unbegründet abzuweisen.

Die (offenkundig) auf § 88 Abs. 2 SPG gegründete Polizeibeschwerde war hingegen als unzulässig zurückzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ist gemäß § 79a Abs. 2 und 3 AVG hinsichtlich eines Beschwerdepunktes (Festnahme) der Beschwerdeführer und hinsichtlich zweier Beschwerdepunkte (Anhaltung, Polizeibeschwerde) die belangte Behörde als obsiegende Partei anzusehen.

4.1. Davon ausgehend war der Bund als Rechtsträger dazu zu verpflichten, dem Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, 2 und 4 Z. 1 und 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 1 und 2 UVS-AufwandersatzVO Kosten in Höhe von insgesamt 1.499,80 Euro (Schriftsatzaufwand: 660,80 Euro; Verhandlungsaufwand: 826,00 Euro; Stempelgebühren: 13,00 Euro) zu ersetzen.

4.2. Dem gegenüber war der Beschwerdeführer nach § 79a Abs. 1, 3 und 4 Z. 3 AVG iVm § 1 Z. 3 bis 5 UVS-AufwandsersatzVO sowie iVm § 52 VwGG dazu zu verpflichten, dem Bund (Verfahrenspartei: BPD Linz) Kosten in Höhe von insgesamt 1.094,20 Euro ([doppelter] Schriftsatzaufwand: 440,60 Euro; [doppelter] Vorlageaufwand: 103,00 Euro; [doppelter] Verhandlungsaufwand: 550,60 Euro) zu ersetzen.

4.3. Abschließend wird in diesem Zusammenhang zum wiederholten Mal auf den rechtspolitischen Aspekt hingewiesen, dass es nicht der Oö. Verwaltungssenat, sondern vielmehr der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber zu vertreten haben, dass die Fülle der im Zuge einer - nahezu hinsichtlich aller Belange formell beschwerdefähigen - polizeilichen Amtshandlung (vgl. § 88 Abs. 2 SPG) zu beachtenden Rechtsvorschriften letztlich dazu führt, dass kaum mehr eine Maßnahme bis ins letzte Detail rechtmäßig abgewickelt werden kann, wobei in Verbindung damit, dass infolge der grundsätzlichen Ungleichgewichtung bei den Kostenersatzregelungen die belangte Behörde im Ergebnis regelmäßig selbst dann als "Nettozahler" übrig bleibt, wenn diese quantitativ hinsichtlich mehr Beschwerdegegenständen obsiegt als der Rechtsmittelwerber.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

2. Für dieses Verfahren sind Gebühren in Höhe von 13,00 Euro angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

Dr. G r o f

 

Beache:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben; VwGH vom 03. august 2006. Zl.: 2005/01/0032-6

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